Entscheidungsdatum
15.06.2021Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W161 2233958-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan PECHMANN, Rechtsanwalt in 1040 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.07.2020, Zl. 1262875701-200264329,zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3, 1.Satz BFA-VG idgF stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste illegal in Österreich ein und stellte am 08.03.2019 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.
Eine EURODAC-Abfrage ergab 3 Treffer der Kategorie 1 und zwar je einen Treffer mit Griechenland (24.07.2017), Kroatien (10.08.2019) und den Niederlanden (11.09.2019) sowie einen Treffer der Kategorie 2 mit Kroatien (10.08.2019).
2. Der Beschwerdeführer gab in seiner Erstbefragung am 09.03.2020 an, er sei am 28.12.2015 von Syrien über den Libanon in die Türkei gereist. Nach einem Aufenthalt von eineinhalb Jahren in der Türkei sei er im Jahr 2017 nach Griechenland gelangt, wo er sich ein Jahr und neun Monate aufgehalten habe. Dann sei er durch Albanien, den Kosovo, Serbien (Aufenthalt eine Woche) und Bosnien (Aufenthalt zwei Monate) nach Kroatien gelangt (siebenmalige Abschiebung nach Bosnien). Von Kroatien sei er über Slowenien in die Niederlande gekommen (Aufenthalt vier Monate) und von dort mit einem Zug über Deutschland nach Österreich gefahren. Als Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, er habe in seiner Heimat einen Einberufungsbefehl zum Militär bekommen. Da er aber nicht in den Krieg ziehen möchte, sei er geflüchtet. Er habe Österreich erreichen wollen, da er hier ein Mädchen kenne und sie heiraten wolle. Ein Bruder von ihm lebe in Schweden.
3. Österreich richtete am 12.03.2020 ein Informationsersuchen nach Art. 34 Dublin III-VO an die Niederlande sowie ein auf Art. 18 Abs. 1 lit.b Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien. Der Anfrage an Kroatien wurden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Reisebewegung angegeben.
Die Niederlande antworteten mit Schreiben vom 30.04.2020, dass Kroatien sich zur Durchführung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers nach der Dublin-Verordnung am 21.10.2019 für zuständig erklärt hätte.
Mit Schreiben vom 25.03.2020 teilten die kroatischen Dublin-Behörden mit, dass dem Aufnahmeersuchen gemäß Art. 20 Abs. 15 Dublin-III-VO entsprochen werde.
4.1. Der Beschwerdeführer wurde am 06.07.2020 vor dem BFA vernommen. Dabei gab er an, er fühle sich in der Lage die an ihn gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Er sei gesund. Befragt nach Angehörigen in Österreich nannte der Beschwerdeführer seine Ehefrau, XXXX , geb. XXXX , staatenlos, Aufenthaltsstatus nicht bekannt, sie habe aber eine Art Daueraufenthalt. Der Beschwerdeführer legte dazu eine Urkunde über eine Eheschließung nach dem islamischen Recht vor und gab weiters an, er sei seit dreieinhalb Monaten verheiratet und kenne die Frau seit neun Jahren. Sie sei immer schon staatenlos gewesen, sie sei in Syrien eine palästinensische Syrerin gewesen. Seine Frau wohne in XXXX . Er besuche sie manchmal, aber meistens komme sie zu ihm und bringe ihm Sachen mit. Zur beabsichtigten Zurückweisung seines Antrages gab der Beschwerdeführer an, er möchte nicht nach Kroatien zurück. Er sei nach Österreich gekommen und habe hier einen Asylantrag gestellt, um hier zu bleiben. Seine Ehefrau lebe schon seit fast sieben Jahren in Österreich, er möchte mit ihr eine Familie aufbauen. Das sei in Kroatien nicht möglich, da sie nicht mit ihm nach Kroatien ziehen könne. Wenn er nach Kroatien zurückkehren müsste, würde er dann wieder nach Österreich zurückkommen, weil er mit seiner Frau zusammenleben möchte. Er sei ja bis nach Österreich gekommen und habe sie hier geheiratet. Er habe dies nicht getan, um wieder getrennt von seiner Ehefrau leben zu müssen.
