TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/22 W169 2153947-1

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Veröffentlicht am 22.06.2021
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Entscheidungsdatum

22.06.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W169 2153947-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.03.2017, Zl. 1102435610-160080446, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.04.2021, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler, schlepperunterstützter Einreise in das Bundesgebiet am 16.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er zu Protokoll, afghanischer Staatsangehöriger zu sein, im Iran geboren zu sein, der Religionsgemeinschaft der schiitischen Muslime sowie der Volksgruppe der Hazara anzugehören und ledig zu sein. Der Beschwerdeführer spreche Dari und Farsi, habe acht Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Schneider gearbeitet. Der Aufenthalt seiner Eltern und seiner drei Geschwister sei ihm unbekannt. Zum Ausreisegrund führte der Beschwerdeführer an, dass seine Familie früher in den Iran gezogen sei, weil sein Vater gegen die Taliban gekämpft habe und öfters gefoltert worden sei. Sie hätten die Flucht ergreifen müssen. Im Iran hätten sie ein schwieriges Leben gehabt. Die iranische Regierung habe öfters die Afghanen in den Krieg nach Syrien geschickt. Der Beschwerdeführer habe sehr oft Angst gehabt. Die Volksgruppe der Hazara werde dort auch sehr schlecht behandelt. Im Falle einer Rückkehr habe der Beschwerdeführer Angst um sein Leben.

2. Anlässlich seiner Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 24.10.2016 gab der Beschwerdeführer in Anwesenheit seiner gesetzlichen Vertretung zu Protokoll, im Iran geboren zu sein, der Religionsgemeinschaft der schiitischen Muslime und der Volksgruppe der Hazara anzugehören. Er sei gesund. Der Beschwerdeführer spreche Dari und Farsi sowie ein wenig Deutsch und Englisch. Er habe im Iran acht Jahre die Schule besucht und zwei Jahre lang als Schneider gearbeitet. Seine Mutter und Geschwister würden seit zweieinhalb Jahren in der Provinz Ghazni in Afghanistan leben. Sein Vater halte sich im Iran auf. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer noch einen Onkel väterlicherseits im Iran. Der Beschwerdeführer habe vor seiner Ausreise etwa zwei Monate in der Provinz Ghazni gelebt, davor sei er immer im Iran gewesen.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass „unsere Gegend“ in Afghanistan von den Taliban umringt sei. Diese hätten dort ihre Spione und ihre Leute. Bevor die Eltern des Beschwerdeführers in den Iran gegangen seien, sei sein Vater Mitglied einer Gruppierung namens „Wahdat“ gewesen. Sein Vater und sein Onkel seien Kommandanten in dieser Gruppierung gewesen und hätten gegen die Taliban gekämpft. Als „wir“ wieder nach Afghanistan zurückgekehrt seien, hätten die Dorfältesten ihnen gesagt, dass die Taliban auf der Suche nach dem Vater des Beschwerdeführers seien. Deswegen seien der Beschwerdeführer und seine Familie nach Europa aufgebrochen. Der Cousin des Vaters des Beschwerdeführers sei auch in dieser Gruppierung gewesen. Er sei von den Taliban entführt und getötet worden. Damals, als Krieg geherrscht habe, hätten „wir“ Waffen zu Hause gehabt.

Auf weitere Nachfragen gab der Beschwerdeführer an, dass er persönlich nicht bedroht worden sei. Er vermute aber, dass die Taliban auch ihn suchen würden, weil er der Sohn seines Vaters sei.

3. Mit Schreiben vom 28.11.2016 gab der Beschwerdeführer nach Wiederholung seines Fluchtvorbringens eine Stellungnahme zu den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegten Länderberichten ab und machte geltend, dass er wegen der Kriegsvergangenheit seines Vaters als dessen Familienmitglied von den Taliban verfolgt werde. Zudem unterliege er in Afghanistan aufgrund seiner Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit einer ethnisch-religiös motivierten Verfolgung. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht.

4. Zu einem aus dem Akt nicht zu bestimmenden Zeitpunkt legte der Beschwerdeführer einen Auszug aus dem Internet über eine getötete Person, ein Konvolut an Fotos und ein Notizbuch vor.

5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine bis zum 21.03.2018 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).

6. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer durch seine gesetzliche Vertretung fristgerecht Beschwerde und machte im Wesentlichen geltend, dass er aus den bereits vorgebrachten Gründen in Afghanistan verfolgt werde. Beantragt wurde die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

7. Mit Eingaben vom 24.10.2017, 09.10.2018, 24.10.2018, 26.02.2019 und 27.02.2019 legte der Beschwerdeführer diverse Integrationsunterlagen vor.

8. Am 21.04.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist entschuldigt ferngeblieben. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurde der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen befragt (s. Verhandlungsprotokoll). Dem Beschwerdeführer wurden die aktuellen Länderberichte vorgehalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan und Angehöriger der Religionsgemeinschaft der schiitischen Muslime sowie der Volksgruppe der Hazara. Die Eltern des Beschwerdeführers stammen aus der Provinz Ghazni, Afghanistan, und sind vor seiner Geburt in den Iran gezogen. Der Beschwerdeführer ist im Iran geboren und hat bis zu seiner Ausreise nach Europa dort gelebt. Er ist volljährig und im erwerbsfähigen Alter.

