Entscheidungsdatum
09.09.2021Norm
BBG §40Spruch
W200 2242052-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Nemetschke Huber Koloseus RAE, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (SMS) vom 10.03.2021, Zl. 53575024000053, konkret gegen die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen als der Spruch zu lauten hat:
Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 11.11.2020 wird abgewiesen. Der Grad der Behinderung beträgt 40%.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Vorverfahren:
Der Beschwerdeführer ab 2015 war im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50%. Dieser Gesamtgrad der Behinderung resultierte aus
1. Teilamputation linke Hand (40%),
2. vorbekannte depressive Störung – aggraviert durch Trauma am 31.12.2013 (30%),
3. annähernd normales Hörvermögen rechts und hochgradige bis an Taubheit grenzende kombinierte Schwerhörigkeit links (20%).
Im Jahr 2017 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, der mit Bescheid vom 30.10.2017 mangels Vorliegen der Voraussetzungen (Gesamtgrad der Behinderung von 40%) abgewiesen wurde.
Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 04.09.2018 nach Einholung eines Gutachtens einer Fachärztin für Unfallchirurgie, MSc. Orthopädie, und Ärztin für Allgemeinmedizin abgewiesen. (Teilamputation linke Hand (40%), annähernd normales Hörvermögen rechts und hochgradige bis an Taubheit grenzende kombinierte Schwerhörigkeit links (20%). Das vorherige Leiden 2 entfiel wegen Stabilisierung.)
Gegenständliches Verfahren:
Der Beschwerdeführer stellte am 11.11.2020 neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses unter Anschluss eines Konvolutes von medizinischen (unfallchirurgischen, plastisch und rekonstruktiv-chirurgischen, chirurgischen, radiologischen, HNO-fachärztlichen) Unterlagen sowie zweier unfallchirurgischer fachärztlicher Gutachten über Ersuchen einer Unfallversicherungsanstalt aufgrund zweier verschiedener Sportunfälle.
Das vom Sozialministeriumservice eingeholte Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.01.2021 ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 von 100 und gestaltete sich wie folgt.
„Anamnese:
(…)
Zwischenanamnese seit 2018:
2/2019 ASK beide Kniegelenke Re-Ask bds Kniegelenke 21.9.2020
Derzeitige Beschwerden:
„Ich bin Linkshänder und kann nicht mehr alles machen, kann links keine Krücke verwenden, langes Schreiben führt zu Schmerzen in der linken Hand. Druck auf die Platte verursacht Schmerzen. Viele Sportarten sind nicht möglich. Schmerzen habe ich im linken Kniegelenk und im linken Sprunggelenk. Muss immer wieder aufstehen, bin auf Hilfe angewiesen. Derzeit habe ich Physiotherapie. Die Arthroskopie hat keine wesentliche Besserung gebracht. Hergekommen bin ich mit dem Auto, bin selber gefahren."
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Medikamente: bei Bedarf Parkemed oder Mexalen
Allergie:0
Nikotin:0
Hilfsmittel: eine Unterarmstützkrücke
Laufende Therapie bei Hausarzt XXXX , amb. Physiotherapie, keine regelmäßige orthopädische Therapie, bei Bed. Dr. XXXX , FA für Orthopädie
Sozialanamnese:
verheiratet, 1 Sohn (3a), lebt in Wohnung im 8. Stwk mit Lift selbs. Ofenbauer, Kaminbauer
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Befundbericht für Bundessozialamt 05.11.2020 (Zn Re-Ask bde KG 21.9.2020 Zn Sturz bde KG beim Joggen Mitte Mai dJ, Op bds 21.9. mit bds! MMHH-TM + KnorpelShaving+Denerv bds med PatPo)
MRT beide Kniegelenke 04.07.2020 (Rechtes Kniegelenk: Reruptur des Hinterhorns des medialen Meniskus Grad 11 Chondropathie
Links: Massive Distorsionszeichen des vorderen Kreuzbandes mit Teilruptur des hinteren Zügels ursprungsnahe. Beginnende Grad III LäsionTeilruptur des Hinterhorns des medialen Meniskus. .cm große Bakerzyste.)
Röntgen beide Kniegelenke 22.06.2020 (Diskrete Varusbelastung beidseits mit minimal verplumpter Eminentia intercondylaris, im Übrigen altersentsprechend unauffälliger Befund beider Kniegelenke. Kleine Bakerzyste loco typico, im Übrigen sonographisch unauffälliger Befund des Kniegelenkes, kein Hinweis auf signifikanten Gelenkserguss.)
Hörmessung 22.1.2020 (An Taubheit grenzende Schwerhörigkeit links, Normalhörigkeit rechts)
Medizinischer Universitätscampus Univ. Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie 20.2.2019 (Meniskusriss, akut)
MRT des linken Sprunggelenkes 09.11.2017 (Deutliche Signalalteration an der medialen und mittleren Wurzel des Extensorenretinakulums mit Faserdiskontinuität, wie bei ausgedehnter Teilruptur- begleitendes perifokales Markraumödem im Bereich des Musculus extensor digitorum brevis und der angrenzenden Cutis und Subcutis. 2. Länglich konfigurierte, in erster Linie posttraumatische Ganglionzyste mit einem axialen Durchmesser von 2,8 - sagittal von 1 und craniocaudal von 1,3 cm - ausgehend vom Sinus tarsi mit geringer lokoregionärer Raumforderung.)
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut, 33a; Ernährungszustand: gut; Größe: 190,00 cm Gewicht: 98,00 kg
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, sichtbare Schleimhautpartien unauffällig, Pupillen rund, isocor. Halsvenen nicht gestaut.
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, VA. HAT rein, rhythmisch. Keine Dyspnoe, keine Zyanose. Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Linkshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, Muskelverhältnisse: ggr. Verschmächtigung links.
Hand links: multiple Narben, Narbe in der Mittelhand dorsal über dem 4. und 5. Strahl. Mittelhandverschmälerung mit Teilresektion des 5. Mittelhandknochens Linker Ringfinger: Stumpf von 4-5 cm, Zustand nach Transplantation der erhaltenen proximalen Phalanx des linken Kleinfingers zum Ringfingerstumpf, eine Prothese für den Ring-, Kleinfinger links wird getragen.
Opponensfunktion Daumen/ Zeigefinger, Daumen/Mittelfinger kraftvoll möglich, Daumen/ Ringfingerstumpf fast möglich. Funktion von Daumen, Zeigefinger u. Mittelfinger bis auf diskretes Streckdefizit des linken Mittelfingers links ungestört, Faustschluss von Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger möglich.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird im Narbenbereich als gestört angegeben.
Schulter beidseits: äußerlich unauffällig
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern frei, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke frei, Daumen und Langfinger 2 u. 3 links und 2-5 rechts seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen möglich, Zehenballenstand und Fersenstand beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand wird nicht vorgeführt. Hocken ist ansatzweise möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Seitengleich gut entwickelte Muskelverhältnisse.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Kniegelenke bds: äußerlich unauffällig, unauffällig konturiert, keine Überwärmung, kein Erguss, Druckschmerz über der Patellaspitze bds, Beugeschmerzen und Beugehemmung, stabil.
Sprunggelenke bds: unauffällig
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit:
Hüften S 0/90, IR/AR 10/0/30, Knie aktiv: 0/0/80, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich. Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Kein Hartspann. Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA: 20 cm, in allen Ebenen frei beweglich
Lasegue bds. negativ, geprüfte Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar. Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen und einer Unterarmstützkrücke, das Gangbild ist links hinkend, das linke Bein wird annähernd in Streckhaltung vorgeführt, Schrittlänge nicht verkürzt, Gehen und Stehen nicht ohne Krücken vorgeführt.
Bewegungsabläufe nicht eingeschränkt. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status Psychicus:
Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd.
Nr
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes
Pos.Nr.
Gdb %
1
Teilamputation linke Hand
g.Z. Wahl dieser Position, da eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit
02.06.34
40
2
Annähernd normales Hörvermögen rechts, hochgradige bis an Taubheit grenzende kombinierte Schwerhörigkeit links
g.Z.Tabelle, Kolonne 6, Zeile 1
Fixer Richtsatzwert
12.02.01
20
3
Abnützungserscheinungen beide Kniegelenke
Unterer Rahmensatz, da geringgradige radiologische Veränderungen beidseits vorliegen
02.05.19
20
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch die weiteren Leiden nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.
