Entscheidungsdatum
02.07.2021Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
I408 2243809-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Deutschland, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2021, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Deutschlands, trat in Österreich erstmals im Jahr 2020 in Erscheinung. Nach einer Reihe polizeilicher Anzeigen teilte ihm die belangte Behörde mit, dass gegen ihn die Erlassung einer Ausweisung beabsichtigt sei. Der Beschwerdeführer erstattete dazu eine schriftliche Stellungnahme, woraufhin ihn die belangte Behörde mit rechtskräftigem Bescheid vom 17.09.2020 aus dem Bundesgebiet auswies und ihn am 19.11.2020 nach Deutschland abgeschob.
Der Beschwerdeführer kehrte nach Österreich zurück und wurde am 01.04.2021 in Untersuchungshaft genommen.
Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 13.04.2021 teilte ihm die belangte Behörde mit, dass gegen ihn die Erlassung eines Aufenthaltsverbots beabsichtigt sei. Der Beschwerdeführer erstattete dazu keine Stellungnahme.
Am 07.05.2021 verurteilte das Landesgericht XXXX den Beschwerdeführer wegen verschiedener Vermögens- und Suchtmitteldelikte zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 25.05.2021 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und aberkannte einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt III.).
Gegen diesen Bescheid wurde am 22.06.2021 Beschwerde erhoben, welche in der zuständigen Gerichtsabteilung am 29.06.2021 einlangte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist deutscher Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest.
Der bereits in Deutschland zweimal einschlägig verurteilt Beschwerdeführer reiste Anfang Februar 2020 nach Österreich ein und trat erstmals am 09.03.2020 in Erscheinung, als er unter Suchtmitteleinfluss eine Sachbeschädigung beging. In Folge weiterer Betretungen bei verschiedenen Straftaten wurde er mit rechtskräftigem Bescheid vom 19.09.2020, XXXX , aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Mangels aufrechter Wohnsitzmeldung wurde der Bescheid durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt, der Beschwerdeführer am 18.11.2020 festgenommen und schließlich am 19.11.2020 abgeschoben.
Der Beschwerdeführer kehrte nach Österreich zurück und wurde am 31.03.2021 wegen des Verdachtes der Begehung einer strafbaren Handlung festgenommen und über ihn die Untersuchungshaft verhängt.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 07.05.2021, XXXX , verurteilte das Landesgericht XXXX den Beschwerdeführer wegen der Vergehen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs. 1 Z 1 und Z 2, 15 StGB, der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 und Abs. 2a zweiter Fall SMG, des unerlaubten Umgangs mit psychotropen Stoffen nach § 30 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG sowie der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs. 1 und 4 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, wobei 12 Monate bedingt nachgesehen wurden.
Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 25.04.2020 versucht hat, Altkleider und Elektroschrott eines Altstoffsammelzentrums wegzunehmen und am 31.03.2021 in einer Drogerie vier Rasierapparate im Wert von über 200€ an sich nahm, indem er diese in einem mit Alufolie ausgekleideten Rucksack verbarg. Außerdem hat der Beschwerdeführer am 09.03.2020 eine fremde Sache verunstaltet, indem er einen Farbbeutel auf eine Hausmauer geworfen hat, wodurch ein Schaden von rund 400€ entstand und hat er am 18.11.2020 in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung falsch ausgesagt. Weiters hat der Beschwerdeführer eine Tablette Substitol am 24.03.2020 verkauft, regelmäßig Substitol erworben und besessen sowie einen psychotropen Stoff, nämlich Anxiolit, zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen.
Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Strafgericht erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen und zwei einschlägige Vorstrafen in Deutschland, mildernd hingegen das reumütige Geständnis, den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die teilweise Sicherstellung des Suchtgifts. Einer Diversion standen aufgrund der wiederholten Angriffe und der bereits erfolgten Verurteilungen in Deutschland gewichtige spezialpräventive Gründe entgegen.
Derzeit verbüßt der Beschwerdeführer seine Freiheitsstrafe in der JA XXXX . Abgesehen von Aufenthalten in Justizanstalten weist der Beschwerdeführer keine Wohnsitzmeldungen in Österreich auf. Er ging in Österreich auch nie einer Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine familiären Bindungen. In den vergangenen Jahren reiste der Beschwerdeführer durch Europa und bestritt seinen Lebensunterhalt von Erspartem, familiären Zuwendungen und Spenden für seine Straßenmusik. Berücksichtigungswürdige private oder soziale Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich bestehen nicht.
2. Beweiswürdigung:
Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich ohne entscheidungserhebliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Behördenaktes sowie dem vorliegenden Gerichtsakt. Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister, der Sozialversicherung und dem Strafregister wurden ergänzend eingeholt.
