TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/18 I405 2008691-2

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Veröffentlicht am 18.06.2021
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Entscheidungsdatum

18.06.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z1
AsylG 2005 §54 Abs2
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §55 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs11
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs7
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §52
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I405 2008691-2/27E

I405 2180403-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerden der XXXX , geb. XXXX , StA. Demokratische Republik Kongo und des minderjährigen XXXX , geb. XXXX , StA. Demokratische Republik Kongo, gesetzlich vertreten durch seine Mutter XXXX , beide vertreten durch die Caritas der Erzdiözese Wien und den MigrantInnenverein St. Marx, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.11.2017, ZI. XXXX und Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.10.2020, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide werden als unbegründet abgewiesen.

II. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide wird stattgegeben und festgestellt, dass gemäß § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist. Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 AsylG 2005 wird XXXX der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ und gemäß § 54 Abs. 1 Z 2, § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 2 AsylG 2005 XXXX der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

III. In Erledigung der Beschwerden wird der jeweilige Spruchpunkte IV. der angefochtenen Bescheide ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Verfahren der Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1) sowie ihres minderjährigen Sohnes, des Zweitbeschwerdeführers (im Folgenden: BF2), sind im Sinne des § 34 AsylG 2005 gemeinsam als Familienverfahren zu führen.

2. Die BF1 stellte nach unrechtmäßiger Einreise in Österreich am 23.02.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

3. Am 25.02.2014 wurde die BF1 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einvernommen. Zu ihrem Fluchtgrund befragt gab die BF1 an, dass sie die Demokratische Republik Kongo aufgrund ihrer Inhaftierung sowie Misshandlung nach ihrer Teilnahme an einer Demonstration gegen die Tötung von Christen verlassen habe.

4. In einer niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 06.05.2014 gab die BF1 an, dass sie am 16.02.2012 an einer Gedenkmesse für getötete Christen teilgenommen habe. Die Regierung sei gegen diese Veranstaltung gewesen und Soldaten hätten sodann die Kirche gestürmt. Daraufhin sei sie verhaftet, geschlagen sowie vergewaltigt worden und habe sogar ihr Kind verloren. Danach sei sie von Kinshasa nach Brazzaville, Republik Kongo gegangen und habe dort gearbeitet. Nachdem man sie dort aber bedroht und begonnen habe, alle die aus Kinshasa gekommen seien, zu töten, sei sie ausgereist.

5. Mit Bescheid des BFA vom 26.05.2014, Zahl 1002153800-4128619, wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF1 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchteil I.), der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo gem. § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach Demokratische Republik Kongo zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für ihre freiwillige Ausreise betrage gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

6. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.10.2014 wurde der Bescheid vom 26.05.2014 gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.

7. Am XXXX wurde der BF2 geboren und am 24.03.2015 brachte die BF1 als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz für diesen ein.

8. Mit Schreiben vom 26.06.2015 wurde der BF1 Parteiengehör zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat, zu ihrem Leben in Österreich sowie ihrem Gesundheitszustand gewährt.

9. Mit Schreiben vom 08.07.2015 gab die BF1 eine Stellungnahme ab und führte unter anderem an, dass sie nicht wisse, wo sich ihre Familie befinde, da kein Kontakt mehr bestehe.

10. In einer neuerlichen niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 04.10.2017 gab die BF1 an, dass sie am 16.02.2012 an einem Gedenkgottesdienst zur Erinnerung an ihre am 16.02.1992 verstorbenen katholischen Brüder teilgenommen habe. An diesem Tag sei viel Polizei präsent gewesen, die Kirche sei gestürmt und sie sei verhaftet, vergewaltigt und am Ende mit einem Messer verletzt worden. Nach der Messerverletzung sei sie bewusstlos geworden und man habe sie für tot gehalten und auf die Straße gesetzt. Danach sei sie geflüchtet.

11. Am 30.10.2017 langte eine Stellungnahme der BF zur erlittenen Folter der BF1 als wesentliches Indiz einer zukünftigen Folter und der zusätzlichen Vulnerabilität der BF1 als alleinstehende Mutter beim BFA ein.

12. In der Folge wurden die Anträge der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) mit den im Spruch genannten Bescheiden des BFA vom 14.11.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurden die Anträge auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo abgewiesen (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG wurden gegen die BF Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in die Demokratische Republik Kongo zulässig sei (Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide). Das Vorbringen der BF1 wurde als nicht glaubhaft angesehen. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass den BF im Falle einer Rückkehr in die Demokratische Republik Kongo Gefahren drohen würden, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden.

13. Gegen die im Spruch genannten Bescheide wurde fristgerecht am 14.12.2017 Beschwerde erhoben.

14. Mit Schriftsatz vom 15.12.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 21.12.2017, legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden samt Verwaltungsakten vor.

15. Am 18.10.2018, 18.02.2019, 12.06.2019 und 28.10.2019 langten Integrationsunterlagen und ärztliche Befunde der BF beim Bundesverwaltungsgericht ein.

16. Am 27.02.2020 langte ein klinisch-psychologischer Befundbericht vom 24.01.2018 betreffend eine posttraumatische Belastungsstörung der BF1 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

17. Am 20.10.2020 langte eine Stellungnahme der BF zur Lage in der Demokratischen Republik Kongo und dem Gesundheitszustand der BF1 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

18. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22.10.2020 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der die BF und ihre Rechtsvertretung teilnahmen. Im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Lingala wurde die BF1 u.a. zu ihrer Identität, zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat, zu den Fluchtgründen sowie zu ihrem Leben in Österreich ausführlich befragt.

19. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 03.02.2021 wurde den BF seitens des Bundesverwaltungsgerichtes das aktuelle Länderinformationsblatt der Demokratischen Republik Kongo vom 17.12.2020 übermittelt und ihnen die Möglichkeit gewährt dazu und zu etwaigen Änderungen in ihrem Privat- und Familienleben sowie Gesundheitszustand nach der mündlichen Verhandlung innerhalb von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

20. Mit Schreiben vom 18.02.2021 wurde seitens des MigrantInnenvereins St. Marx mitgeteilt, dass zum aktuellen Länderinformationsblatt zur Lage in der Demokratischen Republik keine Stellungnahme abgegeben werde und sich bezüglich des Privat- und Familienlebens der BF seit der mündlichen Verhandlung auch nichts geändert habe.

