Entscheidungsdatum
09.07.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I404 2190014-2/16E
I404 2190021-2/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
I.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Irak, vertreten durch: RA Dr. Farid RIFAAT gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost), vom 02.05.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. wird als unbegründet abgewiesen.
II. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides hat wie folgt zu lauten:
„Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung“.
III. Spruchpunkt IV. wird ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Irak, vertreten durch: RA Dr. Farid RIFAAT gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 02.05.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:
„Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung“.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführer sind Brüder und stellten am 30.10.2015 ( XXXX , in der Folge: Erstbeschwerdeführer) bzw. am 01.11.2015 ( XXXX , in der Folge: Zweitbeschwerdeführer) einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheiden vom 23.02.2018, Zl. XXXX (Erstbeschwerdeführer), bzw. 22.02.2018, Zl. XXXX (Zweitbeschwerdeführer), wies die belangte Behörde die auf die Gewährung von internationalem Schutz gerichteten Anträge des Erst- und Zweitbeschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.), und sprach aus, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen werde (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und sprach aus, dass die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
3. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.12.2018 mit den Erkenntnissen vom 03.01.2019 zu den GZen G305 2190014-1/6E und G305 2190021-1/5E als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass nicht festgestellt werden habe können, dass die Beschwerdeführer mit der Polizei des Herkunftsstaates oder mit den im Herkunftsstaat aktiven Milizen, insbesondere aus religiösen Gründen, oder wegen des Vornamens des Zweitbeschwerdeführers Probleme gehabt hätten, oder, dass sie im Herkunftsstaat vorbestraft wären. Weiters führte das BVwG aus, dass auch nicht festgestellt werden könne, dass der Erstbeschwerdeführer oder der Zweitbeschwerdeführer im Herkunftsstaat politisch tätig gewesen wären. Beide hätten an keiner bewaffneten Auseinandersetzung teilgenommen und seien auch nie Mitglied einer radikalen extremistischen Gruppierung oder einer verbotenen Organisation gewesen.
4. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 11.12.2019 zu E 3775-3776/2019-6 abgelehnt. Die Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.03.2020 zu Ra 2019/19/0071-6 zurückgewiesen.
5. Am 08.02.2019 stellten die Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Der Erstbeschwerdeführer gab an, dass er Polizist im Irak gewesen sei, das habe er in der Ersteinvernahme verschwiegen, da er Angst gehabt habe. Außerdem sei er in Österreich verheiratet und habe am 25.02.2019 einen Termin beim Standesamt in XXXX . Darüberhinaus habe er eine Verurteilung (mit fünfjähriger offener Strafe) im Irak, da er dort Polizist gewesen und geflohen sei. Er sei geflohen, da er mit schiitischen Milizen hätte zusammenarbeiten sollen, das habe er nicht gewollt. Sein Onkel sei Mitglied der Baath Partei und 2002/2003 sei er bei Versammlungen der Partei mit dabei gewesen.
6. Der Zweitbeschwerdeführer machte geltend, dass er über seinen Bruder (gemeint: den Erstbeschwerdeführer) nicht gesprochen habe, da er auch Angst gehabt habe. Er habe Angst, dass die Milizen ihn wegen seinem Bruder entführen und töten würden. Vor ca. zwei Wochen habe er eine Drohnachricht von einem Milizenführer auf sein Handy bekommen. Die Nachricht habe er gelöscht.
7. In der Einvernahme am 22.02.2019 führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass er im Irak seit 2008 bei der Polizei gearbeitet habe. Auf die Frage, warum er neuerlich einen Asylantrag stelle, führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass seine Unterlagen von der Arbeit bei einem Freund in Deutschland gewesen seien. Er hätte mit diesem Freund keinen Kontakt gehabt. Nach der negativen Entscheidung habe er diesen Freund kontaktiert und seine Unterlagen bekommen. Er habe im ersten Verfahren nicht gesagt, dass er Polizist sei, weil er Angst gehabt habe, sie würden Unterlagen verlangen und er habe keine gehabt. Auf Nachfrage gab er an, sich nicht genau daran zu erinnern, wann er den Freund in Deutschland kontaktiert habe, es sei aber nach dem zweiten Interview im Jänner 2019 gewesen. Er korrigiere, dass das zweite Interview im Dezember 2018 gewesen sei. Am XXXX seien ihm die Schriftstücke zugekommen. Zu seinen neuen Fluchtgründen befragt, gab er an, dass er im Irak als Ermittler gearbeitet habe und jetzt ein Urteil in Abwesenheit habe. Aus diesem Grund sei er geflüchtet. Außerdem hätten die schiitischen Milizen verlangt, dass er seine Position als Polizist ausnütze und ihnen helfe, unschuldige Leute umzubringen und festzunehmen. Auf Nachfrage, von wann das Urteil sei und weshalb der Erstbeschwerdeführer verurteilt worden sei, gab er an, dass er zu 3-5 Jahren Haft verurteilt worden sei, weil er es abgelehnt habe, mit den schiitischen Milizen, konkret der Asa’ib Alh Al Haqq und der Badr- Organisation zu arbeiten und weil er seine Arbeit verlassen habe. Auf Nachfrage gab er an, nicht zu wissen, welchen Straftatbestand er verletzt habe, er habe nur telefonisch erfahren, zu 3-5 Jahren verurteilt worden zu sein. Er habe dies von einer bewaffneten Person der Milzen erfahren. Auf Nachfrage gab er an, dass diese Person über Facebook mit ihm Kontakt aufgenommen habe. Dieses Urteil sei zwei Jahre nach seiner Flucht erlassen worden und habe er auch zu diesem Zeitpunkt davon erfahren.
