TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/16 W207 2242309-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.09.2021
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Entscheidungsdatum

16.09.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W207 2242309-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde XXXX , geboren XXXX , gegen den gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 07.04.2021, OB: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.

Der Grad der Behinderung beträgt 60 von Hundert (v.H.).

Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Das Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet), stellte dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung eines chirurgischen Sachverständigengutachtens am 12.09.2014 einen unbefristeten Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) aus.

Am 20.09.2017 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass und legte ein Konvolut an medizinischen Unterlagen sowie eine Kopie seines Meldezettels bei. Mit Bescheid vom 01.12.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese“ in den Behindertenpass vorliegen. In dem zugrundeliegenden orthopädischen Sachverständigengutachten vom 28.11.2017 wurden die Funktionseinschränkungen 1. „Kniegelenke: Zustand nach Totalendoprothese beidseits, Zustand nach mehrfacher Reimplantation links“, bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 40 v.H. nach der Positionsnummer 02.05.21 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, 2. „Wirbelsäule: degenerative Veränderungen“, bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v.H. nach der Positionsnummer 02.01.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, 3. „Hüftgelenke: degenerative Veränderungen beidseits“, bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer 02.05.08 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, sowie ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt. Diesbezüglich wurde ausgeführt, dass das Leiden 1 durch das Leiden 2 um eine Stufe erhöht werde, da eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliege, das Leiden 3 hingegen nicht weiter erhöhe. Darüber hinaus würden die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Die/Der Untersuchte ist Prothesenträgerin oder Prothesenträger“ vorliegen. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurde dem Beschwerdeführer als zumutbar erachtet.

Am 01.07.2019 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis für Menschen mit Behinderung), der entsprechend dem vom Beschwerdeführer unterfertigten Antragsformular für den – auf den Beschwerdeführer zutreffenden – Fall, dass er nicht über die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in seinem Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung in den Behindertenpass gilt. Dem Antrag legte er ein Konvolut an medizinischen Unterlagen bei.

Die belangte Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vom 01.07.2019 unter Zugrundelegung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens vom 02.09.2019, in welchem die Funktionseinschränkungen 1. „Zustand nach Knietotalendoprothese beidseits, Zustand nach mehrfacher Reimplantation links“, 2. „Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule“, 3. „Hüftgelenksarthrose beidseits“ und 4. „Geringe Funktionsbehinderung an der linken Schulter“ festgestellt wurden sowie dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel als zumutbar erachtet wurde, mit Bescheid vom 11.10.2019 ab.

Am 21.12.2020 brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den nunmehr gegenständlichen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass ein und legte medizinische Unterlagen vor.

Die Stellung eines Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ist im Rahmen dieser Antragstellung hingegen nicht aktenkundig.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 23.12.2020 wurde der Beschwerdeführer ersucht, ein ausgefülltes und unterzeichnetes Antragsformblatt zu übermitteln.

Am 05.01.2021 übermittelte der Beschwerdeführer das gegenständliche Antragsformblatt auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass an die belangte Behörde und legte – neben einem bereits vorgelegten Patientenbrief – eine Auflistung seiner bisherigen Operationen bei.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung vom 06.04.2021 ein, in welchem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 19.02.2021 sowie den vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen Folgendes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ausgeführt wurde:

„…

Anamnese:

Vorgutachten:

2017, Gesamt GdB 50 v.H.

Zustand nach Knietotalendoprothese bds, Zustand nach mehrfachen Reimplantationen links 40

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule  30

Hüftgelenkarthrose beidseits  20

27.08.2019

Zustand nach Knietotalendoprothese bds, Zustand nach mehrfachen Reimplantationen links

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

Hüftgelenkarthrose beidseits

Geringe Funktionsbehinderung der linken Schulter

Zwischenanamnese:

11-2019 Schulter TEP links XXX

10-2020 Schulter TEP rechts XXX

Sonst keine Unfälle und Operationen am Bewegungsapparat.

Derzeitige Beschwerden:

Schmerzen in den Händen, Mittehand, und Füßen, Fußwurzel, mit Infiltrationen.

Für die Schultern wird derzeit eine ambulante physikalische Therapie durchgeführt.

Schmerzen und Bewegungseinschränkung in der rechten Schulter. Armheben rechts nur bis zur Horizontalen. Nackengriff ist rechts nicht möglich.

