Entscheidungsdatum
24.09.2021Norm
BBG §40Spruch
W207 2245593-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landestelle Wien, vom 20.04.2021, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin stellte am 17.12.2020 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als „belangte Behörde“ bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Dem Antrag legte sie ein Konvolut an medizinischen Unterlagen bei.
Die belangte Behörde holte ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung vom 30.03.2021 ein, in welchem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 26.03.2021 sowie der von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Unterlagen Folgendes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ausgeführt wurde:
„…
Anamnese:
Antragsleiden: Laktoseintoleranz, Atopische Dermatitis, Legasthenie,
Histaminunverträglichkeit
Fructoseunverträglichkeit, Reizdarmsyndrom, Asthma bronchiale, Rhinoconjunktivitis
Migräne o Aura, Benigne Schilddru?senläsion, PCO Syndrom
Derzeitige Beschwerden:
„Ich komme wegen der Diätkosten Rückerstattung, wegen meiner diversen
Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Bei mir besteht eine Laktoseintoleranz, eine Fruktose
Unverträglichkeit, eine Histaminunverträglichkeit. Ich versuche mich weitgehend diätisch
zu ernähren, bei Bedarf nehme ich auch Fruktose-Tabletten oder Laktase. Auf bestimme
Nahrungsmittel bekomme ich auch ein Reizdarm Syndrom, wie zum Beispiel auf Sauerkraut
oder Tomaten, diese Nahrungsmittel lasse ich dann zusätzlich weg. Kopfschmerzen habe
ich dann ungefähr 1-2-mal in der Woche, wobei ich glaube, dass das auch viel mit der
Computerarbeit zusammenhängt. Schmerzmittel nehme ich allerdings nur 1-2-mal im
Monat. Mein Asthma ist eher allergisch bedingt, weil ich das vorallem im Frühjahr merke.
Diesbezüglich habe ich auch einen Spray bekommen, den ich allerdings nicht verwende.
Bezüglich meiner Eierstöcke ist festgestellt, dass diese voller Zysten sind, diesbezüglich bin
ich auch in regelmäßiger Kontrolle. Beschwerden habe ich auch in den Handgelenken,
sodass ich deswegen physikalische Therapien mache. Auch sind meine Kniescheiben schräg
gestellt. Diesbezüglich habe ich auch Abnützungserscheinungen im Kniegelenk. Befunde
konnte ich allerdings diesbezüglich keine finden, nachdem das schon relativ lange her ist.“
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Bedarfsmedikation: Lactrase, Fruktosetabletten, Brufen, Novagin
Sozialanamnese:
ledig, keine Kinder, Beruf: Bundesdienstangestellte
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
X KRANKENHAUS X vom 28.10.2020
Struma nod. - euthyr. Funktion
Dr. B.
Fachärztin fu?r Neurologie vom 14. November 2017
Migräne o Aura
Spannungskopfschmerzen
DR. L.
LUNGENFACHARZT vom 27.10.2017
Diagnose:
ASthma bronchial,Migräne, Rhinoconjunktivitisallerg, Laktose-Intoleranz, Fruktose –
Intoleranz
Universitätsklinikum X vom 17.09.2014
abd. Dolores
bek. Fructoseunverträglichkeit und Laktoseintoleranz /DD: Reizdarmsyndrom
Mag. R., Pädagogisches Gutachten vom 22.8.2005
Primärlegasthenie.
Mitgebrachter Befund: S. vom 15.01.2021: Befund beidseits: Polyzystisch-imponierte Ovarien bei sonst unauffälliger Darstellung innerer Genitale, Verdacht auf PCOS. Therapievorschlag: Endokrinologische Kontrolle und Verlaufskontrolle empfohlen.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
Gut
Größe: 163,00 cm Gewicht: 79,00 kg Blutdruck: -/-
Klinischer Status – Fachstatus:
23 Jahre
Haut/farbe: rosig sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Hautbild bland
Caput: Visus: mit Brille korrigiert, Hörvermögen nicht eingeschränkt
Thorax. Symmetrisch, elastisch,
Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent
Pulmo: Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe
Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar,
Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei.
Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nacken und Schürzengriff bds
möglich, Faustschluss, Spitzgriff bds möglich. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei
beweglich.
Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. durchführbar,
beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, freie
Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken, keine Ödeme, keine Varikositas
Wirbelsäule: FB 0 cm
Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen frei beweglich.