Der Beschwerdeführer spricht Dari und Farsi. Er hat im Iran acht Jahre die Schule besucht und zwei Jahre als Schneider gearbeitet. Seine Eltern, seine zwei Schwestern und sein Bruder leben im Iran.

Der Beschwerdeführer ist gesund und strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer wurde in Afghanistan nicht von den Taliban persönlich bedroht. Es droht ihm in Afghanistan keine Gefahr aus konventionsrelevanten Gründen.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgehalten:

1. Ghazni

Die Provinz Ghazni liegt im Südosten Afghanistans und grenzt an die Provinzen Bamyan und Wardak im Norden, Logar, Paktya und Paktika im Osten, Zabul im Süden und Uruzgan und Daykundi im Westen. Ghazni liegt an keiner internationalen Grenze (UNOCHA Ghazni 4.2014). Die Provinz ist in 19 Distrikte unterteilt: die Provinzhauptstadt Ghazni-Stadt sowie den Distrikte Ab Band, Ajristan, Andar (auch Shelgar genannt (AAN 22.5.2018)), Deh Yak, Gelan, Giro, Jaghatu, Jaghuri, Khwaja Omari, Malistan, Muqur, Nawa, Nawur, Qara Bagh, Rashidan, Waghaz, Wali Muhammad Shahid (Khugyani) und Zanakhan (NSIA 1.6.2020; vgl. IEC Ghazni 2019).

Die National Statistics and Information Authority of Afghanistan (NSIA) schätzt die Bevölkerung in Ghazni im Zeitraum 2020-21 auf 1,362.504 Personen (NSIA 1.6.2020). Fast die Hälfte der Bevölkerung von Ghazni sind Paschtunen, etwas weniger als die Hälfte Hazara und rund 5% Tadschiken (NPS Ghazni o.D.; vgl. PAJ Ghazni o.D.), weiters gibt es kleinere Gruppen wie die Bayats und Sadats (PAJ Ghazni o.D.). In der Vergangenheit lebten mehrere hundert Sikh-Familien in der Stadt Ghazni. Inzwischen haben sie Ghazni weitgehend verlassen, wobei ein letzter Sikh-Bewohner der Stadt betonte, dass seine Gemeinde von den paschtunischen, tadschikischen oder Hazara-Bewohnern von Ghazni nicht verfolgt worden sei, aber die Angst, Ziel von Angriffen militanter Islamisten zu werden oder von Kriminellen entführt zu werden, sie zum Verlassen des Landes veranlasst habe (RFE/RL 23.9.2020).

Die Stadt Ghazni liegt an der Ring Road, welche die Hauptstadt Kabul mit dem großen Ballungszentrum Kandahar im Süden verbindet und auch die Straße zu Paktikas Hauptstadt Sharan zweigt in der Stadt Ghazni von der Ring Road ab, die Straße nach Paktyas Hauptstadt Gardez dagegen etwas nördlich der Stadt. Die Kontrolle über Ghazni ist daher von strategischer Bedeutung (CJ 13.8.2018). Im September 2020 waren die Hauptstraßen, die Kabul mit Ghazni, Kabul mit Bamyan, Ghazni mit Kandahar und Ghazni mit Paktika verbinden, nach wie vor unsicher, da die Zusammenstöße zwischen den Regierungskräften und Aufständischen andauerten, was die zivilen Bewegungen weiterhin beeinträchtigte (UNOCHA 27.9.2020). Die Taliban unterhalten entlang der Ring Road in Ghazni Berichten zufolge Straßenkontrollen (RFE/RL 30.10.2020, UNOCHA 6.2020, PAJ 3.3.2020, XI 29.2.2020).

Hintergrundinformationen zum Konflikt und Akteure

Ghazni gehörte im August 2020 zu den relativ volatilen Provinzen im Südosten Afghanistans. Taliban-Kämpfer sind in einigen der unruhigen Distrikte der Provinz aktiv, wo sie oft versuchen, terroristische Aktivitäten gegen die Regierung und Sicherheitseinrichtungen durchzuführen (KP 16.8.2020; vgl. LWJ 27.1.2020). Im Juli 2020 gaben Bewohner von Ghazni an, dass Taliban-Kämpfer bis in die Nähe des Sicherheitsgürtels um die Stadt Ghazni vorgedrungen seien und die Straßen zur Provinzhauptstadt blockiert hätten (AT 7.7.2020; vgl. LWJ 10.3.2020). Das Long War Journal schätzte im Oktober 2020 die Distrikte Ajristan, Andar, Deh Yak, Giro, Jaghatu, Nawa, Nawur, Rashidan, Waghaz, Wali M. Shahid, und Zanakhan als unter Talibankontrolle stehend ein, während Ab Band, Gelan, Ghazni-Stadt, Jaghuri, Khwaja Omari, Malistan, Muqur und Qara Bagh als umkämpft galten (LWJ o.D.). Eine andere Quelle gab im August 2020 an, dass Andar, Deh Yak, Muqur und Qara Bagh stark umkämpft oder von den Taliban kontrolliert seien (AAN 8.2020).

Einem UN-Bericht zufolge ist Al-Qaida in 12 afghanischen Provinzen verdeckt aktiv, darunter auch in Ghazni (UNSC 27.5.2020).

