TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/22 I403 2152428-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.06.2021
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Entscheidungsdatum

22.06.2021

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §46a
FPG §46a Abs1 Z1
FPG §46a Abs1 Z3
FPG §46a Abs4
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I403 2152428-5/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ägypten, vertreten durch: Verein LEGAL FOCUS, Lazarettgasse 28/3, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Zu den vorangegangenen Verfahren des Beschwerdeführers

a)       Zum Antrag auf internationalen Schutz

Mit Bescheid vom 23.03.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge als belangte Behörde bezeichnet) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 09.11.2015 ab, erkannte den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass eine Abschiebung nach Ägypten zulässig sei. Für die freiwillige Rückkehr des Beschwerdeführers wurde eine Frist von 14 Tagen gewährt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.10.2019, I408 2152428-1/36E, mit welchem eine dagegen gerichtete Beschwerde abgewiesen wurde, erwuchs die Entscheidung zur Gänze in Rechtskraft.

b)       Zum Kostenersatz für den ersten Abschiebeversuch

Am 14.10.2019 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG erlassen, nachdem dieser nicht freiwillig ausreiste. Begründend wurde angeführt, dass gegen ihn eine durchsetzbare Ausreiseentscheidung bestehe, er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei und die Sicherung der geplanten Abschiebung nach Ägypten auf dem Luftweg am 28.10.2019 zu gewährleisten sei. Eine Festnahme konnte am 27.10.2019 auf Grund des Untertauchens des Beschwerdeführers nicht erfolgen. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 09.03.2021 wurde dem Beschwerdeführer der Kostenersatz für die entstandenen Kosten bei der Durchsetzung der gegen ihn gesetzten aufenthaltsbeendenden Maßnahme in Höhe von EUR 3.060,20 aufgetragen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.05.2021 I412 2152428-2/3E als unbegründet abgewiesen.

c)       Zum Kostenersatz für den zweiten Abschiebeversuch

Einen weiteren Abschiebeversuch am 03.10.2020 verhinderte der Beschwerdeführer durch passiven Widerstand. In weiterer Folge wurde ihm mit Bescheid der belangten Behörde ein Kostenersatz von € 753,84 vorgeschrieben. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.06.2021 I412 2152428-4/4E als unbegründet abgewiesen.

d)       Zum Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK

Der Beschwerdeführer beantragte am 20.04.2018 eine Dokumentation seines Aufenthaltsrechts als Angehöriger einer EWR-Bürgerin. Diesen Antrag wies der LH von XXXX am 09.06.2020 ab. Am 15.05.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 02.10.2020 zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht erst am 12.05.2021 vorgelegt. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.05.2021 I419 2152428-3/4E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

e)       Zum Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes

Die belangte Behörde leitete ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot ein und informierte den Beschwerdeführer mit einer „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ vom 02.10.2020, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete abzuweisen und zugleich eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot zu erlassen. Mit Bescheid vom 11.05.2021, zugestellt am 19.05.2021 wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt (Spruchpunkt I.), es wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs.1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III.), eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für eine freiwillige Ausreise festgesetzt (Spruchpunkt IV.) und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.). Dagegen langte innerhalb der Rechtsmittelfrist keine Beschwerde ein, so dass der Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist.

f)       Zum gegenständlichen Verfahren

Am 06.05.2020 stellte der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete und begründete diesen mit der Integration des Beschwerdeführers und der Covid-19-Pandemie im Ägypten, welche auch zu einer Sperre des Flugverkehrs geführt habe, weshalb „die Abschiebung nach Ägypten auch aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich“ sei und daher der Aufenthalt gemäß § 46a Abs 1 Z 1 und auch nach Z 3 FPG zu dulden sei.

Mit „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ vom 02.10.2020 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag abzuweisen und zugleich eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot zu erlassen. Es wurde ihm die Gelegenheit für eine Stellungnahme gewährt. In einer Stellungnahme vom 08.10.2020 wurde argumentiert, dass ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht während eines Verfahrens zur Duldung einzuleiten sei. Zudem sei wegen der Ausbreitung des Coronavirus die Sicherheitsstufe 6 und damit die höchste Stufe der Reisewarnung verhängt worden.

Der Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 05.05.2021 gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 3 FPG abgewiesen. Der Beschwerdeführer habe am 03.10.2020 zweimal – bei zwei verschiedenen Fluglinien – seine begleitete Abschiebung vereitelt und sei danach untergetaucht. Er habe im Asylverfahren falsche Angaben zu seiner Identität gemacht und sei trotz einer Ausreiseverpflichtung im Bundesgebiet verblieben. Der Bescheid wurde am 10.05.2021 zugestellt.