Gesamtmobilität – Gangbild:
normales Gangbild
Status Psychicus:
klar, orientiert
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Laktoseintoleranz, Histaminunverträglichkeit,
Fructoseunverträglichkeit, Reizdarmsyndrom
unterer Rahmensatz, da diätische Maßnahmen erforderlich sind
07.04.04
10
2
Lumbalgie
Migräne ohne Aura, Spannungskopfschmerzen
unterer Rahmensatz, da mittels Analgetika der WHO Stufe 1 coupierbar
04.11.01
10
3
allergisches Asthma bronchiale, Rhinoconjunktivitis
unterer Rahmensatz, da saisonal und Bedarfsmedikation
06.05.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 10 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
weil der führende GdB unter der Position 1 durch Leiden 2+3 nicht erhöht wird, da von zu geringer funktioneller Relevanz
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten
Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Primärlegasthenie, da durch aktuelle Befunde nicht belegt.
Struma nodosa, da eine euthyreote Funktion vorliegt
V.a. PCO Syndrom, da derzeit ohne Interventionsbedarf
Bezüglich der Gelenke konnten keine Funktionseinschränkungen festgestellt werden, daher wird kein
GdB erreicht.
Atopische Dermatitis, da befundmäßiges nicht belegt und unauffälliges Hautbild
[….]
[X] Dauerzustand
[….]
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
[X] JA Erkrankungen des Verdauungssystems
GdB: 10 v.H.“
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 30.03.2021 wurde die Beschwerdeführerin über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Der Beschwerdeführerin wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben. Das eingeholte Gutachten vom 30.03.2021 wurde der Beschwerdeführerin zusammen mit diesem Schreiben übermittelt.
Mit Schreiben vom 13.04.2021 brachte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme folgenden Inhaltes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ein:
„…
Ad 1: Laktoseintoleranz. Histaminunverträglichkeit. Fructoseunverträglichkeit.
Reizdarmsvndrom
Bereits bei der Umstellung von Muttermilch auf die handelsübliche Babynahrung wurde
eine massive Laktoseintoleranz bei mir festgestellt, die auch einen Aufenthalt in der
Kinderklinik nach sich zog. Bei kleinsten diätischen Verfehlungen kommt es zu schweren
Reaktionen die sich von Bauchkrämpfen und schweren Durchfall bis zu Erbrechen mit
starken Kopfschmerzen ziehen kann. Der unbedachte Verzehr von kleinsten Mengen an
nicht selbst zubereiteten Speisen kann hier schon Auslöser sein. Eine Frittatensuppe reicht
schon. Natürlich versuche ich mit Laktrasetabletten dem entgegenzuwirken, was leider
häufig nicht zielführend ist. Auch bei Einhaltung aller diätischen Vorsicht leide ich mehrmals
die Woche unter Durchfall.
Im Laufe derzeit haben sich eine Histaminunverträglichkeit, eine Fructoseunverträglichkeit
und ein Reizdarmsyndrom zusätzlich ausgebildet. Nach Aussage meines Arztes, ist dies
häufig eine Kettenreaktion.
Auch mein Vater leidet an einer starken Laktoseintoleranz, die dazu führte, dass er bereits
in jungen Jahren an Osteoporose leidet. Entsprechend dringlich ist für mich eine diätisch
angepasste Lebensführung, die jedoch aufgrund der mannigfaltigen Unverträglichkeiten
nicht leicht durchzuführen und sehr kostspielig ist.
Eine Anrechnung der Diätverpflegung ohne Selbstbehalt ist im Zuge der
Arbeitnehmerveranlagung erst bei 20% des Gdb möglich.
Ad 2: Migräne ohne Aura. Spannungskopfschmerzen
Aufgrund meiner starken Kopfscherzen und der Häufigkeit deren Auftretens, wurde mir von
der Neurologin sogar eine Bestätigung für den Dienstgeber ausgestellt, die mich für besonders schlimme Tage freistellt, um mein Dienstverhältnis nicht zu gefährden. Die
angegebene Einnahme von Medikamenten bezieht sich auf die Einnahme von Novalgin. Die
Einnahme von leichteren Schmerzmitteln wie Brufen oder alternativmedizinischen
Arzneimitteln ist hier nicht gemeint gewesen.
Gesundheitsschädigungen die keinen Grad der Behinderung erreichen:
Primärlegasthenie: Ich wurde nicht zur Vorlage von aktuelleren Befunden
aufgefordert. Gerne kann von mir ein Befund nachgereicht werden. Dies erfordert
aber eine gewisse Vorlaufzeit.
Struma nodosa: Der Knoten auf der Schilddrüse bedarf nach Aussage der Ärzte im
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Graz, einer kleinmaschigen Überwachen.
Auch im Zusammenhang mit der familiären Vorbelastung. Meiner Großmutter
musste sich bereits vor mehreren Jahren einer Knotenentfernung auf der
Schilddrüse unterziehen. Halbjährlich ist ein Kontrolltermin von meiner Seite in G.
einzuhalten.
PCO Syndrom: Aufgrund der in Aussicht gestellten Unfruchtbarkeit ist für mich als
junge Frau, diese Prognose psychisch sehr belastend und löst immer wieder
depressive Episoden aus.