8. Der Zweitbeschwerdeführer führte im Rahmen seiner Befragung am 22.0.2019 aus, dass er über Facebook Drohungen der Badr-Miliz bekommen habe und er die diesbezüglichen Ausdrucke vorlege. Auf Nachfrage, wann er genau die Drohungen erhalten habe, gab er an, dass er die erste Nachricht gelöscht, aber wiederhergestellt habe. Die zweite habe er vor einer Woche bekommen. Auf Nachfrage, ob er davor noch nie Drohungen erhalten habe, brachte er vor, schon immer Drohungen erhalten zu haben, aber das seien Terrororganisationen. Er habe immer Angst gehabt, so etwas auf seinem Handy herzuzeigen, deshalb habe er davon nicht angegeben. Nachgefragt, wann genau und wie oft er Drohungen erhalten habe, führte er aus, dass er sich nicht so genau erinnere. Alle ein bis zwei Monate. Er habe keine Anzeige bei der Polizei gemacht. Wenn er hier eine Anzeige machen würde, werden sie zu ihm sagen, dass diese Leute sehr weit weg von ihm seien und ihm nichts tun könnten.
9. Mit dem im Spruch genannten Bescheiden vom 02.05.2019 wies die belangte Behörde die Folgeanträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 08.02.2019 wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Zugleich erteilte sie keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt II.). Für die freiwillige Ausreise gewährte die belangte Behörde keine Frist (Spruchpunkt III.) und erließ gegen die Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.).
10. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
11. Am 23.05.2019 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten vor.
12. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25.02.2021 wurde das Verfahren der Abteilung I404 neu zugeteilt.
13. Mit Beschlüssen vom 23.03.2021, Zl. I404 290014-2/10Z und 290021-2/10Z, wurde den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
14. Am 09.06.2021 fand vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Im Rahmen der Verhandlung wurden die Beschwerdeführer sowie die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers Frau XXXX (in der Folge XXXX A-W) mündlich einvernommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak und sunnitische Moslems. Beide Beschwerdeführer sind gesund und erwerbsfähig. Sie haben vor ihrer Flucht im Elternhaus in Bagdad gelebt. Sie reisten im Oktober 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und halten sich seitdem durchgehend in Österreich auf.
Im Herkunftsstaat besuchte der Erstbeschwerdeführer von 1995 bis 2003 die Schule in seiner Heimatstadt, nahm eine private Ausbildung bei einem Tischler an und arbeitete mehrere Jahre in diesem Beruf. Der Erstbeschwerdeführer war nicht als Polizist im Irak tätig.
Der Erstbeschwerdeführer ist seit 26.03.2019 mit Frau XXXX A-W verheiratet und zog nach der Hochzeit mit seiner Frau zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2019 zusammen. XXXX A-W stammt aus Ägypten, kam im Alter von 13 Jahren nach Österreich und besitzt die österreichische Staatsangehörigkeit. Sie hat zu keinem Zeitpunkt in einem anderen EU Mitgliedstaat gelebt oder gearbeitet. Frau XXXX A-W hat zwei volljährige Kinder aus einer vorherigen Ehe. Beide Kinder sind bereits ausgezogen. Sie ist gesund und bedarf keiner Hilfe im Alltag. Sie ist als XXXX berufstätig und finanziert sich und dem Erstbeschwerdeführer den Lebensunterhalt. Frau XXXX A-W spricht arabisch und bekennt sich zum islamischen Glauben. Der Erstbeschwerdeführer unterstützt seine Ehefrau bei den Haushaltstätigkeiten, er hilft bei der Gartenarbeit und führt kleinere Reparaturen im Haus durch. Der Erstbeschwerdeführer hat weder eigene, noch an Kindesstatt angenommene Kinder.
Der Zweitbeschwerdeführer ist ledig und beabsichtigt in nächster Zeit auch keine Eheschließung. Er hat weder eigene, noch an Kindesstatt angenommene Kinder.
Im Herkunftsstaat besuchte der Zweitbeschwerdeführer von 2007 bis 2015 die Schule in Bagdad, davon sechs Jahre lang die Grundschule und die restliche Zeit das Gymnasium; letzteres brach er jedoch wegen seiner Ausreise im Jahr 2015 vorzeitig ab.
Beide Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten. Sie beziehen seit 08.02.2019 keine Leistungen aus der Grundversorgung.
Der Erstbeschwerdeführer verfügt seit 06.10.2020 über eine Gewerbeberechtigung „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“. Dieses ist ruhend gemeldet und erzielt er daraus keine Einkünfte. Er lebt von der Unterstützung seiner Ehefrau und von Freunden. Er ist auch bei seiner Frau als Angehöriger mitversichert.
Der Zweitbeschwerdeführer arbeitet für einen Freund, der Malerarbeiten sowie diverse Bodenbeläge anbietet, ohne Arbeitserlaubnis. Er hat ein Anbot über eine Anstellung vom 10.05.2021 vorgelegt. Darin ist weder ein Stundenausmaß noch die Höhe der Entlohnung oder Art der Tätigkeit festgehalten. Vom 01.04.2019 bis 07.12.2019 war der Zweitbeschwerdeführer im Verein „ XXXX “ ehrenamtlich tätig.
Der Erstbeschwerdeführer hat an einem Deutschkurs A1 teilgenommen. Er verfügt nur über geringe Grundkenntnisse.
Der Zweitbeschwerdeführer verfügt über grundlegende Deutschkenntnisse. Er hat einen Deutschkurs auf dem Niveau B absolviert. Er hat keine Bestätigung über die Absolvierung einer Sprachprüfung vorgelegt.
Die Beschwerdeführer konnten keine tiefergehenden freundschaftlichen Bindungen in Österreich darlegen, sind in keinem Verein und gehen derzeit auch keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach. In Österreich sind noch ein Cousin und eine Cousine der Beschwerdeführer aufhältig.
Der Erstbeschwerdeführer ist in Österreich nicht politisch tätig. Der Zweitbeschwerdeführer hat an einer Demonstration vor der UN Gebäude in Wien im XXXX teilgenommen und seinen Angaben zufolge zu dieser Demonstration auch 10 Bekannte persönlich eingeladen. Weitere Aktivitäten hat er keine gesetzt.
