TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/31 I405 2178979-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.05.2021
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Entscheidungsdatum

31.05.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I405 2178979-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Guinea, vertreten durch: BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2017, ZI. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.04.2021, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text



Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) stellte in Österreich am 22.09.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am selben Tag wurde er durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab er an, dass er Guinea verlassen habe, da es zu einem religiösen und ethnischen Krieg zwischen mehreren Parteien gekommen sei und er Angst vor den Konsequenzen gehabt habe.

In einer niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 13.09.2017 gab der BF an, dass er Guinea verlassen habe, da es 2013 zu einem Krieg zwischen den ethnischen Gruppen der „Kerig“ und der „Koneke“ gekommen sei. Er selbst gehöre der Gruppe der „Koneke“ an und habe eine dreijährige Beziehung mit einem Mädchen, welches dem Stamm der „Kerig“ angehört habe, gehabt. Die Familie des Mädchens habe diese Beziehung nicht gebilligt und er sei von dessen Vater bedroht worden. Das Mädchen habe dann sein Elternhaus verlassen und der Vater habe ihn wegen dessen Verschwindens angezeigt. Der Vater habe die Polizei bestochen gehabt, er sei verhört und festgehalten worden, bis das Mädchen selbst ihn bei der Polizei entlastet habe. Danach habe der Krieg zwischen den „Kerig“ und den „Koneke“ begonnen und die „Kerig“ seien in sein Haus gekommen und hätten seinen Onkel ermordet sowie seine Mutter vergewaltigt. Er selbst sei an der Schulter verletzt worden, habe sich aber in Sicherheit bringen können. Die Mutter habe ihm daraufhin mitgeteilt, dass dies seine Schuld und es besser sei, wenn er das Land verlassen würde.

Das BFA wies am 16.11.2017 mit angefochtenem Bescheid den Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Dazu wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Guinea zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für seine freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.). Das Vorbringen des BF wurde für nicht glaubhaft befunden.

Gegen die Spruchpunkte I. bis V. dieses Bescheides wurde fristgerecht am 30.11.2017 Beschwerde erhoben.

Mit Schriftsatz vom 01.12.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 07.12.2017, legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

Am 15.04.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des BF, seiner Rechtsvertretung sowie einer Dolmetscherin für die Sprache Französisch statt und wurde die Beschwerdesache erörtert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Guinea und bekennt sich zum islamischen Glauben. Der BF gehört der Volksgruppe der Mandinka an. Der BF spricht Mandinka und Französisch. Seine Identität steht nicht fest.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er gehört auch zu keiner der Risikogruppen für den Fall einer Erkrankung an Covid-19.

Der BF hält sich spätestens seit seiner Asylantragstellung im September 2016 in Österreich auf.

Der BF hat neun Jahre lange die Koranschule besucht und war in Guinea vor seiner Ausreise selbstständig tätig, indem er an seinem Stand Telefone von Kunden durch ein Stromaggregat aufgeladen hat.

Der BF stammt aus XXXX und lebte der BF mit seiner Mutter, seiner Schwester und seinem Halbbruder zusammen, zu welchen nach wie vor regelmäßiger Kontakt besteht. Bei einer Rückkehr könnte der BF, zumindest vorübergehend auch wieder bei seiner Familie Unterkunft nehmen. Die Familie bestreitet ihren Lebensunterhalt durch die Vermietung eines Hauses und die Tätigkeit der Schwester als Schneiderin.

In Österreich verfügt der BF über keine familiären Anknüpfungspunkte, hat jedoch Freundschaften geschlossen und sich in der Gemeinde, in welcher er untergebracht ist, gut integriert. So nimmt er beispielsweise an den jährlichen Dorfsäuberungsaktionen teil. Im Sommer ist er ehrenamtlich in einem Weingut tätig und verfügt über einen Arbeitsvorvertrag als landwirtschaftliche Hilfskraft bzw. Weingartenarbeiter. Er hat bis dato lediglich 2017 einen Deutschkurs Niveau A1 besucht und noch keine Deutschprüfung positiv bestanden. In seiner Unterkunft besucht er aktuell hausintern einen Deutschkurs der Unterkunftsleiterin.

Der BF ging in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Beschäftigung nach und bezieht seit seiner Asylantragstellung Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig oder selbsterhaltungsfähig.

Der BF ist in Österreich nicht vorbestraft.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:

Es ist dem BF nicht gelungen, eine asylrelevante Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung glaubhaft zu machen.