Atopische Dermatitis: Diese wurde befundmäßig durch Dr. Pleyer belegt. Sollte hier
ein aktuellerer Befund gewünscht sein, kann auch dieser gerne nachgereicht
werden. Auch hier ersuche ich um Fristvergabe zur Vorlage des neuen Befundes. Die
Einschätzung, dass das Hautbild unauffällig ist, stimmt mit meiner Wahrnehmung
nicht überein. Ich muss mir die Nägel regelmäßig bis zum Nagelbett
zurückschneiden, da ich mich ununterbrochen kratze. Bei längeren Nägeln reiße ich
mir regelmäßig die Haut auf. Dies belegen auch unzählige kleine Narben. Die
Hautpflege kann nur mit teuren Spezialprodukten wie Balneum Hermal, Excipial und
dergleichen durchgeführt werden. Die Beschwerden treten das ganzjährig auf und
sind nicht lediglich auf z.B. die Heizsaison zurückzuführen.
Ich ersuche um Rückmeldung, welche weiteren Unterlagen bis zu welchem Termin für die
Beurteilung benötigt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Name der Beschwerdeführerin“
Aufgrund des Inhaltes der eingebrachten Stellungnahme holte die belangte Behörde eine Stellungnahme jener Ärztin für Allgemeinmedizin, die das Sachverständigengutachten vom 30.03.3031 erstellt hatte, vom 19.04.2021 folgenden Inhaltes ein:
„…
Antwort(en):
Stellungnahme zum Parteiengehör vom 26. März 2021
Die Antragstellerin urgiert, dass die Laktoseintoleranz, Histaminunverträglichkeit,
Fructoseunverträglichkeit, Reizdarmsyndrom zu gering eingestuft wurde. Bereits bei der
Umstellung von Muttermilch auf die handelsu?bliche Babynahrung wurde eine massive
Laktoseintoleranz festgestellt. Bei kleinsten diätischen Verfehlungen kommt es zu
schweren Reaktionen die sich von Bauchkrämpfen und schweren Durchfall bis zu Erbrechen
mit starken Kopfschmerzen ziehen kann.
Bezüglich der Migräne ohne Aura und Spannungskopfschmerzen wäre an besonders
schlimmen Tage freistellt.
Gesundheitsschädigungen die keinen Grad der Behinderung erreichen:
Primärlegasthenie, Struma nodosa, PCO Syndrom, Atopische Dermatitis.
Insgesamt beinhaltet das nachgereichte Schreiben keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich
noch nicht berücksichtigter, behinderungswirksamer Gesundheitsschäden. Maßgeblich für
die Einstufung eines behinderungsrelevanten Leidens sind anhand der klinischen
Untersuchung objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung der vorgelegten
Befunde.
Die im Rahmen der hierorts durchgeführten Untersuchung festgestellten
Defizite/schmerzbedingten Funktionseinschränkungen wurden korrekt gemäß geltender
EVO eingestuft.
Eine Primärlegasthenie, die durch aktuelle Befunde nicht belegt ist, kann nicht
berücksichtigt werden.
Ein Struma nodosa, da eine euthyreote Funktion vorliegt, erreicht keinen GdB
V.a. PCO Syndrom, da derzeit ohne Interventionsbedarf, erreicht keinen GdB
Bezu?glich der Gelenke konnten keine Funktionseinschränkungen festgestellt werden,
daher wird kein GdB erreicht.
Atopische Dermatitis, da befundmäßig nicht belegt und erreicht bei unauffälligen
Hautbild, keinen GdB.
Somit ergibt sich keine Änderung der bereits durchgeführten Einstufung.“
Mit Bescheid vom 20.04.2021 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 17.12.2020 auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab, da die Voraussetzungen nicht vorliegen würden. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf die im Ermittlungsverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, wonach der Grad der Behinderung 10 v.H. betrage. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 30.03.2021 und die ergänzende Stellungnahme vom 19.04.2021 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage zum Bescheid (abermals) übermittelt.
Mit Schreiben vom 17.05.2021 brachte die Beschwerdeführerin fristgerecht eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 20.04.2021 ein, in der - neben erneuter Wiedergabe des Inhaltes ihrer Stellungnahme vom 13.04.2021 – darüber hinaus Folgendes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ausgeführt wird:
„[….]
Aufgrund meines Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 17.12.2020 wurde
ich für 26.03.2021 zur Begutachtung eingeladen.
Mit Schreiben von 30.03.2021 wurde mit das Vorabgutachten der Sachverständigen zur
etwaigen Stellungnahme übermittelt. Im Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der
Sachverständigen wurde auf mehrere Leiden kein Bezug genommen und die Schwere
anderen Leiden bagatellisiert. Wobei bereits mit 03. Juli 2008, im Rahmen einer
Begutachtung (damals im Zuge eines Antrages auf erhöhte Familienbeihilfe), ein
Behinderungsgrad von 30% für die Laktoseintoleranz, 20% für die atopische Dermatitis und
30% für die Legasthenie festgestellt wurden.