21. Mit Schreiben vom 18.02.2021 wurde seitens der Caritas der Erzdiözese Wien vor allem auf die Corona-Lage, die Sicherheitslage und die Situation für alleinstehende Frauen in der Demokratischen Republik Kongo eingegangen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der BF:

Die BF1 ist Mutter des BF2. Die BF sind Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo und sind christlichen Glaubens (römisch-katholisch). Die Identität der BF1 steht nicht fest, jene des BF2 steht fest.

Die BF1 hält sich seit spätestens 23.02.2014 in Österreich auf. Der BF2 wurde am XXXX in Österreich geboren. Die BF1 ist strafrechtlich unbescholten.

Die BF1 leidet am Löfgren Syndrom, einer akuten Form der Sarkoidose, einer entzündlichen Erkrankung des gesamten Körpers, welche sich vor allem auf die Lunge auswirkt, weswegen sie halbjährlich zur Kontrolle geht. 2020 unterzog sie sich erfolgreich einem operativen gynäkologischen Eingriff aufgrund einer Cervixdysplasie CIN II, einer Vorstufe von Gebärmutterhalskrebs. Zudem nimmt sie aktuell täglich ein Schilddrüsenmedikament ein. Bei der BF1 wurden 2018 zwar stark ausgeprägte Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung, nach schweren psychischen und physischen Traumata, mit klinisch relevanten Symptomen mit Flashbacks diagnostiziert, die BF1 befindet sich deswegen allerdings nicht in Behandlung und nimmt diesbezüglich keine Medikamente ein. Der BF2 hat keine gesundheitlichen Beschwerden. Die BF leiden folglich derzeit an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen.

Die BF1 und der BF2 leben im gemeinsamen Haushalt. Zum Vater des BF2 gab die BF1 an, dass kein Kontakt bestehe und sie auch dessen Namen nicht kenne.

In Österreich verfügen die BF über keine familiären Bezugspunkte. Die Familie der BF1 lebt nach wie vor in der Demokratischen Republik Kongo. Die BF1 hat gelegentlich Kontakt zu ihren in der Demokratischen Republik Kongo lebenden Familienangehörigen, vor allem zur Schwester.

Die BF1 verfügt über eine mehrjährige Schulbildung mit Maturaabschluss und Berufserfahrung als Händlerin. Von ihrem Verdienst konnte die BF1 ihren Lebensunterhalt bestreiten und sich eine Wohnung mieten.

Die BF1 geht in Österreich zwar keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung, ist aber äußerst bemüht, sich beruflich weiterzuentwickeln und selbsterhaltungsfähig zu werden. So nahm sie regelmäßig an einer Lerntafel zur Integration und Spracherlernung teil, besuchte diverse Sprachkurse, Basisbildungskurse sowie mehrere Computerkurse und ist aktuell dabei ihren Pflichtschulabschluss nachzuholen, um eine Lehre als pharmazeutisch-kaufmännische Assistentin zu beginnen. Dass die BF1 sehr bemüht ist beruflich Fuß zu fassen und sie bereits entsprechende Schritte in diese Richtung setzt, ergibt sich auch daraus, dass sie bereits 2017 zwei Schnuppertage in einer Apotheke absolviert hat. Zudem besucht sie regelmäßig die Kirche und hat dort auch ehrenamtlich geputzt. Auch gesellschaftlich ist sie gut integriert, hat zahlreiche Freundschaften geschlossen und sich gut in ihrer Gemeine eingelebt. Am 19.08.2016 hat die BF1 eine Deutschprüfung Niveau A2 positiv bestanden.

Der BF2 besucht den Kindergarten, wo er gut integriert ist und die deutsche Sprache erlernt hat.

1.2. Zu den Fluchtgründen der BF:

Es kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass die BF1 in der Demokratischen Republik Kongo aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden wird.

Für den BF2 wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

Im Fall seiner Rückkehr in die Demokratischen Republik Kongo werden sie mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur allgemeinen Situation in der Demokratischen Republik Kongo:

Die aktuelle Situation im Herkunftsstaat der BF stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:

1. COVID-19

In der DR Kongo ist mit anhaltenden Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr sowie weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben bis auf weiteres zu rechnen. Es besteht hohes Sicherheitsrisiko im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus (COVID-19). Mit anhaltenden Einschränkungen im Flug- und Reiseverkehr sowie weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben ist bis auf weiteres zu rechnen (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020). Seit 15.6.2020 sind die Außengrenzen des Landes wieder offen und auch Binnenreisen sind wieder möglich (FD 25.11.2020).

Der internationale Flugverkehr (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020) und auch der nationale Flugverkehr wurde wieder aufgenommen (AA 18.11.2020). Bei der Einreise ist ein negativer COVID-19 Tests bzw. die direkte Durchführung eines COVID-19 Tests am Flughafen und bei der Ausreise die Vorweisung eines negativen Tests vorgeschrieben (BMEIA 16.10.2020; vgl. AA 18.11.2020, FD 25.11.2020). Um innerhalb der Demokratischen Republik Kongo reisen zu können, muss den Grenzbehörden vor Antritt der Reise am Flughafen ein negativer Test vorgelegt werden (AA 18.11.2020; vgl. FD 25.11.2020).

Das Tragen eines Nasen-Mundschutzes in der Öffentlichkeit ist verpflichtend. Vielfach kommt es zu Straßensperren und Polizeikontrollen mit Temperaturmessungen (BMEIA 16.10.2020). Im gesamten Stadtgebiet Kinshasas gilt die Pflicht zum Tragen eines Mund- und Nasenschutzes (AA 18.11.2020).

Das Gesundheitssystem ist auf die Pandemie nicht vorbereitet. Im Falle einer Infektion mit dem Virus kann nicht von einer angemessenen Behandlung ausgegangen werden (AA 18.11.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (18.11.2020): Demokratische Republik Kongo - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/kongodemokratischerepubliksicherheit/203202, Zugriff 14.12.2020

-        BMEIA - Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (16.10.2020): Reiseinformationen: Kongo - Demokratische Republik, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kongo-dem-rep/, Zugriff 15.12.2020

-        FD - France Diplomatie (25.11.2020): Conseils aux voyageurs - République démocratique du Congo, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/republique-democratique-du-congo/, Zugriff 15.12.2020

2. Politische Lage

Die seit dem 18.2.2006 geltende Verfassung bestimmt eine gemäßigte präsidiale Regierungsform. Das System wird sowohl von zentralistischen als auch föderalistischen Elementen geprägt (GIZ 10.2020a). Die DR Kongo ist seit 2015 in 26 Provinzen mit eigenen Parlamenten und Regierungen gegliedert. Das Parlament der DR Kongo besteht aus zwei Kammern: Nationalversammlung und Senat. Der Staatspräsident wird für fünf Jahre direkt gewählt und hat weitreichende Machtbefugnisse (AA 28.8.2019a; vgl. GIZ 10.2020a). Durch eine Verfassungsänderung wurde 2011 der zweite Wahlgang bei den Präsidentschaftswahlen abgeschafft. Dabei wurde dem Präsidenten das Recht zur Absetzung der Gouverneure und zur Auflösung der Provinzparlamente eingeräumt (AA 28.8.2019a).