(…)
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Hinzukommen von Leiden 3
Dauerzustand“
Im gewährten Parteiengehör gab der Beschwerdeführer zu diesem Gutachten keine Stellungnahme ab und mit Bescheid vom 10.03.2021 wurde vom Sozialministeriumservice wie folgt entschieden:
„Mit einem Grad der Behinderung von 40% erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Ihr Antrag vom 11.11.2020 wird daher abgewiesen.“ Begründend wurde auf das eingeholte fachärztliche und allgemeinmedizinische Gutachten verwiesen.
In der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde geltend gemacht, dass der Beschwerdeführer Linkshänder sei und eine Wertung der sich daraus ergebenden Einschränkung im Gutachten zu Unrecht zur Gänze unterblieben sei. Bei rechtrichtiger Beurteilung der sich daraus ergebenden Einschränkung wäre der Grad der Behinderung schon für diese Beeinträchtigung höher als mit 40% anzusetzen gewesen. Zu bemängeln sei weiters die Beurteilung der massiven Probleme in beiden Kniegelenken mit lediglich 20% und der Beschreibung „Abnutzungserscheinungen beider Kniegelenke, unterer Rahmensatz, da geringgradige radiologische Veränderungen beidseits vorliegen.“ Diese Einschätzung stehe im massiven Widerspruch zu einem Befund aus dem Jahr 2020, in welchem betreffend das linke Kniegelenk bereits damals „massive Distorsionszeichen des vorderen Kreuzbandes mit Teilruptur des hinteren Zügels, beginnende Grad III Läsion, Teilruputur des Hinterhorns des medialen Miniskus, Bakerzyste“ festgestellt wurden. Aus den dargelegten Gründen werde ausdrücklich die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Gebiet der Orthopädie beantragt. Auch sei die Beweglichkeit der beiden Knie stark eingeschränkt, dies sei völlig außer Betracht geblieben. Es sei ihm kein vollständiges Beugen bzw. Strecken der Beine mehr möglich und er hätte Probleme bei längerem Gehen und Stehen. Im gegebenen Zusammenhang sei schließlich auch auf das Vorverfahren ab 2015 zu verweisen, wonach zunächst die Leiden des Beschwerdeführers mit 50% eingestuft worden seien, in weiterer Folge nur noch mit 40%. Es sei vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar, weshalb die ständigen Schmerzen und massiven Bewegungseinschränkungen in den Beinen (Knie/Sprunggelenke) wiederum mit nur 20% festgestellt wurden, da schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass derartige Abnützungserscheinungen im Laufe der Jahre mit zunehmenden Alter nicht besser, sondern üblicherweise deutlich schlechter würden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 vH.
1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
beschwerderelevanter Status:
Klinischer Status - Fachstatus:
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Linkshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, Muskelverhältnisse: ggr. Verschmächtigung links.
Hand links: multiple Narben, Narbe in der Mittelhand dorsal über dem 4. und 5. Strahl. Mittelhandverschmälerung mit Teilresektion des 5. Mittelhandknochens Linker Ringfinger: Stumpf von 4-5 cm, Zustand nach Transplantation der erhaltenen proximalen Phalanx des linken Kleinfingers zum Ringfingerstumpf, eine Prothese für den Ring-, Kleinfinger links wird getragen.
Opponensfunktion Daumen/ Zeigefinger, Daumen/Mittelfinger kraftvoll möglich, Daumen/ Ringfingerstumpf fast möglich. Funktion von Daumen, Zeigefinger u. Mittelfinger bis auf diskretes Streckdefizit des linken Mittelfingers links ungestört, Faustschluss von Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger möglich.
Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird im Narbenbereich als gestört angegeben.
Schulter beidseits: äußerlich unauffällig
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern frei, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke frei, Daumen und Langfinger 2 u. 3 links und 2-5 rechts seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen möglich, Zehenballenstand und Fersenstand beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand wird nicht vorgeführt. Hocken ist ansatzweise möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Seitengleich gut entwickelte Muskelverhältnisse.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Kniegelenke bds: äußerlich unauffällig, unauffällig konturiert, keine Überwärmung, kein Erguss, Druckschmerz über der Patellaspitze bds, Beugeschmerzen und Beugehemmung, stabil.