1.2. Zu den Fluchtmotiven und einer Rückkehrgefährdung der Beschwerdeführer:
Der Erstbeschwerdeführer stellte am 30.10.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welchen er zusammengefasst damit begründete, dass er von schiitischen Milizen zuhause bedroht worden sei, weil er Sunnit sei und mit dem IS in Verbindung stehe. Außerdem sei sein Cousin getötet worden und sie hätten eine Anzeige bei Gericht machen wollen, dies habe das Gericht abgelehnt. Da die schiitischen Milizen von der Anzeige erfahren hätten, seien sie von diesen bedroht worden. Darüberhinaus habe der Erstbeschwerdeführer seinen Onkel zu Sitzungen der BAATH-Partei begleitet.
Dieser Antrag wurde sowohl hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.02.2018 als unbegründet abgewiesen sowie eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Der Zweitbeschwerdeführer stellte am 01.11.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Er machte zusammengefasst ebenfalls geltend, dass schiitische Milizen sie zuhause bedroht hätten, weil sie Sunniten seien und diese außerdem von der Anzeige aufgrund des Todes Cousins erfahren hätten. Er brachte darüberhinaus vor, dass er aufgrund seines Vornamens Probleme gehabt habe.
Dieser Antrag wurde ebenfalls sowohl hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.02.2018 als unbegründet abgewiesen sowie eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden, wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.12.2019 mit Erkenntnissen vom 03.01.2019 zu G305 22219021-1 und G305 22219014-1 rechtskräftig als unbegründet ab. Das BVwG führte zusammengefasst aus, dass es den Beschwerdeführern nicht gelungen sei, eine aus religiösen und/oder politischen Gründen motivierte, konkret gegen ihre Person gerichtete Verfolgung glaubhaft zu machen.
Die Beschwerdeführer sind in der Folge nicht ausgereist, sondern stellten am 08.02.2019 jeweils einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Der Erstbeschwerdeführer brachte vor, dass er in Österreich verheiratet sei und einen Termin für die standesamtliche Trauung am 25.02.2019 habe. Außerdem habe er eine Verurteilung (mit fünfjähriger offener Strafe) im Irak, da er dort Polizist gewesen und geflohen sei. Sein Onkel sei Mitglied der BAATH-Partei und 2002/2003 sei er mit ihm auch bei Versammlungen der Partei gewesen. Das Urteil sei zwei Jahre nach seiner Flucht aus dem Irak erlassen worden, und er habe auch zwei Jahre nach seiner Ausreise davon erfahren. Die diesbezüglichen Unterlagen seien ihm erst jetzt von seinem Freund übermittelt worden.
Damit wird keine Änderung der Sachlage zwischen der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2019 und der Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides dargelegt. Im Übrigen entbehrt dieses Vorbringen – wie von der belangten Behörde im bekämpften Bescheid ausgeführt – eines glaubwürdigen Kerns.
Der Zweitbeschwerdeführer machte geltend, dass er Angst habe, dass ihn Milizen wegen seinem Bruder entführen und töten würden. Vor zwei Wochen habe er eine Drohnachricht von einem Milizenführer auf sein Handy bekommen. Dieses Vorbringen weist ebenfalls keinen glaubhaften Kern auf.
Auch in Bezug auf die allgemeine Situation im Irak war zwischen den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.01.2019 und der Erlassung der gegenständlichen Bescheide am 02.05.2019 keine wesentliche Änderung eingetreten, welche die Beschwerdeführer unmittelbar betreffen würde. Ebenso wenig liegt eine Änderung der Rechtslage vor.
1.3. Zur Lage im Irak:
Die allgemeine Lage im Irak hat sich in den letzten Jahren nachhaltig stabilisiert. Dies gilt insbesondere für die Stadt Bagdad. Nach dem jüngsten Bericht zur Sicherheitslage (EASO Security Situation), der am 30.10.2020 publiziert wurde, ereigneten sich im Jahr 2019 im gesamten Gouvernement Bagdad 42 sicherheitsrelevante Vorfälle, bei denen 37 Personen ums Leben kamen und 13 Personen verletzt wurden; im ersten Halbjahr 2020 ereigneten sich vier Vorfälle, bei denen drei Personen getötet und acht verletzt wurden; dies bei einer Einwohnerzahl von mehr als 6 Mio. Auch die Proteste, die teils sehr gewaltsam waren, vermögen nicht nachhaltig das positive Bild zu ändern. Sie sind auf bestimmte Plätze beschränkt und nicht in der ganzen Stadt Bagdad und vermögen daher nicht die Sicherheitslage in ganz Bagdad zu beeinträchtigen.
Für Bagdad-Stadt vertritt EASO die Auffassung, dass die Stadt Bagdad und ihre Vorstädte generell unter Kontrolle der Behörden sind. Die Behörden teilen jedoch diese Macht mit schiitisch dominierten PMU, was zu unvollständiger oder überlappender Kontrolle führen kann. Im Jahr 2018 ging die Aktivität des IS in der Stadt signifikant zurück. Dem jüngsten Bericht von EASO (Country Guidance Iraq von Januar 2021) zufolge findet im Gouvernement Bagdad zwar willkürliche Gewalt statt, jedoch nicht auf hohem Niveau. Dem entsprechend sind mehr individuelle Elemente erforderlich, um wesentliche Gründe für die Annahme aufzuzeigen, dass eine Person bei Rückkehr dem realen Risiko ernsthafter Schäden durch diese Gewalt ausgesetzt wäre.
Milizen in Bagdad werden von Sunniten häufig beschuldigt, Gewalt gegen sie gerichtet zu haben. Sunniten befürchten in erster Linie, dass schiitische Milizen in Bagdad sie erpressen, entführen oder ihnen ihr Eigentum wegnehmen. Die verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass die bloße Tatsache, dass eine Person ein sunnitischer Araber ist, normalerweise nicht zu einer begründeten Angst vor Verfolgung führen würde (EASO Country Guidance Iraq von Januar 2021).
In Bezug auf die Lage in der Stadt Bagdad vertritt UNHCR die Ansicht, dass die einzigen Personengruppen, hinsichtlich derer keine externe Unterstützung vorauszusetzen ist, arabisch-schiitische und arabisch-sunnitische alleinstehende, körperlich leistungsfähige Männer und kinderlose Ehepaare im arbeitsfähigen Alter ohne identifizierte besondere Vulnerabilitäten sind. Abhängig von den jeweiligen Umständen sind solche Personen möglicherweise in der Lage, in der Stadt Bagdad ohne Unterstützung durch ihre Familie und/oder ihren Stamm zu bestehen (UNHCR Erwägungen, Mai 2019).
