TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/27 W217 2246165-1

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Veröffentlicht am 27.09.2021
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Entscheidungsdatum

27.09.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W217 2246165-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von Frau XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 23.08.2021, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, in nicht-öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Am 25.02.2021 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) einlangend begehrte die Beschwerdeführerin unter Vorlage eines Befundkonvolutes die Ausstellung eines Behindertenpasses.

1.1.    Im Folgenden holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten ein. In ihrem Gutachten vom 24.06.2021, basierend auf der persönlichen Begutachtung der Beschwerdeführerin am 19.05.2021, wurde von Dr. XXXX , Fachärztin für Innere Medizin, Ärztin für Allgemeinmedizin, Folgendes festgehalten:

„Anamnese:

2002 ASK re. Knie nach Unfall, protrahierter Verlauf nach Infektion im KH

Bluthochdruck seit 2013 bekannt

15.1.2021 Schrittmacherimplantation UK XXXX bei AV II Mobitz

3. März 2021 bis 7. März 2021 UK XXXX : Koronarangio – Ausschluß einer interventionspflichtigen KHK, Diagnose einer Tako-Tsubo-Kardiomyopathie

AHV in XXXX 04/2021

Derzeitige Beschwerden:

Wenn ich länger stehe, schwillt mein re. Knie an, ich kann´s auch nicht mehr ganz abbiegen. Ich habe auch immer Schmerzen in den Schultern, die ziehen in den Kopf und den Nacken.

Ich bekomme bei Belastung einen Druck im Brustkorb, das war schon vor der Reha so, dann war´s besser uns seit ca. 2 Wochen ist es wieder so, das spür ich auch bei Bewegung und beim Bücken in der Arbeit. ich kann auch nicht schnelle gehen. - Eine ärztliche Kontrolle diesbezüglich sei noch nicht erfolgt, dies wurde AS nahegelegt.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Concor 5mg 2x1/2, Dancor 10mg 2x1, Ramipril 5mg 2x1/2

Bewegungstherapie: Übungen, spazieren (mit Stöcken) bis zu 1,5 h

Sozialanamnese:

Geschieden, 1 Sohn, lebt seit 8a in Österreich, Wohnung im EG, Holzofen und Pelletsheizung, arbeitet in einer Gärtnerei.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

E-Brief RZ XXXX , stat. 01.04.2021 bis 22.04.2021:

>Diagnosen:

Tako-Tsubo-Kardiomyopathie 03/2021 UK XXXX - Koronarangiographie: Ausschluss interventionspflichtige KHK

DDD-Schrittmacherimplantation (Biotronic Enitra 6 DR) 15.01.2021 UK XXXX bei AV-Block Grad II Typ Mobitz

Raynaud-Syndrom 2017

Z.n.Knie-Op.rechts

>Relevante Befunde:

Aufnahme-Echokardiographie: konzentrisch hypertrophierter linker Ventrikel mit erhaltener LV-Funktion ohne Wandbewegungsstörungen, keine höhergradigen Klappenvitien.

Aufnahme-Ergometrie: Belastung bis 88 Watt, entspricht 66% der Sollleistung von 132 Watt, Abbruch wegen Erschöpfung der Patientin, keine Endstreckenveränderungen während der Belastung.

Langzeit-EKG: SR im Wechsel mit SM-modus, kein Hinweis auf Schrittmacherdysfunktion

Langzeit-Blutdruck-Messung: normotensive Blutdruckwerte mit erhaltenem nächtlichen Dipping.

Ärztlicher Entlassungsbrief UK XXXX , stat. 3. März 2021 bis 7. März 2021:

Diagnosen:

Tako-Tsubo-Kardiomyopathie 03/2021

art. Hypertonie

AVBlock II°Mobitz - Z.n.DDD-R-Schrittmacher-Implantation Biotonik Enitra 6 DR 01/2021

Raynaud Syndrom (seit etwa 2017)

Z.n.Knie OP re.

