Entscheidungsdatum
27.09.2021Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W261 2242165-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den KOBV – Der Behindertenverband für Wien, NÖ & Bgld., gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 18.02.2021, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.04.2021, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.
Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen vor.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer ist seit 03.08.2010 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 von Hundert (in der Folge v.H.).
2. Am 09.10.2020 (einlangend) stellte er, bevollmächtigt vertreten durch den KOBV – Der Behindertenverband für Wien, NÖ & Bgld. (in der Folge KOBV), beim Sozialministeriumservice (in der Folge belangte Behörde) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b Straßenverkehrsordnung (StVO) (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt und legte eine Reihe von ärztlichen Befunden vor.
3. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 16.12.2020 erstatteten Gutachten vom 07.01.2021 stellte die medizinische Sachverständige fest, dass der Beschwerdeführer an einem Zustand nach Unterschenkelamputation links bei genügender Funktionstüchtigkeit des Stumpfes bei Zustand nach Rückkürzung des Stumpfes wegen Amputationsneurinom 08/2020 und am Verdacht auf Meniskusläsion rechts mit Funktionseinschränkungen geringes Grades mit endlagiger Einschränkung der Beugung leide, jedoch die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht nicht vorlägen.
4. Die belangte Behörde übermittelte das genannte Gutachten dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13.01.2021 im Rahmen des Parteiengehörs und räumt ihm die Möglichkeit ein, hierzu innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme ab.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.02.2021 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab.
Darüber hinaus führte die belangte Behörde anmerkend aus, dass über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b-Ausweises nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht abgesprochen werde, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden.
Die belangte Behörde schloss dem genannten Bescheid das eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie an.
6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, bevollmächtigt vertreten durch den KOBV, fristgerecht die gegenständliche Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht.
Darin brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass der Bescheid an Rechtswidrigkeit des Inhaltes leide. Infolge eines Arbeitsunfalles im Jahr 2001 sei es zu einer Unterschenkelamputation links gekommen. Am 19.08.2020 sei eine Rückkürzung des Unterschenkels links wegen eines Ampuationsneurinoms gekommen. In weiterer Folge seien borkig veränderte Hautläsion aufgetreten und habe das Hautbiopsat eine Hyperkeratose, Papillomatose, Hypergranulose und Parakeratose ergeben. Der Beschwerdeführer leide zusätzlich an einer chronisch lateralen Bandinstabiliät des rechten oberen Sprunggelenks, Zustand nach multiplen Supinationstraumen bei Zustand nach Broström-Plastik rechts sowie einer Knieschädigung rechts nach einer Stichverletzung.
Infolge der Stumpfrückkürzung des linken Unterschenkels sei bislang eine suffiziente Prothesenversorgung noch nicht möglich gewesen. Der Beschwerdeführer sei daher zur Fortbewegung auf Unterarmstützkrücken angewiesen, wobei er nur sehr kurze Wegstrecken ohne der – bislang nicht erfolgten – Unterschenkelprothesenversorgung mit zwei Stützkrücken zurücklegen könne, dies insbesondere unter dem Aspekt, dass an der verbliebenen rechten unteren Extremität eine Knie- und Sprunggelenksschädigung vorliege, welche die Instabilität bei der Fortbewegung verstärke und eine erhöhte Sturzgefahr mit sich bringe.
Er sei dadurch in seiner Mobilität derart eingeschränkt, dass seine zurücklegbare Wegstrecke erheblich reduziert sei, er sei auf die beiden Unterarmstützkrücken angewiesen und könne nicht ausreichend sicher in ein öffentliches Verkehrsmittel ein- und ausstiegen. Es sei eine erhöhte Sturzgefahr gegeben. Darüber hinaus leide der Beschwerdeführer an degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule und habe dadurch Verspannungen, welche durch das Gehen mit Krücken verstärkt werden und ihn zusätzlich behindern würden.