Die Grundversorgung mit Lebensmitteln, Wasser, Strom, Gütern des täglichen Bedarfs und medizinischer Versorgung ist in Bagdad gesichert, wobei rund die Hälfte der Bewohner Bagdads gut und eine weitere Hälfte ausreichend versorgt ist. Rund 1 % der Bevölkerung in Bagdad ist nicht ausreichend versorgt. Der irakische Staat stellt für alle Iraker eine universelle Gesundheits- und Arzneimittelversorgung zu subventionierten Preisen bereit (EASO, Key socio-economic indicators for Baghdad, Basra and Erbil vom September 2020).
Aufgrund der COVID-19 Pandemie ist das Gesundheitswesen im Irak an die Grenzen der Leistungsfähigkeit angelangt; die Regierung geht mit Ausgangssperren gegen die Pandemie vor. Auch die COVID-19-Pandemie wird Personen, die nicht einer COVID-Risikogruppe angehören, nicht in eine exzeptionelle Lage versetzen (COVID-19-Lage im Nahen Osten vom 15.07.2020 und vom 14.08.2020).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person der Beschwerdeführer
Die Feststellungen zum Herkunftsland konnten den im Vorverfahren vorgelegten irakischen Reisepässen entnommen werden. Dass die Beschwerdeführer sunnitischen Glaubens sind, basiert auf den diesbezüglich gleichbleibenden Angaben der Beschwerdeführer.
Dass die Beschwerdeführer gesund und erwerbsfähig sind, ergibt sich aus ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2021. Die Feststellung zum Wohnort im Irak basiert auf den Angaben der beiden Beschwerdeführer in ihrem ersten Asylverfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 14.12.2018.
Die Feststellungen zur Ausbildung und Berufstätigkeit des Erstbeschwerdeführers als Tischler wurden aufgrund seiner Angaben vor dem BVwG am 14.12.2018 getroffen. Auf Vorhalt dieser Angaben hat er auch in der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2021 bestätigt, diese Ausbildung gemacht zu haben und als Tischler gearbeitet zu haben. Der Erstbeschwerdeführer hat erstmals im Rahmen seiner Asylanatragstellung am 08.02.2019 angegeben, im Irak auch als Polizist tätig gewesen zu sein. Dieses Vorbringen war nicht glaubhaft und konnte daher auch nicht den Feststellungen zugrunde gelegt werden, wie unter Punkt 2.2. ausführlich dargelegt wird.
Dass der Ersteschwerdeführer am 26.03.2019 Frau XXXX A-W standesamtlich geheiratet hat, wurde der im Akt einliegenden Heiratsurkunde entnommen. Der Erstbeschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, seit der Hochzeit mit seiner Ehefrau in einem gemeinsamen Haushalt zu leben. Da es sowohl hinsichtlich des Datums des Zusammenziehens als auch zu dem Umstand, ob ein Wohnsitz (auch) in Wien jemals begründet wurde, unterschiedliche Angaben des Erstbeschwerdeführers und seiner Ehefrau gab, konnte kein genaueres Datum festgestellt werden. Auch eine Einsichtnahme in das ZMR lässt keine weiteren Feststellungen zu, zumal eine Meldung des Erstbeschwerdeführers an einer Anschrift in Wien als Hauptwohnsitz aufscheint (02.07.2019 bis 16.04.2020) und dieser in der mündlichen Verhandlung abgestritten hat, dort überhaupt jemals übernachtet zu haben.
Dennoch geht das BVwG davon aus, dass irgendwann im Jahr 2019 ein gemeinsamer Haushalt begründet wurde. Dies aufgrund der Angaben des Erstbeschwerdeführers und der Zeugin zum Tagesablauf des Erstbeschwerdeführers. Außerdem ist auch in dem Bericht der LPD XXXX vom 04.08.2019 festgehalten, dass keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Schein- bzw. Aufenthaltsehe bestehen.
Dass die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers aus Ägypten stammt, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und aus einer vorangegangenen Ehe zwei erwachsene Kinder hat, basiert auf den Angaben der Zeugin den Verhandlungen vor dem BVwG am 14.12.2019 sowie am 09.06.2021. Sie hat auch in der Verhandlung am 09.06.2021 auf Nachfrage angegeben, nie in einem anderen Land der EU gelebt oder gearbeitet zu haben. Ebenso hat sie in dieser Verhandlung bestätigt, gesund zu sein und keine Hilfe zu benötigen. Dass sie den Lebensunterhalt für sich und den Erstbeschwerdeführer finanziert, ergibt sich aus den deren übereinstimmenden Angaben. Dass die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers arabisch spricht und sich zum islamischen Glauben bekennt, ergibt sich aus den Angaben dieser Zeugin vor dem BVwG am 09.06.2021 und am 14.12.2018.
Dass der Erstbeschwerdeführer seine Ehefrau beim Haushalt, im Garten und bei Reparaturen im Haus unterstützt, basiert auf den übereinstimmenden Angaben des Erstbeschwerdeführers und seiner Ehefrau. Der Erstbeschwerdeführer hat in der Verhandlung am 09.06.2021 angegeben, keine Kinder zu haben.
Die Feststellungen, dass der Zweitbeschwerdeführer ledig ist und keine Kinder hat, wurden seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 09.06.2021 entnommen. Dass er im Herkunftsland die Schule von 2007 bis 2015 besucht hat, wurde seinen Angaben in der Verhandlung vom 14.12.2018 entnommen.
Die Feststellung zur Unbescholtenheit der Beschwerdeführer basiert auf einer Abfrage des Strafregisters vom 02.03.2021.
Dass beide Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung beziehen, basiert auf einer Anfrage dieser Daten vom 11.05.2021 und wurde von den Beschwerdeführern in der mündlichen Verhandlung bestätigt.
