TE Bvwg Beschluss 2021/7/6 W101 2243092-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

06.07.2021

Norm

BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §93 Abs1 Z1
FPG §93 Abs2
FPG §94 Abs5
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs4 Z1
ZustG §17 Abs3

Spruch


W101 2243092-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch RA Mag. Jürgen PFÖSTL, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.04.2021, Zl. 1032516901/210488933, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 13.04.2021, Zl. 1032516901/210488933, entzog das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) dem Beschwerdeführer gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF den Konventionsreisepass, Nr. XXXX , und forderte gemäß § 93 Abs. 2 FPG den Beschwerdeführer auf, das Dokument unverzüglich dem BFA vorzulegen.

In der Rechtsmittelbelehrung war festgehalten worden, dass gegen diesen Bescheid innerhalb von vier Wochen ab Zustellung Beschwerde erhoben werden könne.

Am 23.04.2021 war der Bescheid dem Beschwerdeführer mittels Hinterlegung zugestellt worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter erst am 25.05.2021 – und somit verspätet – Beschwerde. Zur Rechtzeitigkeit war lediglich ausgeführt worden, die Abholfrist habe am 28.04.2021 begonnen, weil die Zustellung postalisch an diesem Tag erfolgt sei.

Mit Schreiben vom 28.05.2021 legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vor.

Mit Schreiben vom 07.06.2021 war dem Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht die Verspätung der Einbringung seiner Beschwerde vorgehalten und ihm eine Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer allfälligen Stellungnahme gewährt worden.

Dazu äußerte sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen wie folgt: Der Beschwerdeführer sei vom 22.04.2021 bis 27.04.2021 zu Besuch bei seiner Familie in XXXX (Deutschland) und sohin ortsabwesend gewesen. Daher sei aufgrund des § 17 Abs. 3 ZustG die Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer, der am 27.04.2021 an die Abgabestelle zurückgekommen sei, erst am 28.04.2021 wirksam geworden, weswegen die vierwöchige Rechtsmittelfrist erst am 26.05.2021 abgelaufen sei. Somit sei die am 25.05.2021 eingebrachte Beschwerde rechtzeitig bzw. fristgerecht erfolgt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der angefochtene Bescheid wurde nach einem Zustellversuch am 23.04.2021 mit Abholfrist beginnend am selben Tag mittels Hinterlegung zugestellt.

Am 25.05.2021 brachte der Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde ein.

Als maßgeblich ist folglich festzustellen, dass die gegenständliche Beschwerde verspätet eingebracht wurde, weil die Beschwerdefrist am 21.05.2021 geendet hat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem von der Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere aus dem Rückschein, der Verständigung über die Hinterlegung und aus dem Vermerk auf dem Kuvert, wonach die Beschwerde am 25.05.2021 zur Post gegeben wurde. Es ist außerdem unstrittig, dass der angefochtene Bescheid am 23.04.2021 hinterlegt und die Beschwerde am 25.05.2021 eingebracht wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.3. Zu A)

3.3.1. Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Bescheid-beschwerde vier Wochen.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Zustellung behördlicher Dokumente (Zustellgesetz – ZustG) lauten:

§ 17 (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

3.3.2. Die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung wird nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte.

„Rechtzeitig“ im Sinne dieser Bestimmung ist dahingehend zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden. Dasselbe gilt, wenn der Partei nach den Verhältnissen des Einzelfalles noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels verblieb (vgl. VwGH Ro 26.5.2015, 2015/01/0004 m.w.N.).

So wurde beispielsweise noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist (vgl. VwGH 15.7.1998, 97/13/0104 m.w.N.; 19.4.2001, 99/06/0049) und bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung (vgl. VwGH 27.9.1999, 99/17/0303) sowie bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung des Rechtsmittels von zehn Tagen angenommen (vgl. etwa VwGH 24.2.2000, 2000/02/0027; 18.3.2004, 2001/03/0284).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer erst am 27.04.2021 (einem Dienstag) vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen hat können, ist aufgrund der oben dargestellten Grundsätzen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einer ordnungsgemäßen Zustellung am 23.04.2021 auszugehen. Denn der Beschwerdeführer hatte jedenfalls über drei Wochen Zeit, seine Beschwerde auszuführen und damit deutlich mehr als die vom Verwaltungsgerichtshof geforderten zehn Tage (vgl. dazu insbes. nochmals VwGH 18.3.2004, 2001/03/0284).

Die Beschwerdefrist begann somit gemäß § 17 Abs. 3 ZustG am 23.04.2021 zu laufen. Die vierwöchige Beschwerdefrist endete daher am 21.05.2021. Die Beschwerde wurde jedoch erst am 25.05.2021 und damit verspätet eingebracht, weshalb sie zurückzuweisen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte – trotz des entsprechenden Antrages – gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt.

3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe oben unter 3.3.2. zit. Judikatur), noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerdefrist Entziehung Entziehungsbescheid Fremdenpass Fristablauf Fristüberschreitung Fristversäumung Konventionsreisepass Rechtsmittelfrist rechtswirksame Zustellung Rechtzeitigkeit verspätete Beschwerde Verspätung Verspätungsvorhalt Zurückweisung Zustellung Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W101.2243092.1.00

Im RIS seit

25.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten