Index
34 MonopoleNorm
AVG §76Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des B H in L, vertreten durch Mag. Rainer Hochstöger, MBA, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10 (4. OG), gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 20. August 2019, LVwG-413308/5/Zo/JW, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Spruchpunktes III. (Vorschreibung des Barauslagenersatzes in der Höhe von EUR 165,--) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 25. Februar 2019 wurde der Revisionswerber wegen Verletzung der Duldungs- und Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 5 Glücksspielgesetz - GSpG schuldig erkannt, weil er als Beauftragter des Lokalinhabers bzw. als Person, welche Glücksspieleinrichtungen bereitgehalten habe, den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassende Überprüfungen und Testspiele nicht ermöglicht habe, indem er die Stromzufuhr zu den zu kontrollierenden Glücksspielgeräten unterbrochen habe und nicht bereit gewesen sei, den PIN-Code für die Bespielung der Geräte bekannt zu geben. Zudem habe er es verweigert, die von der Kontrolle betroffenen Räumlichkeiten für die Kontrollorgane zugänglich zu machen. Über ihn wurde deswegen eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Zudem verpflichtete die belangte Behörde den Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens und nach § 64 Abs. 3 VStG zur Zahlung von EUR 165,-- „als Ersatz für die der Behörde durch die gegenständliche Verwaltungsübertretung entstandenen Barauslagen“.
2 Begründend führte die belangte Behörde zur Vorschreibung der Barauslagen aus, der Revisionswerber habe durch die Verweigerung der Öffnung mehrerer Räumlichkeiten, bei denen dringender Verdacht hinsichtlich GSpG-Verletzungen bestanden habe, die Beauftragung eines Aufsperrdienstes notwendig gemacht. Außerdem seien in mehreren Eingriffsgegenständen Stromunterbrecher eingebaut gewesen, welche die erforderlichen Testspiele unmöglich gemacht hätten. Auch hier habe folglich der Schlüsseldienst beauftragt werden müssen, um die Stromunterbrecher auszubauen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde unter einer hier nicht wesentlichen Veränderung des Spruches als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Hinsichtlich der Strafhöhe wies es die Beschwerde ab (Spruchpunkt II.). Die Vorschreibung des Barauslagenersatzes in der Höhe von EUR 165,-- bestätigte es (Spruchpunkt III.). Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt IV.).
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht (u.a.) zur Vorschreibung der Barauslagen unter Zugrundelegung von § 64 Abs. 3 VStG im Wesentlichen aus, die Beiziehung eines Schlossers sei für die gesamte Dauer der gegenständlichen Kontrolle erforderlich gewesen, weil der Revisionswerber erst nach Androhung der zwangsweisen Öffnung durch den Schlosser die Eingangstür geöffnet habe und im Lokal eine Tür, hinter welcher Glücksspielgeräte hätten vermutet werden dürfen, vom Schlosser geöffnet habe werden müssen und der Schlosser letztlich auch notwendig gewesen sei, um die in den Geräten eingebauten Stromunterbrecher zu beseitigen. Diese Kosten habe der Revisionswerber durch sein Verhalten verursacht. Die Kosten seien der Behörde im Sinne des § 64 Abs. 3 VStG erwachsen. Daher sei die Vorschreibung dieser Kosten zu Recht erfolgt.
5 Der Revisionswerber brachte gegen dieses Erkenntnis zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein, der mit Beschluss vom 25. Februar 2020, E 3689/2019-11, deren Behandlung ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
6 Innerhalb der nach § 26 Abs. 4 VwGG eröffneten Frist erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 1. Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu überprüfen (vgl. z.B. VwGH 23.7.2020, Ra 2020/17/0051, mwN).
8 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 3.1. Wenn die Revision zu ihrer Zulässigkeit zunächst vorbringt, das Verwaltungsgericht habe keine Feststellungen zur „Kohärenzprüfung“ getroffen und seine Prüfung insoweit auf die Zitierung höchstgerichtlicher Entscheidungen beschränkt, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Zulässigkeit der Revision im Fall der Behauptung eines - eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfenden - Verfahrensmangels voraussetzt, dass die Revision auch von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 3.4.2019, Ra 2019/17/0021, mwN). Mit seinem Vorbringen zeigt der Revisionswerber die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels im Sinne der hg. Rechtsprechung jedoch nicht auf (vgl. VwGH 7.7.2021, Ra 2020/17/0078, mwN).
12 3.2. Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der Revision - soweit es sich gegen den Schuld- und den Strafausspruch richtet - keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
13 4.1. Soweit sich die Revision gegen die Vorschreibung von Barauslagen für die Beiziehung eines Schlossers in der Höhe von EUR 165,-- wendet und in diesem Zusammenhang einen Widerspruch zu näher zitierter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aufzeigt, ist sie hingegen zulässig und auch berechtigt:
14 4.2. § 64 Abs. 3 VStG, BGBl. Nr. 52/1991, lautet:
„(3) Sind im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen (§ 76 AVG), so ist dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind; der hienach zu ersetzende Betrag ist, wenn tunlich, im Erkenntnis (der Strafverfügung), sonst durch besonderen Bescheid ziffernmäßig festzusetzen. Dies gilt nicht für Gebühren, die dem Dolmetscher zustehen, der dem Beschuldigten beigestellt wurde.“
15 4.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Vorschreibung des Ersatzes von Barauslagen für die Kosten der Türöffnung durch einen Schlüsseldienst in Zusammenhang mit einer Übertretung des § 50 Abs. 4 GSpG bereits ausgesprochen, dass zu den „im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens“ angefallenen Kosten nicht solche zählen, die zur Durchsetzung der den Organen der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG zustehenden Kontrollbefugnisse angefallen sind. Bei diesen Kosten handelt es sich um Kosten eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (vgl. VwGH 21.11.2018, Ra 2017/17/0322, mwN).
16 4.4. Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht dem Revisionswerber den Ersatz von Barauslagen gemäß § 64 Abs. 3 VStG zum einen für die Kosten der Türöffnung durch einen Schlosser vorgeschrieben, zum anderen für die Kosten der Beseitigung der in den Geräten eingebauten Stromunterbrecher. In beiden Fällen handelt es sich nicht um Kosten, die „im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens“ angefallen sind. In beiden Fällen geht es vielmehr um Kosten, die im Zuge einer zu dem Zweck durchgeführten Überprüfung entstanden sind, ob eine strafbare Handlung des Revisionswerbers vorliegt. Diese Kosten waren unabhängig vom Verwaltungsstrafverfahren gegen den Revisionswerber wegen Verletzung der Duldungs- und Mitwirkungspflicht solche, die zur Durchsetzung der den Organen der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG zustehenden Kontrollbefugnisse jedenfalls erforderlich waren.
17 4.5. Indem das Verwaltungsgericht diese Kosten eines Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dem Revisionswerber gemäß § 64 Abs. 3 VStG vorschrieb, belastete es sein Erkenntnis insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
18 5.1. Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang seines Spruchpunktes III. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
19 5.2. Im Übrigen war die Revision hingegen zurückzuweisen.
20 6.1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
21 6.2. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und 4 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 27. September 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020170057.L00Im RIS seit
25.10.2021Zuletzt aktualisiert am
04.11.2021