Auf diese entscheidenden Punkte sei die medizinische Sachverständige in deren Gutachten in nicht ausreichender Weise eingegangen, weshalb die Entscheidung der belangten Behörde mit einem Mangel behaftet sei. Die belangte Behörde hätte den Beschwerdeführer nicht durch eine Allgemeinmedizinerin untersuchen lassen sollen, sondern hätte einen Sachverständigen aus dem Fachbereich Orthopädie/Unfallchirurgie beizuziehen gehabt. Dadurch wäre die belangte Behörde zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Beschwerdeführer erhebliche Einschränkungen der unteren Extremitäten vorliegen würden, und die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung vorliegen würden.
Es werde die Begutachtung durch einen Sachverständigen aus dem Fachbereich Orthopädie/Unfallchirurgie und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Es möge der Beschwerde Folge gegeben werden, die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vornehmen zu lassen.
Der Beschwerdeführer schloss der Beschwerde weitere medizinische Befunde an.
7. Die belangte Behörde nahm die Beschwerde zum Anlass, um ein Gutachten auf Grund der Aktenlage durch die befasste medizinische Sachverständige einzuholen. In deren Gutachten aufgrund der Aktenlage vom 15.04.2021 kam die medizinische Sachverständige unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens und der vorgelegten medizinischen Befunde zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer bei der Letztbegutachtung mit einer Prothese und einer Unterarmstützkrücke mobil gewesen sei. Aufgrund der neu vorgelegten Befunde sei ein weiteres Leiden, die abnützungsbedingte Veränderung der Halswirbelsäule mit deformierender Spondylose, ohne Prolaps- und Protusionsnachweis und ohne neurologische Ausfälle aufzunehmen gewesen.
Aus den neu vorgelegten medizinischen Befunden ergebe sich für die medizinische Sachverständige kein Bild einer Stumpfinsuffizienz oder andere Kontraindikation für eine prothetische Versorgung. Weder die Amputationssituation noch die Wirbelsäulen-, Knie-, Sprunggelenks- oder Bänderproblematik (letzter Befund 01/2018) stelle eine chronisch-anhaltende Mobilitätseinschränkung dar, welche die Kriterien einer „Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel“ erfüllen würden. Anhand der medizinischen Befunde sei kein dauerhafter Bedarf von 2 Unterarmstützkrücken ableitbar, das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (Referenz: nächste Haltestelle im urbanen Bereich) sei zumutbar, das Überwinden der für öffentliche Verkehrsmittel üblichen Niveauunterschiede (somit das Ein- und Aussteigen) sowie der sichere Transport seien möglich.
8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19.04.2021 wies die belangte Behörde die Beschwerde ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.
9. Der Beschwerdeführer stellte durch den KOBV am 30.04.2021 fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG und führte im Wesentlichen aus, dass seit der Stumpfverkürzung des linken Unterschenkels im August 2020 keine suffiziente Prothesenversorgung erfolgt sei, weil immer wieder Hautläsionen auftreten würden. Der Beschwerdeführer sei nach wie vor auf zwei Unterarmstützkrücken angewiesen. Erschwert werde dies durch die Knie- und Sprunggelenksschädigung der rechten unteren Extremität, welche die Instabilität bei der Fortbewegung verstärke und die Sturzgefahr erhöhe. Es sei die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachbereich der Orthopädie/Unfallchirurgie unterblieben. Bei Einholung dieses Gutachtens wäre die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis gekommen. Es werde auf die weiteren Ausführungen in der Beschwerde verwiesen. Es werde beantragt, das Beschwerdeverfahren dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
10. Die belangte Behörde legte diesem Antrag entsprechend den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 05.05.2021 vor, wo dieser am selben Tag einlangte.
11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 07.05.2021 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist, und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
12. Das Bundesverwaltungsgericht nahm die Beschwerde und den Vorlageantrag zum Anlass, um ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung einzuholen. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 19.07.2021 erstatteten Gutachten vom 26.07.2021 stellte der medizinische Sachverständige fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht vorlägen und dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei. Es sei eine ärztliche Nachuntersuchung in etwa einem Jahr erforderlich, weil zu erwarten sei, dass sich die Weichteilsituation am Stumpf sich dann stabilisiert haben werde und eine Unterschenkelprothese angepasst worden sei.
13. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte das genannte Gutachten den Parteien des Verfahrens mit Schreiben vom 27.07.2021 im Rahmen des Parteiengehörs und räumt diesen die Möglichkeit ein, hierzu eine Stellungnahme abzugeben.
14. Der Beschwerdeführer führte vertreten durch den KOBV in seiner Stellungnahme vom 04.08.2021 aus, dass mit diesem orthopädischen Sachverständigengutachten belegt sei, dass es dem Beschwerdeführer nicht zumutbar sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Er ersuche um ehestmögliche Erlassung eines Erkenntnisses. Die belangte Behörde gab keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.
Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.
Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers:
Jetzige Beschwerden: „Gehen ist erschwert, weil ich die Prothese noch immer nicht verwenden kann. Zusätzlich brauche ich regelmäßig Schmerzmittel. Das rechte Sprunggelenk ist nach der Operation besser, es schmerzt aber noch bei Belastung. Das rechte Knie und die Wirbelsäule schmerzen ebenso."
Medikation: Seratil, Miranax, Lyrica, Cipralex. Schuheinlagen rechts.
Sozialanamnese: ledig; Arbeitsunfähig seit 8/2020; KfZ-Mechaniker.
Allgemeiner Status:
178 cm großer und 86 kg schwerer Mann in gutem Allgemein-und Ernährungszustand.
Thorax symmetrisch.
Relevanter Status:
Wirbelsäule im Lot. HWS in R 50-0-50, F 15-0-15, KJA 1 cm, Reklination 14 cm. Normale Brustkyphose, BWS-drehung 30-0-30, Schober Zeichen 10/ cm,
FKBA 15 cm, Seitneigung bis 5 cm ober Patella.
Obere Extremitäten:
Schultern in S 40-0-180, F 180-0-50, R 80-0-80, Ellbogen 0-0-135, Handgelenke 60-0-60, Faustschluß beidseits möglich.
Nacken- und Kreuzgriff durchführbar.
Untere Extremitäten:
Hüftgelenke in S rechts 0-0-110, F 35-0-30, R 30-0-10, Kniegelenk rechts in S 00-130, bandfest, reizfrei.
Sprunggelenke 10-0-40. Blande Narbe ventral des Außenknöchels, zarte AS-Narben. Gelenk stabil.
Links besteht ein Unterschenkelstumpf, etwa im mittleren Drittel abgesetzt. Mehrere feste Krusten anhaftend, kein Entzündungszeichen.
Gangbild/Mobilität:
Gang in Straßenschuhen mit Unterschenkelprothese mit Knieabstützung und Ausladung nach hinten und Unterarmstützkrücke möglich. Zehenspitzen- und Fersenstand rechts möglich.
Der Beschwerdeführer hat folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
? Zustand nach Unterschenkelamputation links mit derzeit ungenügender Funktionstüchtigkeit des Stumpfes.
? Verdacht auf Meniskusläsion rechts.
? Abnützungen der Halswirbelsäule mit deformierender Spondylose ohne sensomotorisches Defizit.
Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Es bestehen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten in Form einer Einschränkung nach Unterschenkelamputation und Rückkürzung links mit andauernder lokaler Weichteilproblematik. Die Mobilität des Beschwerdeführers ist dadurch relevant eingeschränkt. Eine Gehstrecke von 300 bis 400 Metern ist ihm noch nicht sicher möglich.
Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen Extremitäten.
Es bestehen keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit.
Es liegen keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten vor.
Es liegt keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor.
Es liegt keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor.
Es ist beim Benützen von öffentlichen Verkehrsmitteln mit mittleren Schmerzen zu rechnen, starke Schmerzen sind nicht zu erwarten.