Sprunggelenke bds: unauffällig
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit:
Hüften S 0/90, IR/AR 10/0/30, Knie aktiv: 0/0/80, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich. Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Kein Hartspann. Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA: 20 cm, in allen Ebenen frei beweglich
Lasegue bds. negativ, geprüfte Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen und einer Unterarmstützkrücke, das Gangbild ist links hinkend, das linke Bein wird annähernd in Streckhaltung vorgeführt, Schrittlänge nicht verkürzt, Gehen und Stehen nicht ohne Krücken vorgeführt.
Bewegungsabläufe nicht eingeschränkt. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status Psychicus:
Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Lfd.
Nr
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes
Pos.Nr.
Gdb %
1
Teilamputation linke Hand
g.Z. Wahl dieser Position, da eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit bei Handverschmälerung, Amputation von Kleinfinger und Teilamputation von Ringfinger
02.06.34
40
2
Annähernd normales Hörvermögen rechts, hochgradige bis an Taubheit grenzende kombinierte Schwerhörigkeit links
g.Z.Tabelle, Kolonne 6, Zeile 1
Fixer Richtsatzwert
12.02.01
20
3
Abnützungserscheinungen beide Kniegelenke
Unterer Rahmensatz, da geringgradige radiologische Veränderungen beidseits vorliegen
02.05.19
20
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40%, da das führende Leiden 1 durch die weiteren Leiden nicht erhöht wird, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung des Beschwerdeführers gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie, MSc Orthopädie, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 30.01.2021, welches einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 % ergibt.
Dieses von der belangten Behörde eingeholte Gutachten vom 30.01.2021 ist schlüssig und nachvollziehbar.
Die von der belangten Behörde befasste Gutachterin beschreibt den Status des Beschwerdeführers genau und detailreich und unterzog auch alle vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung. Es weist keinerlei Widersprüche auf.
Das führende Leiden 1 stuft die Fachärztin in ihrem Gutachten vom 30.01.2021 nachvollziehbar unter Pos.Nr. 02.06.34– Teilamputation linke Hand – mit einem GdB von 40 vH ein.
Die EVO sieht für die Einstufung von Verlusten von Fingern (außer Daumen) eine Einstufung erst dann vor, wenn mindestens 4 bis 5 Fingerendgliedern fehlen und hält fest, dass der Verlust einzelner Fingerendgliedern außer Daumen mit keiner funktionellen Einschränkung einhergeht und daher nicht als Behinderung einzuschätzen sind.
Beim Verlust von drei Fingern - konkret Finger II und III und IV – sieht die Anlage zur EVO unter Pos.Nr. 02.06.34 die Einstufung mit 40 % vor.
Im konkreten Fall wählt die Unfallchirurgin schlüssig diese Position bei einer Amputation von Kleinfinger und Teilamputation von Ringfinger (=2 Finger), weil beim Beschwerdeführer auch eine Handverschmälerung (Mittelhandverschmälerung mit Teilresektion des 5. Mittelhandknochens) vorliegt.
Wenn nunmehr der Beschwerdeführer vorbringt, dass er Linkshänder sei und dies eine höhere Einstufung erforderlich mache, so ist dem entgegenzuhalten, dass die begutachtende Fachärztin im Gutachten festgehalten hat, dass der Beschwerdeführer Linkshänder ist, die Anlage zur EVO jedoch keine Handhabe für eine höhere Einstufung bietet, wenn es sich beim Verlust der Fingerglieder um diejenigen des Gebraucharms handelt.
Nur bei Verlust oder Teilverlust des primären Gebrauchsarms ist nach Abschluss der Rehabilitation und einer Adapatierungsphase eine unzureichende Anpassung zu berücksichtigen.
Die Einstufung des Leidens 2 erfolgte nach dem vorgebenen Fixsatz.
Das Leiden 3 stuft die Unfallchirurgin und Orthopädin nach erfolgter Untersuchung mit dem unteren Rahmensatz der Pos.Nr. 02.05.19 mit 20 % ein und begründet dies mit geringgradig radiologischen Veränderungen beidseits.
