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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
VwGG §28 Abs1 Z4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli,LL.M., über die Revision des Dipl.-Ing. A W in L, vertreten durch Dr. Meinrad Einsle, MMag. Dr. Rupert Manhart und MMMag. Dr. Susanne Manhart, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 12. September 2019, Zl. RV/1300005/2019, betreffend Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: nunmehr Amt für Betrugsbekämpfung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis befand der Finanzstrafsenat Feldkirch II des Bundesfinanzgerichts den Revisionswerber im Instanzenzug schuldig, als Abgabepflichtiger vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch Nichteinreichung von Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2010 bis 2012, wobei Österreich steuerpflichtige Einkünfte aus unselbständiger Auslandstätigkeit verschwiegen worden seien, sodass infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruchs mit Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist die Einkommensteuer für die Jahre 2010 bis 2012 nicht habe festgesetzt werden können, für die Veranlagungsräume 2010 bis 2012 eine Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Einkommensteuer 1. betreffend das Jahr 2010 iHv 15.519,50 €; 2. betreffend das Jahr 2011 iHv 23.913 € und 3. betreffend das Jahr 2012 iHv 23.839 €, insgesamt 63.271,50 € bewirkt und hiermit das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen zu haben, weswegen über ihn nach § 33 Abs. 5 iVm § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG eine Geldstrafe iHv 25.000 € und gemäß § 20 FinStrG für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Tagen verhängt wurde. Weiters wurde dem Revisionswerber die Bezahlung eines mit 500 € festgesetzten Pauschalkostenbeitrags gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG auferlegt. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig.
2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
3 In der Revision wird unter der Überschrift „D. Revisionspunkte“ ausgeführt:
„Das angefochtene Erkenntnis verletzt mehrere Rechte des Beschuldigten.
Einerseits widerspricht das angefochtene Erkenntnis der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des ‚Mittelpunktes der Lebensinteressen‘. Andererseits verstößt das angefochtene Erkenntnis gegen die Grundsätze der Strafbemessung.
Darüber hinaus verletzt das Straferkenntnis das Recht des Beschuldigten auf eine dem Gesetz entsprechende Besetzung des Gerichtes.“
4 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichtes dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 3.5.2021, Ra 2020/13/0004; VwGH 17.12.2020, Ra 2018/16/0020, jeweils mwN).
5 Soweit der Revisionswerber als Revisionspunkt geltend macht, das angefochtene Erkenntnis widerspreche der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des „Mittelpunktes der Lebensinteressen“ und verstoße gegen die Grundsätze der Strafbemessung, bezeichnet er damit keine subjektiven, aus einer bestimmten Rechtsnorm ableitbaren Rechte, in denen er durch das angefochtene Erkenntnis verletzt sein könnte. Mit der Anführung von Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird (§ 28 Abs. 3 VwGG) und der Anführung von Gründen, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) wird dem Erfordernis nach der Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), nicht entsprochen.
6 Somit verbleibt als tauglicher Revisionspunkt das Recht auf eine „dem Gesetz entsprechende Besetzung des Gerichtes“.
7 Im Zusammenhang mit der - auch im Zulässigkeitsvorbringen gerügten - unrichtigen Zusammensetzung des Finanzstrafsenats des Bundesfinanzgerichts führt der Revisionswerber aus, da der Senat durch zwei Senatsmitglieder besetzt gewesen sei, welche beide Arbeitnehmervertreter seien, liege eine unrichtige Besetzung und ein die Nichtigkeit des angefochtenen Erkenntnisses begründender Verfahrensmangel vor.
8 § 71a Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 idF BGBl. I Nr. 70/2013, lautet auszugsweise wie folgt:
„(1) [...]
(2) Die Senate für Finanzstrafrecht beim Bundesfinanzgericht bestehen aus vier Mitgliedern. Den Vorsitz führt ein dazu aus dem Kreis der Richter des Bundesfinanzgerichtes nach den Bestimmungen des BFGG bestellter Vorsitzender. Die weiteren Mitglieder sind ein Richter des Bundesfinanzgerichtes und zwei fachkundige Laienrichter.