Verlauf: …Akutaufnahme über die NFA bei stechenden Thoraxschmerzen und Dyspnoe bei minimaler Belastung ….V.a.Tako-Tsubo-Kardiomyopathie im TTE…Koronarangiographie bestätigt die Diagnose Tako-Tsubo-Kardiomyopathie, andere akute Ursachen konnten ausgeschlossen werden – weiterhin kons. Therapie.

Ärztlicher Entlassungsbrief UK XXXX , stat. 14. Januar 2021 bis 16. Januar 2021:

Aufnahme über die Notaufnahme bei AV Block II° Mobitz zur DDD-R-SchrittmacherImplantation

Diagnosen bei Entlassung:

art. Hypertonie

AV Block II°Mobitz-Z.n.DDD-R-Schrittmacher-Implantation am 15.01.2021

Z.n.Knie OP re.

Raynaud Syndrom (seit etwa2017)

Röntgenbefund XXXX 01.12.2020:

Beide Schultergelenke:

Beginnende Omarthrose bds.

Geringgradige AC-Gelenksarthrose bds.

HWS:

Geringe Fehlhaltung. Degenerative Veränderungen mit Punctum maximum im Bereich der Intervertebralgelenke.

BWS:

Leichte Fehlhaltung. Osteodegenerative Veränderungen und geringe Osteochondrosen.

LWS:

Leichte Fehlhaltung. Osteodegenerative Veränderungen. Inzipiente Osteochondrosen.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Harn + Stuhl: oB.

Nik. + Alkohol: neg.

Allergien: keine bekannt

Ernährungszustand:

übergewichtig

Größe: 166,00 cm  Gewicht: 85,00 kg  Blutdruck: 128/70 mmHg

Klinischer Status – Fachstatus:

Caput/Collum: unauffällig

Thorax: SM li. infraclavikulär in situ

Cor: Herztöne rein, rhythmisch, mittellaut, f 88/min.

Pulmo: normaler Klopfschall, Basen normal verschieblich, reines VA

Abdomen:  kein Druckschmerz, keine Resistenzen,

Leber am Ribo, Milz nicht tastbar, Nierenlager nicht dolent

HWS: KJA: 2 cm

Rotation und Seitneigung altersentsprechend

BWS: im Lot

LWS: FBA: 15 cm

OE: Schultergelenke: altersentsprechend

Nacken-Kreuzgriff bds. durchführbar
Ellbogengelenke: bds. altersentsprechend
Handgelenke: bds, altersentsprechend

Hand mit Fingergelenken: altersentsprechend, Faustschluß bds. durchführbar

UE: Sitzen mit 90° flektierter Hüfte und Knie möglich
Hüften: altersentsprechend bewegl.
Knie: li. altersentsprechend bewegl., re. Beugedefizit - aktiv bis ca. 100° mögl.
Sprunggelenke bds. altersentsprechend
Fußpulse: tastbar
Venen: unauff.
Ödeme: keine

Gesamtmobilität – Gangbild:

AS kommt frei gehend, gute Belastbarkeit beider Beine, benötigt keine Gehbehelfe, selbständiges An-und Auskleiden möglich, problemloser Transfer auf die Untersuchungsliege.

Status Psychicus:

AS in allen Ebenen orientiert, gut kontakt-und auskunftsfähig, Stimmung ausgeglichen, Gedankenductus klar, logisch, Affekt stabil

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Tako Tsubo Kardiomyopathie 03/2021

Unterer Rahmensatz bei erhaltener Linksventrikelfunktion, berücksichtigt die Schrittmacherimplantation bei AV-Block II Mobitz und die behandelte Hypertonie.