Allgemeine einschätzungsrelevante Kriterien für Defizite am Muskel - Skelett - und Bindegewebssystem, Haltungs- und Bewegungsapparat sind laut Anlage zur EVO die Beweglichkeit und Belastbarkeit - den allgemeinen Kriterien der Gelenksfunktionen, der Funktionen der Muskel, Sehen, Bänder und Gelenkskapsel sind gegenüber den alleinigen Messungen des Bewegungsradius eine stärkere Gewichtung zu geben, es ist auch die Entzündungsaktivität (Schmerzen, Schwellung) zu berücksichtigen.
Bei radiologischen Befunden ist die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Einschätzung relevant
Für Funktionseinschränkungen im Kniegelenk als Folge von Knorpel-, Band- und Meniskusläsionen ist Folgendes vorgesehen:
02.05.19 Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig 20 – 30 %
Streckung/Beugung bis 0-0-90°
02.05.21 Funktionseinschränkung mittleren Grades beidseitig 40 %
Streckung/Beugung 0-10-90°
02.05.23 Funktionseinschränkung schweren Grades beidseitig 50 %
Streckung/Beugung 0-30-90°
Dem erhobenen Status ist zu entnehmen, dass beide Kniegelenke stabil, äußerlich unauffällig, unauffällig konturiert waren, keine Überwärmung und kein Erguss festzustellen war. Es wurde ein Druckschmerz über der Partellaspitze bds. angegeben und Beugehemmung und Beugeschmerz wurde festgestellt bzw. angegeben.
Zur aktiven Beweglichkeit hielt die Fachärztin im Status fest: Knie aktiv 0/0/80.
In einer Gesamteinschätzung führt dies unter Berücksichtigung der vorgelegten radiologischen Unterlagen zur nachvollziehbaren Einstufung unter Pos.Nr. 02.05.19.
Dem Vorbringen in der Beschwerde, dass im MRT vom 04.07.2020 „massive Distorsionszeichen des vorderen Kreuzbandes mit Teilruptur des hinteren Zügels, beginnende Grad III Läsion-, Teilruptur des Hinterhorns des medialen Meniskus, Bakerzyste“ zu sehen sind, und die Einstufung durch die bestellte Unfallchirurgin bzw. Orthopädin damit nicht in Einklang zu bringen zu sei, kann sich der erkennende Senat nicht anschließen: Die Gutachterin hat den vom Beschwerdeführer zitierten MRT- in ihrem Gutachten als relevanten Befund aufgelistet, dh einer Beurteilung unterzogen und entsprechend im Gutachten auch verwertet.
Dass - wie in der Beschwerde auch behauptet - die Gutachterin die Einstufung mit dem unteren Rahmensatz mit „geringen Abnützungserscheinungen“ begründet, ist schlichtweg falsch. Die Gutachterin hat sich bei der Diagnose der Worte „Abnützungserscheinungen beide Kniegelenke“ bedient und den unteren Rahmensatz mit „geringgradige radiologische Veränderungen“ begründet. Sie beschreibt beide Kniegelenke, welche unterschiedliche Verletzungen aufweisen, zusammengefasst als „abgenützt“ – allerdings verzichtet sie auf die Wiedergabe der Ursache der Abnützung.
Der Vollständigkeit halber weist der erkennende Senat auf Folgendes hin: Es erscheint bemerkenswert, dass der Beschwerdeführer zur Untersuchung zur Erstellung eines unfallchirurgischen Gutachtens für die Bestimmung von Versicherungsleistungen am 20.08.2020 ohne Gehbehelf anreisen konnte. Er war dort auch laut der bestellten Unfallchirurgin „ohne Gehbehelf gut mobilisiert und trägt beidseits konventionelle Schuhe ohne Absatz. Das Gangbild ist flott, es zeig sich ein exaktes abrollen des Fußes. Der Zehenballen- und Fersengang ist beidseits gut durchführbar, Barfußgang unauffällig. Der Einbeinstand rechts und links ist mühelos möglich…..“
Die Beweglichkeit rechts wurde mit rechts 0/0/130 und links 0/0/110 beschrieben.