Auf Regierungsseite befindet sich Ghazni im Verantwortungsbereich des 203. Afghan National Army (ANA) "Tandar" Corps (USDOD 1.7.2020, AAN 25.7.2018) das der Task Force Southeast untersteht, welche von US-amerikanischen Streitkräften geleitet wird (USDOD 1.7.2020).

Jüngste Entwicklungen und Auswirkungen auf die zivile Bevölkerung

Im Jahr 2020 dokumentierte UNAMA 418 zivile Opfer (183 Tote und 235 Verletzte) in der Provinz Ghazni. Dies entspricht einem Rückgang von 38% gegenüber 2019. Die Hauptursache für die Opfer waren Bodenkämpfe, gefolgt von improvisierten Sprengkörpern (improvised explosive devices, IEDs; ohne Selbstmordattentate) und gezielten Tötungen (UNAMA 2.2021).

Es kommt zu Kämpfen in der Provinz (BAMF 17.8.2020, BAMF 20.4.2020, BAMF 30.3.2020, BAMF 23.3.2020), wobei die Taliban Sicherheitsposten, Militäreinrichtungen oder Konvoys der Regierungskräfte angriffen und die Regierungskräfte das Feuer erwiderten (RY 24.8.2020, RFE/RL 6.8.2020, NYTM 30.7.2020, KUNA 22.7.2020, KP 12.7.2020, NYTM 27.2.2020, BAAG 2.1.2020). Im August 2020 geschah dies auch in der Provinzhauptstadt (NYTM 28.8.2020, KP 16.8.2020). Im Dezember 2019 führten die Taliban im Distrikt Qara Bagh einen Insiderangriff auf eine Einheit der neu geschaffenen ANA Territorial Force (ANA-TF) durch (NYT 14.12.2019; vgl. AAN 8.2020). Die Regierungskräfte führten Räumungsoperationen durch (KP 11.5.2020, PAJ 3.3.2020, KP 19.2.2020, XI 29.1.2020a) und im September 2020 wurde über die Stationierung von zusätzlichen Truppen in der Provinz berichtet (KP 7.9.2020).

Es kommt zu Vorfällen mit IEDs, wie zum Beispiel Detonationen von Sprengfallen am Straßenrand (NYTM 30.7.2020, GW 1.5.2020, NYTM 30.4.2020, RFE/RL 13.12.2019) und Explosionen von an Fahrzeugen angebrachten Bomben (VBIEDs) (BBC 18.12.2020, HOA 24.8.2020, XI 9.8.2020, RY 24.8.2020), wobei Letzeres im Mai 2020 auch in Ghazni-Stadt geschah (VOA 18.5.2020, SaS 18.5.2020). Auch wurde von Entführungen und Tötungen durch die Taliban in Ghazni berichtet (BAMF 11.1.2021; vgl. OMCT 4.8.2020, AIHRC 5.8.2020, BAMF 27.7.2020, NYTM 27.2.2020)

Quellen:

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?        XI - Xinhua News Agency (29.2.2020): Afghan security forces rescue 29 from militants in Ghazni province, http://www.xinhuanet.com/english/2020-02/29/c_138830066.htm, Zugriff 11.11.2020

?        XI - Xinhua News Agency (29.1.2020a): Afghan security force carries out military operation in Ghazni province, http://www.xinhuanet.com/english/2020-01/29/c_138741884.htm, Zugriff 21.10.2020

2. Taliban

Die Taliban positionieren sich selbst als Schattenregierung Afghanistans, und ihre Kommissionen und Führungsgremien entsprechen den Verwaltungsämtern und -pflichten einer typischen Regierung (EASO 8.2020c; vgl. NYT 26.5.2020). Die Taliban sind zu einer organisierten politischen Bewegung geworden, die in weiten Teilen Afghanistans eine Parallelverwaltung betreibt (EASO 8.2020c; vgl. USIP 11.2019) und haben sich zu einem lokalen Regierungsakteur im Land entwickelt, indem sie Territorium halten und damit eine gewisse Verantwortung für das Wohlergehen der lokalen Gemeinschaften übernehmen (EASO 8.2020c; vgl. USIP 4.2020). Was militärische Operationen betrifft, so handelt es sich um einen vernetzten Aufstand mit einer starken Führung an der Spitze und dezentralisierten lokalen Befehlshabern, die Ressourcen auf Distriktebene mobilisieren können (EASO 8.2020c; vgl. NYT 26.5.2020).

Das wichtigste offizielle politische Büro der Taliban befindet sich in Katar (EASO 8.2020c; vgl. UNSC 27.5.2020). Der derzeitige Taliban-Führer ist nach wie vor Haibatullah Akhundzada (REU 17.8.2019; vgl. EASO 8.2020c, UNSC 27.5.2020, AnA 28.7.2020) - Stellvertreter sind der Erste Stellvertreter Sirajuddin Jalaluddin Haqqani (Leiter des Haqqani-Netzwerks) und zwei weitere: Mullah Mohammad Yaqoob [Mullah Mohammad Yaqub Omari] (EASO 8.2020c; vgl. FP 9.6.2020) und Mullah Abdul Ghani Baradar Abdul Ahmad Turk (EASO 8.2020c; vgl. UNSC 27.5.2020).