Die Feststellungen zur Identität, Volljährigkeit und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers folgen seinen Angaben im Beschwerdeschriftsatz, welche mit den Daten des Zentralen Melderegisters und des Fremdenregisters übereinstimmen. Seine Identität ist durch die Verifizierung seitens der österreichischen Justiz belegt.
Dass der Beschwerdeführer Anfang Februar 2020 nach Österreich einreiste, folgt seinen Angaben in der schriftlichen Stellungnahme vom 15.09.2020 im vorangegangenen Ausweisungsverfahren. Der Ausweisungsbescheid vom 19.09.2020, XXXX , liegt im Verwaltungsakt ein und ergeben sich daraus auch zweifellos die übrigen Feststellungen zum vorangegangenen Verfahren. Die Abschiebung am 19.11.2020 ist überdies durch die entsprechende Eintragung im Fremdenregister belegt.
Die Festnahme des Beschwerdeführers am 31.03.2021 erschließt sich aus der im Akt einliegenden Mitteilung (AS 182) sowie der übereinstimmenden Melderegistereintragung.
Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten, zu seiner Verurteilung und zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen basieren auf der im Akt einliegenden Ausfertigung des Strafurteils des Landesgerichtes XXXX vom 07.05.2021, XXXX . Daraus ergeben sich auch die einschlägigen Vorverurteilungen in Deutschland. Die Rechtskraft der Verurteilung ist durch den entsprechenden Eintrag im österreichischen Strafregister belegt, in welchem keine weiteren Verurteilungen aufscheinen.
Dass der Beschwerdeführer seine Freiheitsstrafe derzeit in der JA XXXX verbüßt, ist ebenso wie die Feststellung, dass er neben einer weiteren Justizanstalt über keine Wohnsitzmeldung verfügt, dem Zentralen Melderegister zu entnehmen. Dass er nie einer Erwerbstätigkeit nachging, ist aus dem eingeholten Sozialversicherungsauszug ersichtlich.
In seiner schriftlichen Stellungnahme im Vorverfahren am 15.09.2020 gab der Beschwerdeführer noch ausdrücklich an, keine in Österreich lebenden Familienmitglieder zu haben. Da auch im gegenständlichen Verfahren kein anderslautendes Vorbringen erstattet wurde, war die entsprechende Feststellung zu treffen. Auch die Feststellungen zu seiner Reisetätigkeit in den vergangenen Jahren und seinem Lebensunterhalt in diesem Zeitraum folgen seinen Angaben in der schriftlichen Stellungnahme vom 15.09.2020.
Dass keine berücksichtigungswürdigen privaten oder sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet bestehen, ergibt sich mangels gegenteiligem Vorbringen im gesamten Verfahren sowie aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer zwischen seiner Abschiebung am 19.11.2020 und seiner Inhaftierung am 31.03.2021 höchstens für rund vier Monate im Bundesgebiet aufhältig war und diese Zeit offensichtlich nicht zur Begründung eines Privatlebens, sondern zur Begehung der umseits genannten Straftaten genützt hat. Auch hielt er sich vor seiner Abschiebung für weit weniger als ein Jahr im Bundesgebiet auf und wurde auch im Vorverfahren kein berücksichtigungswürdiges Privatleben behauptet. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass dem Beschwerdeführer sowohl im Rahmen des ihm gewährten (nachweislich zugestellten) Parteiengehörs, als auch im Beschwerdeschriftsatz die Möglichkeit offen gestanden wäre, Umstände geltend zu machen, welche für ein Privatleben in Österreich maßgeblich wären. Der - muttersprachlich Deutsch sprechende - Beschwerdeführer erstattete keine Stellungnahme bzw. begnügte sich im Beschwerdeschriftsatz mit rechtlichen Ausführungen und der Behauptung, dass sein schützenswertes Privatleben nicht berücksichtigt worden sei (Beschwerdeschriftsatz, S. 4). Die Gelegenheit, dieses Privatleben etwa durch Namhaftmachung von dem Beschwerdeführer nahestehenden Personen oder durch sachverhaltsbezogene Ausführungen zu untermauern nützte der Beschwerdeführer jedoch nicht. Er ist damit der Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach kein berücksichtigungswürdiges Privat- oder Familienleben im Bundesgebiet vorliegen würde, nicht substantiiert entgegengetreten und schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Feststellung daher an.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Vorab ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer hinreichend die Möglichkeit geboten wurde, sich zur Sache zu äußern und allfällige Beweismittel in Vorlage zu bringen. Der Beschwerdeführer wurde dadurch in die Lage versetzt, seine Rechte geltend zu machen (VwGH 18.01.2001, 2000/07/0090). Eine Einvernahme schreibt weder das Gesetz noch die einschlägige Judikatur des VwGH vor (vgl. VwGH 18.01.2001, 2000/07/0099; 05.09.1995, 95/08/0002; 24.02.1988, 87/18/0126; 18.10.1990, 89/09/0145; 17.09.2002, 2002/18/0170).