Dauerschwellung im linken Knie und Belastungsabhängige Schmerzen. Keine Punktionen bisher.

Das linke Knie ist insgesamt 5x operiert.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Letzte physikalische Therapie laufend.

Schmerzstillende Medikamente: Novalgin, Voltaren 100 mg 2x1.

Weitere Medikamente: Simvastad, Thrombo ASS, Enac HExal.

Hilfsmittel: 1 Gehstock. Für Stiegen steigen im Einzelschritt mit Handlauf.

Sozialanamnese:

Letzte physikalische Therapie laufend.

Schmerzstillende Medikamente: Novalgin, Voltaren 100 mg 2x1.

Weitere Medikamente: Simvastad, Thrombo ASS, Enac HExal.

Hilfsmittel: 1 Gehstock. Für Stiegen steigen im Einzelschritt mit Handlauf.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

30.10.2020 XXX, Patientenbrief; Diagnose: Omarthrosis gravis.dext.

28.10.2020 Implantation einer inversen Schulterprothese mit unauffällig postoperativen Verlauf.

21.09.2020 RÖ linkes Knie ap/s sowie Aufnahmen des OS und des US: Z. n. einer Knieendoprothese mit Langschaft, kein Hinweis auf Lockerung. Der Befund ist kompatibel mit der Verdachtsdiagnose einer Quadrizepssehnenruptur vermutlich im muskulären tendinösen Übergangsbereich, deutlicher Patellahochstand.

21.9.2020 MRT linkes Knie, XXX: massive Suszeptibilitätsartefakte bei TEP, reichlich Erguss retropatellar, Verdacht auf Teilruptur der Quadrizepssehne an der Patellaoberkante, Verdacht auf Tendinopathie der Patellasehne.

28.11.2019 Patientenbrief XXX: Cuff-Arthropathie linke Schulter.

27.11.2019 Implantation einer Totalendoprothese linke Schulter mit unauffälligem, postoperativem Verlauf.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Kommt alleine, aufrecht gehend, normale Straßenkleidung, normaler Konfektionsschuh.

Aus- und Ankleiden langsam im Stehen und Sitzen, ohne Fremdhilfe.

Guter AZ und EZ

Rechtshändig.

Kopf, Brustkorb, Bauch unauffällig.

Haut normal durchblutet,

Operationsnarbe beide Schultern, beide Knie.

Ernährungszustand:

Gut.

Größe: 174,00 cm Gewicht: 88,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status – Fachstatus:

Wirbelsäule gesamt

Im Lot, Becken-, Schultergeradstand, HWS und BWS Krümmung normal, Streckhaltung LWS, keine Skoliose. seitengleiche Tailliendreiecke, symmetrische, mittelkräftige, seitengleiche Muskulatur

HWS S 35-0-10, R je 50, F je 10,

BWS R je 20, Ott 30/32

LWS FBA + 30 cm Reklination 10, Seitneigen je 10, R je 10, Plateaubildung L4-S1 mit segmentalem Druckschmerz. Schober 10:13

SI Gelenke nicht druckschmerzhaft,

Grob neurologisch:

Hirnnerver frei.

OE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich

UE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich

Keine Pyramiedenzeichen.

Obere Extremität

Allgemein

Rechtshändig, Achsen normal, Gelenkkonturen schlank, Muskulatur im Bereich des Schultergürtels abgeschwächt, seitengleich, Durchblutung seitengleich, Handgelenkspulse gut tastbar. Gebrauchsspuren seitengleich.

Schulter bds:

S40-0-90, F 90-0-30, R(F0) 60-0-60, (F90) 80-0-80.Schmerzhafter Bogen.

Ellbogen bds:

S0-0-125, R 80-0-80, bandstabil.

Handgelenk bds:

S je 50, Radial-, Ulnarabspreizung je 10

Heberden- und Bouchardarthrosen beidseits

Nackengriff:

Finger erreichen Ohr, rechts mit Trickbewegung

Schürzengriff:

Finger ca 2 cm vor Beckenkamm.

Kraft seitengleich, Faustschluss komplett, seitengleich, Fingerfertigkeit seitengleich.

Untere Extremität

Allgemein

Keine Beinlängendifferenz,

Beinachse neutral, Gelenkkonturen verplumpt, Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Fußpulse gut tastbar, Gebrauchsspuren seitengleich.