05.02.01

30

2

Zustand nach Arthroskopie rechtes Knie mit postoperativer Infektion 2002

Unterer Rahmensatz bei mäßiger Funktionseinschränkung im rechten

Knie, berücksichtigt die geringen Abnützungserscheinungen der

Wirbelsäule und der Schultern ohne erhebliche Funktionseinschränkung

02.02.02

30

                                                      Gesamtgrad der Behinderung  30 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Leiden 1 wird durch Leiden 2 nicht erhöht, da keine wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erstgutachten

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

Erstgutachten

X        Dauerzustand (…)“

2.       Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG durch die belangte Behörde am 23.07.2021 erteilten Parteiengehörs hat die Beschwerdeführerin keine Einwendungen gegen das Ergebnis der Beweisaufnahme vorgebracht.

3.       Mit Bescheid vom 23.08.2021 hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Die Abweisung wurde mit dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung begründet.

4.       Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und brachte vor, ihr Gesundheitszustand habe sich in den letzten Monaten nicht verbessert. Sie sei ständig in ihrer beruflichen Tätigkeit sowie im privaten Bereich eingeschränkt. Ihre Leistungsfähigkeit und Energie seien im Beruf wesentlich vermindert. Sie arbeite in einer größeren Gärtnerei, wo die Pflege der Pflanzen, Beete und der Verkauf zu ihren Aufgaben gehöre. Sie sei jedoch nicht mehr in der Lage, schwerere Arbeiten wie etwa größere Pflanzen in Töpfen oder Erdesäcke (40 Liter / 70 Liter-Säcke) zu bewegen. Auch mehrere Topfpflanzen in Pflanzentrays von höheren Etagen eines CC-Containers zu heben, über Schulter bzw. über Kopfhöhe, sei ihr unmöglich geworden (vom Gewicht her und der Höhe über Schulter). Bei einer Dauerbelastung schwererer Tätigkeiten, schnellerer Belastung und Stress, sogar beim Kehren über längeren Zeitraum, bekomme sie gesundheitliche Probleme. Diese würden sich in Herzklopfen, schnellem Puls, Luftmangel, Schweißausbrüchen, Schwindelgefühl, Gefühl der Beklemmung und Brustschmerz äußern. Um diese Symptome zu entschärfen, müsse sie dann eine Pause einlegen und sich langsamer bewegen, d.h. die Belastungsgrenze senken. Sportliche Freizeitaktivitäten wie z.B. leichte Bergwanderung, schnelles Gehen oder auch Fahrrad fahren in hügeligem Gelände sei ihr ohne Beschwerden unmöglich geworden. Sie habe Angst, dass es wieder zu einem Anfall mit dem Tako-Tsubo-Syndrom komme und sie wegen Stress oder Überlastung wieder bei ihrer Arbeit ausfalle bzw. im Krankenhaus lande. Ab und zu fühle sie sich depressiv, da sie sich nicht mehr leistungsfähig fühle. Zusätzlich merke sie auch die mehr oder weniger Dauer-Schmerzen im Knie und Schulterbereich, die sie ebenfalls ziemlich beeinträchtigen würden. Neue medizinische Beweismittel wurden keine vorgelegt.

5.       Am 08.09.2021 langte die Beschwerde samt Fremdakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Die Beschwerdeführerin ist am XXXX geboren, besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft und hat ihren Wohnsitz im Inland.

Die Beschwerdeführerin begehrte am 25.02.2021 bei der belangten Behörde einlangend die Ausstellung eines Behindertenpasses.

1.2.    Bei der Beschwerdeführerin liegen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden, vor:

Lfd. Nr.

 

Pos.Nr.

Gdb %

1

Tako Tsubo Kardiomyopathie 03/2021

Unterer Rahmensatz bei erhaltener Linksventrikelfunktion, berücksichtigt die Schrittmacherimplantation bei AV-Block II Mobitz und die behandelte Hypertonie.

05.02.01

30

2

Zustand nach Arthroskopie rechtes Knie mit postoperativer Infektion 2002

Unterer Rahmensatz bei mäßiger Funktionseinschränkung im rechten

Knie, berücksichtigt die geringen Abnützungserscheinungen der

Wirbelsäule und der Schultern ohne erhebliche Funktionseinschränkung

02.02.02

30

1.3.    Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 v.H.