Der Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer ein Gewerbe angemeldet hat, wurde durch die Vorlage der Verständigung der Bezirkshauptmannschaft XXXX samt GISA Auszug belegt. Dass dieses Gewerbe ruhend gemeldet ist, ergibt sich aus den Angaben des Erstbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 09.06.2021 und werden durch die Abfrage der Daten des Hauptverbandes vom 11.05.2021 bestätigt. Daraus ergibt sich auch, dass der Erstbeschwerdeführer bei seiner Ehefrau mitversichert ist.
Dass der Zweitbeschwerdeführer bei einem Freund, der Malerarbeiten und das Verlegen diverser Bodenbelege anbietet, ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt ist, basiert auf den Angaben des Zweitbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2021 und wird durch eine Abfrage der Daten des Hauptverbandes vom 11.05.2021 bestätigt. Die Feststellungen zum Arbeitsanbot und der ehrenamtlichen Tätigkeit wurden den in der Verhandlung vorgelegten Bestätigungen entnommen.
Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen des Erstbeschwerdeführers wurden den dazu vorgelegten Unterlagen entnommen und basieren auf dem persönlichen Eindruck der Richterin im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Dies gilt auch für den Zweitbeschwerdeführer, wobei dieser in der Verhandlung vorbrachte, eine Sprachprüfung absolviert zu haben, eine Bestätigung dazu findet sich im Akt jedoch nicht.
Dass die Beschwerdeführer in Österreich keine tiefergehenden Freundschaften geschlossen haben, ergibt sich aus den vorgelegten vier Empfehlungsschreiben:
Zwei stammen von den Nachbarn, welche beide keine über eine Nachbarschaft hinausgehende Beziehung zu den Beschwerdeführern angeben, eine von einem Busfahrer, der die Beschwerdeführer nur von seiner Arbeit kennt und eine weitere von einer Frau aus XXXX , welche die Beschwerdeführer bei Familienbesuchen in Oberösterreich kennen gelernt haben. Darüberhinaus wurden keine weiteren den Beschwerdeführern nahestehenden Personen angegeben. Dass im Bundesgebiet ein Cousin und eine Cousine leben, haben die Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 09.06.2021 angegeben.
Auch haben die Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage keine Vereinstätigkeiten oder aktuellen ehrenamtlichen Tätigkeiten angeführt.
2.2. Zu den Fluchtgründen und Rückkehrgefährdung
Die Feststellungen zu den Anträgen auf internationalen Schutz wurden den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten entnommen.
Die Feststellung, dass – abgesehen von der Tatsache, dass der Erstbeschwerdeführer keinen neu entstandenen Sachverhalt vorbringt, seinem Vorbringen auch eines glaubwürdigen Kerns mangelt, wurde bereits von der belangten Behörde dargelegt. Auch die erkennende Richterin ist dieser Ansicht:
Zunächst war bereits das Vorbringen des Erstbeschswerdeführers, als Polizist gearbeitet zu haben, nicht glaubhaft. So erscheint es nicht schlüssig, warum der Erstbeschwerdeführer weder vor der belangten Behörde noch vor dem BVwG im Rahmen seines Verfahrens über den Erstantrag angegeben hat, als Polizist tätig gewesen zu sein. Seine Erklärung, dies nicht getan zu haben, weil er keine Beweise dafür gehabt habe, sind nicht überzeugend: Der Erstbeschwerdeführer hat in seinem ersten Verfahren mehrfach angegeben, als Tischler eine Ausbildung gemacht und gearbeitet zu haben, ohne diesbezüglich Beweise vorgelegt zu haben. Auch hat der Erstbeschwerdeführer als Fluchtgrund eine Verfolgung durch schiitischer Milizen aufgrund einer Anzeige vorgebracht, ohne dafür Unterlagen darlegen zu können. Dass der Erstbeschwerdeführer während seines gesamten ersten Verfahrens daher mit keinem Wort erwähnte, bis zur seiner Ausreise aus dem Irak mehrere Jahre als Polizist tätig gewesen zu sein, erscheint keinesfalls nachvollziehbar. Darüberhinaus ist auch aufgefallen, dass der Erstbeschwerdeführer auf Nachfrage seines Vertreters in der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2021, welchen Rang er bei der Polizei gehabt habe, dies nicht beantwortet hat, sondern auf seinen Ausweis verwies. Erst nachdem der Rechtsvertreter dem Erstbeschwerdeführer zwei Möglichkeiten darlegte, gab er an, Offizier gewesen zu sein.
Widersprüchlich war aber auch der Grund seiner Flucht. Vor der belangten Behörde machte der Erstbeschwerdeführer am 22.02.2019 geltend, dass die Milizen verlangt hätten, dass er seine Position als Polizist ausnütze und ihnen helfe, unschuldige Leute umzubringen und festzunehmen, er sich jedoch geweigert habe. In der mündlichen Verhandlung am 09.06.2021 gab er dann an, dass er Berichte über Milizen geschrieben habe und deshalb mit dem Tod bedroht worden sei.
Schließlich ist der belangten Behörde beizupflichten, dass der Erstbeschwerdeführer in der Einvernahme vom 22.02.2019 noch nicht einmal nachvollziehbar habe darlegen können, wofür er verurteilt worden wäre. Auffallend war auch, dass er im Rahmen dieser Einvernahme zunächst angab, von dem Urteil telefonisch erfahren zu haben, und weiter unten ausführt, dass er von einem bewaffneten Milizangehörigem von dem Urteil erfahren habe, welcher über Facebook mit ihm Kontakt aufgenommen habe. Aufgrund dieser Widersprüche und Unschlüssigkeiten weist das neue Fluchtvorbringen daher keinen glaubwürdigen Kern auf.