(3) [...]
(4) Für die vom Bundesfinanzgericht zu erlassende Geschäftsverteilung der Senate für Finanzstrafrecht ist § 68 sinngemäß anzuwenden. Die Veröffentlichung richtet sich nach den Bestimmungen des BFGG.
(5) [...]“
9 § 68 Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 idF BGBl. I Nr. 14/2013, lautet auszugsweise wie folgt:
„(1) Vor Ablauf jedes Jahres sind für die Dauer des nächsten Jahres unter Berücksichtigung des voraussichtlichen Bedarfes die Anzahl der Spruchsenate, deren Vorsitzende und die übrigen Mitglieder sowie die Reihenfolge, in der diese im Falle der Verhinderung des zunächst berufenen Senatsmitgliedes einzutreten haben, zu bestimmen. Jedes Mitglied kann auch mehreren Senaten angehören.
(2) Bei der Einrichtung der Spruchsenate ist jeweils vorzusehen
a) mindestens ein Senat, dessen Laienbeisitzer von gesetzlichen Berufsvertretungen selbständiger Berufe entsendet sind, und
b) mindestens ein Senat, dessen Laienbeisitzer von gesetzlichen Berufsvertretungen unselbständiger Berufe entsendet sind.
(3) Die Geschäfte sind für jedes Jahr im Voraus unter die Senate so zu verteilen, dass die Durchführung des Verfahrens und die Fällung der Entscheidung bei selbständig berufstätigen Beschuldigten einem nach Abs. 2 lit. a zusammengesetzten Senat oder dessen Mitglied und bei unselbständig berufstätigen Beschuldigten einen nach Abs. 2 lit. b zusammengesetzten Senat oder dessen Mitglied obliegt. Die Zuordnung zu einer Berufsgruppe bleibt bei Pensionierung oder Arbeitslosigkeit bestehen. Wird gegen einen Beschuldigten, der beiden oder keiner der vorgenannten Berufsgruppen angehört, oder wird im selben Verfahren gegen mehrere Beschuldigte verhandelt, die verschiedenen der vorgenannten Berufsgruppen angehören, so obliegt die Führung des Verfahrens einem nach Abs. 2 lit. a zusammengesetzten Senat; gleiches gilt, wenn gegen ein Mitglied eines zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs einer juristischen Person (§ 36 Abs. 2 Z 1 des Arbeitsverfassungsgesetzes) oder gegen einen leitenden Angestellten (§ 36 Abs. 2 Z 3 des Arbeitsverfassungsgesetzes) wegen eines im Rahmen dieser Funktion begangenen Finanzvergehens verhandelt wird.
[...]“
10 Wie der Revisionswerber selbst vorbringt, war der Finanzstrafsenat Feldkirch II des Bundesfinanzgerichts neben dem vorsitzenden Richter mit einem weiteren Richter des Bundesfinanzgerichts sowie zwei fachkundigen Laienrichtern besetzt, welche beide Angestellte der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Vorarlberg und somit Arbeitnehmervertreter sind. Damit hat ein nach § 68 Abs. 2 lit. b FinStrG gebildeter Senat im Finanzstrafverfahren des Revisionswerbers entschieden.
11 Warum ein auf diese Weise zusammengesetzter Senat im Finanzstrafverfahren des Revisionswerbers, der nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts bis 28. Februar 2010 bei der V AG in Österreich als Dienstnehmer beschäftigt und bis Anfang 2018 bei internationalen Firmen in der Schweiz und in München im Management tätig war und seither arbeitslos ist, nicht hätte entscheiden dürfen, macht die Revision, die insbesondere nicht vorbringt, dass der Revisionswerber jemals selbständig erwerbstätig gewesen wäre, nicht einsichtig.
12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 28. September 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019160191.L00Im RIS seit
25.10.2021Zuletzt aktualisiert am
06.12.2021