2.       Beweiswürdigung:

Zu 1.1) Die getroffenen Feststellungen gründen auf dem diesbezüglich unbedenklichen Eintrag im Zentralen Melderegister und stehen überdies im Einklang mit den Angaben der Beschwerdeführerin.

Die Feststellung hinsichtlich der Antragsstellung auf Ausstellung eines Behindertenpasses gründet auf dem diesbezüglich schlüssigen Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdaktes.

Zu 1.2) und 1.3) Die Feststellungen zur Höhe des Gesamtgrades der Behinderung und der Art und dem Ausmaß der Funktionseinschränkung gründen sich auf das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Gutachten der Sachverständigen Dr. XXXX , vom 24.06.2021, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin.

Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei, eingegangen, wobei die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Befunde und Beweismittel im Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme umfassend Berücksichtigung gefunden haben.

Die getroffenen Einschätzungen basieren auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund von Dr. XXXX und entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin wurde mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. eingeschätzt.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihr Gesundheitszustand habe sich in den letzten Monaten nicht verbessert, ihre Leistungsfähigkeit sei wesentlich vermindert, sie sei nicht mehr in der Lage, schwere Arbeiten zu tätigen, sie merke die mehr oder weniger dauernden Schmerzen im Knie- und Schulterbereich, auch habe sie Angst, dass es wieder zu einem Anfall mit dem Tako-Tsubo-Syndrom komme, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Pos.Nr. 05.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung lautet:

Hypertonie

Liegt eine schwerere (über mäßig hinausgehende) Hypertonie vor, stehen die Folgeerkrankungen weit im Vordergrund. Es sind folglich diese Funktionseinschränkungen einzuschätzen.

Die ursächliche Hypertonie ist bei dieser Einschätzung dann mit umfasst.

05.01.01

Leichte Hypertonie

10 %

05.01.02

Mäßige Hypertonie

20 %

05.02 Herzmuskelerkrankungen

05.02.01

Herzmuskelerkrankung leichter Ausprägung

30 – 40 %

30 %: Reduzierte Linksventrikelfunktion im Ultraschall, ohne wesentliche Beschwerde

40 %: Deutliche Belastungsdyspnoe

Die Beschwerdeführerin hat sich vom 01.04.2021 bis 22.04.2021 in stationärer Rehabilitation befunden. Im ärztlichen Entlassungsbericht vom 23.04.2021 ist unter Diagnose angeführt:

„Diagnose          Kat.

I44.3 Sonstiger und nicht näher bezeichneter atrioventrikulärer Block    N

I42.9 Kardiomyopathie, nicht näher bezeichnet      N

Tako-Tsubo-Kardiomyopathie am 03/2021 Universitätsklinikum XXXX mit Koronarangiographie: Ausschluss interventionspflichtige KHK: Tako-Tsubo-Kardiomyopathie

DDD-Schrittmacherimplantation (Biotronic Enitra 6 DR 15.01.2021 Universitätsklinikum XXXX Kardiologie