Aus dem von ihm vorgelegten Ehevertrag ergibt sich, dass der Beschwerdeführer am XXXX gemeinsam mit XXXX beim islamischen Zentrum Wien vorgesprochen und eine islamische Eheschließung beantragt hat. Die Trauungszeremonie sei an diesem Tag durchgeführt worden.
4.2. Der Beschwerdeführer wurde am 20.07.2020 neuerlich vor dem BFA einvernommen und gab an, er kenne seine Frau seit neun Jahren, seit 2011. Er habe sie zur Schulzeit kennengelernt, das genaue Datum wisse er nicht mehr. Diese Cousine sei mit seiner Frau in dieselbe Klasse gegangen, dadurch habe er seine Frau kennengelernt. Seine Frau habe 2012 mit ihrer Familie Syrien verlassen, sie seien jedoch in Kontakt geblieben. Er habe sich gleich beim Kennenlernen in sie verliebt. Seitdem er nach Österreich gekommen wäre, seien sie in einer Beziehung miteinander. Befragt, warum er nicht schon im Heimatland eine Beziehung zu seiner jetzigen Frau gehabt habe, gab der Beschwerdeführer an, sie wären noch zu jung gewesen. Sie seien telefonisch dauernd in Kontakt gewesen, auch über soziale Medien. Am 24.02.2017 sei er in der Türkei gewesen, seine jetzige Frau sei damals auch in die Türkei gereist und hätten sie sich dort getroffen und wären drei Tage in der Türkei zusammen gewesen. Es wäre nicht möglich gewesen, länger zusammen zu sein, weil seine Frau damals ihre Mutter zu einer Konferenz in die Türkei begleitet hätte, welche drei Tage gedauert hätte. Sie hätten täglich Kontakt miteinander gehabt und zwar ab dem Zeitpunkt, in dem seine Frau mit ihrer Familie Syrien verlassen hätte. Er wohne jetzt in Österreich mit seiner Frau nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Befragt nach dem Kontakt zu seiner Frau, gab der Beschwerdeführer an, sie sei entweder zum Camp gekommen und habe ihn hier besucht, wobei er sie draußen getroffen habe oder er sei zu ihr nach XXXX gefahren und habe sie dort besucht. Er habe nicht gewusst, dass er sich mit der grünen Karte bei ihr privat melden dürfe. Er habe keine weiteren Ehefrauen und keine Kinder. Er habe vor, auch standesamtlich in Österreich zu heiraten und hätten sie auch schon einen Termin für den XXXX bekommen. Dies sei ein Termin für die Eintragung der Ehe. Sie hätten auch davor einen Termin bekommen, dieser sei am XXXX . Bei diesem Termin werde überprüft, ob sie sämtliche notwendigen Unterlagen hätte. Bei beiden Terminen müssten sie einen beeideten Dolmetscher mitbringen. Sollten sie am XXXX sämtliche Unterlagen vorweisen könne, werde am XXXX die Eheschließung stattfinden und die Ehe eingetragen werden. Er sei bei einem Standesamt in XXXX gewesen. Seine Frau habe eine Mail bekommen. Den Entschluss, dass er seine Frau heiraten wolle, habe er bei seiner Ausreise von der Türkei nach Griechenland gefasst.
4.3. XXXX wurde am 20.7.2020 vor dem BFA zeugenschaftlich einvernommen. Sie gab an, der Beschwerdeführer sei ihr Ehemann, sie habe ihn im Jahr 2011 während der Schulzeit kennengelernt. Sie seien seit 2011 ein Pärchen, hätten aber danach Schwierigkeiten gehabt. Sie sei bis 2013 nach Ägypten geflogen und dann wieder nach Österreich. In dieser Zeit hätten sie wenig Kontakt gehabt. Seit 2017 wären sie immer wieder in einer Beziehung. Sie wäre am 24.2.2017 für 3 Tage mit ihrer Mutter und einer Gruppe in der Türkei gewesen. Sie hätten über die sozialen Medien täglich Kontakt miteinander gehabt. Leider wohne sie jetzt in Österreich mit ihrem Mann nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Sie wollen dies aber natürlich. Sie habe im Jahr 2017 den Entschluss gefasst, dass sie ihren jetzigen Ehemann heiraten wolle. Sie hätten immer dafür gekämpft, dass sie zusammenleben können.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit.b (richtig: Art.20 Abs.5) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung des Antragstellers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Kroatien zulässig sei.