Der Zweitbeschwerdeführer machte geltend, in Österreich Drohungen erhalten zu haben. Dass dieses Vorbringen keinen glaubwürdigen Kern aufweist, hat die belangte Behörde ebenfalls dargelegt. Auch das BVwG kommt zu keinem anderen Ergebnis: So ist es keinesfalls nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer seinen Angaben zufolge auch in Österreich laufend Drohbriefe erhalten hat und diese in seinem Erstverfahren weder gegenüber der belangten Behörde noch gegenüber dem BVwG im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben hat. Auch auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2021, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 14.12.2018 aufgefordert wurde, seine Fluchtgründe allenfalls zu ergänzen und Beweismittel vorzulegen, und er dann wiederum lediglich eine Bedrohung im Irak geschildert hat, konnte der Zweitbeschwerdeführer im Rahmen der Verhandlung am 09.06.2021 nicht zufriedenstellend begründen. So führte er lediglich aus, die Drohungen nicht ernst gemeint zu haben.
In der Folge hat der Zweitbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 09.06.2021 sein Vorbringen noch weiter gesteigert: So hat er erstmals angegeben, dass er sogar persönlich in Wien bedroht wurde. Auf Nachfrage, warum er davon vor der belangten Behörde nichts angegeben habe, führt er aus, dass sie ihn dann gefunden hätten.
Es ist dem Zweitbeschwerdeführer daher aufgrund der Widersprüche und Ungereimtheiten ebenfalls nicht gelungen, glaubhaft zu machen, tatsächlich in Österreich bedroht worden zu sein.
Hinweise auf eine Verschlechterung der Lage im Zusammenhang mit der Sicherung der Grundbedürfnisse der Beschwerdeführer haben sich im Verfahren nicht ergeben und wurde kein dahingehendes Vorbringen erstattet. Weiters führt auch dem aktuellen EASO Country Guidance Iraq zufolge die bloße Tatsache, dass eine Person ein sunnitischer Araber ist, nicht automatisch zu einer begründeten Furcht vor Verfolgung. Auch dahingehend ist somit keine maßgebliche Änderung eingetreten.
Im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie ist darauf hinzuweisen, dass auch diesbezüglich keine relevante Änderung der Lage im Herkunftsstaat für die jungen und gesunden Beschwerdeführer ersichtlich ist.
2.3. Zu den Länderfeststellungen
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation und den angeführten EASO Berichten.
Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben.
Diese Länderberichte wurden den Beschwerdeführern zur Akteneinsicht angeboten und im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert. In der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsvertreter angeführt, dass diese Feststellungen nicht der derzeitigen Situation im Irak entsprechen würden. Diese habe sich mit dem Sturz des Ministerpräsidenten geändert und seien mit dem neuen Ministerpräsidenten die schiitischen radikalen Milizen an die Macht gekommen. Dazu ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen nicht den Feststellungen widerspricht, zumal im EASO Country Guidance Iraq vom Jänner 2021 dazu Feststellungen getroffen wurden.
Weiters wurde ein Artikel der Presse vom 07.06.2021 vorgelegt, in welchem ausgeführt wird, dass Aktivisten und Journalisten, die zuvor öffentlich die Allmacht religiöser Parteien und schiitischer Milizen angeprangert haben, bedroht oder ermordet werden würden. Auch damit wird kein den Feststellungen widersprechender Sachverhalt dargelegt, zumal auch im EASO Country Guidance Iraq von Januar 2021 dargelegt wurde, dass es zu Übergriffen auf Journalisten und Aktivisten gekommen ist. Zumal die Beschwerdeführer weder Aktivisten noch Journalisten sind, waren diesbezügliche Feststellungen entbehrlich.
Wenn weiters auf einen nicht näher bezeichneten Bericht des UNHCR vom Juni 2021 hingewiesen wurde, so ergab eine Recherche im ecoi.net im Rahmen der mündlichen Verhandlung keinen Treffer und auch der Vertreter der Beschwerdeführer konnte dazu keine näheren Angaben machen. Zumal in der Ladung vom 24.03.2021 bereits darauf hingewiesen wurde, dass beabsichtigt werde, das Ermittlungsverfahren nach Durchführung der Verhandlung zu schließen und daher allfällige Beweismittel vorzulegen sind, wurde die Einholung länderfachkundlicher Informationen der Staatendokumentation und beim UNHCR nicht stattgegeben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkte I. und II.
3.1. Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide):
Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.
Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (vgl. VwGH 24.05.2016, Ra 2016/03/0050). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht Anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. VwGH 27.09.2000, 98/12/0057; 24.11.2010, 2010/10/0231; vgl. auch Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG).
Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25.09.2019, Ro 2019/09/0006; 09.08.2018, Ra 2018/22/0078; 19.01.2016, Ra 2015/01/0070). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerseits den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/07/0353; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I., 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG).
Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).
Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (vgl. VwGH vom 13.11.2014, Ra 2014/18/0025).
Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.
Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der „Berufung“ nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, dh eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, der Bescheid der belangten Behörde zum vorangegangenen Asylverfahren ist in formelle Rechtskraft erwachsen.
Die belangte Behörde hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an, dass die Angaben der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren nicht dazu geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann. Zum einen bezieht sich das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers - als Polizist in Abwesenheit aufgrund seiner Flucht verurteilt worden zu sein - auf Umstände, die diesem bereits in seinem ersten Asylverfahren bekannt waren, weshalb schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vorliegt. Andererseits wies das Vorbringen auch keinen glaubhaften Kern auf, dies wurde auch bereits unter Punkt 2.2. näher ausgeführt. Auch das Vorbringen des Zweitbeschwerdeführers, nunmehr in Österreich von Milizen Drohungen erhalten zu haben, wies keinen glaubhaften Kern auf, wie ebenfalls unter Punkt 2.2. dargelegt wurde. Wenn der Zweitbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung erstmals angibt, Demonstrationen in Österreich „mitorganisiert“ zu haben, so war dieses Vorbringen unbeachtlich, zumal die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrages auf Grund geänderten Sachverhalts nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen hat (vgl. VwGH 02.05.2019, Ra 2018/20/0515).
Da somit insgesamt weder in der maßgeblichen Sachlage und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden konnte.
Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war daher rechtmäßig, weshalb die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen ist.
3.2. Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache:
Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041).
Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung der Beschwerdeführer in den Irak zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und sie bei einer Rückkehr in eine Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihnen jedwede Lebensgrundlage fehlen würde. Auch hier ergaben sich keine Sachverhaltsänderungen.