Mitte Juni 2020 berichtete das Magazin Foreign Policy, dass Akhundzada und Jalaluddin Haqqani und andere hochrangige Taliban-Führer sich mit dem COVID-19-Virus angesteckt hätten und dass einige von ihnen möglicherweise sogar gestorben seien sowie dass Mullah Mohammad Yaqoob Taliban- und Haqqani-Operationen leiten würde. Die Taliban dementierten diese Berichte (EASO 8.2020c; vgl. FP 9.6.2020, RFE/RL 2.6.2020).

Die Taliban bezeichnen sich selbst als das Islamische Emirat Afghanistan (VOJ o.D.). Die Regierungsstruktur und das militärische Kommando sind in der Layha, einem Verhaltenskodex der Taliban, definiert (AAN 4.7.2011), welche zuletzt 2010 veröffentlicht wurde (AAN 6.12.2018). Die Taliban sind keine monolithische Organisation (NZZ 20.4.2020); nur allzu oft werden die Taliban als eine homogene Einheit angesehen, während diese aber eine lose Zusammenballung lokaler Stammesführer, unabhängiger Warlords sowie abgekoppelter und abgeschotteter Zellen sind (BR 5.3.2020). Während der US-Taliban-Verhandlungen war die Führung der Taliban in der Lage, die Einheit innerhalb der Basis aufrechtzuerhalten, obwohl sich Spaltungen wegen des Abbruchs der Beziehungen zu Al-Qaida vertieft haben (EASO 8.2020c; vgl. UNSC 27.5.2020). Seit Mai 2020 ist eine neue Splittergruppe von hochrangigen Taliban-Dissidenten entstanden, die als Hizb-e Vulayet Islami oder Hezb-e Walayat-e Islami (Islamische Gouverneurspartei oder Islamische Vormundschaftspartei) bekannt ist (EASO 8.2020c; vgl. UNSC 27.5.2020). Die Gruppe ist gegen den US-Taliban-Vertrag und hat Verbindungen in den Iran (EASO 8.2020c; vgl. RFE/RL 9.6.2020). Eine gespaltene Führung bei der Umsetzung des US-Taliban-Abkommens und Machtkämpfe innerhalb der Organisation könnten den möglichen Friedensprozess beeinträchtigen (EASO 8.2020c; vgl. FP 9.6.2020).

Ein Bericht über die Rekrutierungspraxis der Taliban teilt die Taliban-Kämpfer in zwei Kategorien: professionelle Vollzeitkämpfer, die oft in den Madrassen rekrutiert werden, und Teilzeit-Kämpfer vor Ort, die gegenüber einem lokalen Kommandanten loyal und in die lokale Gesellschaft eingebettet sind (LI 29.6.2017).

Die Taliban rekrutieren in der Regel junge Männer aus ländlichen Gemeinden, die arbeitslos sind, eine Ausbildung in Koranschulen absolviert haben und ethnische Paschtunen sind (EASO 8.2020c; vgl. Osman 1.6.2020). Schätzungen der aktiven Kämpfer der Taliban reichen von 40.000 bis 80.000 (EASO 8.2020c; vgl. NYT 12.9.2019) oder 55.000 bis 85.000, wobei diese Zahl durch zusätzliche Vermittler und Nicht-Kämpfer auf bis zu 100.000 ansteigt (EASO 8.2020c; vgl. NYT 26.5.2020, UNSC 27.5.2020). Obwohl die Mehrheit der Taliban immer noch Paschtunen sind, gibt es eine wachsende Minderheit an Tadschiken, Usbeken, Belutschen und sogar mehreren hundert Hazara (einschließlich Schiiten) innerhalb der Taliban (LI 23.8.2017). In einigen nördlichen Gebieten sollen die Taliban bereits überwiegend Nicht-Paschtunen sein, da sie innerhalb der lokalen Bevölkerung rekrutieren (LI 23.8.2017).

Die Taliban betreiben Trainingslager in Afghanistan. Seit Ende 2014 wurden 20 davon öffentlich zur Schau gestellt. Das Khalid bin Walid-Camp soll zwölf Ableger in acht Provinzen haben (Helmand, Kandahar, Ghazni, Ghor, Sar-e Pul, Faryab, Farah und Maidan Wardak). 300 Militärtrainer und Gelehrte sind dort tätig und es soll möglich sein, in diesem Camp bis zu 2.000 Rekruten auf einmal auszubilden (LWJ 14.8.2019).

Nach Erkenntnissen von AIHRC (Afghanistan Independent Human Rights Commission) sind die durch Taliban-Angriffe verursachten zivilen Opfer im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 um 40 Prozent zurückgegangen. Der Hauptgrund für diesen Rückgang könnte sein, dass keine komplexen und Selbstmordattentate in den großen Städten des Landes durchgeführt werden. Im Jahr 2020 wurden in Afghanistan insgesamt 4.567 Zivilisten durch Taliban-Angriffe getötet oder verletzt, während im gleichen Zeitraum 2019 die Gesamtzahl der durch Taliban-Angriffe verursachten zivilen Opfer bei 7.727 lag (AIHRC 28.1.2021).