Hüfte rechts:

S 0-0-110, R je 20, F je 20, kein Kapselmuster.

Hüfte links:

S 0-0-80, R je 10, F je 10, Kapselmuster.

Knie bds:

S0-0-110, bandstabil, kein Erguss, Patellaspiel nicht eingeschränkt, Zohlenzeichen negativ. Beuge und Streckschmerz. Links leichte Lateralisation in der Standphase.

SG bds:

S 10-0-30, bandfest, kein Erguss.

Fuß bds:

Rückfuß gerade, Längsgewölbe normale Krümmung, Spreizfuß

Zehen arthrotisch verändert, Bajonettstellung IP-Gelenke beider Großzehen.

Gesamtmobilität – Gangbild:

Mittelschrittig, langsam, Hinken beidseits,

Zehen-Fersenstand möglich unsicher,

Einbeinstand möglich,

Hocke möglich.

Transfer auf die Untersuchungsliege selbständig, rasch.

Wendebewegungen rasch.

Status Psychicus:

Orientiert, freundlich, kooperativ.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Knietotalendoprothese beidseits, Z. n. mehrfacher Re-Implantation links.

Knietotalendoprothese beidseits, Z. n. mehrfacher Re-Implantation links.

02.05.21

40

2

Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, mehrsegmental.

Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da mehrsegmentaler Bandscheibenschaden, mittelgradige Abnützung und Fehlen von neurologischen Ausfällen.

02.01.02

30

3

Schultertotalendoprothese beidseits.

Fixer Richtsatz, berücksichtigt die eingeschränkte Überkopffunktion bei guter Implantation.

02.06.04

30

4

Hüftgelenksabnützung beidseits.

Unterer Rahmensatz dieser Positionsnummer, da geringe Bewegungsbehinderung.

02.05.08

20

Gesamtgrad der Behinderung  60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Es besteht mit dem führenden Leiden 1 durch Leiden 2 und 3 eine ungünstige wechselseitige

Leidensbeeinflussung, die eine Erhöhung um je eine Stufe erfordern.

Leiden 4 erhöht wegen Geringfügigkeit nicht weiter.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Neu zum Vorgutachten ist die Implantation beider Schultergelenke mit einer mäßiggradigen Funktionsbehinderung und deutlicher Einschränkung der Überkopffunktion.

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Änderung der Gesamtbeurteilung ergibt sich durch die Ergänzung des Schulterleidens.

[X] Dauerzustand

Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:

[X] JA   Die/Der Untersuchte ist Prothesenträgerin oder Prothesenträger.

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und

Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und

warum?

Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist zumutbar. Der Bewegungsumfang der großen Gelenke der unteren und oberen Extremität ist ausreichend, um kurze Wegstrecken zu überwinden. Die Verwendung von Haltegriffen und Aufstiegshilfen ist möglich, sodass das sichere Aus- und Einsteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel gegeben ist.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?

Keine.“

Mit Schreiben vom 06.04.2021 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages vom 21.12.2020 mit, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt worden sei. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese“ würden vorliegen. Aus diesem Grund werde ein neuer unbefristeter Behindertenpass ausgestellt. Der alte Behindertenpass sei ungültig und dem Sozialministeriumservice vorzulegen. Das eingeholte Sachverständigengutachten vom 06.04.2021 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit diesem Schreiben übermittelt.

Mit Begleitschreiben samt Rechtsmittelbelehrung vom 07.04.2021, OB: XXXX , wurde dem Beschwerdeführer der Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 v.H. übermittelt. Diesem Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.

Mit Eingabe vom 22.04.2021 übermittelte der Beschwerdeführer seinen alten Behindertenpass an das Sozialministeriumservice.

Gegen den in Form eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid vom 07.04.2021 brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 04.05.2021 fristgerecht eine als „Einspruch“ bezeichnete Beschwerde folgenden Inhalts – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben – ein:

„Einspruch: Verfahrensordnungsbegriff: XXXX

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 21.12.2020 wurde meinerseits ein Antrag beim Sozialministeriumservice Wien mit der Bitte um Neufestsetzung des Grades der Behinderung gestellt. Gleichzeitig wurde die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel, wegen dauerhafter Gesundheitsschädigung" im Behindertenpass beantragt.