In der DR Kongo fanden mit mehr als zweijähriger Verspätung am 30.12.2018 Präsidentschafts-, Parlaments- und Provinzratswahlen statt. Diese liefen verhältnismäßig friedlich und organisiert ab (AA 17.2.2020). Nachdem die Regierung alle sozialen Netzwerke stilllegte und eine massive Militär- und Polizeipräsenz keine kritischen Bewegungen erlaubte, verliefen die Wahlen relativ ruhig. Doch sowohl die gut organisierte katholische Kirche als auch der südafrikanische Staatenverband SADC bestätigten viele Unregelmäßigkeiten während der Wahlen (GIZ 10.2020a).

Das von der nationalen Wahlkommission CENI verkündete Ergebnis der Präsidentschaftswahlen wies überraschend den Führer der oppositionellen UDPS-Partei Félix Tshisekedi als Wahlsieger aus, womit er seine Konkurrenten Martin Fayulu (Oppositionsbündnis Lamuku) und Emmanuel Ramazani Shadary (bisheriges Regierungsbündnis FCC) auf den zweiten bzw. dritten Platz verwies. Das Wahlergebnis gilt weiterhin als umstritten, da die informellen Ergebnisse ziviler Wahlbeobachter für Fayulu als Wahlsieger sprachen (AA 17.2.2020).

Am 26.8.2019 benannte Ministerpräsident Sylvestre Ilunga die neuen Minister. Insgesamt 67 Mitglieder umfassend zeichnet das Kabinett sich u.a. dadurch aus, dass drei von vier Ministern keine Regierungserfahrung besitzen und 42 Plätze dem Front Commun pour le Congo (FCC) zukommen. Deren sogenannte „moralische Autorität“ ist Ex-Präsident Joseph Kabila. Der Frauenanteil stieg von 10% auf 17% an (AA 17.2.2020).

Am 6.12.2020 verkündete Staatspräsident Félix Tshisekedi nach mehrwöchigen Verhandlungen das Ende der Zusammenarbeit zwischen seiner Parteikoalition Cap pour le Changement (CACH) und der seines Vorgängers Joseph Kabila, Front commun pour le Congo (FCC). Er ernannte einen Beauftragten zur Herstellung einer neuen Mehrheit. In der Regierungskoalition der beiden Lager sei sein Reformprogramm blockiert gewesen. Der FCC stellt die Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments. Auch die Ernennung von Sylvestre Ilunga zum Premierminister im Mai 2019 musste auf die Mehrheit des FCC gestützt werden. Zum Koalitionsende trug ein Streit über die Ernennung dreier neuer Verfassungsrichter durch Tshisekedi bei, der sich dabei über den Premierminister hinweggesetzt haben soll. Am 10.12.2020 setzte die Nationalversammlung (Unterhaus) ihre bisherige Parlamentspräsidentin Jeanine Mabunda ab. Das Lager Kabilas, zu dem sie zählt, erhob den Vorwurf des Stimmenkaufs gegen die Seite Tshisekedis (BAMF 14.12.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (28.8.2019a): Kongo (Demokratische Republik): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/innenpolitik/203252, Zugriff 2.12.2012

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (14.12.2020), Briefing Notes, ecoi.net-Link zum Zeitpunkt der Fertigstellung des LIB noch nicht verfügbar - liegt bei der Staatendokumentation auf

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020a): Kongo – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 2.12.2020

3. Sicherheitslage

In Kinshasa und anderen kongolesischen Städten führten in der Vergangenheit wiederholt, teilweise gewalttätige, Proteste gegen die Regierung zur Verwendung scharfer Munition, Todesopfern und Verletzten, sowie zu zahlreichen Festnahmen. Auch weiterhin kann es im ganzen Land im Zusammenhang mit Protestaktionen und Versammlungen zu Gewalt kommen. Dabei muss auch mit weitreichenden Störungen des öffentlichen Lebens sowie einer hohen Präsenz von bewaffneten Sicherheitskräften gerechnet werden (AA 18.11.2020).

Die Sicherheitslage ist äußerst instabil. Versammlungen, Proteste und bestimmte Veranstaltungen können, selbst ohne erkennbaren äußeren Anlass, jederzeit zu unvorhersehbaren sicherheitsrelevanten Ereignissen oder gewalttätigen Ausschreitungen führen und scharfe Gegenmaßnahmen zur Folge haben. Dies betrifft neben zahlreichen Provinzen inzwischen auch die Hauptstadt Kinshasa (AA 18.11.2020). Es kommt vor allem in der Hauptstadt, aber auch in anderen Ballungsräumen (Matadi, Bukavu, Goma, Kananga etc.), immer wieder zu schweren Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Opposition und Sicherheitskräften (BMEIA 16.10.2020).

Der Nordosten der Demokratischen Republik Kongo ist seit dem Genozid in Ruanda (1994) von Wellen der Gewalt gekennzeichnet. Hintergrund ist die maßlose Gier der unterschiedlichsten Waffenträger nach Rohstoffen wie Coltan, Gold und Diamanten. Zeitweise bewegten sich 14 verschiedene bewaffnete Gruppen und Rebellenorganisationen im Gelände. Ungelöst ist das Problem des Verbleibs der FDLR (Demokratische Front zur Befreiung Ruandas), jener Rest-Hutu-Armee, die seit dem Ende des Genozids 1994 ihr gewalttätiges Unwesen in der ganzen Region – einschließlich Ruanda – treibt. Die Rebellengruppe M-23 hat sich nach einem Friedensvertrag Ende 2013 offiziell aufgelöst, jedoch demobilisierten einige ihrer Kämpfer nicht und kämpfen weiter. Die Kampfkraft der verschiedenen Rebellengruppen – allen voran die der FDLR nahestehenden – bleibt ungebrochen. Die im Oktober und November 2015 begonnenen aktiven Angriffe und Kämpfe der MONUSCO [Anm. UNO Mission in der DR Kongo] haben bisher nichts an der Situation verändert (GIZ 10.2020a).