Zur in der Beschwerde behaupteten Verletzung des Parteiengehörs ist festzuhalten, dass allein der Umstand, dass die Behörde den Beschwerdeführer nicht persönlich einvernommen hat, das Parteiengehör nicht verletzt, wenn sie dem Recht auf Parteiengehör auf andere geeignete Weise entspricht. Bereits aufgrund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme hatte der Beschwerdeführer - welcher Deutsch als Muttersprache beherrscht und dem das Parteiengehör nachweislich persönlich ausgehändigt wurde - jedenfalls die Gelegenheit, in diesem Verfahren Stellung zu nehmen. Zudem ist auch aufgrund der ihm im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gebotenen Möglichkeit, sich zum Inhalt des angefochtenen Bescheides zu äußern, von einer Sanierung einer allfälligen Verletzung des Parteiengehörs auszugehen, zumal der angefochtene Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergibt (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0069). Dass der Beschwerdeführer diese Möglichkeit nicht genutzt und im Beschwerdeschriftsatz kein sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet hat, ist ihm selbst zuzurechnen und ändert daher nichts an der Tatsache, dass sein Recht auf Parteiengehör gewahrt wurde.
3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Als Staatsangehöriger Deutschlands ist der Beschwerdeführer EWR-Bürger iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (so etwa, wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurde), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.
Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 26.11.2020, Ra 2020/21/0104).
Da sich der Beschwerdeführer jedenfalls weit weniger als zehn Jahre kontinuierlich im Bundesgebiet aufhält, ist im gegenständlichen Fall der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter bis vierter Satz FPG („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden.
Entgegen den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz hat bereits die belangte Behörde das ausgesprochene Aufenthaltsverbot nicht (bloß) auf die Tatsache der Verurteilung und der daraus resultierenden Strafhöhe, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat sie unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist (vgl. VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0116) sowie unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer durch sein persönliches Verhalten gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen und diese Voraussage ihrer administrativrechtlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Dabei hob sie besonders hervor, dass der Beschwerdeführer bereits mehrfach einschlägig vorbestraft war und auch in der Vergangenheit seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen ist. In ihrer Prognoseentscheidung ging die belangte Behörde davon aus, dass aufgrund der sehr tristen sozialen Lebenssituation in Zusammenschau mit der fehlenden Unbescholtenheit, Wohnungslosigkeit und dem Fehlen sozialer oder familiärer Anknüpfungspunkte keine positive Zukunftsprognose erkennbar sei.
Zunächst schließt sich das erkennende Gericht den Ausführungen der belangten Behörde vollinhaltlich an und kommt es aufgrund der vom Beschwerdeführer begangenen Eigentums- und Suchtmitteldelikte in einer Zusammenschau mit dem gesamten vom Beschwerdeführer gezeigten Verhalten zu dem Schluss, dass durch einen Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt besteht, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Eigentumskriminalität besteht (vgl. VwGH 24.03.2021, Ra 2020/01/0471). Ferner stellt auch gerade die Suchtgiftdelinquenz des Beschwerdeführers ein besonders verpöntes Fehlverhalten dar, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. VwGH 26.05.2021, Ra 2021/01/0159).
Gerade auch die einschlägigen Vorverurteilungen des Beschwerdeführers in Deutschland belegen unzweifelhaft die kriminelle Energie des Beschwerdeführers und eine daraus ableitbare hohe Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch seinen Verbleib im Bundesgebiet. Insofern im Beschwerdeschriftsatz vorgebracht wird, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr aktiv um eine Heilung von seiner Suchtmittelerkrankung bemühe, so ist darauf hinzuweisen, dass es grundsätzlich im Fall von strafbaren Handlungen infolge Gewöhnung an Suchtmittel neben dem Abschluss einer Therapie noch eines maßgeblichen Zeitraums des Wohlverhaltens bedarf, um einen Wegfall der Gefährdung annehmen zu können (vgl. VwGH 29.5.2018, Ra 2018/20/0259). Selbst wenn im gegenständlichen Fall eine Therapie bereits begonnen worden wäre - wofür kein Nachweis erbracht wurde - bräuchte es daher einen Abschluss derselben sowie einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens um einen Wegfall der Gefährdung zu indizieren. Davon kann gegenständlich jedoch keine Rede sein und ist durch den derzeitigen Haftaufenthalt die Zeit jedenfalls auch noch zu wenig weit fortgeschritten, um dem Beschwerdeführer einen allenfalls gegebenen - im Verfahren nicht dokumentierten - positiven Gesinnungswandel zu attestieren (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0276).