Der Bescheid legt in seiner Begründung und den aktuellen Feststellungen insbesondere ausführlich dar, dass in dem zuständigen Mitgliedsstaat die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung, die Grund- und Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage unbedenklich sind und den Grundsätzen des Unionsrechts genügen.
Beweiswürdigend wurde in dem angefochtenen Bescheid hervorgehoben, dass die Identität des Beschwerdeführers in Ermangelung identitätsbezeugender Dokumente nicht feststehe.
Der Beschwerdeführer leide an keinen körperlichen Erkrankungen bzw. Verletzungen oder psychischen Störungen, welche einer Außerlandesbringung nach Kroatien entgegenstünden.
Der Beschwerdeführer habe in Kroatien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, Kroatien habe sich mit Schreiben vom 21.10.2019 ( richtig wäre: 25.3.2020) gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b der Dublin III-VO für zuständig für die Prüfung seines Antrages auf internationalen Schutz erklärt. Ein zuständigkeitsbeendendes Sachverhaltsmerkmal könne nicht festgestellt werden bzw. habe sich ein solches im Zuge des Verfahrens nicht ergeben.
Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich über folgende familiäre Anknüpfungspunkte: Seine nach islamischen Recht angetraute Ehegattin, diese sei in Österreich asylberechtigt. Er lebe mit seiner Ehefrau nicht im gemeinsamen Haushalt. Weiters bestehe weder ein finanzielles noch ein sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Andere Verwandte befänden sich nicht in Österreich. Auch eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich könne nicht festgestellt werden.
Ein in besonderem Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen besonderer bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer hier relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. von Art. 3 EMRK im Falle einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen.
In der rechtlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass die Regelvermutung des § 5 Abs 3 AsylG unter Abwägung aller Umstände nicht habe erschüttert werden können.
6. Gegen diesen Bescheid wurde am 07.08.2020 fristgerecht Beschwerde eingebracht. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe aus asylrelevanten Gründen aus seiner Heimat über verschiedene Länder nach Österreich flüchten müssen, um hier einen Antrag auf internationalen Schutz stellen zu können. Das Bundesamt behaupte im angefochtenen Bescheid eine Zuständigkeit Kroatiens, gehe dabei aber weder auf die massiven Mängel im kroatischen Asylverfahren ein, noch auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers in Österreich.
Der Beschwerdeführer sei traditionell nach islamischem Recht verheiratet und habe am XXXX den Termin für die standesamtliche Trauung in XXXX . Er habe daher hier in Österreich ein schützenswertes Familienleben nach Art. 8 EMRK. Der Behauptung des BFA, wonach zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Ehefrau kein Abhängigkeitsverhältnis bestehe, werde widersprochen, die Ehefrau des Beschwerdeführers sei zu 50 Prozent behindert und daher auf die Unterstützung ihres Ehemannes im täglichen Leben angewiesen. Auch würde der Beschwerdeführer seit 28.07.2020 mit seiner Ehefrau in einem gemeinsamen Haushalt leben.
Eine Abschiebung nach Kroatien stelle eine Verletzung von Art. 2, 3 und im Fall des Beschwerdeführers auch Art. 8 EMRK dar und werde um den Eintritt Österreichs in das Verfahren ersucht, allenfalls aus humanitären Gründen, da im Fall des Beschwerdeführers ein außergewöhnlicher humanitärer Bedarf gegeben sei.
7. Dagegen brachte der Beschwerdeführer eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof sowie eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ein.
8. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 18.01.2021, Z. E 4301/2020-8 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
9. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.04.2021, Zl. Ra 2021/18/0096-9 wurde das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
In seinen Erwägungen führt der Verwaltungsgerichtshof insbesondere aus:
„Im gegenständlichen Fall beruft sich der Revisionswerber auf ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK, das vom BVwG in der angefochtenen Entscheidung verneint wurde („Ein zu beachtendes Familienleben in Österreich kann ebenso wenig festgestellt werden wie eine besondere Integrationsverfestigung des [Revisionswerbers] in Österreich“).
Soweit er dabei auf die standesamtliche Eheschließung mit einer - unstrittig - in Österreich asylberechtigten Fremden und deren Schwangerschaft verweist (beide Umstände wurden mit der Revision auch urkundlich belegt), ist allerdings darauf hinzuweisen, dass diese Tatsachen im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG noch nicht gegeben waren und daher gegen das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Neuerungsverbot verstoßen.