Gegen den Bescheid wurde am 07.06.2021 Beschwerde erhoben und erklärt, dass der Beschwerdeführer seine Identität nicht verschleiert, sondern im Asylverfahren nur seine mittleren Namen nicht angegeben habe. Dem Beschwerdeführer sei eine freiwillige Ausreise nicht „angeboten“ worden, weder seien ihm die Kosten für die Heimreise in Aussicht gestellt noch ihm geholfen worden, Dokumente zu erlangen. Dass die Abschiebung nicht durchgeführt worden sei, sei im Ermessen der Piloten der Fluggesellschaften gelegen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Ägyptens. Seine Identität steht fest. In Österreich ging er 2018 eine Aufenthaltsehe mit einer Staatsangehörigen Bulgariens ein, wofür ihn das BG XXXX 2019 rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilte. Die Ehefrau, die seit Anfang 2018 in seiner Unterkunft gemeldet war, verzog im März 2019 in den Herkunftsstaat. Sie ging in Österreich keiner gemeldeten Arbeit nach.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Familienangehörigen oder Verwandten. Bis März 2018 bezog er Leistungen der Grundversorgung. Er war vom 03.04.2019 bis 12.10.2019 und seit dem 08.06.2020 in der Gastronomie tätig.

Er ist aktiv in der koptischen Gemeinde tätig, hat am 25.01.2019 im Rahmen der Integrationsprüfung Deutsch auf Niveau A2 erfolgreich abgeschlossen und Anfang 2018 bei einem Schachturnier teilgenommen. Er hält sich seit gut 5,5 Jahren im Inland auf und hat seit 03.12.2020 keinen gemeldeten Wohnsitz, allerdings eine Obdachlosenadresse beim Verein U.
Am 27.10.2019 sollte der Beschwerdeführer zum Zweck der Abschiebung festgenommen werden. Weil er untergetaucht war, mussten die Buchungen der für den nächsten Tag geplanten Abschiebung storniert werden. Ein weiterer Abschiebeversuch am 03.10.2020 musste aufgrund des passiven Widerstands des Beschwerdeführers, der dazu führte, dass die Crew von zwei Fluglinien die Beförderung verweigerte, abgebrochen werden. Der Beschwerdeführer zeigt keinerlei Bereitschaft, Österreich freiwillig zu verlassen und vereitelte seine Abschiebung letztlich dreimal.

Der Beschwerdeführer hält sich seit Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.10.2019, mit welchem sein Asylantrag abgewiesen und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I geführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA, der Beschwerde sowie den genannten Erkenntnissen in den bisherigen Beschwerdeverfahren.

Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Register der Sozialversicherung und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt.

2.2. Zum Beschwerdeführer

Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers stehen auf Basis seines in Kopie im Verwaltungsakt einliegenden Reisepasses fest, die weiteren Feststellungen ergaben sich aus den in 2.1 angeführten Beweismitteln.

2.3. Zur Vereitelung der Abschiebungen

Die für den 28.10.2019 geplante Abschiebung des Beschwerdeführers ergibt sich aus den im Akt der belangten Behörde enthaltenen Buchungsunterlagen. Am 14.10.2019 erging ein Festnahmeauftrag der belangten Behörde; die LPD XXXX stellte in ihrem Bericht vom 27.10.2019, GZ. PAD/19/02020649/002/VW fest, dass der Beschwerdeführer an seiner Wohnsitzadresse nicht wohnhaft sei und auch nicht mehr einer angemeldeten Beschäftigung nachgehe, so dass sein Aufenthaltsort unbekannt sei. Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer die Abschiebung am 28.10.2019, welche in der Folge storniert werden musste, durch Untertauchen vereitelt hatte.

Auch die für den 03.10.2020 geplante Abschiebung konnte aufgrund des Verschuldens des Beschwerdeführers nicht durchgeführt werden: Er hatte bereits am Vortag erklärt, dass er an der begleiteten Rückführung nicht mitwirken werde und diese unter allen Umständen verhindern wolle (Meldung der LPD XXXX vom 02.10.2020, GZ. XXXX ). In der Folge musste die Abschiebung am 03.10.2020 abgebrochen werden, weil der Beschwerdeführer gegenüber der Crew von zwei verschiedenen Fluglinien zum Ausdruck brachte, dass er nicht rückkehrwillig sei (Er begann zu jammern und musste zeitweise getragen werden), weswegen die Beförderung verweigert wurde (Bericht über die versuchte Abschiebung der LPD XXXX vom 03.10.2020, GZ. XXXX ).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 46a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 lauten:

Duldung

§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

1.       deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2.       deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3.       deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4.       die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(2) …

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er

1.       seine Identität verschleiert,

2.       einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3.       an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen „Republik Österreich“ und „Karte für Geduldete“, weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(5) …“.