Auch die gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmende Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen kann nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen, zumal der Beschwerdeführer keinerlei berücksichtigungswürdige private, familiäre oder sonstige Anknüpfungen an Österreich hat. Insoweit im Beschwerdeschriftsatz mehrfach auf das schützenswerte Privatleben des Beschwerdeführers (Beschwerdeschriftsatz, S. 4 und 7) verwiesen wird, versäumt der Beschwerdeführer es jedoch, etwaige Bindungen in Österreich namhaft zu machen, weshalb - wie umseits festgestellt - nicht vom Vorliegen eines schützenswerten Privat-und Familienlebens auszugehen ist.
Bei Abwägung aller relevanten Umstände sind die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes somit höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des Beschwerdeführers. Das vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten ist als schwerwiegend und geeignet, die öffentlichen Interessen maßgeblich zu gefährden, anzusehen, sodass ein Aufenthaltsverbot zu erlassen und dies auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG zulässig ist.
Was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese innerhalb des dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Rahmens. So sieht § 67 Abs. 2 FPG die Erlassung eines bis zu zehn Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes vor und erscheint die gewählte Dauer von fünf Jahren angesichts des Verhaltens des Beschwerdeführers, der in Österreich weder gemeldet war noch hier eine legale Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, keineswegs als zu lang. Insbesondere wird berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer bereits vor dem nunmehrigen Anlassfall zwei einschlägige Vorverurteilungen in Deutschland aufwies. Dies zeigt offensichtlich, dass der Beschwerdeführer aus seinem Fehlverhalten nicht gelernt hat, ihm die Rechtsordnungen Deutschlands und insbesondere die österreichische offenbar gleichgültig sind und ihn weder Verurteilungen noch daraus resultierenden Strafen von der Begehung weiterer Straftaten im österreichischen Bundesgebiet abgehalten haben. Auch erweist sich die von der belangten Behörde gewählte Hälfte der höchstmöglichen Dauer unter dem Aspekt gerechtfertigt, dass auch das Strafgericht trotz bisheriger Unbescholtenheit in Österreich, dem geringen Wert des Diebesgutes und dem reumütigen Geständnis eine 15-monatige Freiheitsstrafe für angemessen hielt und drei Monate dieser Strafe unbedingt verhängte. Auch da aufgrund des bisher gezeigten Verhaltens des Beschwerdeführers eine neuerliche Begehung gleichgelagerter Straftaten zur Finanzierung seines Suchtmittelkonsums als nicht unwahrscheinlich anzusehen ist, steht die Höhe des Aufenthaltsverbotes mit dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten im Einklang. Bei der Bemessung der Höhe des Aufenthaltsverbotes ist überdies zu berücksichtigen, dass die erstmalige fremdenrechtliche Sanktion gegen den Beschwerdeführer im Herbst 2020 wirkungslos blieb, er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam und nur kurze Zeit später, wiederrum ohne melde- und fremdenrechtlichen Bestimmungen zu entsprechen, nach Österreich zurückkehrte. Aufgrund dieser Überlegungen war die Dauer des Aufenthaltsverbotes von fünf Jahren nicht zu beanstanden, zumal dem auch weder private noch familiäre Interessen in Österreich entgegenstehen.
3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus und hat er anhand seines Gesamtfehlverhaltens unzweifelhaft gezeigt, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Anschluss an seinen Haftaufenthalt im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.
Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, weshalb die Beschwerde im Ergebnis vollumfänglich abzuweisen war.
3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Eine Beschwerdeverhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die belangte Behörde hat den entscheidungswesentlichen Sachverhalt abschließend und mit der gebotenen Aktualität ermittelt. In der Beschwerde wurde kein sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet, sondern lediglich eine Verletzung des Parteiengehörs, die Höhe des Aufenthaltsverbotes sowie eine mangelhafte Gefährdungsprognose moniert und - wie umseits ausgeführt - völlig unsubstantiiert auf ein Privatleben verwiesen. Selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung des Vorbringens und tatsächlichen Vorliegens eines schützenswerten Privatlebens, wäre kein anderes Ergebnis denkbar und würde das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von Suchtmittelkriminalität das Interesse an der Aufrechterhaltung des Privatlebens jedenfalls überwiegen. Eine mündliche Erörterung lässt keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten und kann selbst bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten für ihn weder ein Entfall noch eine Reduktion des Aufenthaltsverbotes erzielt werden und vermag daran auch eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht und ein dabei gewonnener (positiver) persönlicher Eindruck nichts zu ändern (vgl. VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0430). Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2021:I408.2243809.1.00Im RIS seit
25.10.2021Zuletzt aktualisiert am
25.10.2021