Entscheidungsdatum
27.07.2021Norm
AsylG 2005 §13Spruch
I401 2212613-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Tirol, vom 21.06.2021, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 13.02.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 07.12.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Die gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde ist beim Bundesverwaltungsgericht anhängig.
Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 12.01.2021 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB und wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 2 StGB zu einer teilweise bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt. Der vom Beschwerdeführer gegen dieses Urteil eingebrachten Berufung gab das Oberlandesgericht Innsbruck mit rechtskräftigem Urteil vom 02.06.2021 nicht Folge.
Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 21.06.2021 stellte das Bundesamt fest, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 02.06.2021 verloren habe.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde vom 16.07.2021,
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen und Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des Bundesamtes und blieb vom Beschwerdeführer unbestritten.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A):
§ 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, lautet:
„Aufenthaltsrecht
§ 13. (1) Ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, ist bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes (Abs. 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt.
(2) Ein Asylwerber verliert sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn
1. dieser straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3),
2. gegen den Asylwerber wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist,
3. gegen den Asylwerber Untersuchungshaft verhängt wurde (§§ 173 ff StPO, BGBl. Nr. 631/1975) oder
4. der Asylwerber bei der Begehung eines Verbrechens (§ 17 StGB) auf frischer Tat betreten worden ist.
Der Verlust des Aufenthaltsrechtes ist dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Wird ein Asylwerber in den Fällen der Z 2 bis 4 freigesprochen, tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück (§§ 198 ff StPO) oder wird das Strafverfahren eingestellt, lebt sein Aufenthaltsrecht rückwirkend mit dem Tage des Verlustes wieder auf.
(3) Hat ein Asylwerber sein Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Abs. 2 verloren, kommt ihm faktischer Abschiebeschutz (§ 12) zu.
(4) Das Bundesamt hat im verfahrensabschließenden Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechtes eines Asylwerbers abzusprechen.“
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 10.09.2020, Ro 2019/20/0006, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.09.2019, W249 2176070-3/2E, auf die der Beschwerdeführer seine gegenständliche Beschwerde stützte, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Er vertritt - wie auch im Beschluss vom 16.10.2020, Ro 2020/20/0002, - folgende Rechtsansicht:
„17 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Verlust des Aufenthaltsrechts in den in § 13 Abs. 2 AsylG 2005 genannten Fällen ex lege eintritt (vgl. VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0018). Der Verlust des Aufenthaltsrechts ist nach dem zweiten Satz des Abs. 2 dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung mitzuteilen. Das BFA hat gemäß § 13 Abs. 4 AsylG 2005 über den Verlust des Aufenthaltsrechts dann im verfahrensabschließenden Bescheid (deklarativ) abzusprechen. Nach den Materialien soll damit ein etwaiges Rechtschutzdefizit vermieden werden (vgl. RV 1803 BlgNR 24. GP 40). Die genannte Bestimmung, wonach erst im verfahrensabschließenden Bescheid (mit eigenem Spruchpunkt) der Verlust des Aufenthaltsrechts ausdrücklich auszusprechen ist, dient erkennbar aber auch dem verfahrensökonomischen Zweck, dass kein gesonderter „Vorab-Bescheid“ darüber ergeht (vgl. in diesem Sinn zu vergleichbaren Anordnungen des § 21 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz: VwGH 18.2.2010, 2010/22/0009; zu § 4 Abs. 2 Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005: VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0314).
18 Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Gesetzgeber mit der angeordneten Vorgangsweise, den Ausspruch über den Verlust des Aufenthaltsrechts in den verfahrensabschließenden Bescheid zu integrieren, den Fall vor Augen hatte, dass der Verlust des Aufenthaltsrechts während des laufenden behördlichen Verfahrens eintritt.
19 Weiters ist zu beachten, dass sich schon aus dem Gesetzestext ergibt, dass der Ausspruch gemäß § 13 Abs. 4 AsylG 2005 über den Verlust des Aufenthaltsrechts von den anderen Aussprüchen im Zusammenhang mit dem Antrag auf internationalen Schutz rechtlich trennbar ist und mit diesen auch in keinem inneren Zusammenhang steht (vgl. zum spezifischen rechtlichen Zusammenhang von Aussprüchen in Ansehung eines Antrags auf internationalen Schutz aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 28.1.2020, Ra 2019/20/0404, mwN).
20 Unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks, vor dem Hintergrund dessen, dass es sich bei dem Ausspruch über den Verlust des Aufenthaltsrechts gemäß § 13 Abs. 4 AsylG 2005 um einen rechtlich eigenständigen Ausspruch handelt, und letztlich auch aufgrund der gegebenen Sachnähe des BFA, kann die Regelung des § 13 Abs. 4 AsylG 2005 nur so verstanden werden, dass bei der hier vorliegenden Konstellation, in der ein verfahrensabschließender Bescheid bereits erlassen wurde und erst während des Beschwerdeverfahrens ein Tatbestand verwirklicht wird, der ex lege zum Verlust des Aufenthaltsrechts des Asylwerbers führt, das BFA mit gesondertem Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechts (deklarativ) abzusprechen hat.
21 Ausgehend vom Gesetzeswortlaut besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber für die hier vorliegende Konstellation eine Zuständigkeit des BVwG zum originären Abspruch über den Verlust des Aufenthaltsrechts festlegen wollte (vgl. im Übrigen die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach die Gesetzgebung zu einer präzisen Regelung der sachlichen Zuständigkeit einer Behörde verpflichtet ist, etwa VfGH 12.3.2015, G 151/2014, ua).
Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 12.01.2021 wegen mehrerer Vergehen nach dem StGB zu einer Geldstrafe in bestimmter Höhe verurteilt. Mit rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 02.06.2021 wurde der von ihm erhobenen Berufung nicht Folge gegeben. Auch wenn über die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 07.12.2018 betreffend die (Nicht-) Gewährung internationalen Schutzes noch keine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erlassen wurde, hat das Bundesamt infolge der rechtskräftigen Verurteilung mit gesondertem Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechts (deklarativ) abzusprechen.
Da der Beschwerdeführer aufgrund der Straffälligkeit im Sinn des § 2 Abs. 3 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 13 Abs. 2 Z 2 AsylG ex-lege mit 02.06.2021 verloren hat, erfolgte der Ausspruch des Bundesamtes über den Verlust des Aufenthaltsrechts zu Recht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 13 Abs 2 Z 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.
Da eine vom Verwaltungsgerichtshof bereits beurteilte Rechtsfrage zu klären war, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden.
Zu Spruchpunkt B) - (Un-) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im gegenständlichen Fall fehlt es nicht an einer Rechtsprechung (s. die oben zitierten Entscheidungen. Die gegenständliche Entscheidung weicht von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
Schlagworte
Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsrecht Körperverletzung schwere Straftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Straftat Vergehen VerlusttatbeständeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I401.2212613.2.00Im RIS seit
25.10.2021Zuletzt aktualisiert am
25.10.2021