In den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Orientale, Ituri, Haut-Uele, Tanganyika, Haut-Lomani, Kasai und Maniema finden häufig kriegerische Handlungen zwischen den zahlreichen Rebellengruppen und der Armee sowie der MONUSCO statt (BMEIA 16.10,2020). Ende November 2019 kam es bei Protesten der Bewohner Benis zu Übergriffen auf einzelne Einheiten der UNO-Mission MONUSCO (AA 18.11.2020).

In den Provinzen Bas-Uele, Haut-Uele, Tshopo, Ituri, Nord-Kivu, Süd-Kivu, Maniema, Tanganyika, Haut-Lomami, Haut-Katanga (nur nördliche Gebiete), Lomami, Kasai, Kasai-Central und Kasai Oriental kommt es immer wieder zu gewaltsamen Zwischenfällen zwischen den kongolesischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen, insbesondere der Allied Democratic Force (ADF). Von der kongolesischen Armee wird derzeit eine Großoffensive gegen die ADF durchgeführt (AA 18.11.2020).

Konflikte setzen sich insbesondere in den Ostprovinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Tanganyika, Ituri, Haut-Uele und Bas-Uele und in den Provinzen der Kasai-Region (Kasai central, Kasai, Kasai oriental, Sankuru und den Lomami Provinzen) fort. Bewaffnete Gruppen wie u.a. die demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR), die vereinten Kräfte zur Befreiung Ugandas (ADF/NALU), die nationalen Befreiungskräfte (FNL), die Lord’s Resistance Army (LRA), aber auch indigene Gruppen, wie die lokalen Nduma Defense of Congo-Renewal (NDC-R), Kamuina Nsapu, Bana Mura und diverse Mai-Mai-Gruppen (lokale Milizen) attackieren die Zivilbevölkerung. Viele dieser Gruppen stammen ursprünglich aus dem Ausland. Die Angriffe führen zu massiven Vertreibungen der Zivilbevölkerung, und es kommt zu vielen Menschenrechtsverletzungen (USDOS 11.3.2020).

Die Zivilbevölkerung ist hauptleidtragend. Teile der Bevölkerung werden aufgrund ihrer (angenommenen) Zugehörigkeit zu einer Ethnie (Hutu, Tutsi, Nande, Hunde, und zahlreiche andere) oder einer Sprachfamilie (insbesondere Kinyar-wanda-Sprecher) Opfer von Gewalt. Oftmals sind sie jedoch auch Opfer willkürlicher Gewalttaten. Die Zahl der Binnenvertrieben bleibt auf einem hohen Niveau und Flüchtlinge müssen nicht selten ein-bis zweimal im Monat ihren Aufenthaltsort wechseln und erneut fliehen, weil weitere Plünderungen und Missbrauch drohen. Internationale Bemühungen zur Befriedung der Situation haben bislang noch keine durchschlagende Wirkung erzielen können (AA 17.2.2020).

Die kongolesische Armee, sowie sämtliche Rebellengruppen und Milizen ernähren sich außerdem „aus dem Land“, d.h. sie plündern die Vorräte der Bevölkerung. Nur ein Teil der fliehenden Bevölkerung kann von UN-Organisationen oder NGOs unterstützt werden. Bei Rückkehr in ihre Stammesgebiete droht diesen nicht selten erneute Ausplünderung und physische Gewalt. Insgesamt herrscht in weiten Teilen der Unruheprovinzen des Landes ein Klima der Gewalt und Vertreibung, dem die Zivilbevölkerung weitestgehend schutzlos ausgesetzt ist. Trotz der Bemühungen der Friedensmission der Vereinten Nationen, MONUSCO, bleiben erhebliche Schutzlücken bestehen (AA 17.2.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (18.11.2020): Demokratische Republik Kongo - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/kongodemokratischerepubliksicherheit/203202, Zugriff 2.12.2020

-        BMEIA (16.10.2020): Kongo - Demokratische Republik, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kongo-dem-rep/, Zugriff 2.12.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020a): Kongo - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 2.12.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020

4. Rechtsschutz/Justizwesen

Während gesetzlich eine unabhängige Justiz vorgesehen ist (USDOS 11.3.202; vgl. GIZ 10.2020a), war die Justiz in der Praxis Korruption und politischer Einflussnahme unterworfen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Beamte und andere einflussreiche Personen unterwarfen Richter häufig der Nötigung. Richtermangel führte zu langwierigen Gerichtsverfahren, insbesondere in den Provinzen. Behörden missachteten regelmäßig Gerichtsurteile. Disziplinarkommissionen beschäftigten sich mit zahlreichen Fällen von Korruption und Amtsmissbrauch, die in Entlassungen und Suspendierungen von Richtern mündeten (USDOS 11.3.2020).

In der Praxis funktioniert das Rechtswesen nur sehr unzureichend. Es gibt eine sehr eingeschränkte Rechtssicherheit. Die Ursachen sind vielfältig: ausufernde Korruption, Postenschieberei und schlechte Bezahlung auf allen Ebenen sowie mangelnde Ausbildung, Bezahlung und Disziplin der Polizei. Folgernd hieraus ist die Justiz in der Demokratischen Republik Kongo weitgehend blockiert. Recht hat in der Regel der, der am meisten für sein vermeintliches Recht bezahlen kann (GIZ 10.2020).

Eine funktionierende und unabhängige Justiz gibt es noch nicht. Beschäftigte im Justizdienst werden schlecht und unregelmäßig bezahlt und sind häufig korrupt. Die zivile Justiz ist mit den zu bewältigenden Aufgaben überfordert. Nach Einschätzung von nationalen und internationalen Experten, wird es noch Jahre dauern, bis neu ausgebildetes, motiviertes und angemessen bezahltes Justizpersonal die aktuelle Misere beenden könnte. Bemühungen ausländischer Organisationen, diesen Zustand mit Seminaren, Sachspenden etc. zu bessern, zeigen bisher nur geringen Erfolg. Reformen werden versprochen, dürften jedoch Jahrzehnte in Anspruch nehmen, um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen (AA 17.2.2020).