Mit Stellungnahme von 14.04.2021 erörterte ich die Schwere meiner Leiden ausführlich:
[…..]
Meine Stellungnahme blieb ohne Berücksichtigung oder Vorgabe eines Termines zur
Nachreichung von nötigen Befunden bzw. der Vorgabe, welche Befunde zur endgültigen
Abklärung meines Ansuchens noch nötig wären.
In Erwartung einer Nachfrist vor Bescheiderstellung der Behörde I. Instanz, habe ich bereits
erste Schritte zur Vorlage von neuen Befunden gesetzt und kann der Beschwerde bereits
einen aktuellen Befund zur atopischen Dermatitis beilegen, der dem Gutachten der
Sachverständigen klar widerspricht.
Bei Notwendigkeit unterziehe ich mich auch abermals einer Austestung meiner
Nahrungsmittelunverträglichkeiten, welche jedoch, wie oben beschrieben, mit schweren
physischen Reaktionen verbunden sind. Besonders schwerwiegend sind die Auswirkungen
im Zusammenhang mit dem Verzehr von laktosehaltigen Lebensmitteln. Daher kann ich die
Einschätzung der Sachverständigen in keiner Weise nachvollziehen. Ich bin durch die
Nahrungsmittelunverträglichkeiten in jeder Lebenslage eingeschränkt. Es mag korrekt sein,
dass das Angebot an laktosefreien Lebensmitteln in den letzten Jahren gestiegen ist, aber
in Kombination mit der zusätzlichen Histamin- und Fruktoseintoleranz ist jede Mahlzeit eine
Herausforderung um körperliche Beschwerden hintanzuhalten.
Die Befunde zum Nachweis der Legasthenie sind natürlich schon älter, da diese natürlich in
der Schulzeit aufgefallen ist. Ich habe viele Stunden im Legasthenietraining verbracht um
diese Fehlleistung zu korrigieren. Leider kämpfe ich auch heute noch mit einer schweren
Rechtschreibschwäche. Da ich nicht weiß, welche Art von Bescheinigung hiervorzulegen ist,
ersuche ich die Behörde um Vorgabe.
Ich ersuche höflich um Bekanntgabe von Frist und Art der noch notwendigen bzw.
aktuelleren Befunde zur Feststellung des Gesamtbetrages der Behinderung.
Ich ersuche um Stattgabe der Ausstellung eines Behindertenpasses.
Mit freundlichen Grüßen
Name der Beschwerdeführerin“
Der Beschwerde wurde ein Patientenbrief eines näher genannten Facharztes für Haut und Geschlechtskrankheiten vom 29.04.2021 folgenden Inhaltes – hier in anonymisierter Form wiedergegeben - beigelegt.
„Sehr geehrte Frau X.,
ich berichte wie folgt über die Behandlung vom 29.04.2021:
Die Patientin kommt mit seit gestern Früh brennender Gesichtshaut, gestern Abend icepacks
aufgelegt, allerg. Asthma vorbekannt, Pollenallergie (Frühblüher). Hat seit dem Säuglingsalter immer wieder Kortison haltige Externa geschmiert; auch UV-B Bestrahlungen.
Diagnose: atopisches Ekzem
Befund:
Typische Ekzeme im Sinne der Grunderkrankung
lichen pilaris der seitlichen Oberarme
Therapie: Elidel Mischung zur Pflege, Advantan Mischung für das Gesicht, PelGel Duschgel zum Duschen
Mit freundlichen Grüßen
Name und Unterschrift des behandelnden Arztes“
Die belangte Behörde holte im Rahmen eines offensichtlich ins Auge gefassten Beschwerdevorentscheidungsverfahrens ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten jener Ärztin für Allgemeinmedizin, die das Gutachten vom 30.03.2021 und die ergänzende Stellungnahme vom 19.04.2021 erstellt hatte, vom 07.06.2021 ein, in welchem auf Grund der Aktenlage Folgendes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ausgeführt wurde:
„…
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Beschwerde vom 17.05.2021
Im Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Sachverständigen wurde auf mehrere Leiden kein
Bezug genommen und die Schwere anderen Leiden bagatellisiert. Wobei bereits mit 03. Juli
2008, im Rahmen einer
Begutachtung (damals im Zuge eines Antrages auf erhöhte Familienbeihilfe), ein
Behinderungsgrad von 30% fu?r die Laktoseintoleranz, 20% fu?r die atopische Dermatitis und
30% fu?r die Legasthenie festgestellt wurden.
Mit Stellungnahme von 14.04.2021 erörterte ich die Schwere meiner Leiden ausfu?hrlich:
Ad 1: Laktoseintoleranz. Histaminunverträglichkeit, Fructoseunverträglichkeit.