Die Beschwerdeführer sind wie bereits im vorangegangen Asylverfahren auch, gesund und arbeitsfähig. Der Erstbeschwerdeführer weist eine neunjährige Schulausbildung und Berufserfahrung als Tischler auf. Der Zweitbeschwerdeführer eine mehrjährige Schulbildung und Berufserfahrung in Österreich.
Auch wenn sie eine geraume Zeit außerhalb seines Herkunftsstaates verbracht haben, sind sie mit den Traditionen und der Kultur weiterhin vertraut und kann auch durch mehrjährige Abwesenheit bei einem erwachsenen Mann nicht von einer solchen Entwurzelung von seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen und hauptsozialisiert wurde, gesprochen werden, dass er sich bei einer Rückkehr überhaupt nicht zurechtfinden würde.
Es ergeben sich aus den Länderfeststellungen zum Irak auch keine Gründe, um davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsbürger einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass kein Rückführungshindernis im Lichte der Art. 2 und 3 EMRK feststellbar ist. Aufgrund der Länderberichte ergibt sich, dass sich die Sicherheitslage im Herkunftsstaat, welche den Beschwerdeführer individuell und konkret betreffen würde, seit der Entscheidung im vorangegangenen Asylverfahren nicht wesentlich geändert hat. Auch im Hinblick auf die gegenwärtige COVID-19-Pandemie sind keine exzeptionellen Umstände erkennbar, welche auf eine besondere Gefährdung des Beschwerdeführers hindeuten.
In Bezug auf eine etwaige Rückkehrgefährdung im Sinne einer realen Gefahr einer Verletzung der in Art. 2 und 3 EMRK verankerten Rechte der Beschwerdeführer war daher ebenso keine Änderung erkennbar.
Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache war daher auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtmäßig.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt II. erster Satz der angefochtenen Bescheide)
Indizien dafür, dass die Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht haben, bei dem ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt der Beschwerdeführer seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch sind die Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II zweiter Satz. der angefochtenen Bescheide):
Auch die inhaltliche Prüfung der Frage, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären war, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
Die Beschwerdeführer halten sich seit ihrer illegalen Einreise im Oktober 2015 etwa fünf Jahre und acht Monate in Österreich auf. Die Aufenthaltsdauer für sich stellt lediglich eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar und das persönliche Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zu. Daneben ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (VwGH 12.11.2019, Ra 2019/20/0422).
Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführer von über fünf Jahren auf dem Umstand gründet, dass sie bereits zwei letztlich unbegründete Asylanträge gestellt haben (vgl. dazu VwGH 20.07.2016, Ra 2016/22/0039).
Der Erstbeschwerdeführer verfügt nur über einfachste Grundkenntnisse der deutschen Sprache, ist in keinem Verein aktiv und verfügt mit Ausnahme seiner österreichischen Ehefrau über keine maßgeblichen sozialen Bindungen. Zwar ist der Erstbeschwerdeführer im Besitz einer Gewerbeberechtigung, diese ist jedoch ruhend gemeldet und erzielte er daraus keine Einkünfte, sondern lebte zunächst von der Grundversorgung und nunmehr von der finanziellen Unterstützung seiner Ehefrau. Eine berufliche Integration ist dem Erstbeschwerdeführer daher nicht gelungen.
Der Erstbeschwerdeführer ist seit 26.03.2019 mit Frau XXXX A-W, einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Sie haben zu einem Zeitpunkt geheiratet, als der erste Asylantrag des Erstbeschwerdeführers bereits rechtskräftig abgewiesen wurde. Auch hat Frau XXXX A-W auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass ihr im Zeitpunkt des Kennenlernens des Erstbeschwerdeführers im Juli 2017 dessen unsichere Aufenthalt bewusst war.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Trennung von Ehepartnern jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (Hinweis E 11. November 2013, 2013/22/0224; E 7. Mai 2014, 2012/22/0084) oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den „Familiennachzug“ (vgl. etwa zuletzt VwGH vom 31.03.2021, Ra 2020/22/0030).
Diesbezüglich stellt sich daher die Frage, ob es zu einer dauernden bzw. längerfristigen Trennung des nicht vorbestraften Erstbeschwerdeführers von seiner Ehefrau käme bzw. ob die Möglichkeit, vom Irak aus eine Familienzusammenführung nach § 47 NAG zu beantragen, eine realistische Alternative darstellt (VwGH, 19.12.2019, Ra 2019/21/0282).
Zunächst erscheint die Möglichkeit, dass Frau XXXX A-W mit dem Erstbeschwerdeführer in den Irak geht, nicht ausgeschlossen. XXXX A-W hat ägyptische Wurzeln und spricht deshalb muttersprachlich arabisch und gehört dem islamischen Glauben an. Außerdem sind ihre beiden Kinder bereits erwachsen und wohnen auch nicht mehr mit ihr in einem gemeinsamen Haushalt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung gab der Erstbeschwerdeführer als Hinderungsgrund an, dass seine Ehefrau ebenfalls von Milizen verfolgt werden würde. Seine Ehefrau gab diesbezüglich an, dass sie sich Sorgen um den Erstbeschwerdeführer machen würde, da er als geflüchteter Polizist keine Chance hätte, dort zu leben. Damit beziehen sich beide auf das als nicht glaubhaft gewertete Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers. Weitere Hinderungsgrunde für einen gemeinsamen Umzug in den Irak wurden nicht geltend gemacht.
Darüberhinaus ist auch davon auszugehen, dass eine Antragstellung nach § 21 NAG erfolgreich wäre.
Während der Entscheidung des VwGH vom 19.12.2019, Ra 2019/21/0282, zugrunde lag, dass aufgrund der finanziellen Schwierigkeiten der zusammenführenden Person von keiner Möglichkeit eines Familiennachzugs und damit von einer dauerhaften Trennung ausgegangen worden war, ist im vorliegenden Fall dagegen davon auszugehen, dass ein Verfahren über einen Erstantrag des Erstbeschwerdeführers auf einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zeitnah einer wahrscheinlich positiven Erledigung zugeführt werden könnte.