Die Militärjustiz ist für alle Vorgehen von und gegen Soldaten und Polizisten zuständig, sowohl für im Dienst als auch im Privaten begangene Straftaten. Sie ist überlastet, aber bemüht, ihrer Aufgabe, die Straflosigkeit bei Angehörigen der Sicherheitsdienste (Streitkräfte, Polizei) zu bekämpfen, gerecht zu werden. Ihr Personal ist in der Regel besser ausgebildet als das in der Ziviljustiz (AA 17.2.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020a): Kongo - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 2.12.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020

5. Sicherheitsbehörden

Die primäre Verantwortung zur Rechtsdurchsetzung obliegt der kongolesischen Nationalpolizei (Police National Congolaise – PNC). Diese untersteht dem Innenministerium. Die Nationale Geheimdienstagentur (National Intelligence Agency – ANR) untersteht dem Präsidenten. Ihr obliegt die interne und externe geheimdienstliche Informationsbeschaffung. Die Streitkräfte der DR Kongo (FARDC) sowie der militärische Geheimdienst unterstehen dem Verteidigungsministerium. Sie haben primär Verantwortlichkeit in Bezug auf äußere Sicherheit, in der Praxis liegt ihr Fokus primär auf der inneren Sicherheit. Die FARDC sind geprägt von schwacher Führung, schlechter operationeller Planung, geringen administrativen und logistischen Kapazitäten, mangelnder Ausbildung und fraglicher Loyalität ihrer Soldaten, vor allem im Osten des Landes. Dem Präsidenten unterstehen die republikanischen Garden (Republican Guard – RG). Dem Innenministerium untersteht das Direktorat für Migration, das, gemeinsam mit der Polizei, für die Grenzkontrollen verantwortlich ist (USDOS 11.3.2020).

Die Kooperation der MONUSCO (UN-Friedensmission in der DR Kongo) und der kongolesischen Regierung findet im Osten weiterhin statt, mit Ausnahme der Kasai-Region (USDOS 11.3.2020). Trotz einer Truppenreduzierung stellt die MONUSCO mit über 16.000 Soldaten und über 1.300 Polizisten nach wie vor eine der größten UN-Friedensmissionen weltweit dar (AA 17.2.2020).

Obwohl es zu Verurteilungen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte kam, blieb die Straffreiheit ein Problem. Behörden unterließen es häufig, Missbrauch durch Beamte zu untersuchen, verfolgen oder zu bestrafen. In diesem Zusammenhang betrieben die Behörden zusammen mit der UN-Schutztruppe MONUSCO gemeinsame Menschenrechtskomitees und nutzten diesbezügliche internationale Einrichtungen, um Vergehen von Mitgliedern der staatlichen Sicherheitskräfte bzw. disziplinäre Probleme zu untersuchen und zu bestrafen (USDOS 11.3.2020).

Die zivilen Behörden üben keine effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus. Das Militär ist notorisch undiszipliniert. Vorfälle von Informationsaustausch zwischen kongolesischen Soldaten und Rebellengruppen gab es im Jahr 2019 weiterhin. Soldaten und Polizisten begehen regelmäßig Menschenrechtsvergehen. Hochrangige Militärs gehen bei solchen Vergehen oft straffrei aus (FH 4.3.2020).

Laut einem Bericht von GlobalSecurity existiert eine richtige kongolesische Armee, gemessen an modernen Kriterien, gar nicht. Vielmehr gibt der Staat nur vor, eine zu haben. Die FARDC wurde 2003 aus verschiedenen bewaffneten Gruppen unterschiedlicher politischer Gruppierungen geformt, die seit dem kaum als einheitlicher Armeekörper in Erscheinung tritt und durch mangelnde Loyalität, Disziplin und eine kaum vorhandene Befehlskette gekennzeichnet ist. Daneben leidet die Armee unter schlechter Ausbildung und schlechtem Kriegsmaterial, Korruption, schwachen Kommandostrukturen, Versorgungsproblemen und unregelmäßiger Bezahlung, was dazu führt, dass Mitglieder der Armee oft in Plünderungen und Überfällen auf Zivilisten, einhergehend mit massiven Menschenrechtsverletzungen und selbst am ständigen Hin- und Her-Wechsel zwischen den Fronten beteiligt sind. Ein Reformplan zur Umwandlung der Truppe in eine moderne Armee, wurde 2009 dem Parlament präsentiert. Laut MONUSCO hat die kongolesische Armee bedeutende Schritte zur Hebung der Armeedisziplin durch Verfolgung von durch Soldaten begangener Menschenrechtsverletzungen unternommen. Trotzdem bleibt Straffreiheit in der Armee weiterhin ein großes Problem (GS o.D.).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020

-        GS - GlobalSecurity.org (o.D.): DR Congo Army, http://www.globalsecurity.org/military/world/congo/army.htm, Zugriff 3.12.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Das Gesetz kriminalisiert zwar die Anwendung von Folter, dennoch gibt es Berichte von Menschenrechtsorganisationen, dass die Sicherheitskräfte weiterhin Zivilisten, vor allem Häftlinge, foltern. Während des Jahres 2019 brachten Aktivisten Videos in Umlauf, wo Polizisten unbewaffnete Demonstranten schlugen (USDOS 11.3.2020). Folter von Häftlingen kommt häufig vor (FH 4.3.2020).

Viele Beobachter (Menschenrechtsorganisationen, UN-Menschenrechtsbüro, EU-Missionen, NGOs und die Botschaft) gehen davon aus, dass – entgegen dem in Art. 16 der Verfassung statuierten ausdrücklichen Verbot – Folter in Gefängnissen, Polizeistationen und geheimen Haftanstalten (so genannte „cachots“) durch Militär und Sicherheitskräfte nach wie vor angewandt wird. Dies betrifft nicht nur die Hauptstadt, sondern auch die Provinzen. Am 20.7.2011 trat ein Gesetz zum Verbot der Folter in Kraft. Kongolesische Menschenrechtsorganisationen begrüßten das Gesetz und mahnten angesichts der fortgesetzten Praxis seine gewissenhafte Umsetzung an (AA 17.2.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020

7. Korruption

Gesetzlich sind Strafen für Korruption durch Beamte zwar vorgesehen, jedoch setzt die Regierung diese Vorgaben nicht effektiv um und korrupte Praktiken sind oft mit Straflosigkeit verbunden. Durch behördliche Korruption auf allen Ebenen sowie in Firmen in Staatsbesitz entgehen der Staatskassa hunderte Millionen US-Dollar pro Jahr. Präsident Tshisekedi startete am 11.7.2019 eine nationale Korruptions-Bewusstseins-Kampagne. 80% der Befragten gaben an, dass sie Bestechungsgelder zahlen mussten, um öffentliche Güter und Dienstleistungen wie etwa Polizeischutz, Wasser, Geburtsurkunden und Personalausweise zu erhalten. Auch Mitglieder der Sicherheitskräfte sind undiszipliniert und korrupt. Polizei- und Armeeeinheiten betreiben illegale Geldeinhebung und Erpressung von Zivilisten, oft an Checkpoints, wo sie Geld und Nahrungsmittel von Individuen forderten und jene, die nicht zahlen können, inhaftieren (USDOS 11.3.2020).