Reizdarmsyndrom
Ad 2: Migräne ohne Aura, Spannungskopfschmerzen
Gesundheitsschädigungen die keinen Grad der Behinderung erreichen
Primärlegasthenie
Struma nodosa
PCO Syndrom, und dadurch entstehende Depressionen
Atopische Dermatitis
Nachgereichter Befund:
Dr. S.
Facharzt fu?r Haut- und Geschlechtskrankheiten vom 29.04.2021
Die Patientin kommt mit seit gestern Fru?h brennender Gesichtshaut, gestern Abend icepacks
aufgelegt, allerg. Asthma vorbekannt, Pollenallergie (Fru?hblu?her).
Diagnose: atopisches Ekzem
Befund:
Typische Ekzeme im Sinne der Grunderkrankung
liehen pilaris der seitlichen Oberarme
Therapie: Elidel Mischung zur Pflege, Advantan Mischung fu?r das Gesicht, PelGel Duschgel Duschen
Siehe auch VGA vom
Laktoseintoleranz, Histaminunverträglichkeit,
Fructoseunverträglichkeit, Reizdarmsyndrom 10%
Migräne ohne Aura, Spannungskopfschmerzen 10%, allergisches Asthma bronchiale,
Rhinoconjunktivitis 10%
Gesamt-GdB10%
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Laktoseintoleranz, Histaminunverträglichkeit,
Fructoseunverträglichkeit, Reizdarmsyndrom
unterer Rahmensatz, da diätische Maßnahmen erforderlich sind und keine Beeinträchtigung des Ernährungszustandes vorliegt
07.04.04
10
2
Migräne ohne Aura, Spannungskopfschmerzen
unterer Rahmensatz, da mittels Analgetika der WHO Stufe 1 coupierbar, und keine opioidhaltigen Analgetica erforderlich sind
04.11.01
10
3
allergisches Asthma bronchiale, Rhinoconjunktivitis
unterer Rahmensatz, da saisonal und Bedarfsmedikation
06.05.01
10
4
atopisches Ekzem
Fixer Richtsatz, da einmalige Befunddokumentation und der Verlauf nicht objektiviert werden kann
01.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 10 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
weil der fu?hrende GdB unter der Position 1 durch Leiden 2-4 nicht erhöht wird, da von zu geringer funktioneller Relevanz
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten
Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Primärlegasthenie, da durch aktuelle Befunde nicht belegt und auch durch das vorliegende
Beschwerdeschreiben nicht objetivierbar
Struma nodosa, da eine euthyreote Funktion vorliegtund ohne Medikationsbedarf
V.a. PCO Syndrom, da derzeit ohne Interventionsbedarf
Depression, sind Befundmäßig nicht belegt
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Die urgierten Leiden wurden gemäß der objektivierbaren Funktionsdefizite, und unter
Berücksichtigung der vorhandenen Befunde, nach den derzeit geltenden Richtlinien der EVO adäquat vorgenommen, sodass an der bereits vorhandenen Beurteilung festgehalten wird. Leiden 4 wurde neu aufgenommen
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
Keine Änderung des Gesamt-GdB
[X] Dauerzustand
[….]
Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:
[….]
[X] JA Erkrankungen des Verdauungssystems
GdB: 10 v.H.“
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 07.06.2021 wurde die Beschwerdeführerin über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt. Der Beschwerdeführerin wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben. Das eingeholte Gutachten vom 07.06.2021 wurde der Beschwerdeführerin zusammen mit diesem Schreiben übermittelt.
Mit Schreiben vom 21.06.2021 brachte die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme folgenden Inhaltes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ein:
„[….]
Der der Beschwerde vom 17.05.2021 beigelegte Befund von Dr. S. widerlegte die
Expertise der Gutachterin Fr. Dr. F., die feststellte, dass keinerlei atopische Dermatitis
vorläge. Die Höhe des Gesamtbetrages der Behinderung ist auch im Falle des
nachgereichten Befundes für mich nicht nachvollziehbar.
Ich ersuche das Ergebnis der Beweisaufnahme in Bezug auf die Höhe des Gesamtbetrages
der Behinderung der atopischen Dermatitis der Beschwerde vom 17.05.2021 anzufügen.
Zur Feststellung des Gesamtbetrags der Behinderung in Höhe von 10% im Zusammenhang
mit zur Laktose-, Fruktose- und Histaminunverträglichkeit, welche in keiner Weise meinem
Leidensdruck entspricht, führe ich an, dass bereits ein Termin für 12. August 2021 bei
meinem Internisten vereinbart wurde. Der Befund wird umgehend nachgereicht.
Zur Beanstandung der nicht befundmäßig belegten Depression darf ich mitteilen, dass auch
hier ein Termin bei meinem Psychiater am 11. August 2021 stattfinden wird. Der Befund
wird umgehend nachgereicht.