Im Fall seiner Rückkehr nach Guinea wird er mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur allgemeinen Situation in Guinea:

Die aktuelle Situation im Herkunftsstaat des BF stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:

Politische Lage

Die Republik Guinea ist geprägt von einem demokratischen Aufbruch nach dem kurzzeitigen Militärregime unter Moussa Dadis Camara (2008-2010). Zuvor war Guinea trotz politischer Öffnung unter dem autoritären Regime von Präsident Lansana Conté bestimmt (AA 28.6.2019a). Die ersten freien Präsidentschaftswahlen 2010 endeten in der Stichwahl mit einem sehr knappen Ergebnis zwischen Regierungs- und Oppositionspartei. Der teilweise erbittert geführte Wahlkampf von 2010 war Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition"), die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis heute die innenpolitische Situation beeinflusst. Staatspräsident Condé setzte sich bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 erneut durch. Aktuell wird in Guinea von Seiten der Regierung eine Verfassungsänderung zugunsten einer bisher verfassungsrechtlich ausgeschlossenen 3. Amtszeit des Präsidenten erwogen (AA 28.6.2019a; vgl. USDOS 13.3.2019).

Die ersten freien Parlamentswahlen fanden nach Verzögerungen am 28.9.2013 statt. Die Nationalversammlung tagt in mindestens zwei Sitzungsperioden im Jahr. Die nächsten Parlamentswahlen hätten schon Anfang 2019 stattfinden sollen, wurden aber aufgeschoben: das Parlament ist per präsidentiellem Dekret in Amtsverlängerung getreten (AA 28.6.2019a). Die ersten demokratischen Kommunalwahlen fanden am 4.2.2018 statt (AA 28.6.2019a; vgl. USDOS 13.3.2019), deren Ergebnis jedoch noch nicht vollständig umgesetzt ist. Im Rahmen von Dezentralisierungsbemühungen soll die Autonomie der Gebietskörperschaften längerfristig gestärkt werden (AA 28.6.2019a).

Das Parteiensystem war zwischen den beiden Präsidentschaftswahlen 2010 und 2015 weitgehend von einer Orientierung in zwei Lagern bestimmt: Die Regierungsmehrheit unter Führung der dominierenden RPG (Rassemblement du Peuple de Guinée), zusammen mit mehreren Kleinstparteien in einem Bündnis RPG-Arc-en-Ciel; und die Opposition, innerhalb derer die UFDG (Union des Forces Démocratiques de Guinée) die mit Abstand stärkste Partei stellt, sowie einer Reihe von kleineren und kleinsten Parteien. Beide Gruppen bilden in der Nationalversammlung jeweils einen Fraktionsverbund. Zur Opposition gehört auch die kleinere UFR (Union des Forces Républicaines), die zwischenzeitlich (Jänner 2016 bis Mai 2018) an der Regierung beteiligt war und in der Nationalversammlung eine eigene Fraktion bildet. Das bisher bestimmende Lagergefüge der Parteipolitik ist seitdem in Bewegung gekommen (AA 5.7.2019).

Laut Verfassung müssen die Parteien national aufgestellt sein; dies trifft auf jeden Fall auf die großen Parteien zu. Trotzdem haben auch diese ethnisch-regionale Hochburgen (AA 5.7.2019).

In Guinea wurden bei der Umsetzung der politischen Vereinbarung vom 12.10.2016 schrittweise Fortschritte erzielt. Das politische Umfeld polarisierte sich jedoch zunehmend nach der Verschiebung der anstehenden Parlamentswahlen, die für Jänner auf November 2019 verschoben wurden. Es wird befürchtet, dass das Präsidentenlager auf eine Erneuerung der Verfassung von 2010 drängt, um Präsidenten Alpha Condé den Weg für eine mögliche dritte Amtszeit zu ebnen (UNSC 5.7.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (28.6.2019a): Guinea - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/innenpolitik/206132, Zugriff 19.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 25.7.2019

- CIA - Central Intelligence Agency (USA) (10.7.2019): The World Factbook - Guinea, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 25.7.2019

- UNSC - UN Security Council (5.7.2019): Activities of the United Nations Office for West Africa

and the Sahel; Report of the Secretary-General, https://www.ecoi.net/en/file/local/2013221/S_2019_549_E.pdf, Zugriff 8.8.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 25.7.2019