Raynaud-Syndrom 2017

Z.n. Knie-Op. Rechts

AV-Block Grad II Typ Mobitz“

Unter „Epikrise" ist darin Folgendes festgehalten: „.... In der Aufnahme-Echokardiographie konzentrisch hypertrophierter linker Ventrikel mit erhaltener LV-Funktion ohne Wandbewegungsstörungen, soweit bei eingeschränkten Schallbedingungen keine höhergradigen Klappenvitien. In der Aufnahme-Ergometrie Belastung bis 88 Watt, entspricht 66% der Sollleistung von 132 Watt, Abbruch wegen Erschöpfung der Patientin, keine Endstreckenveränderungen während der Belastung. Im Langzeit-EKG Sinusrhythmus im Wechsel mit Schrittmachermodus, kein Hinweis auf Schrittmacherdysfunktion, Herzfrequenz-Varibialität von 60 bis 140/Min. In der Langzeit-Blutdruck-Messung normotensive Blutdruckwerte mit erhaltenem nächtlichen Dipping. ..…. Die Patientin nahm am multimodalen Therapiekonzept konsequent und motiviert teil. Neben Ausdauereinheiten wie Wandern und Ergometrietraining nahm sie auch an Kraft- und Gymnastikeinheiten teil. Weiters an Schulungen betreffend Prävention, Ernährung und Bewegung. Aufgrund rezidivierender Belastungsdyspnoe wurde mehrfach ein EKG geschrieben, dort zeigen sich bekannte T- Negativierungen über der Vorderwand, mehrfache Troponinbestimmungen zeigten sich immer unauffällig, daher wurde eine antianginöse Therapie mit Dancor eingeleitet. Insgesamt kann von einem sehr guten Reha-Ergebnis gesprochen werden, sodass die Patientin anschließend in die häusliche Betreuung entlassen werden kann.“

Weiters ist darin unter „ICF-orientierte Rehabilitationsziele“ festgehalten:

„Persönliches Rehab-Ziel:

Punkt 1: bezogen auf Funktionsstörungen und Strukturschäden: Verbesserung der respiratorischen Situation, Linderung der kardialen Beschwerdesymptomatik.

Punkt 2: bezogen auf Beeinträchtigungen der Aktivität und Teilhabe: Verbesserung der Mobilität und körperlichen Leistungsfähigkeit, Wiedererlangung sportlicher Tätigkeiten - Hobbys.

Punkt 3: bezogen auf positiv und negativ wirkende Kontextfaktoren: Senkung der Blutfettwerte, Optimierung der medikamentösen Therapie.

Objektiviertes Rehab-Ziel:

Punkt 1: bezogen auf Funktionsstörungen und Strukturschäden: Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit.

Punkt 2: bezogen auf Beeinträchtigungen der Aktivität und Teilhabe: Erhaltung der Eigenständigkeit, Konditionsverbesserung, Verbesserung der subjektiven Belastbarkeit.

Punkt 3: bezogen auf positiv und negativ wirkende Kontextfaktoren: Senkung des cardiovaskülären Risikoprofils.

Persönliche Ziele

erreicht: X

Ärztlich-definiertes Ziel:

erreicht: X“

Ebenso ist den durchgeführten Therapiemaßnahmen zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin u.a. 6x Heil- bzw. Krankengymnastik in der Gruppe zu á 25 Minuten, 11x Fahrrad-Ergometertraining in der Gruppe inkl. Monitoring zu á 25 Minuten, 8x Wandergruppen/konventionell zu á 55 Minuten sowie 6x Krafttraining in der Gruppe zu á 25 Minuten absolviert hat.

Die Heranziehung der Pos.Nr. 05.02.01 mit einem GdB von 30% erfolgte daher zu Recht.

Pos.Nr. 02.02 der Anlage zur Einschätzungsverordnung lautet:

Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates

Es ist die resultierende Gesamtfunktionseinschränkung bei entzündlich rheumatischen Systemerkrankungen, degenerative rheumatischen Erkrankungen und systemischen Erkrankungen der Muskulatur einzuschätzen.

Falls sie mit Lähmungserscheinungen einhergehen, sind sie entsprechend den funktionellen Defiziten nach Abschnitt 04. „Neuromuskuläre Erkrankungen“ im Kapitel „Nervensystem“ zu beurteilen.

02.02.01

Mit funktionellen Auswirkungen geringen Grades

10 – 20 %

Leichte Beschwerden mit geringer Bewegungs- und Belastungseinschränkung

02.02.02

Mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades

30 – 40 %

Mäßige Funktionseinschränkungen, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls,

geringe Krankheitsaktivität

Die Sachverständige begründet die Heranziehung der Pos.Nr. 02.02.02 mit dem unteren Rahmensatz von 30% mit mäßiger Funktionseinschränkung im rechten Knie, wobei die geringen Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule und der Schultern ohne erhebliche Funktionseinschränkung mitberücksichtigt werden.