Der Hinweis auf Seite 3 des Sachverständigengutachtens vom 01.06.2021 (vidiert vom
07.06.2021), dass die Primärlegasthenie weder durch einen aktuellen Befund nachweisbar,
noch durch das vorliegende Beschwerdeschreiben objektivierbar ist, stellt mich vor zwei
Herausforderungen.
1) Ich habe bereits in einem Vorschreiben um Unterstützung zur Wahl eines geeigneten Institutes bzw. Gutachterin/Gutachter ersucht. Es wurde mir bis dato keine Unterstützung
gewährt. Daher habe ich einen Termin im Institut X. für 30.06.2021
vereinbart. Das Gutachten wird umgehend nachgereicht.
2) In welcher Weise hätte das Beschwerdeschreiben meine Legasthenie objektivieren
sollen? Natürlich hatte und habe ich Unterstützung bei der Verfassung von Schreiben an
Behörden.
Die Beschwerde vom 17.05.2021 bleibt aufrecht.
Mit freundlichen Grüßen
Name der Beschwerdeführerin“
Die belangte Behörde erließ keine Beschwerdevorentscheidung und legte dem Bundesverwaltungsgericht am 19.08.2021 die gegenständliche Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
Die Beschwerdeführerin legte bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den zuständigen Senat des Bundesverwaltungsgerichtes keine weiteren medizinischen Unterlagen mehr vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin brachte am 17.12.2020 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.
Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden Funktionseinschränkungen:
1. Laktoseintoleranz, Histaminunverträglichkeit, Fructoseunverträglichkeit, Reizdarmsyndrom; diätische Maßnahmen sind erforderlich, es liegt aber keine Beeinträchtigung des Ernährungszustandes vor
2. Migräne ohne Aura, Spannungskopfschmerzen; mittels Analgetika der WHO Stufe 1 coupierbar, es sind keine opioidhaltigen Analgetica erforderlich
3. allergisches Asthma bronchiale, Rhinoconjunktivitis; saisonal und Bedarfsmedikation
4. atopisches Ekzem; einmalige Befunddokumentation, der Verlauf ist nicht objektiviert
Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 10 v.H.
Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in den oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.03.2021 (samt Ergänzung vom 19.04.2021) und vom 07.06.2021 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.
Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen der Antragstellung, bestätigt durch eine Abfrage aus dem Zentralen Melderegister.
Die Feststellung, dass bei der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt ein Grad der Behinderung von 10 v.H. vorliegt, gründet sich auf die oben wiedergegebenen, auf einer vorhergehenden persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 26.03.2021 und auf den von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen basierenden medizinischen Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.03.2021 (samt Ergänzung vom 19.04.2021) und vom 07.06.2021.
In den vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachten wird auf die Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und nachvollziehbar eingegangen. Die diesbezüglich jeweils getroffenen Einschätzungen auf Grundlage der Anlage zur Einschätzungsverordnung, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden und unter Berücksichtigung der jeweils vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.
Mit dem oben vollständig wiedergegebenen Beschwerdevorbringen wird keine Rechtswidrigkeit der von der Ärztin für Allgemeinmedizin in ihren Gutachten vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden ausreichend konkret und substantiiert behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Die eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten schlüsseln – unter konkreter Auflistung und Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen – konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen bei der Beschwerdeführerin vorliegen bzw. objektiviert sind, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden.
Leiden 1 („Laktoseintoleranz, Histaminunverträglichkeit, Fructoseunverträglichkeit, Reizdarmsyndrom“) wurde von der beigezogenen medizinischen Sachverständigen der Postionsnummer 07.04.04.der Anlage zur Einschätzungsverordnung („Chronische Darmstörungen leichten Grades ohne chronischen Schleimhautveränderungen, 10 – 20 %“ zugeordnet. Diese Positionsnummer ist wie folgt definiert: „Mit geringen Auswirkungen, geringe Beschwerden (Reizdarmsymptomatik); Keine oder geringe Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes, seltene Durchfälle leichten Grades, ohne chronische Schleimhautveränderungen“.