Sicherheitslage

In Guinea bestehen soziale und politische Spannungen, die sich auch zu Sicherheitsrisiken ausweiten können. In Conakry sowie im Inneren des Landes kommt es regelmäßig zu Demonstrationen, die zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen und den Sicherheitskräften führen. Immer wieder werden zahlreiche Menschen verletzt oder getötet (EDA 14.8.2019; vgl. BMEIA 14.8.2019). So haben die Proteste im Zusammenhang mit den Lokalwahlen im Februar 2018 mehrere Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 14.8.2019). Die Kriminalitätsrate hat sowohl in Conakry, als auch im Landesinneren stark zugenommen. Bewaffnete Raubüberfälle und Diebstähle sind häufig (BMEIA 14.8.2019; vgl. EDA 14.8.2019; FD 14.8.2019). Aufgrund der für den Großteil der Bevölkerung sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage gibt es in Conakry, aber auch im Landesinneren, immer wieder Akte des Vandalismus und Straßenblockaden. Vor allem im städtischen Milieu sind nächtliche Überfälle auf Passanten, Wohnhäuser und Geschäfte verbreitet. Bewaffnete nächtliche Überfälle auf Fahrzeuge werden von Zeit zu Zeit auf einzelnen Überlandstraßen gemeldet. Auch aus diesem Grund wird von nächtlichen Überlandfahrten abgeraten. Besonders zu beachten ist, dass die Täter teilweise uniformiert sind (AA 14.8.2019). Die südlichen Grenzgebiete zu Liberia, Sierra Leone und Côte d'Ivoire sind aufgrund ethnischer Spannungen gefährlich (BMEIA 14.8.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (14.8.2019): Guinea - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/guineasicherheit/206098, Zugriff 14.8.2019

- BMEIA - Europa, Integration und Äußeres (14.8.2019): Guinea - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/guinea/, Zugriff 14.8.2019

- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (Schweiz) (14.8.2019): Reisehinweise für Guinea, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/guinea/reisehinweiseguinea.html, Zugriff 14.8.2019

- FD - France Diplomatie (Frankreich) (14.8.2019): Conseils aux voyageurs - Guinée - Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/guinee/, Zugriff 14.8.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Obwohl die Verfassung und die Gesetze die Unabhängigkeit der Justiz vorsehen, fehlt es dem Justizsystem an Unabhängigkeit. Es ist unterfinanziert, ineffizient und offen korrupt. Das Justizsystem ist gekennzeichnet von zahlreichen Problemen (USDOS 13.3.2019; vgl. HRW 17.1.2019) wie z.B. geringes Budget, das Fehlen von qualifizierten Anwälten und Untersuchungsrichtern sowie einem veralteten und restriktiven Strafgesetzbuch (USDOS 13.3.2019). Die Justiz ist nicht vollständig unabhängig, aber es gibt Anzeichen dafür, dass die Autonomie der Justiz leicht zugenommen hat. Die Bürgerrechte sind gesetzlich garantiert, werden aber in der Praxis nur teilweise respektiert (BS 2018). Vetternwirtschaft und ethnische Voreingenommenheit schränkten die Wirksamkeit der Justiz ein (USDOS 13.3.2019). Aufgrund des korruptionsanfälligen formalen Justizsystems vertrauen viele Bürger auf das traditionelle Rechtssystem (USDOS 13.3.2019; vgl. BS 2018). Fälle, die dort nicht zur Zufriedenheit der Beteiligten gelöst werden können, werden an das formale Justizsystem übergeben. Die Stimme der Frau hat im traditionellen Rechtssystem weniger Gewicht als jene des Mannes (USDOS 13.3.2019). Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung, die Unabhängigkeit der Richter, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, das Recht auf einen Verteidiger und das Recht der Berufung vor; jedoch werden diese Rechte in der Praxis nicht konsistent geachtet (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 30.7.2019

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002173.html, Zugriff 30.7.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 30.7.2019

Sicherheitsbehörden

Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie und die nationale Polizei unter dem Ministerium für Sicherheit teilen sich die nur unzulänglich definierte Verantwortung für die innere Sicherheit. Die Armee ist für die Sicherheit nach außen verantwortlich, spielt jedoch auch im Bereich der inneren Sicherheit eine Rolle. Per Gesetz sind das Militär, die Gendarmerie und die Polizei dazu befugt, Verhaftungen durchzuführen. Gesetzlich ist allerdings nur die Gendarmerie dazu ermächtigt, Verhaftungen von Angehörigen des Militärs und der Polizeikräfte durchzuführen. Es gibt auch spezielle Polizei- und Gendarmerie-Einheiten (USDOS 13.3.2019).

Die Polizei bleibt weiterhin unterbezahlt, inadäquat ausgerüstet und ineffizient. Es gibt mehrere Berichte über Sicherheitsbehörden, die Befehle ignorieren und auf übermäßige Gewalt zurückgreifen (USDOS 13.3.2019). Es gibt zahlreiche Vorwürfe über unprofessionelles Verhalten, Diebstahl und Erpressung (HRW 17.1.2019; BS 2018). Straffreiheit bleibt ein verbreitetes Problem (AA 5.7.2019; vgl. USDOS 13.3.2019; HRW 17.1.2019). Im Feber 2018 wurde erstmals ein hoher Armeeoffizier für Ausschreitungen des Militärs gegen die Zivilbevölkerung verurteilt und erhielt eine Bewährungsstrafe; seine Soldaten dagegen Haftstrafen (AA 5.7.2019).