Das Ein- und Aussteigen sind prinzipiell möglich, die Funktionen der Gelenke der rechten unteren Extremitäten sind ausreichend beweglich und stabil, aber wegen der noch nicht stabilen Weichteilsituation derzeit nicht zumutbar. Die Wund- und Narbensituation verhindert derzeit ein sicheres Benützen der ÖVM.
Eine ärztliche Nachuntersuchung ist in ca. einem Jahr erforderlich. Es ist zu erwarten, dass sich die Weichteilsituation dann stabilisiert hat und eine Unterschenkelprothese angepasst worden ist.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen, dem Wohnsitz des Beschwerdeführers im Inland und zum Behindertenpass ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Zumutbarkeit zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich – in freier Beweiswürdigung – in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 26.07.2021, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 19.07.2021 ist schlüssig und nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wird auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wird zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingehend Stellung genommen und nachvollziehbar ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer aktuell nicht möglich und zumutbar ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.
Beim Beschwerdeführer besteht eine Unterschenkelamputation links nach einem Arbeitsunfall im Jahr 2001. Am 19.08.2020 musste sich der Beschwerdeführer einer Operation für eine Rückkürzung des Unterschenkels links wegen eines Ampuationsneurinoms unterziehen. Nach dem Ergebnis der medizinischen Untersuchung am 19.07.2021 waren im Bereich der Rückkürzung des Oberschenkels noch festanhaftete Krusten erkennbar, welche belegen, dass der Beschwerdeführer derzeit noch nicht mit einer passenden Unterschenkelprothese versorgt werden kann.
Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 Meter ist dem Beschwerdeführer derzeit somit derzeit unbestritten nicht zumutbar. Nachdem sich dieser Zustand mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit im Laufe eines Jahres verbessern wird, war die entsprechende Feststellung zu treffen, dass zu diesem Zeitpunkt eine Nachuntersuchung erforderlich ist.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes besteht keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens vom 26.07.2021, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 19.07.2021 und wird dieses Sachverständigengutachten in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Der Vollständigkeit halber wird zunächst darauf hingewiesen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18.02.2021, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.04.2021, der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz idgF BGBl I Nr. 100/2018 (in der Folge kurz BBG) abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
§ 42 (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
…
§ 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
…
§ 46 Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47 Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idg F BGBl II Nr. 263/2016 lautet – soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
„§ 1 ….
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. …….
2. ……
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)……“
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 wird unter anderem - soweit im gegenständlichen Fall relevant - Folgendes ausgeführt:
"Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (neu nunmehr § 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016):
…
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
…
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
…
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden.
…
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),
- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
…
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.
…“
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist, und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Bei der Beurteilung der zumutbaren Wegstrecke geht der Verwaltungsgerichtshof von städtischen Verhältnissen und der durchschnittlichen Distanz von 300 bis 400 Metern bis zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels aus (VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt – auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen -, wurde im eingeholten Sachverständigengutachten vom 26.07.2021, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 19.07.2021, nachvollziehbar bestätigt, dass im Fall des Beschwerdeführers die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vorliegen. Mit dem Vorliegen der beim Beschwerdeführer objektivierten aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen vermag dieser, wie in seiner Beschwerde und seinen Stellungnahmen richtig angeführt, die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen ein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.
Die belangte Behörde wird dem Beschwerdeführer einen neuen Behindertenpass mit der beantragten Zusatzeintragung auszustellen haben, wobei zu beachten sein wird, dass in ca. einem Jahr eine Nachuntersuchung vorzunehmen sein wird, weil mit einer Verbesserung des Gesundheitszustandes gerechnet werden kann.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde, auf das über Veranlassung des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht und welches auf alle Einwände und vorgelegten Befunde des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingeht. Die strittige Tatsachenfrage, genauer die Art und das Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers und damit verbunden die Frage der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, sind einem Bereich zuzuordnen, der von einem Sachverständigen zu beurteilen ist. Dem Beschwerdevorbringen war stattzugeben. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Unzumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W261.2242165.1.00Im RIS seit
25.10.2021Zuletzt aktualisiert am
25.10.2021