Weder ist im Rahmen der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin hervorgekommen noch ergibt sich aus einem von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten Befunde (diese datieren, soweit sie die Darmstörungen betreffen, aus den Jahren 2006 und 2014 und sind daher nicht als aktuell zu bezeichnen), dass bei der Beschwerdeführerin aktuell eine Darmstörung erheblicherer Intensität als von der beigezogenen medizinischen Sachverständigen festgestellt vorliegen würde. Das Ausmaß der von der Beschwerdeführerin in ihren Stellungnahmen geschilderten Leidenszustände (bei kleinsten diätischen Verfehlungen komme es zu schweren Reaktionen, die sich von Bauchkrämpfen und schweren Durchfall bis zu Erbrechen mit starken Kopfschmerzen ziehen könnten, der unbedachte Verzehr von kleinsten Mengen an nicht selbst zubereiteten Speisen könne hier schon Auslöser sein, auch bei Einhaltung aller diätischen Vorsicht leide die Beschwerdeführerin mehrmals die Woche unter Durchfall, entsprechend dringlich sei eine diätisch angepasste Lebensführung) wird durch die von ihr vorgelegten medizinischen Unterlagen und die Ergebnisse der persönlichen Untersuchung nicht bestätigt und belegt und vermochte daher in der von der Beschwerdeführerin dargelegten Form nicht objektiviert zu werden. Insbesondere ist bei einer Körpergröße von 163 cm und einem Gewicht von 79 kg, wie im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 26.03.2021 erhoben, keinerlei maßgebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustandes der Beschwerdeführerin erkennbar, wie sie aber für eine höhere Einstufung unter dem oberen Rahmensatz (20 v.H.) der Positionsnummer 07.04.04 der Anlage zur Einschätzungsverordnung oder aber für eine Einstufung unter der Positionsnummer 07.04.05 erforderlich wäre. Es kann daher nicht erkannt werden, dass die von der beigezogenen medizinischen Sachverständigen vorgenommene Einstufung des Leidens 1 rechtsunrichtig erfolgt wäre.
Selbiges gilt für die unter der Leidensposition 2 eingestufte Funktionsstörung „Migräne ohne Aura, Spannungskopfschmerzen“, die von der medizinischen Sachverständigen zutreffend dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 04.11.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung („Chronisches Schmerzsyndrom; Leichte Verlaufsform, 10%: Analgetika der WHO Stufe 1 oder Intervallprophylaxe“; 20 %: Nicht opioidhaltige oder schwach opioidhaltige Analgetica, Intervallprophylaxe; Schmerzattacken an weniger als 10 Tagen pro Monat“) zugeordnet wurde. Die Beschwerdeführerin legte bezüglich dieses Leidens im Verfahren eine Facharztbestätigung einer näher genannten Fachärztin für Neurologie vom 14.11.2017 vor, die die Diagnose „Migräne o Aura, Spannungskopfschmerzen“ sowie die zusätzliche Anmerkung „Die Patientin ist während einer akuten Kopfschmerzattacke nicht arbbeitsfähig“ beinhaltet. Darüber hinausgehende Aufschlüsse über Art, Häufigkeit und Intensität von allfälligen Schmerzattacken bietet diese Facharztbestätigung vom 14.11.2017 nicht. Damit ist es der Beschwerdeführer aber nicht gelungen, die Ergebnisse der persönlichen Untersuchung durch die beigezogene medizinische Sachverständige zu widerlegen bzw. Leidenszustände erheblicheren Ausmaßes als ohnedies eingestuft zu belegen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihren Stellungnahmen und in der Beschwerde, aufgrund ihrer starken Kopfscherzen und der Häufigkeit deren Auftretens sei ihr von der Neurologin sogar eine Bestätigung für den Dienstgeber ausgestellt worden, die sie für besonders schlimme Tage freistelle, um ihr Dienstverhältnis nicht zu gefährden, die angegebene Einnahme von Medikamenten beziehe sich auf die Einnahme von Novalgin, ist ebenfalls nicht geeignet, die vorgenommene Einstufung zu widerlegen, zumal die Beschwerdeführerin im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 26.03.2021 selbst angab, Kopfschmerzen habe sie ungefähr ein bis zwei Mal in der Woche, wobei sie glaube, dass das auch viel mit der Computerarbeit zusammenhänge, Schmerzmittel (Novalgin) nehme sie allerdings nur ein bis zwei Mal im Monat. Damit legt die Beschwerdeführerin aber selbst dar, dass sie – sofern dies den Tatsachen entsprechen sollte - unter Schmerzattacken an vier bis maximal acht Tagen pro Monat leidet und – was die Stärke der Schmerzen betrifft - mit einer gelegentlichen Medikation von ein bis zwei Mal im Monat das Auslangen findet, dies mit Novalgin, einem nicht opiathaltigen Analgetikum der WHO-Stufe 1. Eine Einstufung unter einem höheren Rahmensatz bzw. einer höheren Positionsnummer kommt daher nicht in Betracht.
Was nun die als Leiden 3 berücksichtigte Funktionseinschränkung „allergisches Asthma bronchiale, Rhinoconjunktivitis; saisonal und Bedarfsmedikation“ betrifft, so wird diese Einstufung von der Beschwerdeführerin nicht beanstandet und ist auch von Amts wegen keine Rechtsunrichtigkeit ersichtlich.