Sicherheitskräfte folgen nur selten dem Strafgesetzbuch, die zivile Kontrolle über die Polizei ist ineffektiv (USDOS 13.3.2019). Disziplin innerhalb der und zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte scheinen sich aber zu verbessern (HRW 17.1.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 30.7.2019

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002173.html, Zugriff 30.7.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 30.7.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechte sind zwar gesetzlich garantiert, werden aber von einer noch schwachen Justiz bisher nicht ausreichend geschützt. Besondere Sorgen macht die Einschränkung von Menschenrechten durch die konservativ-traditionelle gesellschaftliche Praxis. Dies betrifft insbesondere die Rechte von Frauen und von Kindern. Kritisch sind dabei vor allem die Praxis der Zwangsverheiratung von Minderjährigen, erzwungene Kinderarbeit und die verbreitete Genitalverstümmelung (AA 28.6.2019a).

Seit Amtsantritt der Regierung Condé Ende 2010 kommt dem institutionalisierten Menschenrechtsschutz verstärkte Bedeutung zu. Die Bemühungen der Regierung werden insbesondere in der Schaffung eines eigenen Ministeriums für Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten (seit 2016) deutlich, stoßen in der Praxis jedoch immer wieder an Grenzen (AA 5.7.2019). Obwohl sich das Verhalten der Sicherheitskräfte in den letzten Jahren verbessert hat, sind Polizei und Gendarmerie an übermäßiger Gewalt, Korruption und Kriminalität beteiligt (HRW 17.1.2019). Bei Übergriffen herrscht Straflosigkeit, es ist allenfalls mit internen Disziplinarmaßnahmen zu rechnen. Diese Straflosigkeit ist ein zentrales Manko in der Menschenrechtsbilanz Guineas (AA 5.7.2019; vgl. HRW 17.1.2019).

Nationale und internationale Menschenrechtsgruppen berichten zudem von Folter, mit der Gefangene eingeschüchtert oder Geständnisse erzwungen werden (HRW 17.1.2019). Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme im Land sind u.a. die übermäßige Anwendung von Gewalt und Folter gegen Zivilisten durch die Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftungen, endemische Korruption auf allen Ebenen der Regierung, Vergewaltigungen und Gewalt gegen Frauen und Mädchen und Zwangs- und Frühehen (USDOS 13.3.2019).

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Meinungs- und Pressfreiheit gewährleisten (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 5.7.2019), schränkt die Regierung diese Freiheiten ein. Staatliche Fernseh- und Rundfunkmedien berichten überwiegend aus Regierungssicht (AA 5.7.2019). Unabhängige und oppositionseigene Medien sind aktiv und drücken ein weites Spektrum von Ansichten aus. Wichtigstes Medium bleibt aber noch – auch angesichts der hohen Analphabetenrate (41%) – das Radio (AA 28.6.2019b; vgl. USDOS 13.3.2019). Neben dem öffentlichen, regierungsgelenkten Rundfunk der RTG (Radio Television Guinéenne) gibt es seit 2006 zahlreiche private Radiosender im ganzen Land (ROG 2019; USDOS 13.3.2019). FM-Radio-Call-in-Shows bleiben beliebt und erlaubten den Bürgern, ihre Unzufriedenheit mit der Regierung auszudrücken. Die Zunahme der Online-Nachrichten-Websites spiegelt die wachsende Nachfrage nach unterschiedlichen Ansichten wider (USDOS 13.3.2019).

Allerdings können Verleumdungen und Anschuldigungen zu Vergeltungsmaßnahmen durch die Regierung führen (USDOS 13.3.2019). Die Bedrohung der Medienfreiheit hat in den letzten Jahren zugenommen. 2018 wurden mehrere Journalisten wegen regierungskritischer Berichterstattung verhaftet und dann wieder freigelassen. Außerdem kam es zu Übergriffen auf Medieninstitutionen oder Journalisten (HRW 17.1.2019). Es gibt Berichte über physische Angriffe, Belästigung und Einschüchterung (USDOS 13.3.2019) Nach anderen Angaben hat sich das Klima für Journalisten in den letzten Jahren etwas verbessert (FH 4.2.2019).

Es kam auch zur willkürlichen Schließung von Radio- und Fernsehsendern und Journalisten arbeiten weiterhin in einem Klima von Unsicherheit und Gewalt (ROG 2019). Das Strafgesetzbuch, das 2016 verabschiedet wurde, sieht Strafen von bis zu fünf Jahren Gefängnis wegen Diffamierung oder Beleidigung von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vor (FH 4.2.2019).

Im World Press Freedom Index 2019 belegt Guinea Platz 107 von 180 (ROG 2019). Die Pressefreiheit ist grundsätzlich gewahrt, Eingriffe durch staatliche Zensur finden im Ausnahmefall statt, wurden bisher aber nach scharfer Kritik der Zivilgesellschaft wieder zurückgenommen (AA 28.6.2019b).