Ungeachtet dessen lagen dem BVwG schon bei seiner Entscheidung deutliche Hinweise für ein schützenswertes Familienleben des Revisionswerbers mit seiner nunmehrigen (schwangeren) Ehefrau vor, die bei der Beurteilung des Falles zu wenig Beachtung fanden.
So hielt das BVwG fest, der Revisionswerber sei lediglich nach islamischem Ritus verheiratet und es werde diese religiös erfolgte Eheschließung in Österreich nicht als gültige Ehe anerkannt. Die islamische Ehe sei außerdem erst am XXXX in Österreich geschlossen worden, ein gemeinsamer Haushalt bestehe nur seit Kurzem. Der Revisionswerber behaupte zwar, seine „Ehefrau“ bereits seit der Schulzeit zu kennen und den Entschluss zur Eheschließung schon früher gefasst zu haben. Selbst wenn dies zutreffe, stelle sich die Frage, wieso der Revisionswerber dann auch in anderen EU-Staaten um internationalen Schutz angesucht habe. Offenbar gehe es ihm beim behaupteten Familienleben nur darum, seinen Aufenthalt in Europa zu verlängern und sein Asylverfahren in einem von ihm ausgesuchten Land durchzuführen.
Diese Erwägungen greifen selbst unter Bedachtnahme auf den Wissensstand des BVwG bei seiner Entscheidung zu kurz. Sowohl der Revisionswerber als auch seine (nunmehrige) Ehefrau hatten vor dem BFA übereinstimmend angegeben, sich schon seit der Kindheit gut zu kennen und noch vor der Flucht der nunmehrigen Ehefrau aus Syrien (im Jahr 2011) eine Beziehung miteinander aufgenommen zu haben. Danach hätten sie - fluchtbedingt getrennt - ständigen und intensiven Kontakt unter Zuhilfenahme sozialer Medien gehalten. Sie verwiesen auch darauf, ihre nach islamischem Ritus vollzogene Eheschließung in Kürze durch die staatliche Eheschließung zu legalisieren (zu diesem Zweck belegten sie urkundlich sowohl die Ehefähigkeitsüberprüfung als auch den bereits fixierten Trauungstermin). Bei dieser Beweislage erweist sich die Einschätzung des BVwG, das gegenständliche Familienleben sei nur vorgeschützt und diene bloß der - unberechtigten - Verlängerung des Aufenthalts des Revisionswerbers in Österreich, als nicht nachvollziehbar.
Schon aus diesem Grund vermag das angefochtene Erkenntnis keinen Bestand zu haben. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob die Ehefrau des Revisionswerbers aufgrund ihrer Behinderung (die dem BVwG ebenfalls bereits bekannt war) überdies in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis zum Revisionswerber steht (dies wurde vom BVwG explizit verneint), braucht bei diesem Ergebnis nicht weiter eingegangen zu werden.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer verließ seinen Herkunftsstaat Syrien eigenen Angaben zu Folge im Dezember 2015 und begab sich zunächst in die Türkei. Von der Türkei gelangte er über Griechenland in das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten. Dieses verließ er nach etwa einem Jahr und 9 Monaten und gelangte über Albanien, Kosovo, Serbien und Bosnien nach Kroatien. Von Kroatien begab sich der Beschwerdeführer illegal weiter in die Niederlande, wo er sich für 4 Monate aufhielt. Von dort reiste er weiter nach Österreich wo er am 08.03.2020 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Zuvor stellte der Beschwerdeführer jeweils bereits einen Antrag auf internationalen Schutz in Griechenland (am 24.07.2017), in Kroatien (am 10.08.2019) sowie in den Niederlanden (am 11.09.2019).
Die Niederlande stellten nach der Asylantragstellung des Beschwerdeführers am 11.09.2019 ein Übernahmeersuchen an Kroatien nach Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO. Diesem Ersuchen wurde von Kroatien mit Schreiben vom 21.10.2019 entsprochen und erklärte sich Kroatien zur Übernahme des Beschwerdeführers nach Art. 20 Abs. 5 Dublin III-VO für zuständig. Die vom Beschwerdeführer gegen die Entscheidung der niederländischen Asylbehörden eingebrachte Beschwerde wurde am 03.012.2019 abgelehnt.
