TE Vfgh Erkenntnis 1995/2/28 B1296/93

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Veröffentlicht am 28.02.1995
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
ZPO §6a
ABGB §273

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter infolge rechtmäßiger Zurückweisung der Berufung gegen die grundverkehrsbehördliche Genehmigung einer Eigentumsübertragung mangels Eingriff in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers; Legitimation des Beschwerdeführers angesichts einer Vollmachtserteilung an den nunmehrigen Beschwerdevertreter vor Bestellung einer Sachwalterin gegeben; kein Anlaß für Verständigung des Pflegschaftsgerichts

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Der Beschwerdeführer übertrug mit dem am 14. Februar 1992 vor dem Bezirksgericht Schwanenstadt geschlossenen Vergleich das Eigentumsrecht an der Hälfte der Liegenschaft EZ 129 KG Pitzenberg an seinen Sohn A E jun.

Die Bezirksgrundverkehrskommission Schwanenstadt erteilte mit Bescheid vom 4. September 1992 der vorgesehenen Eigentumsübertragung die Genehmigung.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers wies die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der o.ö. Landesregierung mit Bescheid vom 29. April 1993 als unzulässig zurück. Begründend führte sie im wesentlichen aus, daß die Vertragsteile eines der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürftigen Vertrages nur durch die Versagung der Genehmigung in ihren Rechten verletzt werden könnten. Sie seien daher nur zur Anfechtung eines die Genehmigung versagenden Bescheides legitimiert. Zum Berufungsvorbringen, der Berufungswerber (also der nunmehrige Beschwerdeführer) sei infolge seiner Behinderung (bereits) im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses nicht geschäftsfähig und nicht prozeßfähig gewesen, ein rechtswirksamer Vergleich, der allein Gegenstand einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung sein könne, darum nicht zustande gekommen, vertrat die Landesgrundverkehrskommission den Standpunkt, daß die Frage der allfälligen Rechtsunwirksamkeit des Vergleiches der Entscheidung des Zivilgerichtes überlassen bleiben müsse.

2. Mit der gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission gerichteten, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf ein faires Verfahren iS des Art6 (Abs1) EMRK geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.

Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei zumindest seit dem Jahre 1991 unter anderem auf Grund eines Schlaganfalles geschäfts- und prozeßunfähig. Auf seinen Antrag hin habe das Bezirksgericht Schwanenstadt mit Beschluß vom 19. April 1993 seine Ehegattin zur einstweiligen Sachwalterin für ihn bestellt und das Verfahren zur Prüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters eingeleitet. Der vor dem Bezirksgericht Schwanenstadt am 5. Februar 1992 geschlossene Vergleich sei mangels Geschäftsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht wirksam zustande gekommen, weshalb der Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung ein Substrat gefehlt habe. Der Beschwerdeführer sei zur Anfechtung des Bescheides der Landesgrundverkehrskommission mit einer auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde legitimiert, weil es auch im öffentlichen Interesse liege, "daß rechtsunwirksame Rechtsgeschäfte nicht Grundlage einer behördlichen Entscheidung darstellen".

Abschließend regt der Beschwerdeführer an, der Verfassungsgerichtshof möge im Hinblick auf die geistige Behinderung des Beschwerdeführers iS des §6a ZPO das Pflegschaftsgericht zum Zweck der Bestellung eines Sachwalters verständigen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

A. Die mit 15. Juli 1993 datierte Beschwerde wurde durch einen Rechtsanwalt eingebracht, der sich unter Hinweis auf §8 der Rechtsanwaltsordnung auf die ihm erteilte Vollmacht berief.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Schwanenstadt vom 26. November 1993, SW 11/92, wurde gemäß §273 ABGB für den Beschwerdeführer eine Sachwalterin bestellt. Gegen diesen Beschluß brachten die Ehegattin des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführer, beide vertreten durch den nunmehrigen Beschwerdevertreter, sowie der Beschwerdevertreter im eigenen Namen Rekurs ein. Diesem wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 18. April 1994, R 115-117/94-38, in der Hauptsache nicht Folge gegeben, der angefochtene Beschluß wurde jedoch in der Hauptsache unter anderem durch eine Neuumschreibung des Kreises der von der Sachwalterin zu besorgenden Angelegenheiten präzisiert. Wie in der Begründung des Beschlusses des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht zum Ausdruck kommt, war bei der Entscheidung über den Rekurs "nicht zu prüfen, ob der Betroffene bei früheren Willenserklärungen (auch Vollmachtserteilungen) noch geschäftsfähig war". Gleichwohl ging das Rekursgericht davon aus, daß der nunmehrige Beschwerdevertreter bevollmächtigt war, den Beschwerdeführer auch im Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters zu vertreten. Das Rekursgericht vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Betroffene (also der nunmehrige Beschwerdeführer) zur Zeit der Vollmachtserteilung an (Rechtsanwalt) Dr. H (den nunmehrigen Beschwerdevertreter) im September 1992 offenkundig unfähig war, den Zweck der Vollmacht zu erkennen; es sei daher davon auszugehen, daß der Betroffene (sowohl von der einstweiligen Sachwalterin als auch) von seinem selbstgewählten Vertreter - dem nunmehrigen Beschwerdevertreter - vertreten werde.

Der Verfassungsgerichtshof hat keinen Anlaß, in dieser Frage einen anderen Standpunkt einzunehmen.

Da somit davon auszugehen ist, daß der Beschwerdeführer zur Erhebung der Beschwerde legitimiert ist und da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.

Mit Rücksicht darauf, daß das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters rechtskräftig abgeschlossen ist (der außerordentliche Rekurs des Betroffenen, dessen Vertreters und der einstweiligen Sachwalterin wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 29. August 1994, 1 Ob 1615/94, zurückgewiesen), sah der Verfassungsgerichtshof auch zu einem Vorgehen iS des §6a ZPO keinen Anlaß.

B. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid mangels Legitimation zurückgewiesen. Darin liegt die Verweigerung einer Sachentscheidung, durch die der Beschwerdeführer, wenn die belangte Behörde die Berufung zu Unrecht zurückgewiesen hätte, nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden wäre (vgl. VfSlg. 8992/1980 mwH, 13212/1992).

Nach der ständigen, dem Beschwerdeführer bekannten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 11544/1987 mwH, 12524/1990; vgl. etwa auch VfSlg. 11210/1987, 12274/1990, 12354/1990) können die Partner eines genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäftes bei einer meritorischen Entscheidung nur durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung in ihren Rechten verletzt werden.

3. Da im vorliegenden Fall die Grundverkehrsbehörde erster Instanz der in Rede stehenden Eigentumsübertragung die Genehmigung erteilt hat, bewirkte der erstinstanzliche Bescheid keinen Eingriff in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers (s. etwa VfSlg. 11544/1987, 12524/1990). Mangels eines solchen Eingriffes wurde die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung zu Recht zurückgewiesen (s. zB VfSlg. 13212/1992). Der Beschwerdeführer ist demnach durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.

4. Da die Berufung des Beschwerdeführers zu Recht zurückgewiesen wurde, ist es ausgeschlossen, daß er durch den angefochtenen Bescheid in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder - da Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides weder vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof hervorgekommen sind - wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde (vgl. etwa VfSlg. 9236/1981 mwH, 11210/1987).

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Sachwalterbestellung, Rechts- und Handlungsfähigkeit, VfGH / Legitimation, VfGH / Prozeßvollmacht, Berufung, Grundverkehrsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B1296.1993

Dokumentnummer

JFT_10049772_93B01296_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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