Die Verfassung sieht Versammlungsfreiheit vor, die Regierung schränkt dieses Recht jedoch ein (USDOS 13.3.2019). 2017/2018 kam es zu einer Zunahme von Demonstrationen, die teilweise in gewaltsamen Konfrontationen mit Sicherheitskräften mündeten. Seit Ende 2018 werden Straßendemonstrationen aus Sicherheitsgründen regelmäßig untersagt (AA 5.7.2019). Das Gesetz verbietet jedes Treffen, das ethnischen Charakter hat, sowie jede Versammlung, die die nationale Einheit bedrohen könnte. Für öffentliche Versammlungen ist eine Anmeldung einzuholen. Lokale Behörden können Demonstrationen verbieten, wenn sie der Ansicht sind, dass die öffentliche Ordnung bedroht ist (USDOS 13.3.2019). In der Praxis werden Versammlungen, die ohne Ankündigung abgehalten werden, oft gewaltsam aufgelöst (FH 4.2.2019). Die Regierung untersagt häufig Demonstrationen der Opposition (HRW 17.1.2019; vgl. BS 2018) und es kommt zum Einsatz von Tränengas und Wasserwerfer durch die Sicherheitskräfte (HRW 17.1.2019).

Die Verfassung und Gesetze gewährleisten Vereinigungsfreiheit, und die Regierung respektiert dieses Recht in der Praxis (USDOS 13.3.2019). Es sind über 150 politische Parteien zugelassen, von denen aber nur 6 über eine nennenswerte Mitgliederzahl und über mehr als einen Abgeordneten in der Nationalversammlung verfügen. Staatliche Einschränkungen von oppositionellen Aktivitäten haben in den vergangenen Jahren abgenommen. Guineas Oppositionsparteien sind im Parlament stark vertreten. Bei den Kommunalwahlen am 4.2.2018 konnten Oppositionsparteien erstmals die Mehrheit in zahlreichen Städten und Gemeinden gewinnen und politische Verantwortung übernehmen (AA 5.7.2019).

Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Hilfsorganisationen um Flüchtlingen, Staatenlosen und Asylwerbern Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (28.6.2019a): Guinea - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/innenpolitik/206132, Zugriff 31.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (28.6.2019b): Guinea - Kultur und Bildungspolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/kultur-bildung/206134, Zugriff 31.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 31.7.2019

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Guinea, h https://www.ecoi.net/de/dokument/2008159.htm l, Zugriff 31.7.2019

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002173.html, Zugriff 31.7.2019

- ROG - Reporter ohne Grenzen (2019): Rangliste der Pressefreiheit - Guinea, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/guinea/, Zugriff 31.7.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 31.7.2019

Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in zivilen Gefängnissen, die dem Justizministerium unterstehen, sind hart, lebensbedrohlich (USDOS 13.3.2019) und weit unter internationalen Standards (HRW 17.1.2019). Misshandlung, schlechte sanitäre Einrichtungen, Unterernährung, Krankheiten, mangelnde medizinische Betreuung (USDOS 13.3.2019) und Überbelegung der Gefängnisse sind weit verbreitet (HRW 17.1.2019). NGOs berichten von endemischer Unterernährung im gesamten Gefängnissystem (USDOS 13.3.2019). Allerdings unternahm das Justizministerium Schritte zur Verbesserung der Gefängnisverwaltung. Dies führte zu einer starken Reduzierung der Zahl an unterernährten Gefangenen und zu einigen Verbesserungen im Gesundheitsdienst der Gefängnisse (HRW 17.1.2019).

Die Regierung gestattet Gefängnisbesuche durch lokale humanitäre und religiöse Organisationen, welche bedürftige Inhaftierte mit medizinischer Betreuung und Nahrung versorgen. Dem Roten Kreuz (ICRC) wird der regelmäßige Zugang zu allen zivilen Gefängnissen ermöglicht, und es führt weiter Partnerschaftsprogramme mit Gefängnis- und Sicherheitsbehörden durch, um die Haftbedingungen zu verbessern. Die Regierung gestattet internationalen Organisationen und NGOs auch den Zugang zu von der Gendarmerie geführten Gefängnissen. Die Haftbedingungen in Militärgefängnissen können nicht verifiziert werden, da die Regierung den Zutritt zu diesen generell verwehrt (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002173.html, Zugriff 1.8.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 1.8.2019

Todesstrafe

Die Todesstrafe ist seit 2016 nicht mehr im Strafgesetzbuch vorgesehen (AA 28.6.2019a; vgl. AA 5.7.2019; FH 4.2.2019). Sie wurde bereits zuvor aufgrund eines Moratoriums im Einklang mit den von Guinea ratifizierten Römischen Statuten des Internationalen Gerichtshofs seit Jahren nicht mehr vollstreckt (AA 5.7.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (28.6.2019a): Guinea - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guineanode/innenpolitik/206132, Zugriff 31.7.2019

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008159.html, Zugriff 31.7.2019

Religionsfreiheit

Ca. 89,1% der Bevölkerung sind Muslime, 6,8% Christen, und ca. 4% gehören anderen bzw. keinen Religionen an (CIA 10.7.2019).

