TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/22 W218 2241678-1

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Veröffentlicht am 22.09.2021
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Entscheidungsdatum

22.09.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W218 2241678-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Marion STEINER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Behindertenpass des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Burgenland vom 15.03.2021, PassNr. XXXX , betreffend die Höhe des Grades der Behinderung, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat dem Beschwerdeführer am 15.03.2021 einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH eingetragen.

2.       Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer keine dreißig bis vierzig Minuten durchgehend gehen könne, sondern bekomme er je nach Tagesverfassung bereits nach wenigen Metern Atemnot. Sein Gesundheitszustand habe sich mit 80 Jahren nicht verbessert. Er versuche sich durch Spazierengehen und Training am Heimtrainer fit zu halten, damit sich sein Gesundheitszustand nicht verschlechtere. Aufgrund der durchgeführten Hüft- und Knieoperationen sei er wetterfühlig und leide teils an starken Schmerzen.

3.       Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten langten am 21.04.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 vH.

Der Beschwerdeführer leidet an folgenden Funktionseinschränkungen:

1. Degenerative Abnützungen der gesamten Wirbelsäule sowie Zustand nach Hüft- und Kniegelenksersatz beidseits, Pos.Nr.: 02.02.03, Grad der Behinderung 50%

2. Linksherzinsuffizienz, Zustand nach Schrittmacherimplantation, intermittierendes Vorhofflimmern, Pos.Nr.: 05.02.01, Grad der Behinderung 30%

3. Hypertonie, Pos.Nr.: 05.01.02, Grad der Behinderung 20%

2.       Beweiswürdigung:

Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Vorweg ist festzuhalten, dass im Verfahrensakt insgesamt vier Gutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin, alle basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers vom 18.02.2021, vorliegen. Aus der Stellungnahme der belangten Behörde geht hervor, dass die Herabsetzung des Gesamtgrades der Behinderung im ersten Gutachten auf 40 vH sowie die Unterteilung des im Vorgutachten angeführten führenden Leidens in drei verschiedene Leiden, für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar war und daher eine neue Beurteilung durch den Sachverständigen erfolgte. Dabei wurde das führende Leiden aus dem Vorgutachten wieder zusammengefasst und mit 50 vH eingestuft, jedoch wurde die daraus resultierende Herabsetzung des Gesamtgrades der Behinderung übersehen und erging das Gutachten doppelt an die belangte Behörde. Im vierten und letzten Gutachten wurde dieser Fehler behoben und wurde dieses Gutachten von der belangten Behörde der Entscheidung zu Grunde gelegt. Das Bundesverwaltungsgericht erachtet dieses Gutachten letztendlich als schlüssig und legt es seiner Entscheidung zu Grunde.

In diesem medizinischen Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin, wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, am 18.02.2021, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Der medizinische Sachverständige stufte das führende Leiden 1 „Degenerative Abnützungen der gesamten Wirbelsäule sowie Zustand nach Hüft- und Kniegelenksersatz beidseits“ schlüssig und nachvollziehbar nach den Kriterien der Einschätzungsverordnung unter der Positionsnummer 02.02.03 mit dem Grad der Behinderung von 50 vH ein. Beim Beschwerdeführer konnten mäßige endlagige funktionelle Einschränkungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule objektiviert werden. Der Beschwerdeführer konnte sich im Stehen an- und auskleiden, sowie einen zu Boden gefallenen Gegenstand ohne Probleme aufheben. Relevante Wurzelreizzeichen konnten keine objektiviert werden. Beim Beschwerdeführer liegt sowohl ein beidseitiger Hüftgelenksersatz als auch ein beidseitiger Kniegelenksersatz vor, es bestehen keine Hinweise auf Lockerungen. Im Bereich der Hüftgelenke konnten im Zuge der persönlichen Untersuchung endlagige funktionelle Einschränkungen objektiviert werden. Der Beschwerdeführer konnte ausreichend sicher und selbstständig sowie zügig im Zuge der persönlichen Untersuchung gehen. Der medizinische Sachverständige begründete die Herabsetzung des Grades der Behinderung von 60 vH auf
50 vH durch die objektivierbare Verbesserung der Gesundheitseinschränkung, insbesondere da keine relevanten Wurzelreizzeichen (im Vorgutachten wurden noch Nervenwurzelreizzustände befundet) vorliegen und kein motorisches Defizit objektivierbar ist. Aufgrund des Untersuchungsergebnisses und mangels vorliegender medizinischer Befunde kann keine höhere Einstufung des Gesamtgrades der Behinderung erfolgen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich bereits aus dem Vorgutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 21.02.2018, ergibt, dass eine Nachuntersuchung im April 2021 zu erfolgen hat, da es durch den Beginn einer Therapie an der Wirbelsäule zu einer deutlichen Verbesserung kommen könne und ist diese Verbesserung nunmehr objektivierbar.