Österreich richtete am 12.03.2020 ein Informationsersuchen nach Art. 34 Dublin III-VO an die Niederlande sowie ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien.
Die Niederlande antworteten mit Schreiben vom 30.04.2020, dass Kroatien sich zur Durchführung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers nach der Dublin Verordnung am 21.10.2019 für zuständig erklärt hätte.
Mit Schreiben vom 25.03.2020 an die österreichische Dublin-Behörde stimmte Kroatien der Übernahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 20 Abs. 5 Dublin-III-VO ausdrücklich zu.
Am XXXX wurde eine Eheschließung nach islamischem Recht beim islamischen Zentrum in XXXX zwischen dem Beschwerdeführer und XXXX , geb. XXXX , StA.Syrien vollzogen. Die Ehegatten kannten einander bereits seit vielen Jahren und wurden fluchtbedingt voneinander getrennt.
Zwischenzeitig heirateten der Beschwerdeführer und XXXX am XXXX vor dem Standesamt XXXX . XXXX ist schwanger, der gesetzlich vorgeschriebene Mutterschutz begann am XXXX . Die Ehegatten sind seit XXXX an der Adresse XXXX , XXXX gemeinsam gemeldet.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zum Reiseweg ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit den vorliegenden EURODAC-Treffermeldungen.
Die Feststellungen zum Verfahrensgang, insbesondere zum Konsultationsverfahren, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem darin befindlichen Vorbringen des Beschwerdeführers sowie dem Schriftwechsel zwischen der österreichischen, der niederländischen und der kroatischen Dublin-Behörde.
Die Feststellungen zur Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultieren aus den umfangreichen und durch Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur medizinischen und allgemeinen Versorgungslage von Asylwerbern auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) getroffen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist davon auszugehen, dass sich die Lage in Kroatien nicht maßgeblich geändert hat.
Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das kroatische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers basieren auf seinen Angaben. Eine ernsthafte Erkrankung wurde im Verfahren nicht behauptet, auch wurden keine ärztlichen Befunde vorgelegt.
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der privaten, familiären und beruflichen Anknüpfungspunkte in Österreich ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und der als Zeugin einvernommenen XXXX , dies unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des VwGH.
Die Feststellungen zur Eheschließung nach islamischen Recht ergeben sich aus der vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunde des islamischen Zentrums XXXX , jene zur standesamtlichen Trauung aus der im Verfahren vor den Höchstgerichten vorgelegten Heiratsurkunde. Aus einer gleichzeitig vorgelegten ärztlichen Bescheinigung ergibt sich auch die Schwangerschaft der Ehefrau des Beschwerdeführers.
Die Feststellung der gemeinsamen Wohnsitzmeldung an der o.a. Adresse seit XXXX , ergibt sich aus den vorgelegten ZMR-Auskünften.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Mit 1.1.2014 sind das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) sowie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – Verfahrensgesetz (BFA-VG) in Kraft getreten.
Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:
„§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.“
Art 49 der VO 604/2013 lautet auszugsweise:
Artikel 49
Inkrafttreten und Anwendbarkeit
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt — ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung — für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin-II-Verordnung (§ 2 Abs. 1 Z 8 AsylG 2005) lauten:
Gemäß Art 3. Abs. 1 Dublin-II-Verordnung prüfen die Mitgliedstaaten jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
Nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-Verordnung kann abweichend von Abs. 1 jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Gegebenenfalls unterrichtet er den zuvor zuständigen Mitgliedsstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
In den Art. 5ff Dublin-II-Verordnung werden die Kriterien aufgezählt, nach denen der zuständige Mitgliedstaat bestimmt wird.
Art. 10 Abs. 1 Dublin-II-Verordnung lautet: „Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Art. 18 Abs. 3 genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 festgestellt, dass ein Asylwerber aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.“
Art. 20 Abs. 5 Dublin III-VO lautet: Der Mitgliedsstaat, bei dem der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ist gehalten, einen Antragsteller, der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält oder dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nachdem er seinen ersten Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen der Art. 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats zum Abschluss zu bringen.