Mit dem Bescheid vom 06.04.2021 wurde mir der Grad der Behinderung mit 60% festgesetzt und ein unbefristeter Behindertenpass ausgestellt. Der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel, wegen dauerhafter Gesundheitsschädigung" wurde keine Folge gegeben.

Diese Entscheidung ist unrichtig, zumal meinerseits erhebliche Einschränkungen der Funktion der oberen und unteren Extremitäten, auch in Zusammenhang mit einer komplexen Knieinstabilität vorliegen welche im Sachverständigengutachten nicht ausreichend berücksichtigt wurden (der linke Fuß lässt des Öfteren nach, wodurch ich zu Sturz komme), und aufgrund derer ich weder in der Lage bin, mich an Haltegriffen festzuhalten noch längere Zeit stehen kann.

Bei richtiger Beurteilung hätte das Sozialministerium daher zur Ansicht gelangen müssen, dass der Grad der Behinderung 70% beträgt sowie mir eine Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr zumutbar und möglich ist, weshalb dem Antrag auf Aufnahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel, wegen dauerhaften Gesundheitsschädigung" stattgegeben hätte werden müssen.

Ich beantrage daher erneut die Zusatzeintragung im Behindertenpass „Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel, wegen dauerhaften Gesundheitsschädigung".

In Erwartung Ihrer geschätzten Rückäußerung zeichne ich

mit freundlichen Grüßen,

Name und Unterschrift des Beschwerdeführers“

In Bezug auf den – erst im Rahmen des Beschwerdeschreibens vom 04.05.2021 gestellten – Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass eröffnete die belangte Behörde in der Folge ein diesbezügliches neues Verfahren.

Mit Bescheid vom 05.05.2021, OB: XXXX , wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vom 04.05.2021 ab, da die Voraussetzungen nicht vorliegen würden. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 06.04.2021 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage zum Bescheid übermittelt.

Gegen diesen Bescheid vom 05.05.2021, OB: XXXX , mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vom 04.05.2021 abgewiesen wurde, erhob der Beschwerdeführer keine Beschwerde.

Die belangte Behörde legte am 10.05.2021 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid vom 07.04.2021, OB: XXXX , und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Sozialministeriumservice stellte dem Beschwerdeführer am 12.09.2014 einen unbefristeten Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. aus.

Am 21.12.2020 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:

1.       Knietotalendoprothese beidseits, Zustand nach mehrfacher Re-Implantation links;

2.       Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, mehrsegmental, bei mehrsegmentalem Bandscheibenschaden, mittelgradiger Abnützung und Fehlen von neurologischen Ausfällen;

3.       Schultertotalendoprothese beidseits, unter Mitberücksichtigung der eingeschränkten Überkopffunktion bei guter Implantation;

4.       Hüftgelenksabnützung beidseits, bei geringer Bewegungsbehinderung.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 60 v.H.

Festgestellt wird, dass im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2017 und zum damals rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren das nunmehrige Leiden 3, die Implantation beider Schultergelenke mit einer mäßiggradigen Funktionsbehinderung und deutlicher Einschränkung der Überkopffunktion, neu hinzugekommen ist, woraus sich unter Bedachtnahme auf die wechselseitigen Leidensbeeinflussung eine Änderung der Gesamtbeurteilung im Sinne einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung von 50 v.H. auf 60 v.H. ergibt.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 06.04.2021, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen, dass dem Beschwerdeführer am 12.09.2014 ein unbefristeter Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt wurde, sowie zum gegenständlichen verfahrenseinleitenden Antrag des Beschwerdeführers vom 21.12.2020 auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass gründen sich auf den Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Behördenanfrage aus dem zentralen Melderegister, auf die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Antragstellung und ist im Übrigen unbestritten.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 06.04.2021, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers. Darin wird unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und nachvollziehbar eingegangen. Die diesbezüglich getroffenen Einschätzungen auf Grundlage der Anlage der Einschätzungsverordnung, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen in der Beschwerde wird keine Rechtswidrigkeit der vom medizinischen Sachverständigen vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden ausreichend substantiiert behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten schlüsselt konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen beim Beschwerdeführer vorliegen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Aufgrund der vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen und auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers konnte gegenwärtig kein höherer Grad der Behinderung als 60 v.H. objektiviert werden.