Was schließlich das unter der Leidensposition 4 festgestellte „atopische Ekzem“ betrifft, so legte die Beschwerdeführerin einen medizinischen Beleg für das Vorliegen dieses Hauterkrankung – den oben wiedergegebenen Patientenbrief eines näher genannten Facharztes für Haut und Geschlechtskrankheiten vom 29.04.2021 - erstmals im Rahmen der Beschwerde vor. Dem entsprechend wurde dieses Leiden - nach Einholung eines weiteren medizinischen Sachverständigengutachtens durch die belangte Behörde - in der Folge von der beigezogenen medizinischen Sachverständigen in ihrem Sachverständigengutachten vom 07.06.2021 ergänzend berücksichtigt und zutreffend unter der Positionsnummer 01.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung („Entzündliche, exanthematische, toxische, allergische, infektiöse, immunologische bzw. autoimmunologische, nicht entzündliche Erkrankungen und gutartige Neubildungen der Haut, sichtbarer Schleimhäute und der Hautanhangsgebilde; Narben, Fehlbildungen und Pigmentstörungen; 01.01.01 Leichte Formen 10 % : Weitgehend begrenzt, bis zu zweimal im Jahr für wenige Wochen auftretend, therapeutisch gut beherrschbar“) eingeordnet. Zutreffend führte die medizinische Sachverständige aus, dass seitens der Beschwerdeführerin lediglich eine einmalige Befunddokumentation erfolgte und der Verlauf – nämlich insbesondere hinsichtlich des Ausmaßes der Ausbreitung, der funktionellen Beeinträchtigung, der konkreten Häufigkeit und der jeweiligen konkreten Dauer der jeweiligen Beeinträchtigungen, der tatsächlichen Erforderlichkeit, der Regelmäßigkeit und Wirksamkeit einer Therapie etc. - nicht objektiviert ist. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass sich im Rahmen der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 26.03.2021 ein unauffälliges Hautbild zeigte, was nicht für das Vorliegen ständiger dauerhafter erheblicher, therapeutisch nicht gut beherrschbarer Hautbeeinträchtigungen ins Treffen geführt werden kann. Das Vorliegen von mittelschweren, ausgedehnten Formen des Hautbefalles, welche eine allfällige Einstufung unter der Positionsnummer 01.01.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung ermöglichen würden, ist daher aktuell nicht objektiviert.
Insofern in der – oben wiedergegebenen - Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 21.06.2021 in Bezug auf mehrere nach Ansicht der Beschwerdeführerin vorliegende, aber von ihr bisher nicht belegte bzw. ihrer Ansicht nach nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigte Leiden ausgeführt wird, sie werde nach diversen Arztterminen entsprechende Befunde nachreichen, so ist darauf hinzuweisen, dass eine Nachreichung solcher in der Stellungnahme vom 21.06.2021 angekündigter Befunde bisher nicht erfolgte.
Im Lichte obiger Ausführungen erweist sich aber auch das Vorbringen in der Beschwerde, von der medizinischen Sachverständigen sei auf mehrere Leiden kein Bezug genommen und die Schwere der anderen Leiden bagatellisiert worden, als unzutreffend; tatsächlich hat die medizinische Sachverständige die Einstufungen der bei der Beschwerdeführerin aktuell objektivierten Funktionseinschränkungen zutreffend auf Grundlage der geltenden rechtlichen Bestimmungen getroffen. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf eine Begutachtung im Jahr 2008, die im Zuge eines Antrages auf erhöhte Familienbeihilfe einen Behinderungsgrad von 30% für die Laktoseintoleranz, 20% für die atopische Dermatitis und 30% für die Legasthenie ergeben habe, geht insofern ins Leere, als es im gegenständlichen Verfahren um Ausprägung, Ausmaß und Auswirkungen der aktuell objektivierten Funktionseinschränkungen geht und nicht um die Beurteilung und Berücksichtigung von Leidenszuständen im Jahr 2008.
Die gegenständlich eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten sind auch nicht zu beanstanden, wenn sie eine besonders nachteilige wechselseitige Beeinflussung der vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen oder das Vorliegen zweier oder mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen, im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung nicht gegeben sehen; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.
Auf Grundlage der von der Beschwerdeführerin im Verfahren vorgelegten Unterlagen und der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin konnte somit gegenwärtig kein höherer Grad der Behinderung als 10 v.H. objektiviert werden.
Der Beschwerde wurden – auch unter Berücksichtigung des der Beschwerde beigelegten Patientenbriefes eines näher genannten Facharztes für Haut und Geschlechtskrankheiten vom 29.04.2021 - im Ergebnis keine medizinischen Unterlagen beigelegt, die die vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder diesen entgegenstehen würden. Die Beschwerdeführerin ist daher den gegenständlich eingeholten Sachverständigengutachten im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 30.03.2021 (samt Ergänzung vom 19.04.2021) und vom 07.06.2021. Diese medizinischen Sachverständigengutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
„§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
…
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
…
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
…
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
…
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vor