Quellen:

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?        AAN - Afghanistan Analysts Network (4.7.2011): The Layha: Calling the Taleban to Account, https://www.afghanistan-analysts.org/en/special-reports/the-layha-calling-the-taleban-to-account/, Zugriff 23.10.2020

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?        NYT - New York Times, The (12.9.2019): Fact-checking Trump’s Statements on Increased Military Strikes in Afghanistan, https://www.nytimes.com/2019/09/12/world/middleeast/fact-checking-trump-taliban.html, Zugriff 23.10.2020

?        NZZ - Neue Züricher Zeitung (20.4.2020): Taliban töten erneut fast 20 Soldaten aus regierungstreuen Kreisen - die neusten Entwicklungen nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens in Afghanistan, https://www.nzz.ch/international/afghanistan-die-neuesten-entwicklungen-im-friedensprozess-ld.1541939#subtitle-2-was-steht-in-dem-abkommen-second, Zugriff 23.10.2020

?        Osman, Borham (1.6.2020): Peaceworks - Bourgeois Jihad: Why young, middle-class Afghans join the Islamic State, https://www.usip.org/sites/default/files/2020-06/20200601-pw_162-bourgeois_jihad_why_young_middle-class_afghans_join_the_islamic_state.pdf, Zugriff 5.11.2020

?        REU - Reuters (17.8.2019): Taliban say killing of leader's brother will not derail U.S. talks, https://www.reuters.com/article/us-usa-afghanistan/taliban-say-killing-of-leaders-brother-will-not-derail-us-talks-idUSKCN1V70CJ, Zugriff 23.10.2020

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3. Sicherheitsbehörden

Die afghanischen nationalen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF - Afghan National Defense and Security Forces) umfassen militärische, polizeiliche und andere Sicherheitskräfte (CIA 16.2.2021).

Drei Ministerien verantworten die Sicherheit in Afghanistan: Das afghanische Innenministerium (Afghanistan’s Ministry of Interior - MoI), das Verteidigungsministerium (Ministry of Defense - MoD) und der afghanische Geheimdienst (NDS). Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die ANP (Afghan National Police) und die ALP (Afghan Local Police). Die ANA (Afghanische Nationalarmee) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit zuständig, ihre primäre Aufgabe ist jedoch die Bekämpfung der Aufständischen innerhalb Afghanistans. Das National Directorate of Security (NDS) fungiert als Geheimdienst und ist auch für die Untersuchung von Kriminalfällen zuständig, welche die nationale Sicherheit betreffen. Die Ermittlungsabteilung des NDS betreibt ein Untersuchungsgefängnis in Kabul (USDOS 11.3.2020). Die afghanischen Sicherheitskräfte werden teilweise von US-amerikanischen bzw. Koalitionskräften unterstützt (USDOD 1.7.2020).

Die Truppenstärke der ANDSF ist seit Jänner 2015 stetig gesunken. Aber eine genaue Zählung des afghanischen Militär- und Polizeipersonals war schon immer schwierig. Der Rückgang an Personal wird allerdings auch auf die Einführung eines neuen Systems zur Gehaltsauszahlung zurückgeführt, welches die Zahlung von Gehältern an nichtexistierende Soldaten verhindern soll (SIGAR 30.1.2021; vgl. SIGAR 30.7.2020; NYT 12.8.2019; vgl. SIGAR 30.7.2020). Im letzten Quartal 2020 meldete die ANDSF ihre höchste Truppenstärke, seit sie im Juli 2019 mit dem Afghan Personnel and Pay System (APPS) begann (SIGAR 30.1.2021).

Die Anzahl der in der ANDSF dienenden Frauen nimmt weiterhin zu (USDOD 1.7.2020). Nichtsdestotrotz bestehen nach wie vor strukturelle und kulturelle Herausforderungen, um Frauen in die ANDSF und die afghanische Gesellschaft zu integrieren (USDOD 12.2019). Mit 18.12.2020 verfügt der ANDSF über 5.956 Mitarbeiterinnen, wobei der Großteil (3.629) in der ANP dient (SIGAR 30.1.2021).

Nach Angaben der Unabhängigen Menschenrechtskommission Afghanistans (AIHRC) ist die Zahl der zivilen Opfer, die von regierungsnahen und verbündeten Kräften verursacht wurden, um 16 Prozent gesunken. Die Regierung und die mit ihr verbündeten Kräfte verursachten im Jahr 2019 1.490 zivile Opfer, während sie im Jahr 2020 nur noch 1.249 zivile Opfer verursachten (AIHRC 28.1.2021).

Die Vereinigten Staaten haben die Zahl ihrer Truppen in Afghanistan auf 2.500 ab dem 15. Januar 2021 reduziert, dem niedrigsten Stand seit 2001 (SIGAR 30.1.2021).

Afghanische Nationalarmee (ANA)