Diese Pflicht erlischt, wenn der Mitgliedsstaat, der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats abschließen soll, nachweisen kann, dass der der Antragsteller zwischenzeitlich das Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem anderen Mitgliedsstaat einen Aufenthaltstitel erhalten hat.
Ein nach einem solchen Abwesenheitszeitraum gestellter Antrag im Sinne von Unterabsatz 2 gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats auslöst.“
3.2. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass zunächst Kroatien kraft vorangegangener erster Asylantragstellung in der Europäischen Union gemäß Art 18 Dublin-II- VO (für die Führung des gegenständlichen Verfahrens zuständig geworden ist.
3.3. Zur Frage eines allenfalls gebotenen Selbsteintritts Österreichs wird folgendes ausgeführt: Gemäß Art. 3 Abs. 1 der Dublin III-VO wird ein Antrag auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III (Art. 7 bis 15) der Dublin III-VO bestimmt wird. Ungeachtet dessen sieht Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO die Möglichkeit des Selbsteintritts eines Mitgliedstaates vor, auch wenn er nach den Kriterien der Dublin III-VO nicht für die Prüfung zuständig ist.
Da Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keine inhaltlichen Vorgaben beinhaltet, liegt es primär an den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und im Ermessen des einzelnen Mitgliedstaates, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Selbsteintritt erfolgt (aus jüngster Zeit: VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0192ua, mit Hinweis auf Filzwieser/Sprung, Dublin III-VO, Art. 17 K2).
Auch der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2013, Rechtssache C-394/12, Abdullahi, festgehalten, dass Art. 3 Abs. 2 (sogenannte Souveränitätsklausel) und Art. 15 Abs. 1 (humanitäre Klausel) der Verordnung Nr. 343/2003 (diese entsprechen nunmehr Art. 17 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Dublin III-VO) "die Prärogativen der Mitgliedstaaten wahren" sollen, "das Recht auf Asylgewährung unabhängig von dem Mitgliedstaat auszuüben, der nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien für die Prüfung eines Antrags zuständig ist. Da es sich dabei um fakultative Bestimmungen handelt, räumen sie den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen ein" (vgl. Rn. 57, mwN).
Nach der Rechtsprechung des VfGH (zB VfGH 17.06.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (zB VwGH 18.11.2015, Ra 2014/18/0139; 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, 2.12.2014, Ra 2014/18/0100, 15.12.2015, Ra 2015/18/0192ua) macht die grundrechtskonforme Interpretation des AsylG 2005 eine Bedachtnahme auf die - in Österreich in Verfassungsrang stehenden – Bestimmungen der EMRK notwendig und es ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in Österreich seine langjährige Freundin und Verlobte, die hier seit vielen Jahren asylberechtigt ist, zunächst traditionell, in der Folge auch standesamtlich geehelicht und erwartet seine nunmehrige Ehefrau das 1. gemeinsame Kind.
Beide haben auch einen gemeinsamen Wohnsitz in XXXX .
3.4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, sowie die näheren Umstände der Zumutbarkeit der Übersiedlung des Partners in das Heimatland des Beschwerdeführers (EGMR 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, RN 39; 24.11.2009, 1820/08, Omojudi, RN 41; VfGH 01.07.2009, U 992/08 und U 1104/08; 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 bis 0219).
Im vorliegenden Fall liegt ein schützenswertes Familienleben i.S.d. Art. 8 EMRK vor.
3.5. Zusammenfassend ergibt sich aus dem Gesagten, dass im Beschwerdefall insgesamt Umstände vorliegen, die den Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Kroatien einem „real risk“ der Verletzung in seinen durch Art. 8 EMRK geschützten Rechten aussetzen würde. Es ist daher zur Vermeidung einer solchen Grundrechtsverletzung vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO zwingend Gebrauch zu machen, weswegen der angefochtene Bescheid gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben war.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs.6a und 7 BFA-VG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung (wie aus den Erwägungen zu A) unmittelbar ersichtlich) von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im Übrigen ergeht die vorliegende Entscheidung auch auf Basis der Rechtsprechung der europäischen Höchstgerichte EuGH und EGMR. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung Ersatzentscheidung Familienleben Interessenabwägung Kassation öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Selbsteintrittsrecht Überstellung Zulassungsverfahren ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W161.2233958.1.00Im RIS seit
25.10.2021Zuletzt aktualisiert am
25.10.2021