Die Verfassung sieht einen säkularen Staat vor, verbietet religiöse Diskriminierung und gewährt Glaubens- und Religionsfreiheit (USDOS 21.6.2019). In der Regel werden die religiösen Rechte respektiert (FH 4.2.2019). Die aktive Ausübung des muslimischen Glaubens hat zugenommen. Esgibt eine gewisse Dominanz des Islam im öffentlichen und im Alltagsleben. Angehörige nichtmuslimischer Gruppen (christlichen und/oder animistischen Glaubens) können dadurch latent benachteiligt werden (AA 5.7.2019). Einige nicht-muslimische Regierungsangestellte haben vongelegentlicher Diskriminierung berichtet (FH 4.2.2019). So erfahren Nicht-Muslime, insbesondere im Staatsdienst, eine soziale Benachteiligung (AA 5.7.2019; vgl. FH 4.2.2019), die sich unter anderem durch deren Unterrepräsentation in Schlüsselpositionen und geringeren Zugriffsmöglichkeiten auf staatliche Finanzressourcen manifestiert (AA 5.7.2019). Menschen, die vom Islam zum Christentum konvertieren, stehen manchmal unter Druck ihrer Gemeinschaft (FH 4.2.2019).

Andererseits übt der Staat eine viel stärkere Kontrolle über die muslimischen Gemeinden als über die christlichen Kirchen aus, um vorhandene islamistische Strömungen im Keim zu ersticken. Aus Angst vor radikal-wahabistischen Bewegungen wurden in den letzten Jahren präventiv mehrere Moscheen geschlossen. Maßnahmen gegen Gläubige waren damit nicht verbunden (AA 5.7.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- CIA - Central Intelligence Agency (USA) (10.7.2019): The World Fact Book - Guinea, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 31.7.2019

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008159.html, Zugriff 31.7.2019

- USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International ReligiousFreedom - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011156.html, Zugriff 31.7.2019

Ethnische Minderheiten

Guinea ist ein multiethnisches Land mit drei großen und mehreren kleineren Sprachgruppen, die sich mit bestimmten Regionen identifizierten (USDOS 13.3.2019). Die drei zahlenmäßig größten Ethnien sind die Peulh (Fulani) (32%-40%), die Malinké (ca. 30%) und die Sussu (ca. 20%) (AA 5.7.2019; vgl. CIA 10.7.2019).

Die Verfassung Guineas führt den Grundsatz der Gleichbehandlung auch hinsichtlich der ethnischen Zugehörigkeit mehrfach auf (Gleichstellungs- bzw. Gleichbehandlungsgebot in Art. 8); eine ethnisch diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis besteht nicht. Eine das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Leben beherrschende Ethnie gibt es nicht. Alle drei großen Ethnien sind in Parlament, Kabinett und in hohen Verwaltungsämtern (wenn auch nicht immer proportional zu ihrer Bevölkerungsstärke) vertreten. Eine systematische Diskriminierung der über 20 kleineren Ethnien, insbesondere der zahlreichen, meist animistisch-christlichen Glaubens geprägten Ethnien Waldguineas (Guerzé, Toma, Kissi) ist nicht erkennbar (AA 5.7.2019). Während das Gesetz rassistische oder ethnische Diskriminierung verbietet, kommt es durch Angehörige aller großen Ethnien zu Diskriminierung, z.B. bei der Einstellung von Mitarbeitern im privaten Sektor; es kann auch die ethnische Trennung von Stadtvierteln attestiert werden (USDOS 13.3.2019; vgl. BS 2018). Die ethnische Diskriminierung erstreckt sich beispielsweise auch auf Gerichte. Obwohl Bürger über ethnische oder regionale Vetternwirtschaft klagen, die sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor praktiziert wird, gibt es insgesamt keine ausgeprägten ethnisch oder religiös konstituierten Hindernisse hinsichtlich der Chancengleichheit (BS 2018).