Die ANA ist für die externe Sicherheit verantwortlich, dennoch besteht ihre Hauptaufgabe darin, den Aufstand im Land zu bekämpfen (USDOS 11.3.2020). Soldaten, welche die ANA am Ende des vertraglich vereinbarten Dienstes verlassen, sind für etwa ein Viertel des Rückgangs der Mannstärke verantwortlich. Die Gefechtsverluste machen nur einen kleinen Prozentsatz der monatlichen Verluste aus und sind im ersten Halbjahr 2020 im Vergleich zu früheren Perioden deutlich zurückgegangen (USDOD 1.7.2020). Im Jahr 2018 kündigte Präsident Ghani die Etablierung einer neuen territorialen Eingreiftruppe der Afghanischen Nationalen Armee (ANA-TF) an. Jede Kompanie (Tolai) besteht aus Soldaten aus einem bestimmten Distrikt, wird aber von Offizieren von außerhalb dieses Distrikts geführt, die bereits in der regulären ANA dienen oder in der ANA-Reserve sind. Ziel ist eine Truppenstärke der ANA TF von 36.000 Mann (AB 15.1.2020; vgl. AB 1.7.2020). Die Standorte der operativen und geplanten Tolais (Kompanien mit einer Stärke von bis zu 121 Soldaten) der ANA TF sollen den Taliban die Manövrierfreiheit nehmen und sie von städtischen Gebieten und wichtigen Kommunikations- und Transportwegen fernhalten. Diese Tolais sorgen derzeit für die lokale Sicherheit in ihren Zuständigkeitsbereichen, damit die regulären ANA-Kräfte für andere Operationen frei sind (SIGAR 30.1.2021).

Afghan National Police (ANP) und Afghan Local Police (ALP)

Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption sowie die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Auch ist sie verantwortlich für die Sicherheit Einzelner und der Gemeinschaft sowie den Schutz gesetzlich festgeschriebener Rechte und Freiheiten. Obwohl die ANP mit und an der Seite der ANA im Kampf gegen die Aufständischen arbeiten, fehlt es der ANP an Ausbildung und Ausrüstung für traditionelle Aufstandsbekämpfungstaktiken. Das Langzeitziel der ANP ist nach wie vor, sich zu einem traditionellen Polizeiapparat zu wandeln (USDOD 1.7.2020).

Dem Innenministerium (MoI) unterstehen die vier Teileinheiten der ANP: Afghanische Uniformierte Polizei (AUP), Polizei für Öffentliche Sicherheit (PSP, beinhaltet Teile der ehemaligen Afghanischen Polizei für Nationale Zivile Ordnung, ANCOP), Afghan Border Police (ABP), Kriminalpolizei (AACP), Afghan Local Police (ALP) [Anm.: die sich ab dem ersten Quartal 2021 in der Auflösung befindet], und Afghan Public Protection Force (APPF). Das Innenministerium beaufsichtigt darüber hinaus drei Spezialeinheiten des Polizeigeneralkommandanten (GCPSU), sowie die Polizei zur Drogenbekämpfung (CNPA) (USDOD 1.7.2020).

Die ANP rekrutiert lokal in 34 Rekrutierungsstationen in den Provinzen. Die neuen Rekruten werden zur Polizeiausbildung in eines der zehn regionalen Ausbildungszentren entsandt. Die Polizeiausbildung besteht im Allgemeinen aus einem 8-wöchigen Ausbildungskurs. Neben der elementaren Polizeiausbildung mangelt es der ANP an einem institutionalisierten Programm zur Entwicklung von Führungskräften - sowohl auf Distrikt-, als auch auf lokaler Ebene (USDOD 1.7.2020). Eine Rekrutierungskampagne, die sich auf den Zuwachs weiblicher Rekruten konzentrierte, führte zu positiven Ergebnissen. Im ersten Halbjahr 2020 traten zusätzlich 138 Frauen ihren Dienst bei der ANP an (USDOD 1.7.2020).

Die Finanzierung der Afghan Local Police (ALP), der größten und langlebigsten afghanischen langlebigste lokale Verteidigungstruppe, endete am 30.9.2020. Obwohl die Regierung seit mehr als einem Jahr wusste, dass dies geschehen würde, hat sie erst im Frühsommer entschieden, was mit den Zehntausenden Mitgliedern der ALP geschehen soll, die in mehr als 150 Distrikten und fast jeder Provinz präsent sind. Die Truppe hat eine gemischte Bilanz vorzuweisen: Einige Einheiten haben ihre Gemeinden effektiv und entschlossen verteidigt, während andere sich so schlecht benommen haben, dass sie den Taliban Unterstützung verschafft haben. Doch unabhängig von der Leistung einzelner Einheiten wird die Auflösung der Truppe zwangsläufig Auswirkungen auf die Sicherheit haben. Der Plan sieht vor, dass ein Drittel der ALP entwaffnet und in den Ruhestand versetzt wird, ein Drittel in die Afghanische Nationale Polizei (ANP) und ein Drittel in die Afghanische Nationale Armee (ANA-TF) überführt wird (AAN 6.10.2020).

Resolute Support Mission

Die „Resolute Support Mission“ ist eine von der NATO geführte Mission, die mit 1.1.2015 ins Leben gerufen wurde. Hauptsächlich konzentriert sie sich auf Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsaktivitäten auf ministerieller und Behördenebene sowie in höheren Rängen der Armee und Polizei (NATO 2.3.2020). Die Personalstärke der Resolute Support Mission beträgt ca 16.000 Mann (NATO 2.3.2020; vgl RA KBL 12.10.2020b) durch 39 NATO-Mitglieder und andere Partner. Das Hauptquartier befindet sich in Kabul/Bagram mit vier weiteren Niederlassungen in Mazar-e-Sharif im Norden, Herat im Westen, Kandahar im Süden und Laghman im Osten (NATO 2.3.2020).

