Entscheidungsdatum
12.07.2021Norm
AVG §13 Abs7Spruch
W134 2243480-1/4E
W134 2243480-2/16E
W134 2243480-3/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas GRUBER im Vergabeverfahren „Rahmenvereinbarung Reinigungsdienstleistungen Austria Center Vienna“ der Auftraggeberin Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien AG, Bruno-Kreisky-Platz 1, 1220 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien, aufgrund der Anträge der XXXX vertreten durch Frieders Tassul & Partner Rechtsanwälte, Stadiongasse 6-8, 1010 Wien, vom 16.06.2021, folgende Beschlüsse:
A)
I. Aufgrund der Zurückziehung des Antrags „das BVwG möge durch einstweilige Verfügung der Auftraggeberin Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien, Aktiengesellschaft bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den gegenständlichen Nachprüfungsantrag untersagen, das Vergabeverfahren „Reinigungsdienstleistungen Austria Center Vienna“ über den Abschluss eines Rahmenvertrages über Service-, Reinigungs- und Desinfektionsdienstleistungen für die Auftraggeberin im Austria Center Vienna am Standort Bruno-Kreisky-Platz 1, 1220 Wien fortzusetzen, insbesondere den Zuschlag im Vergabeverfahren zu erteilen bzw. die Rahmenvereinbarung abzuschließen“ wird das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
II. Aufgrund der Zurückziehung des Antrags das Bundesverwaltungsgericht möge „die angefochtene gesondert anfechtbare Entscheidung vom 11.06.2021 für nichtig zu erklären“ wird das Nachprüfungsverfahren gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
III. Dem Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren wird gemäß § 341 BVergG 2018 stattgegeben.
Die Auftraggeberin ist verpflichtet, der Antragstellerin die für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichtete Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 4.860,-- sowie die für den Nachprüfungsantrag entrichtete Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 9.720,--, insgesamt somit EUR 14.580,--, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses zu Handen ihres Rechtsvertreters zu ersetzen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom 16.06.2021, beim BVwG eingebracht am gleichen Tag, begehrte die Antragstellerin die angefochtene gesondert anfechtbare Entscheidung vom 11.06.2021 für nichtig zu erklären, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht, die Erlassung der im Spruch genannten einstweiligen Verfügung und den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberin.
2. Die Antragstellerin entrichtete an Pauschalgebühren insgesamt EUR 14.580,--
3. Mit Schriftsatz vom 23.06.2020 teilte die Auftraggeberin den Bietern mit die Zuschlagsentscheidung vom 11.06.2021 zurückzunehmen.
4. Mit Schriftsätzen vom 23.06.2021 und 09.07.2021 gab die Antragstellerin bekannt, dass sie im gegenständlichen Vergabeverfahren den Antrag auf Nachprüfung und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückziehe.
Das Kostenersatzbegehren blieb ausdrücklich aufrecht.
5. Es fand vor Antragsrückziehung keine mündliche Verhandlung statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 29.04.2015 (Fr 2014/20/0047-11) die §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG dahingehend ausgelegt, dass eine Einstellung von Verfahren nach Rückziehung einer Beschwerde (hier: Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Nachprüfungsantrag) nicht formlos durch Aktenvermerk erfolgen kann, sondern durch gesonderten, verfahrensbeendenden Beschluss zu erledigen ist.
Zu Spruchpunkt A I.) Erlassung einer einstweiligen Verfügung:
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 09.07.2021, vor Durchführung der mündlichen Verhandlung den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückgezogen.
Das Verfahren ist somit beendet.
Zu A II.) Antrag auf Nichtigerklärung der gesondert anfechtbaren Entscheidung vom 11.06.2021:
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 23.06.2021, vor Durchführung der mündlichen Verhandlung den verfahrensgegenständlichen Nachprüfungsantrag zurückgezogen.
Das Verfahren ist somit beendet.
Zu Spruchpunkt A III.) - Gebührenersatz:
Gemäß § 340 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018 hat der Antragsteller für Anträge gemäß den §§ 342 Abs. 1, 350 Abs. 1 und 353 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten, welche gemäß den von der Bundesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten ist (siehe BVwG-PauschGebV Vergabe).
Gemäß § 341 Abs. 1 BVergG 2018 hat der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 BVergG 2018 entrichteten Gebühren durch den Antragsgegner. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Gebührenersatz, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung besteht nur dann, wenn (1) dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird oder wenn der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und (2) dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wurde bzw. im Falle der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder im Falle der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre. Über den Gebührenersatz hat gemäß § 341 Abs. 3 BVergG 2018 das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht.
Die Antragstellerin hat die Pauschalgebühren für den gegenständlichen Nachprüfungsantrag sowie den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 340 Abs. 1 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 in der Gesamthöhe von € 14.580,00 (€ 12.960,- für einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich mit einem geschätzten Auftragswert von über € 4.420.000,--, davon 75 % (vor Anberaumung einer mündlichen Verhandlung) entsprechen € 9.720,00 zuzüglich die Hälfte davon für den Antrag auf Erlassung der eV) entrichtet.
Die Auftraggeberin hat die bekämpfte gesondert anfechtbare Entscheidung (in concreto: Zuschlagsentscheidung vom 11.06.2021) zurückgenommen.
Die Materialien zum neuen § 341 BVergG (siehe EBRV 69 XXVI. GP 195 f) lauten auszugsweise:
„Die Regelung über den Gebührenersatz übernimmt grundsätzlich die Inhalte des § 319 BVergG 2006 und wird um eine Klarstellung ergänzt. § 341 überträgt wie bisher dem BVwG die Kompetenz, über den Ersatz der Gebühren zu entscheiden. Es wird ausdrücklich geregelt, dass ein Gebührenersatz auch dann zu erfolgen hat, wenn der Antragsteller während eines anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber die bekämpfte Entscheidung beseitigt.“
Die Auftraggeberin hat im gegenständlichen Vergabeverfahren die bekämpfte Entscheidung insofern „beseitigt“, als sie die Zurücknahme der Zuschlagsentscheidung vom 11.06.2021 bekanntgegeben hat. Aufgrund des klaren Wortlauts steht daher der Antragstellerin der Ersatz der Pauschalgebühren zu.
Wird ein Antrag vor Durchführung der mündlichen Verhandlung oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, vor Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 75 % der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß § 340 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 reduzierten Gebühr zu entrichten. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuerstatten.
Gemäß § 340 Abs 1 Z 1, 7 und 8 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 war demnach für den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 14.580,-- (= 75 % von 19.440,--) zu entrichten.
Zu Spruchpunkt B) - Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch ist die Rechtslage eindeutig und es sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.
Schlagworte
Antragszurückziehung Beschwerdeverzicht Beschwerdezurückziehung Dienstleistungsauftrag Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens einstweilige Verfügung Provisorialverfahren Rahmenvereinbarung Verfahrenseinstellung Vergabeverfahren Widerruf Zurückziehung Zurückziehung Antrag Zurückziehung der Beschwerde ZuschlagserteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W134.2243480.1.00Im RIS seit
25.10.2021Zuletzt aktualisiert am
25.10.2021