Im Laufe des Jahres 2018 kam es zu ethnisch motivierter Gewalt (USDOS 13.3.2019; vgl. BS 2018). In den letzten Jahren traten immer wieder inter-ethnische Spannungen auf, und die wichtigste politische Spaltung bleibt die ethnische. Trennungen sind v.a. zwischen ethnischen Maninka (Malinke, Mandingo) und Peulh/Fulani zu beobachten (BS 2018; vgl. AA 5.7.2019). Die politischen Eliten Guineas neigen nach wie vor dazu, ethnische Identität zu instrumentalisieren. Politische Loyalitäten und Parteien werden noch immer auch ethnisch konstituiert wahrgenommen (AA 5.7.2019). Die ethnische Spaltung ist auch mit der politischen Spaltung zwischen Regierung und Oppositionskräften verflochten; Konfrontationen zwischen Regierung und Opposition werden manchmal gewalttätig (BS 2018). So sehen sich Angehörige der Ethnie der Peulh, die mehrheitlich die Oppositionspartei UFDG wählen, politisch benachteiligt gegenüber den Malinké, die mehrheitlich für die Regierungspartei RPG stimmen. Eine systematische Diskriminierung der Peulh auf Basis ihrer ethnischen Zugehörigkeit ist damit jedoch nicht verbunden (AA 5.7.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 5.8.2019

- CIA - Central Intelligence Agency (USA) (10.7.2019): The World Fact Book - Guinea, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 5.8.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 5.8.2019

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz garantiert uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr, und die Regierung respektiert diese Rechte auch üblicherweise in der Praxis. Die Regierung fordert von allen Bürgern, die älter als 18 Jahre sind, einen Ausweis mitzuführen, welchen sie auf Verlangen an den Checkpoints vorzuweisen haben. Polizei und Sicherheitskräfte halten weiterhin Personen an Straßensperren an, um Bestechungsgeld zu verlangen und schränken dadurch die Reisefreiheit und die Sicherheit der Reisenden ein (USDOS 13.3.2019). In Conakry und auch im Landesinneren gibt es Straßensperren; Schikanen durch Zoll, Militär und Polizei sind häufig (BMEIA 8.8.2019).

Quellen:

- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (8.8.2019): Guinea, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/guinea/, Zugriff 8.8.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/en/document/2004162.html, Zugriff 8.8.2019

Grundversorgung

Guinea rangiert laut einem Bericht der Vereinten Nationen über die menschliche Entwicklung, derzeit auf Platz 182 von 188 Ländern (BS 2018). Trotz großer wirtschaftlicher Ressourcen (größte Bauxitvorkommen der Welt, reiche Vorkommen an Eisenerz, Nickel, Gold, Diamanten, Wasserkraft, großes landwirtschaftliches Anbaupotenzial), gehört Guinea zu den ärmsten Ländern der Welt (AA 25.6.2019c; vgl. BS 2018). Die schnell wachsende Bauxit-Minenindustrie Guineas bedroht jedoch die Lebensgrundlage von Tausenden von Guineern. Der Bergbau hat z.B. alte Ackerflächen zerstört und Wasserquellen beschädigt. Das Versäumnis der Regierung, die Landrechte zu schützen, nutzen Bergbauunternehmen, um alte Ackerflächen ohne Entschädigung zu nutzen. Damit werden dortige Bewohner ihrer Ernährungsgrundlage beraubt (HRW 2.10.2018).

Seit 2010 geht die Politik unter der Regierung von Präsident Alpha Condé den Weg einer verstärkten Investition in die Infrastruktur und der Suche nach internationalen Partnern. Defizite des Rechtsstaates, schwache staatliche Strukturen und unzureichende Ausbildungssysteme verschlechtern die Investitionsbedingungen neben mangelhafter Regierungsführung, Vetternwirtschaft und der nach wie vor weit verbreiteten Korruption. Umfangreiche Wirtschaftsreformmaßnahmen der Regierung trugen aber zu einer verbesserten Wahrnehmung Guineas in internationalen Rankings bei. Im Doing-Business-Index 2018 der Weltbank rangiert Guinea auf Platz 152 von 190 (AA 25.6.2019c).

Das BIP-Wachstum Guineas wurde durch die jüngste Ebola-Epidemie gebremst. Diese hat dazu geführt, dass die zahlreiche Bergbau- und andere Auslandsgeschäfte dauerhaft eingestellt wurden.

Während die ausländischen Direktinvestitionen 2011 19% des BIP und 2012 11% des BIP ausmachten, sanken sie 2014 und 2015 auf nur 1%. Nach mehreren Jahren des Wachstums zwischen 2,3% und 3,9% brach dieses 2014 auf 0,4% und 2015 auf 0,1% ein. Dies ist zum Teil auf die Ebola-Krise, aber auch auf den Einbruch der Rohstoffpreise zurückzuführen. Das BIP pro Kopf, bereinigt um die Kaufkraft, ist in den letzten zehn Jahren stagniert und liegt zwischen 1.100 und 1.200 US-Dollar. Die Inflation ist von über 30% im Jahr 2005 auf etwa 8% im Jahr 2016 stetig zurückgegangen. Die Arbeitslosigkeit wird von der Weltbank auf etwa 2% geschätzt, aber die Unterbeschäftigung ist sicherlich viel höher (BS 2018).