Quellen:

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?        AAN - Afghanistan Analysts Network (15.1.2020): The Afghan Territorial Force: Learning from the lessons of the past?, https://www.afghanistan-analysts.org/en/reports/war-and-peace/the-afghan-territorial-force-learning-from-the-lessons-of-the-past/, Zugriff 19.10.2020

?        AB - Afghan Bios (1.7.2020): Afghan National Army Territorial Force’s (ANA-TF), http://www.afghan-bios.info/index.php?option=com_afghanbios&id=4456&task=view&total=4137&start=96&Itemid=2, Zugriff 19.10.2020

?        AIHRC - Afghanistan Independent Human Rights Commission (28.1.2021): Summary of report on civilian casualties of armed conflict in 2020, https://www.ecoi.net/en/document/2045010.html, Zugriff 12.2.2021

?        CIA - Central Intelligence Agency [USA] (16.2.2021): The World Factbook - Afghanistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/afghanistan/, Zugriff 23.2.2021

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?        RA KBL - Lokaler Rechtsanwalt in Kabul (12.10.2020b): Auskunft per E-Mail

?        SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.1.2021): SIGAR Quarterly Reports to Congress, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045009/2021-01-30qr.pdf, Zugriff 12.2.2021

?        SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.7.2020): SIGAR Quarterly Reports to to the United States Congress,https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2020-07-30qr.pdf, Zugriff 13.8.2020

?        SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.4.2019): Quarterly Report to the United States Congress, https://www.ecoi.net/en/file/local/2008013/2019-04-30qr.pdf, Zugriff 19.10.2020

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?        USDOS - United States Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Afghanistan, https://www.state.gov/reports/2019-country-reports-on-human-rights-practices/afghanistan/, Zugriff 19.10.2020

4. Religionsfreiheit

Etwa 99% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime. Die Sunniten werden auf 80 bis 89,7% und die Schiiten auf 10 bis 19% der Gesamtbevölkerung geschätzt (CIA 6.10.2020; vgl. AA 16.7.2020). Andere Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha´i und Christen machen weniger als 1% der Bevölkerung aus (AA 16.7.2020; vgl. CIA 6.10.2020, USDOS 10.6.2020). Genaue Angaben zur Größe der christlichen Gemeinschaft sind nicht vorhanden (USDOS 10.6.2020). In Kabul lebt auch weiterhin der einzige jüdische Mann in Afghanistan (UP 16.8.2019; vgl. BBC 11.4.2019). Die muslimische Gemeinschaft der Ahmadi schätzt, dass sie landesweit 450 Anhänger hat, gegenüber 600 im Jahr 2017 (USDOS 10.6.2020).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 10.6.2020; vgl. FH 4.3.2020). Ausländische Christen und einige wenige Afghanen, die originäre Christen und nicht vom Islam konvertiert sind, werden normal und fair behandelt. Es gibt kleine Unterschiede zwischen Stadt und Land. In den ländlichen Gesellschaften ist man tendenziell feindseliger (RA KBL 10.6.2020). Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens (AA 16.7.2020; vgl. USCIRF 4.2020, USDOS 10.6.2020), da es keine öffentlich zugänglichen Kirchen im Land gibt (USDOS 10.6.2020; vgl. AA 16.7.2020). Einzelne christliche Andachtsstätten befinden sich in ausländischen Militärbasen. Die einzige legale christliche Kirche im Land befindet sich am Gelände der italienischen Botschaft in Kabul (RA KBL 10.6.2020). Die afghanischen Behörden erlaubten die Errichtung dieser katholischen Kapelle unter der Bedingung, dass sie ausschließlich ausländischen Christen diene und jegliche Missionierung vermieden werde (KatM KBL 8.11.2017). Gemäß hanafitischer Rechtsprechung ist Missionierung illegal; Christen berichten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber (USDOS 10.6.2020). Die Abkehr vom Islam gilt als Apostasie, die nach der Scharia strafbewehrt ist (USDOS 10.6.2020; vgl. AA 16.7.2020). Wie in den vergangenen fünf Jahren gab es keine Berichte über staatliche Verfolgungen wegen Blasphemie oder Apostasie; jedoch berichten Personen, die vom Islam konvertieren, dass sie weiterhin die Annullierung ihrer Ehen, die Ablehnung durch ihre Familien und Gemeinschaften, den Verlust ihres Arbeitsplatzes und möglicherweise die Todesstrafe riskieren (USDOS 10.6.2020).

Das Gesetz verbietet die Produktion und Veröffentlichung von Werken, die gegen die Prinzipien des Islam oder gegen andere Religionen verstoßen (USDOS 10.6.2020). Das neue Strafgesetzbuch 2017, welches im Februar 2018 in Kraft getreten ist (USDOS 10.6.2020; vgl. ICRC o.D.), sieht Strafen für verbale und körperliche Angriffe auf Anhänger jedweder Religion und Strafen für Beleidigungen oder Verzerrungen gegen den Islam vor (USDOS 10.6.2020).