Korruption ist in der Regierung, den Sicherheitskräften und der Mineralienindustrie weit verbreitet, der öffentliche Dienst und Entwicklungshilfeversuche sind davon unterminiert. Ernennungen zu hochrangigen Positionen in der Regierung sind von Nepotismus geprägt. Rechenschafts-Mechansimen sind schwach, und Straffreiheit ist die Norm (FH 4.3.2020).

Im aktuellen Ranking von Transparency International rangiert die DR Kongo an 168. Stelle bei insgesamt 198 gereihten Ländern (TI 2020).

Quellen:

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020

-        TI - Transparency International (2020): Corruption Perceptions Index 2019, https://www.transparency.org/en/cpi/2019/results/cod, Zugriff 3.12.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020

8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Die Zivilgesellschaft war und ist ein sehr wichtiger Akteur in der politischen und sozialen Entwicklung des Landes. Sie verändert ihre Aufstellung und ihre Aktionen entsprechend der aktuellen politischen, sozialen und ökonomischen Situation. So wurden beispielsweise die entscheidenden Wahlen im Dezember 2018 maßgeblich von kirchlichen und genossenschaftlichen Gruppen sowie von Jugendorganisationen, Frauenverbänden und einer Vielzahl zivilgesellschaftlicher Zusammenschlüsse beeinflusst. Besonders in den Städten hat die breite politische Debatte, die von der Zivilgesellschaft geführt wurde, zu einer Verhinderung von exzessiver Gewalt geführt (GIZ 10.2020a).

Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen sind aktiv und können grundsätzlich frei agieren. Menschenrechtsorganisationen erfahren auch in der Presse Rückhalt. Im Zuge der Wahlen im Dezember 2018 kam es zu massiven Einschüchterungswellen von Menschenrechtsverteidigern und aktiver Zivilgesellschaft durch staatliche Sicherheitskräfte. Versammlungen wurden verboten und gewaltsam aufgelöst, willkürliche Festnahmen und Verhöre unter Einsatz von Gewalt fanden in regelmäßigen Abständen statt. Nach Ernennung des neuen Staatspräsidenten Tshisekedi kam es zu ersten Anzeichen einer Entspannung und einem neuen, demokratischeren Umgang mit Menschenrechtsorganisationen. So ordnete der neue Präsident etwa die Entlassung einer Reihe politischer Gefangener an. NGO-Vertretern zufolge geschehen dennoch weiterhin nicht nachvollziehbare Verhaftungen von Aktivisten, insbesondere im, dem Wirkungskreis Kinshasas entzogenen, Osten des Landes (AA 17.2.2020).

Tausende von NGOs sind in der DR Kongo aktiv, aber viele sehen sich Hindernissen bei ihrer Arbeit ausgesetzt. Vor allem nationale Menschenrechtsverteidiger sind Belästigungen, willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt. Druck wurde vor allem im Rahmen der Wahlperiode 2018 und 2019 spürbar. Die Repressionen sind seit dem Amtsantritt von Tshisekedi etwas zurückgegangen (FH 4.3.2020). Mitarbeiter des Justizministeriums treffen sich mit nationalen NGOs und antwortet gelegentlich auf Anfragen seitens dieser NGOs. Die Regierung kooperiert gelegentlich mit internationalen NGOs und der UNO. Es gibt zwar ein interministerielles Menschenrechtskomitee, seine Effektivität ist aber begrenzt (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020a): Kongo - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kongo/geschichte-staat/, Zugriff 2.12.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020

9. Allgemeine Menschenrechtslage

In der DR Kongo ist die Wahrung grundlegender Menschenrechtsnormen und Prozessstandards nicht garantiert. Im Zuge der Krise um die Wahlen kam es zu massiven Einschränkungen der Meinungs-, Versammlungs- und Medienfreiheit. Darüberhinaus steigt die Zahl der von internen bewaffneten Auseinandersetzungen betroffenen Menschen an. Willkür ist im Justiz- und Polizeiwesen und bei den Streitkräften verbreitet. Die Menschenrechtslage in den Konfliktregionen im Osten des Landes ist äußerst problematisch: Zivilisten werden häufig Opfer von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, verübt durch Regierungstruppen sowie Rebellengruppen. Viele Menschen haben keinen Zugang zu ausreichender Nahrung, Bildung, und Gesundheitsversorgung. Auch grundlegende Arbeitsnormen (darunter das Verbot von Kinderarbeit, Höchstarbeitszeiten, Gesundheitsnormen etc.) werden kaum beachtet. Rechtlich besteht Gleichheit der Geschlechter; in der Realität werden Frauen benachteiligt. Medien- und Versammlungsfreiheit sind eingeschränkt (AA 17.2.2020). Bedeutende Menschenrechtsprobleme sind willkürliche Tötungen, darunter ungesetzliche Tötungen, Verschwindenlassen, Folter und willkürliche Inhaftierungen durch die Regierung, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, usw. (USDOS 11.3.2020).

Gesetzlich ist Pressefreiheit und Meinungsfreiheit vorgesehen, aber die Regierung respektiert dieses Recht nicht immer. Öffentliche Kritik an der Regierung oder ihren Beamten kann zu Einschüchterungen, Drohungen und Verhaftungen führen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). ARTICLE 19 berichtet im November 2020, dass im Jahr 2020 mindestens 40 Journalisten in Verbindung mit ihrer Tätigkeit festgenommen wurden; Aktivisten und Bürger wurden nach kritischen Äußerungen eingeschüchtert, geschlagen, festgenommen und / oder strafrechtlich verfolgt (A19 27.11.2020).

Die Versammlungsfreiheit ist zwar per Verfassung garantiert, wird aber eingeschränkt (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Unter Präsident Tshisekedi kam es zwar diesbezüglich zu Verbesserungen, aber Einschränkungen bestehen weiterhin (USDOS 11.3.2020). Demonstrationen finden regelmäßig statt, aber die Teilnehmer riskieren Verhaftungen, Schläge, und tödliche Gewalt (FH 4.3.2020).