3.2. Zur Abweisung des Antrages auf Ausstellung einer Karte für Geduldete:

Nach dem Gesetzestext des § 46a FPG ist Voraussetzung für die Ausstellung einer "Karte für Geduldete", dass der Aufenthalt des Fremden im Sinne von Abs. 1 dieser Bestimmung geduldet ist, was dann der Fall ist, wenn einer der dort genannten Tatbestände (alternativ) erfüllt ist. Ist einer dieser Tatbestände erfüllt, ist die Karte, aus der sich die Duldung des Aufenthaltes der dort angeführten Person ergibt, auszustellen.

3.2.1. Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 46a Abs. 1 Z 1 FPG

Der Beschwerdeführer stützte seinen Antrag im gegenständlichen Fall einerseits auf § 46a Abs. 1 Z 1 FPG und somit darauf, dass die Abschiebung nach Ägypten gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 FPG unzulässig ist.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für den Fremden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Der Beschwerdeführer stützt sein entsprechendes Vorbringen auf den Umstand, dass Ägypten von der Covid-19-Pandemie stark betroffen sei und das Außenministerium eine Reisewarnung ausgesprochen habe. Nachdem aktuell für die meisten Staaten Reisewarnungen in Kraft sind, reicht dies nicht aus, um eine konkrete Verletzung von Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention aufzuzeigen, zumal der Beschwerdeführer nicht vorgebracht hat, einer besonderen Risikogruppe im Falle einer Erkrankung anzugehören.

Eine Verfolgung des Beschwerdeführers im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG wurde bereits durch die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutzes verneint. Eine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Sinne des § 50 Abs. 3 FPG liegt nicht vor.

Zudem wurde zuletzt mit rechtskräftigem Bescheid vom 11.05.2021 festgestellt, dass die Abschiebung nach Ägypten zulässig ist.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist daher nicht nach § 46a Abs. 1 Z 1 FPG zu dulden.

3.2.2. Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG

Zudem wurde der Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete auf § 46a Abs. 1 Z 3 FPG und somit darauf gestützt, dass die Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich erscheine. Vom Fremden zu vertretende Gründe liegen gemäß § 46a Abs. 3 FPG jedenfalls vor, wenn er seine Identität verschleiert, einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

Die belangte Behörde stützte ihre Abweisung des Antrages insbesondere darauf, dass der Beschwerdeführer die für den 03.10.2020 geplante begleitete Abschiebung vereitelte, obwohl es bei zwei verschiedenen Fluglinien versucht wurde. Zudem vereitelte der Beschwerdeführer auch eine bereits für den 28.10.2019 geplante Abschiebung, indem er untertauchte und für die Behörden nicht mehr greifbar.

Soweit in der Beschwerde erklärt wurde, man habe dem Beschwerdeführer keine freiwillige Ausreise „angeboten“ und seien ihm die Kosten für die Heimreise nicht in Aussicht gestellt worden, ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer die Frist für die freiwillige Ausreise nicht genützt hatte, weswegen ein Festnahmeauftrag erging. Wenn in der Beschwerde weiters behauptet wird, es sei „im Ermessen der Piloten der Fluggesellschaften“ gelegen, den Beschwerdeführer nicht zu befördern, so wird damit erstens nicht die Vereitelung der Abschiebung am 28.10.2019 erklärt und war zweitens das Verhalten des Beschwerdeführers, als man versuchte, ihn ins Flugzeug zu bringen, kausal für die Verweigerung seiner Beförderung am 03.10.2020.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers wäre daher bereits erfolgt, wenn er daran mitgewirkt hätte. Vielmehr trägt er alleine die Schuld daran, dass die Abschiebung bislang nicht möglich war.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist daher auch nicht nach § 46a Abs. 1 Z 3 FPG zu dulden.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen erwies sich als unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung aufenthaltsbeendende Maßnahme Duldung falsche Angaben Identität illegaler Aufenthalt Integration Karte für Geduldete Mitwirkungspflicht Untertauchen Vereitelung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2152428.5.00

Im RIS seit

25.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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