TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/19 95/19/0648

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Veröffentlicht am 19.12.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der A in G, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1995, Zl. 107.187/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1995 wurde der am 15. April 1994 bei der österreichischen Botschaft in Preßburg überreichte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei nach der auf ihren eigenen Angaben beruhenden Aktenlage sichtvermerksfrei eingereist und habe habe ihren damit begonnenen Aufenthalt mit dem vorliegenden Antrag auf Aufenthaltsbewilligung verlängern wollen. Sie sei seit 2. März 1994 in Wien aufrecht gemeldet. Damit stehe fest, daß die Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle. Daher sei die Erteilung einer Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Eine Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Fremden sei bei einer auf diese Bestimmung gestützten Entscheidung nicht geboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat erstmals den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gebraucht. Ändert die Behörde gegenüber dem Bescheid der Vorinstanz den Versagungsgrund, so ist sie verpflichet, dies dem Beschwerdeführer vorzuhalten (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, S. 336, wiedergegebene Judikatur). Eigene Angaben müssen der Partei demgegenüber nicht vorgehalten werden.

Im Gegensatz zu den Darlegungen im angefochtenen Bescheid ist aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren (vgl. Seite 33 und 34 verso der Berufung) nicht ersichtlich, daß sie sich im Zeitpunkt ihrer Antragstellung bei der österreichischen Botschaft in Preßburg und auch in der Folge bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides im Bundesgebiet aufgehalten hätte.

Damit unterliegt ihr Beschwerdevorbringen, sie habe den gegenständlichen Antrag gemeinsam mit ihrem Ehegatten bei der österreichischen Botschaft in Preßburg eingebracht und sich in weiterer Folge nicht mehr im Inland aufgehalten, nicht dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Bei dieser Konstellation wäre aber der von der belangten Behörde gebrauchte Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG nicht gegeben. Eine Bewilligung soll (im Sinne dieser Gesetzesbestimmung) dann nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden, wenn sich der Fremde im für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Anschluß an eine sichtvermerksfreie Einreise im Inland aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zlen. 95/19/0785 bis 0787). Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Fremde, wie dies hier von der Beschwerdeführerin behauptet wird, zwar irgendwann sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist ist, in der Folge jedoch zur Antragstellung wieder ausreist und die Entscheidung im Ausland abwartet.

Aus diesen Erwägungen hat die Beschwerdeführerin mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen die Relevanz des aufgezeigten Verfahrensmangels dargelegt.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Parteiengehör RechtsmittelverfahrenParteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995190648.X00

Im RIS seit

02.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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