Dies findet auch Bestätigung in den Aufzeichnungen der Sachverständigen bei der persönlichen Untersuchung am 19.05.2021 im Rahmen des oben wiedergegebenen Untersuchungsbefundes (vgl. „OE: Schultergelenke: altersentsprechend, Nacken- Kreuzgriff bds. durchführbar, Ellbogengelenke: bds. altersentsprechend, Handgelenke: bds. altersentsprechend, Hand mit Fingergelenken: altersentsprechend, Faustschluß bds. durchführbar. UE: Sitzen mit 90° flektierter Hüfte und Knie möglich, Hüften: altersentsprechend bewegl., Knie: li. altersentsprechend bewegl., re. Beugedefizit - aktiv bis ca.100° mögl., Sprunggelenke bds. altersentsprechend, Fußpulse: tastbar, Venen: unauff., Ödeme: keine").

Hinzuzufügen ist, dass die Beschwerdeführerin hinsichtlich dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Status bzw. den objektivierten Bewegungsumfängen und der Zuordnung der Gesundheitsschädigungen zu den jeweiligen Richtsatzpositionen bzw. dem resultierenden Grad der Behinderung des jeweiligen Leidens nicht entgegengetreten ist, wodurch eine weitere Auseinandersetzung mit der Beurteilung dieser Leiden entfallen kann.

Weitere Befunde, die neue Tatsachen, noch nicht ausreichend berücksichtigte Leiden oder eine maßgebliche Verschlimmerung belegen könnten, wurden von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt.

Die Beschwerdeführerin ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutachtens vom 24.06.2021. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Gegenwärtig konnte kein höherer Grad der Behinderung als 30 v.H. objektiviert werden.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt A)

Zur Entscheidung in der Sache

Unter Behinderung iSd Bundesbehindertengesetz (BBG) ist gemäß dessen § 1 Abs. 2 leg.cit. die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktion zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40 Abs. 1 BBG normiert, dass behinderte Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG), BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist (§ 40 Abs. 2 BBG).

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 idF BGBl II 251/2012) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung BGBl II 261/2010 idF BGBl II 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung:

§ 2 Abs. 1 Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigung sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

Gemäß § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung ist eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. ist bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit diese durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Wie oben unter Punkt II.2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das oben dargestellte Sachverständigengutachten vom 24.06.2021 zu Grunde gelegt, aus dem sich ein Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin von 30 v. H. ergibt.

In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen.

Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen der beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, im Ergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, sie hat - wie bereits oben ausgeführt - kein aktuelles Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher in sachverhaltsbezogener und rechtlich erheblicher Form die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Befundnahme und Schlussfolgerungen der dem gegenständlichen Verfahren beigezogenen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag, oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (MRK), BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Eine Verhandlung ist demnach in jenen Fällen durchzuführen, wenn ‚civil rights‘ oder ‚strafrechtliche Anklagen‘ iSd Art. 6 MRK oder die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte betroffen sind und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (VwGH 9.9.2014, Ro 2014/09/0049).

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten.

Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 MRK noch Art 47 GRC entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung sind die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Funktionseinschränkungen im Hinblick auf deren Einschätzung des durch sie bedingten Grades der Behinderung. Im gegenständlichen Fall bildet ein medizinisches Sachverständigengutachten die Grundlage für die Beurteilung der Höhe des Gesamtgrades der Behinderung. In diesem wurde die Funktionsbeeinträchtigung der Beschwerdeführerin nachvollziehbar, vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei mit einem Grad der Behinderung von 30 v.H. bewertet.

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens als geklärt anzusehen. Da die Klärung der Rechtssache durch eine eingehende Auseinandersetzung mit den Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin durch ein medizinisches Sachverständigengutachten erfolgte und bedingt durch die dort nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen bedurfte es keiner weiteren Klärung der Rechtssache.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W217.2246165.1.00

Im RIS seit

25.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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