Dass beim 33jährigen Beschwerdeführer zwischen der Untersuchung am 20.08.2020 (für die Versicherung) und der Untersuchung am 30.01.2021 (für das SMS) ohne Unfallereignis – es fand ausschließlich eine Arthroskopie am 21.09.2020 statt und ihm war sofort eine Belastung erlaubt war - eine intensive erst 6 Wochen nach dem Eingriff - eine derartige Verschlechterung eingetreten sein soll, so dass der Beschwerdeführer beim Gehen am 30.01.2021 plötzlich einer Krücke bedarf, linksseitig hinkt und das linke Bein nur in Streckhaltung vorführen kann, ist für den erkennenden Senat nur dadurch zu erklären, dass der Beschwerdeführer – um in den Genuss eines Behindertenpasses zu kommen – versucht, seinen Gesundheitszustand schlechter darzustellen als er ist.
Ein Defizit der Sprunggelenke wurde weder im Gutachten vom 20.08.2020 für die Unfallversicherung („Hüft- und Sprunggelenksbeweglichkeit ist beidseits frei. Es besteh kein Biege- oder Stauchungsschmerz. Das obere Sprunggelenk ist bandfest.“) und der Untersuchung am 30.01.2021 für die belangte Behörde („Sprunggelenke bds.: unauffällig“) diagnostiziert.
Zum Gesamtgrad der Behinderung hält die Gutachterin schlüssig fest, dass die Leiden 2 bis Leiden 3 den Grad der Behinderung nicht weiter erhöhen, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.
Das fachärztliche Sachverständigengutachten wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Zweifel am Inhalt bestehen für das BVwG keine – dieses ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.
Die Gutachterin beschreibt den Status des Beschwerdeführers genau und detailreich und unterzog auch alle vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung.
Für den erkennenden Senat ergibt sich kein Anhaltspunkt vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 von Hundert abzuweichen. Die Ausführungen in der Beschwerde vermochten keine substantiierten Einwendungen gegen das eingeholte Sachverständigengutachten darzustellen. Die Gutachterin hat sich mit den Leidenszuständen des Beschwerdeführers ausführlich auseinandergesetzt und wurden sie allesamt bereits einer Beurteilung unterzogen.
Dass der Beschwerdeführer bereits einmal in den Genuss eines Behindertenpasses gekommen war, liegt – wie in „I. Verfahrensgang“ beschrieben – daran, dass er im Jahr 2015 unter anderem auch wegen des Unfalls, der für die Teilamputation kausal war, an Depressionen gelitten hat, welche das Leiden 1 erhöht haben. Die Depressionen liegen jedoch seit 2017 nicht mehr vor.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Zu A)
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG).
Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).
Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung gründet sich auf das von der erstinstanzlichen Behörde eingeholte Gutachten, worin ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 % festgestellt wurde.
Der Beschwerdeführer ist dem Gutachten nicht in substantiierter Weise entgegengetreten. Mit der Beschwerde hat der Beschwerdeführer keine weiteren medizinischen Unterlagen übermittelt.
Nachdem die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides, dass der Teil des Spruches zu entfallen hat, wonach der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt, wird auf das das Erkenntnis des VwGH Ra 2018/11/0204-7, Rz 24 vom 13. Dezember 2018 betreffend die Einziehung eines Behindertenpasses verwiesen:
§ 43 Abs. 1 BBG ermächtigt die Behörde daher zwar zu einem amtswegigen Vorgehen, allerdings nach den bisherigen Ausführungen nur zu einem Ausspruch der Einziehung des Behindertenpasses. Ein Bescheid, in dem ausgesprochen wird, dass der Betreffende mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle, oder in dem festgestellt wird, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 % besteht, findet in § 43 Abs. 1 BBG keine Deckung.
Analog dazu wird darauf hingewiesen, dass weder die §§ 40 und 41 noch § 45 BBG die Voraussetzungen für die von der belangen Behörde gewählte Formulierung „Mit einem Grad der Behinderung von 40% erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.“ bieten.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).
Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG).
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221). Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Gesundheitsschädigungen.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Gutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die beschwerdeführende Partei hat auch mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der erstinstanzlichen gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre.
Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorläge und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W200.2242052.1.00Im RIS seit
25.10.2021Zuletzt aktualisiert am
25.10.2021