Die Verfassung gewährleistet Vereinigungsfreiheit, und dieses Recht wird seitens der Regierung auch üblicherweise respektiert (USDOS 11.3.2020).

Bürger haben das Recht, sich in politischen Parteien zu organisieren. Oppositionsparteien konnten im Jahr 2019 freier operieren. So wurde ihnen auch mediale Präsenz durch neu gegründete Radiosender ermöglicht. Unter der Regierung Tshisekedi wurden einige Oppositionsmitglieder aus der Haft entlassen. Einige im Ausland lebende Politiker konnten zurückkehren (FH 4.3.2020).

NGOs, Zivilgesellschaft und Journalisten, die sich kritisch über die Regierung äußern, sind zwar keiner systematischen staatlichen Verfolgung ausgesetzt, können aber in manchen Landesteilen jederzeit willkürlich durch die Sicherheitspolizei oder Armeedienste verfolgt werden. Der politische Betätigungsraum zeichnete sich nach den Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2018 jedoch durch erste Entspannungen und Öffnungen aus (AA 17.2.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (28.8.2019): Kongo (Demokratische Republik): Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/innenpolitik/203252, Zugriff 2.12.2012

-        A19 - Article 19 (27.11.2020): Democratic Republic of Congo: Arrest for criticizing the president is an affront to the freedom of expression, 27.11.2020

-        https://www.ecoi.net/de/dokument/2041608.html, Zugriff 11.12.2020

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020

10. Haftbedingungen

Der Zustand der Gefängnisse ist – auch im Vergleich zu anderen Staaten in Afrika – sehr schlecht (AA 17.2.2020). Die Bedingungen in den meisten Gefängnissen sind hart und lebensbedrohend (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020) und durch Nahrungsmittelmangel, starke Überbelegung, unangemessene sanitäre Einrichtungen und medizinische Versorgung gekennzeichnet (USDOS 11.3.2020; vgl. AA 17.2.2020). Die Behörden inhaftieren Männer üblicherweise getrennt von Frauen, Jugendliche hingegen werden gemeinsam mit Erwachsenen untergebracht (USDOS 11.3.2020).

Folter von Häftlingen ist weit verbreitet (FH 4.3.2020). Die meisten Gefängnisse sind unterbesetzt, schlecht versorgt und die Gebäude in schlechtem Zustand. Dies führt zu Korruption und mangelnder Kontrolle der Insassen. Es kommt zu Gefängnisausbrüchen (USDOS 11.3.2020).

Üblicherweise erlaubte die Regierung dem Roten Kreuz, der UN-Mission MONUSCO und NGOs den Zugang zu offiziellen Haftanstalten des Innenministeriums, jedoch nicht zu Gefängnissen, die von der Republikanischen Garde und vom Geheimdienst betrieben wurden (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030850.html, Zugriff 3.12.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020

11. Todesstrafe

Das Strafgesetzbuch sieht in Art. 5 die Todesstrafe vor, u.a. bei Mord, Hochverrat und Spionage. Das Militärstrafgesetzbuch sieht ebenfalls in Art. 26 die Todesstrafe vor. Seit 2004 ist diese jedoch nicht mehr vollstreckt worden. Laut Art. 16 der Verfassung von 2006 ist die Persönlichkeit des Menschen unverletzlich, und der Staat hat die Pflicht, sie zu respektieren und zu schützen (AA 17.2.2020). Die DR Kongo gilt als „Abolitionist de facto“. Die Letzte Exekution fand im Jahr 2003 statt. Auch im Jahr 2020 gab es keine Hinrichtungen (Stand 22.10.2020) (CLS 22.10.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020

-        CLS - Cornell Law School (22.10.2020): Cornell Database - Democratic Republic of the Congo, https://www.deathpenaltyworldwide.org/database/, 7.12.2020

12. Religionsfreiheit

Grundsätzlich ist die Religionsausübung nicht eingeschränkt. Allerdings gibt es Aktionen von Sicherheitsorganen in Kirchen oder Pfarrsälen, wenn befürchtet wird, dass dort verbotene politische Veranstaltungen stattfinden. Sowohl in Kinshasa als auch in den Provinzen kommt es immer wieder zu Übergriffen gegen Personen, die der Hexerei beschuldigt werden (AA 17.2.2020). Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit und verbietet Diskriminierungen aufgrund der religiösen Einstellung. 2019 gab es keine Vorfälle von Repression oder Einschüchterung von religiösen Organisationen, die sich politisch engagieren, seitens der Regierung mehr. Rebellenmilizen griffen in den Provinzen Nord Kivu und Ituri Kirchen bzw. Kircheneigentum an (USDOS 10.6.2020).

Die große Mehrheit der Kongolesen ist sehr religiös. Das Leben mit den Ahnen und Gott bestimmt das Leben in all seinen Facetten. In den abgelegen ländlichen Gebieten und in den großen Wäldern sind es die verschiedenen Naturreligionen, die das Leben bestimmen. Mehr als 80% der Bevölkerung bekennen sich zu christlichen Religionen. Mit 50% ist die Katholische Kirche die einflussreichste Konfessionsgemeinschaft; 20% sind evangelisch und 10% gehören der einheimischen christlichen Kirche der Kimbanguisten an. Daneben gibt es eine wachsende muslimische Gemeinde, die im städtischen Umfeld bis zu 10% der Bevölkerung umfasst (GIZ 10.2020b).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020b): Kongo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kongo/gesellschaft/, Zugriff 7.12.2020

-        USDOS - US Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031315.html, Zugriff 7.12.2020

13. Ethnische Minderheiten

Insgesamt leben in der Demokratischen Republik Kongo mehr als 200 (CIA 24.11.2020) / bis zu 250 (GIZ 10.2020b) Volksgruppen. Die größten sind die Luba (18%), die Mongo (17%), die Bakongo (16%) und die Zande (10%) (GIZ 10.2020b). Diese vier größten Gruppen machen 45% der Bevölkerung aus (CIA 24.11.2020).