Was die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde vorgebrachten Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten betrifft, so wurde das als „Knietotalendoprothese beidseits, Zustand nach mehrfacher Re-Implantation links“ festgestellte Leiden 1 entsprechend der im Rahmen der Statuserhebung ermittelten und festgestellten Beweglichkeit und Belastbarkeit („Knie bds: S0-0-110, bandstabil, kein Erguss, Patellaspiel nicht eingeschränkt, Zohlenzeichen negativ. Beuge und Streckschmerz. Links leichte Lateralisation in der Standphase. Gesamtmobilität – Gangbild: Mittelschrittig, langsam, Hinken beidseits, Zehen-Fersenstand möglich unsicher, Einbeinstand möglich, Hocke möglich. Transfer auf die Untersuchungsliege selbständig, rasch. Wendebewegungen rasch.“) rechtsrichtig unter der Positionsnummer 02.05.21 der Anlage zur Einschätzungsverordnung („Funktionseinschränkung mittleren Grades beidseitig“) mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 40 v.H. eingestuft. Die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde vorgebrachten erheblichen Funktionseinschränkungen im Bereich der Knie konnten im Zuge der persönlichen Untersuchung nicht objektiviert werden. Auch ist eine allenfalls zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung der Beweglichkeit und Belastbarkeit der Kniegelenke durch aktuelle Befunde nicht belegt. Die vom Beschwerdeführer eingewendete „komplexe Knieinstabilität“ konnte weder im Rahmen der persönlichen Untersuchung festgestellt werden, noch ist eine solche durch entsprechende aktuelle Befunde konkret dokumentiert, insbesondere sind auch keine aktuellen Sturzereignisse, welche durch eine Knieinstabilität hervorgerufen worden wären, befunddokumentiert. Im vorliegenden Befund eines näher genannten Facharztes für Unfallchirurgie vom 10.12.2020 wird zwar im Hinblick auf das linke Kniegelenk über das Auftreten von „Giving way-Attacken“ circa zweimal pro Monat berichtet, eine „komplexe Knieinstabilität“ wird allerdings auch hier nicht diagnostiziert. Auch eine allfällige Durchführung einer – in diesem Befund vom 10.12.2020 bei anhaltenden Beschwerden indizierten – Versteifung des Kniegelenkes ist bislang nicht durch Befunde belegt und wird im Übrigen vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Darüber hinaus wurde die als Leiden 4 festgestellte Funktionseinschränkung „Hüftgelenksabnützung beidseits“ vom beigezogenen Sachverständigen entsprechend der im Rahmen der Statuserhebung ermittelten und festgestellten Beweglichkeit und Belastbarkeit („Hüfte rechts: S 0-0-110, R je 20, F je 20, kein Kapselmuster. Hüfte links: S 0-0-80, R je 10, F je 10, Kapselmuster.“) zutreffend der Positionsnummer 02.05.08 der Anlage zur Einschätzungsverordnung mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. zugeordnet. Die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde vorgebrachten erheblichen Funktionseinschränkungen der unteren Extremitäten konnten somit im Rahmen der persönlichen Untersuchung nicht objektiviert werden.

Auch die Einordnung des Leidens 2, „Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, mehrsegmental“, erfolgte rechtsrichtig nach den Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung und ist nicht zu beanstanden. Die Zuordnung wurde im Übrigen vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde nicht substantiiert bestritten und es wurden auch keine abweichenden – dem Gutachtensergebnis widersprechenden – Befunde vorgelegt.