Grundsätzlich ist gemäß § 21 Abs. 1 NAG der Erstantrag auf einen Aufenthaltstitel vor Einreise persönlich bei der für den Wohnsitz zuständigen österreichischen Vertretungsbehörde (Botschaft oder Generalkonsulat) zu stellen und die Entscheidung im Ausland abzuwarten. Familienangehörige müssen gemäß § 21a NAG iVm § 9b NAG-Durchführungsverordnung bei der erstmaligen Beantragung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ Deutschkenntnisse auf A1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen nachweisen;
Der Erstbeschwerdeführer hat bereits zumindest einen Deutschkurs A1 besucht. Daneben müssen gemäß § 11 Abs. 2 NAG ausreichende Existenzmittel, einen Krankenversicherungsschutz und eine ortsübliche Unterkunft nachgewiesen werden. Diese Voraussetzungen scheinen im Fall des Erstbeschwerdeführers, der von seiner Ehefrau unterstützt wird, gegeben zu sein. Weiters darf auch kein aufrechtes Einreiseverbot vorliegen. Dieses war aber ohnehin zu beheben (siehe dazu unter Punkt 3.5.).
Nach § 11 Abs. 1 Z 3 NAG dürfen einem Fremden Aufenthaltstitel nicht erteilt werden, wenn gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 NAG eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist; es liegt an dem Erstbeschwerdeführer diesmal seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen.
Die Österreichische Botschaft in Amann ist für die Beantragung eines Aufenthaltstitels auch für irakische Staatsbürger zuständig. Für die nötige Terminvereinbarung steht ein online-Terminvereinbarungssystem zur Verfügung (https://www.bmeia.gv.at/oeb-amman/reisen-nach-oesterreich/einreise-und-aufenthalt/wie-stelle-ich-einen-antrag/).
Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass es durch die Rückkehrentscheidung nicht zu einer dauerhaften Trennung des Ehepaares kommen würde.
Der erwachsene Zweitbeschwerdeführer hat außer seinem Bruder, dem Erstbeschwerdeführer, keine engen Familienangehörigen in Österreich. Da auch hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers die Rückkehrentscheidung bestätigt wird, liegt jedenfalls kein Eingriff in das Familienleben des Zweitbeschwerdeführers vor. Dass er über weitere Verwandte (Cousins und Cousine) im Bundesgebiet verfügt, ist im Rahmen des Privatlebens zu berücksichtigen.
Im gegenständlichen Fall liegen keine Hinweise vor, dass der Zweitbeschwerdeführer während seines rund sechsjährigen Aufenthaltes in Österreich einen derart maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. So lässt das Bundesverwaltungsgericht nicht unberücksichtigt, dass der Beschwerdeführer durchaus einige Schritte zur Integration setzte. So hat er ein Sprachkurs auf Niveau B1 besucht und war im Jahr 2019 ehrenamtlich tätig. Allerdings sind diese Umstände für sich alleine nicht geeignet, um eine Integration von derart maßgeblicher Intensität zu begründen, die für sich gesehen die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung bewirken.
Auch das vom Zweitbeschwerdeführer im Beschwerdeverfahren vorgelegte Anbot über eine Anstellung vom 10.05.2021 verleiht seinen persönlichen Interessen kein entscheidendes Gewicht, zumal sich ganz allgemein aus Einstellungszusagen keine Garantie auf eine (Weiter)Beschäftigung ableiten lässt (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.10.2011, Zl. 2011/22/0065, mwN).
Hinzu kommt, dass der Zweitbeschwerdeführer für einen Freund gegen Entgelt „schwarz“ arbeitet, ohne über eine Beschäftigungsbewilligung verfügt zu haben und ohne bei der Sozialversicherung angemeldet gewesen zu sein. Aufgrund der gravierenden Folgen für den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft besteht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit.
Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit verstärkt die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer nicht entscheidend (vgl. VwGH vom 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029).
Bei den beiden Beschwerdeführern sind aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; 30.06.2016, Ra 2016/21/0076).
Im gegenständlichen Fall ist dahingehend keine besondere Vulnerabilität der Beschwerdeführer hervorgekommen, zumal es sich bei den Beschwerdeführern um volljährige, gesunde und arbeitsfähige junge Männer mit familiären Anbindungen in der Heimatstadt Bagdad handelt.
Dementgegen kann auch nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen der Beschwerdeführer zu ihrem Herkunftsstaat ausgegangen werden, zumal sie dort den überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht haben und dort hauptsozialisiert wurden, sie nach wie vor die Muttersprache sprechen und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der Kultur ihres Herkunftsstaates vertraut sind. Somit kann im gegenständlichen Fall von einer vollkommenen Entwurzelung der Beschwerdeführer im Heimatstaat nicht ausgegangen werden.
Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zuungunsten der privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführer und zugunsten des öffentlichen Interesses an ihrer Außerlandesschaffung aus.
Es waren daher die Beschwerden auch gegen Spruchpunkt II., zweiter Satz der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zum Ausspruch, dass eine Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt II. letzter Satz der angefochtenen Bescheide):
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.
Dafür, dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. zur „Schwelle“ des Art. 3 EMRK etwa VwGH 25.09.2019, Ra 2018/19/0585), gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Die Beschwerdeführer sind volljährig, gesund und arbeitsfähig. Im Falle der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat sollten sie durch die Aufnahme einer entsprechenden Beschäftigung zum Verdienst ihres Lebensunterhaltes, imstande sein und liegt auch keine vollkommene Entwurzelung der Beschwerdeführer vor, zumal sie auch mit Unterstützung ihrer nach wie vor in Bagdad lebenden Angehörigen rechnen werden können.
Damit sind die Beschwerdeführer durch die Außerlandesschaffung in den Irak nicht in ihrem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass die Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber ihrer Situation im Irak bessergestellt sind, genügt für die Annahme, sie würden im Irak keine Lebensgrundlage vorfinden und somit ihre Existenz nicht decken können, nicht. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Außerdem besteht ganz allgemein im Irak derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protoko