Das Leiden 2 „Linksherzinsuffizienz, Zustand nach Schrittmacherimplantation, intermittierendes Vorhofflimmern“ wurde vom medizinischen Sachverständigen unter der Positionsnummer 05.02.01 mit einem Grad der Behinderung von 30 vH eingestuft, da die Gesundheitseinschränkung kardial kompensiert ist. Im Zuge der persönlichen Untersuchung zeigten sich rhythmische und normofrequente Herztöne. Im Zuge der persönlichen Untersuchung war in Ruhelage und in Bewegung keine Atemnot zu erkennen. Der Beschwerdeführer führte im Zuge der persönlichen Untersuchung gegenüber dem Sachverständigen zudem aus, dass er keine Beschwerden habe und alle Kontrollen durchführe. Die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde angeführte Atemnot nach wenigen Metern, je nach Tagesverfassung, ist nicht objektivierbar.

Das Leiden 3 „Hypertonie“ wurde vom medizinischen Sachverständigen unter der Positionsnummer 05.01.02 mit dem fixen Rahmensatz von 20 vH eingestuft. Im Zuge der persönlichen Untersuchung hatte der Beschwerdeführer einen Blutdruck von 140/80.

Der medizinische Sachverständige führte schlüssig und nachvollziehbar aus, dass das führende Leiden 1 durch die Leiden 2 und 3 nicht weiter erhöht wird, da keine relevante ungünstige Leidensbeeinflussung vorliegt. Aufgrund der Herabsetzung des Grades der Behinderung des führenden Leidens 1 wurde auch der Gesamtgrad der Behinderung um eine Stufe verringert.

Aus den vorliegenden Befunden geht eine Leistenhernie rechts hervor, es wurde bereits operativ interveniert, der Sachverständige führte schlüssig und nachvollziehbar aus, dass ein Grad der Behinderung hierbei nicht vorliegt.

Die Behörde (bzw. das Gericht) hat ein Gutachten auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten hat die Behörde nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das eingeholte Sachverständigengutachten daher als schlüssig, vollständig und nachvollziehbar. In einer Zusammenschau der vorliegenden Befunde, des Gutachtens und dem Umstand, dass der Beschwerdeführer dem Gutachten nicht entgegentreten ist, geht der erkennende Senat davon aus, dass das Sachverständigengutachten bzw. der darin festgelegte Grad der Behinderung von 50 v.H. der Entscheidung zugrunde zu legen ist.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Das Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

1.       Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1.       ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4.       für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5.       sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(§ 40 Abs. 1 BBG)

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1.       nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2.       zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3.       ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(§ 41 Abs. 1 BBG)

Auszug aus der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) idgF:

„Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
-         sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-         zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.“

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Da sich keine Anhaltspunkte für eine höhere Einstufung des Gesamtgrades der Behinderung ergeben, war spruchgemäß zu entscheiden.

2.       Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.

Der Rechtsprechung des EGMR kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.4.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993).

Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ. 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 4.3.2008, 2005/05/0304).

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde auf gutachterlicher Basis ermittelt. Zudem wurde von der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, welches eine weitere Erörterung notwendig erschienen ließ.

Im Hinblick auf obige Überlegungen sah der erkennende Senat daher unter Beachtung der Wahrung der Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung ab, zumal auch eine weitere Klärung der Rechtssache hierdurch nicht erwartbar war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W218.2241678.1.00

Im RIS seit

25.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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