Was nun die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde vorgebrachten Funktionseinschränkungen der oberen Extremitäten betrifft, so ordnete der beigezogene Sachverständige das nunmehr im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2017 neu hinzugekommene und nun erstmals eingeschätzte Leiden 3 „Schultertotalendoprothese beidseits“ entsprechend der im Rahmen der Statuserhebung ermittelten und festgestellten Beweglichkeit und Belastbarkeit („Schulter bds: S40-0-90, F 90-0-30, R(F0) 60-0-60, (F90) 80-0-80.Schmerzhafter Bogen. Ellbogen bds: S0-0-125, R 80-0-80, bandstabil. Handgelenk bds: S je 50, Radial-, Ulnarabspreizung je 10 Heberden- und Bouchardarthrosen beidseits Nackengriff: Finger erreichen Ohr, rechts mit Trickbewegung Schürzengriff: Finger ca 2 cm vor Beckenkamm. Kraft seitengleich, Faustschluss komplett, seitengleich, Fingerfertigkeit seitengleich.“) rechtsrichtig der Positionsnummer 02.06.04 der Anlage zur Einschätzungsverordnung („Funktionseinschränkung mittleren Grades beidseitig“) mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 30 v.H. zu. In Bezug auf die in der Beschwerde erhobenen Einwendungen ist darauf hinzuweisen, dass es der Beschwerdeführer verabsäumt, die in allgemeiner Form vorgebrachten erheblichen Funktionseinschränkungen der oberen Extremitäten zu konkretisieren bzw. das vorliegende Gutachten substantiiert zu bestreiten oder dem Gutachtensergebnis widersprechende Befunde vorzulegen. Der diesbezügliche Einwand des Beschwerdeführers vermag daher nicht zum Erfolg zu führen.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass auch die Ausführungen des beigezogenen Facharztes für Orthopädie in seinem Gutachten vom 06.04.2021, dass das führende Leiden 1 durch die Leiden 2 und 3 aufgrund einer ungünstigen wechselseitigen Leidensbeeinflussung um je eine Stufe erhöht wird, das Leiden 4 hingegen aufgrund der Geringfügigkeit nicht weiter erhöht, weshalb der Gesamtgrad der Behinderung mit 60 v.H. angenommen wurde, nicht zu beanstanden sind. Durch die Aufnahme des nunmehrigen Leidens 3 („Schultertotalendoprothese beidseits“) in die Liste der Funktionseinschränkungen ergab sich im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2017 eine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung des Beschwerdeführers im Sinne einer Erhöhung von 50 v.H. auf 60 v.H., da auch zwischen dem Leiden 1 und dem Leiden 3 eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht, die eine Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung um eine Stufe erfordert.

Insoweit in der Beschwerde aber in inhaltlicher Hinsicht auf die Frage der Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass Bezug genommen wird, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen – gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen – Bescheid zu OB: XXXX nicht über die Vornahme einer solchen Zusatzeintragung im Behindertenpass, sondern über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass abzusprechen hatte und auch nur über diesen Antrag abgesprochen hat.

Aufgrund der Ausführungen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde und des (erst) darin gestellten Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass eröffnete die belangte Behörde ein diesbezügliches Verfahren. Dieser Antrag des Beschwerdeführers vom 04.05.2021 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 05.05.2021, OB: XXXX , abgewiesen. Gegen diesen abweisenden Bescheid erhob der Beschwerdeführer allerdings keine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Klärung der Frage der Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ist daher auch nicht Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde geht daher ins Leere und vermag nicht zum Erfolg zu führen.

Es wurden vom Beschwerdeführer auch keine medizinischen Unterlagen vorgelegt, die die vom beigezogenen medizinischen Sachverständigen vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder diesen entgegenstehen würden. Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens des Facharztes für Orthopädie vom 06.04.2021. Dieses medizinische Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

…“

Der Vollständigkeit halber ist zunächst darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeführer mit dem nunmehr angefochtenen – gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen – Bescheid vom 07.04.2021, OB: XXXX , aufgrund seines Antrages auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass ein neuer Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 60 v.H. und mit der Zusatzeintragung „Der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn einer Prothese“ ausgestellt wurde. Die Klärung der Frage der Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass war weder Gegenstand des vom Beschwerdeführer angefochtenen Bescheides vom 07.04.2021, noch ist sie Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid der belangten Behörde, konkret erachtet der Beschwerdeführer eine höhere Einstufung als 60 v.H. für gerechtfertigt. Dies ist aber nicht der Fall. Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 06.04.2021 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 60 v.H. beträgt. Die getroffenen Einschätzungen auf Grundlage der Anlage der Einschätzungsverordnung, basierend auf den im Rahmen der Antragstellung vorgelegten medizinischen Unterlagen und einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht substantiiert entgegengetreten, er hat im Rahmen der Beschwerde kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien und er hat auch sonst im Rahmen des Verfahrens keinerlei Unterlagen vorgelegt, die ein zusätzliches Dauerleiden belegen würden oder aber Hinweise auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leidenszuständen ergeben würden.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, erfüllt.

Da allerdings aktuell kein höherer Grad der Behinderung als 60 v.H. vorliegt, war die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im Übrigen hat auch weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Neufestsetzung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W207.2242309.1.00

Im RIS seit

25.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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