Quellen:

-        CIA - Central Intelligence Agency (24.11.2020): The World Factbook - Congo, Democratic Republic of the, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/cg.html, Zugriff 7.12.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020b): Kongo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kongo/gesellschaft/, Zugriff 7.12.2020

14. Relevante Bevölkerungsgruppen

14.1. Frauen

Die Verfassung von 2006 sieht in Art. 11 und 12 ausdrücklich die Gleichberechtigung der Geschlechter vor. Durch eine Änderung des Familienrechts „Code de la Famille“ wurde 2016 versucht, diesem Verfassungsgrundsatz zu mehr Durchsetzung zu verhelfen. Eine Reihe diskriminierender Pflichten bleiben bestehen, u.a.die Pflicht zum Gehorsam der Ehefrau gegenüber ihrem Ehemann in Artikel 444 des „Code de la Familie“. Jedoch kam es auch zu begrüßenswerten, wenn auch längst überfälligen, Modernisierungen. So ist die Ehefrau nicht mehr verpflichtet, bei ihrem Ehemann zu leben und ihm überall dahin zu folgen, wo er einen Aufenthalt für angebracht hält. Stattdessen richtet sich diese Anforderung nun an beide Ehepartner (Art. 454). Größte Herausforderung ist die Implementierung der gesetzlichen Vorgaben in den Alltag der Betroffenen, gerade in ländlicheren Gebieten die oftmals keine Informationen über die gesetzlichen Bestimmungen haben (AA 17.2.2020). Auch wenn die Gesetze des Landes eine Geschlechtergerechtigkeit beinhalten, ist man noch weit von einer gerechten Situation entfernt (GIZ 10.2020b). Die Verfassung verbietet zwar Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, Gesetze gewähren Frauen aber nicht die gleichen Rechte wie Männern. Gesetzlich ist eine Reihe von Schutzmechanismen für Frauen vorgesehen. Im wirtschaftlichen Bereich dürfen Frauen, ohne die Zustimmung ihrer männlichen Verwandten agieren, Mutterschutz ist vorgesehen, für Diskriminierungen oder Missbrauch von Frauen sind Strafen vorgesehen (USDOS 11.3.2020).

Im UNDP Human Development Index belegt die Demokratische Republik Kongo Platz 176 von 189. Entsprechend dem Social Institutions & Gender Index (SIGI) ist die Gender-Ungerechtigkeit in diesem Land weiterhin ein zentrales Thema bei der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Entwicklung. 36,2 % der Männer und nur 10,7 % der Frauen verfügen über einen Schulabschluss. Die Entwicklungschancen sind für Mädchen deutlich schlechter als für Jungen. Im öffentlichen Leben nehmen Frauen zwar zunehmend am politischen und wirtschaftlichen Leben teil, jedoch sind nur 50 Frauen - 10,3% der Abgeordneten - als Volksvertreter im kongolesischen Parlament vertreten. Die Zahl der alleinstehenden Frauen und Mütter nimmt besonders auch im städtischen Umfeld stark zu. Die Frauen sind mit extrem schweren sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen konfrontiert (GIZ 10.2020b).

Vergewaltigung steht unter Strafe, aber Opfer erstatten nicht immer Anzeige und das Gesetz wird somit nicht immer umgesetzt. Innereheliche Vergewaltigung ist nicht als Straftatbestand erfasst (USDOS 11.3.2020). Sexualisierte Gewalt kommt häufig vor und ist keineswegs auf die Ostprovinzen beschränkt. Unter dem Druck von Menschenrechtsorganisationen und internationaler Gemeinschaft werden die Täter seit mehreren Jahren stärker verfolgt, das Problem der Straflosigkeit in diesem Bereich besteht jedoch prinzipiell fort. Zudem werden Vergewaltigungsopfer nicht selten durch die eigene Familie dadurch weiter diskriminiert, dass sie aus der örtlichen Gemeinschaft ausgestoßen, oder zu einer Heirat mit dem Täter gedrängt werden. Daneben sind schätzungsweise 4 bis 10 % der Vergewaltigungsopfer männlichen Geschlechts. Für sie sind die mit sozialer Isolation und Traumatisierung verbundenen Folgen der Tat ebenso schwerwiegend (AA 17.2.2020). 76% der Mädchen und Frauen sind Opfer häuslicher Gewalt (GIZ 10.2020b).

Im Rahmen der kriegerischen Auseinandersetzungen im Osten des Landes, sind sexuelle Übergriffe Teil der Kriegsführung geworden. Man schätzt, dass 200.000 Mädchen und Frauen in den vergangenen zehn Jahren vergewaltigt wurden. Die UNO und andere internationale Organisationen bringen das Thema regelmäßig in die Öffentlichkeit. Leider bisher nur mit begrenztem Erfolg hinsichtlich der Vergewaltigungsrate. Im Rahmen der Friedens- und Traumaarbeit erhalten die Opfer Unterstützung, jedoch wird nur ein geringer Teil erreicht (GIZ 10.2020b).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (17.2.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025308/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2019%29%2C_17.02.2020.pdf, Zugriff 2.12.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2020b): Kongo - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kongo/gesellschaft/, Zugriff 7.12.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Right Practices 2019 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026404.html, Zugriff 2.12.2020

14.2. Alleinstehende Frauen und Mütter

Kongolesische Frauen werden meist mit Müttern gleichgesetzt oder über den Bezug zu einem männlichen Familienmitglied definiert. Frauen werden von sich selbst und von anderen überwiegend als verheiratet mit Kindern definiert und erwachsene Frauen, die nie verheiratet gewesen sind, werden mit Argwohn betrachtet (Davis 2014). Ausgrenzung von Müttern beruht teilweise darauf, dass sie alleinerziehend sind. Das verstößt gegen den Familienkodex und die sozialen Normen. Oft werden diese Frauen nicht als „heiratsfähig“ angesehen, aufgrund der sozioökonomischen Belastung, die mit der Erziehung eines Kindes ohne männlichen Partner einhergeht (Wagner, 13.11.2020).

Nach Auskunft eines Direktors einer großen in der DR Kongo tätigen zwischenstaatlichen Hilfsorganisation kann die Unabhängigkeit einer alleinstehenden Frau, die in Kinshasa kein familiäres oder soziales Netz hat, nur durch eine lokale Organisation gewährleistet werden. Ohne eine solche, gibt er an, könne die Frau nichts gegen Missbrauch ausrichten (SEM 25.1.2016).

Ein im Juli 2019 befragter Anwalt aus der DR Kongo gab an, dass es für eine Frau in Kinshasa ein Symbol der Sicherheit und des Respekts ist, männliche Unterstützung zu haben und eine Frau ohne männliche Unterstützung oft herabwürdigender Behandlung und verbaler oder sexueller Belästigung ausgesetzt ist. In einigen Teilen des Landes hat es einige Verbesserungen in Hinsicht auf die Rechte von Frauen gegeben, die Situation für die meisten Frauen ohne männliche Unt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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