Das Zivil- und Strafrecht basiert auf der Verfassung; laut dieser müssen Gerichte die verfassungsrechtlichen Bestimmungen sowie das Gesetz bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. In Fällen, in denen weder die Verfassung noch das Straf- oder Zivilgesetzbuch einen bestimmten Rahmen vorgeben, können Gerichte laut Verfassung die sunnitische Rechtsprechung der hanafitischen Rechtsschule innerhalb des durch die Verfassung vorgegeben Rahmens anwenden, um Recht zu sprechen. Die Verfassung erlaubt es den Gerichten auch, das schiitische Recht in jenen Fällen anzuwenden, in denen schiitische Personen beteiligt sind. Nicht-Muslime dürfen in Angelegenheiten, die die Scharia-Rechtsprechung erfordern, nicht aussagen. Die Verfassung erwähnt keine eigenen Gesetze für Nicht-Muslime. Vertreter nicht-muslimischer religiöser Minderheiten, darunter Sikhs und Hindus, berichten über ein Muster der Diskriminierung auf allen Ebenen des Justizsystems (USDOS 10.6.2020).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsalierung gegenüber religiösen Minderheiten und reformerischen Muslimen behindert (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020).

Wegen konservativer sozialer Einstellungen und Intoleranz sowie der Unfähigkeit oder Unwilligkeit der Sicherheitskräfte, individuelle Freiheiten zu verteidigen, sind Personen, die mutmaßlich gegen religiöse und soziale Normen verstoßen, vulnerabel für Misshandlung (FH 4.3.2020). Mitglieder der Taliban und des Islamischen Staates (IS) töten und verfolgen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Beziehungen zur Regierung (USDOS 10.6.2020; vgl. FH 4.3.2020). Da Religion und Ethnie oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, einen Vorfall ausschließlich durch die religiöse Zugehörigkeit zu begründen (USDOS 10.6.2020).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin einer anderen abrahamitischen Religion (Christentum oder Judentum) ist. Einer Muslima ist es nicht erlaubt, einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Konvertiten vom Islam riskieren die Annullierung ihrer Ehe (USDOS 10.6.2020). Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind gültig (USE o.D.). Die nationalen Identitätsausweise beinhalten Informationen über das Religionsbekenntnis. Das Bekenntnis zum Islam wird für den Erwerb der Staatsbürgerschaft nicht benötigt. Religiöse Gemeinschaften sind gesetzlich nicht dazu verpflichtet, sich registrieren zu lassen (USDOS 10.6.2020).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Lehrplan, der auf den Bestimmungen des Islam basiert, gestalten und umsetzen; auch sollen Religionskurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime an öffentlichen Schulen ist es nicht erforderlich, am Islamunterricht teilzunehmen (USDOS 10.6.2020).

Quellen:

?        AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (16.7.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2035827/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Afghanistan_%28Stand_Juni_2020%29%2C_16.07.2020.pdf, Zugriff 12.10.2020

?        BBC (11.4.2019): Afghanistan’s one and only Jew, https://www.bbc.com/news/av/world-asia-47885738/afghanistan-s-one-and-only-jew, Zugriff 12.10.2020

?        CIA - Central Intelligence Agency [USA] (6.10.2020): The World Factbook - Afghanistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/afghanistan/, Zugriff 12.10.2020

?        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/2030803.html, Zugriff 12.10.2020

?        ICRC - International Committee of the Red Cross (o.D.): National Implementation of IHL, https://ihl-databases.icrc.org/applic/ihl/ihl-nat.nsf/implementingLaws.xsp?documentId=598034855221CE85C12582480054D831&action=openDocument&xp_countrySelected=AF&xp_topicSelected=GVAL-992BU6&from=state&SessionID=DNMSXFGMJQ, Zugriff 12.10.2020

?        KatM KBL - Vertreter der katholischen Mission in Afghanistan mit Sitz in Kabul (8.11.2017): Informationen zur katholischen Mission in Afghanistan. Antwortschreiben, liegt bei der Staatendokumentation auf.

?        RA KBL - Lokaler Rechtsanwalt in Kabul (10.6.2020): Auskunft per E-Mail.

?        UP - Urdu Point (16.8.2019): Afghanistan's Only Jew Has No Plans To Emigrate, Says Lives 'Like A Lion Here', https://www.urdupoint.com/en/world/afghanistans-only-jew-has-no-plans-to-emigra-691600.html, Zugriff 2.9.2019

?        USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2020): United States Commission on International Religious Freedom 2020 Annual Report; Country Reports: Tier 2 Countries: Afghanistan, https://www.uscirf.gov/sites/default/files/Afghanistan.pdf, Zugriff 12.10.2020

?        USDOS - United States Department of State [USA] (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Afghanistan, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/06/AFGHANISTAN-2019-INTERNATIONAL-RELIGIOUS-FREEDOM-REPORT.pdf, Zugriff 12.10.2020

?        USE - United States Embassy in Afghanistan [USA] (o.D.): Marriage, https://af.usembassy.gov/u-s-citizen-services/local-resources-of-u-s-citizens/marriage/, Zugriff 12.10.2020

5. Schiiten

Der Anteil schiitischer Muslime an der Bevölkerung wird auf 10 bis 19% geschätzt (CIA 6.10.2020; vgl. AA 16.7.2020). Zuverlässige Zahlen zur Größe der schiitischen Gemeinschaft sind nicht verfügbar und werden vom Statistikamt nicht erfasst. Gemäß Vertretern der Religionsgemeinschaft sind die Schiiten Afghanistans mehrheitlich Jafari-Schiiten (Zwölfer-Schiiten), 90% von ihnen gehören zur ethnischen Gruppe der Hazara. Unter den Schiiten gibt es auch Ismailiten (USDOS 10.6.2020).

Auseinandersetzun

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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