Soziale Sicherheitsnetze sind unzureichend bzw. kaum vorhanden und decken nur eine begrenzte Anzahl von Risiken für relativ wenige Begünstigte ab. Die Caisse Nationale de Sécurité Sociale (CNSS; Nationaler Fonds für soziale Sicherheit) ist die staatliche Einrichtung, die für die Bereitstellung von Sozialhilfe zuständig ist, aber nicht ausreichend finanziert wird (BS 2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (12.2016c): Guinea – Wirtschaft, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Wirtschaft_node.html, Zugriff 8.8.2019

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 8.8.2019

- HRW - Human Rights Watch (4.10.2018): Guinea: Bauxite Mining Boom Threatens Rights, https://www.ecoi.net/en/document/2012037.html, Zugriff 13.8.2019

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch hoch problematisch. Die ärztliche Versorgung in Conakry ist begrenzt (AA 14.8.2019). Das öffentliche Gesundheitswesen ist nur sehr eingeschränkt vorhanden (BMEIA 14.8.2019), bzw. völlig unzureichend (AA 5.7.2019; vgl. BS 2018). Ärzte sind oftmals schlecht ausgebildet, Patienten müssen ihre Medikamente, Operationen und Krankenhausaufenthalte selbst finanzieren. Dies gilt sowohl für die staatlichen als auch die privaten Krankenhäuser, deren Ausstattung mangelhaft ist. Insbesondere im Falle chronisch Kranker steht im Regelfall die gesamte erweiterte Familie in der Pflicht, für die Behandlungskosten aufzukommen (AA 5.7.2019). Schwere Erkrankungen und Verletzungen müssen im Ausland (Senegal oder Europa) behandelt werden (BMEIA 14.8.2019). Die Apotheken in Guinea haben ein begrenztes Sortiment wichtiger Standardmedikamente, häufig europäischer Herkunft. Medikamentenfälschungen mit unsicherem Inhalt kommen vor (AA 14.8.2019). Grundsätzlich gilt, dass eine umfangreiche medizinische Behandlung mit relativ hohen Kosten und langen Wartezeiten verbunden ist (AA 5.7.2019).

Im Rahmen der Ebola-Epidemie war Guinea nicht in der Lage, seinen Bürgern eine Gesundheitsversorgung zur Verfügung zu stellen (AA 5.7.2019; vgl. BS 2018). Allerdings ist das Gesundheitssystem deutlich besser als in den Nachbarländern Sierra Leone und Guinea-Bissau (BS 2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (14.8.2019): Guinea: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/guineasicherheit/206098#content_5, Zugriff 14.8.2019

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- BMEIA - Europa, Integration und Äußeres (14.8.2019): Guinea, https://www.bmeia.gv.at/reiseaufenthalt/reiseinformation/land/guinea/, Zugriff 14.8.2019

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 14.8.2019

Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gibt es mit Stand 27.05.2021, 639.054 bestätigte Fälle, 14.256 aktuell Erkrankte von je mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 10.317 bestätigte Todesfälle gemäß EpiG (AGES Dashboard COVID19); in Guinea wurden zu diesem Zeitpunkt 23.080 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 160 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (Guinea: WHO Coronavirus Disease (COVID-19) Dashboard With Vaccination Data | WHO Coronavirus (COVID-19) Dashboard With Vaccination Data).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Rückkehr

Gesetze und Verfassung sehen Grundlagen für Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes sowie Reisefreiheit, Auswanderung und Wiedereinbürgerung vor. Diese Rechte werden im Allgemeinen respektiert. Das Strafgesetzbuch von 2016 enthält keine Bestimmungen, die einen Staatsbürger kriminalisieren, der illegal das Land verlassen, internationalen Schutz beantragt und/oder sich im Ausland aufgehalten hat (CEDOCA 2.7.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).

Rückgeführte guineische Staatsangehörige haben bei ihrer Rückkehr keine aus dem Auslandsaufenthalt resultierenden Nachteile zu befürchten (AA 5.7.2019). Bisher hatten Rückkehrer keine Probleme mit den nationalen Behörden (CEDOCA 2.7.2019). Es sind keine Fälle bekannt, in denen Personen festgenommen oder misshandelt wurden. Staatliche Einrichtungen zur Aufnahme von Minderjährigen sind nicht vorhanden (AA 5.7.2019). IOM Guinea arbeitet weiterhin an Rückkehr- und Reintegrationsprojekten, um eine große Zahl an Rückkehrern aus Guinea zu unterstützen. Seit April 2017 hat IOM mit Unterstützung der EU die Rückkehr von mehr als 11.000 Guineern unterstützt, von denen 7.000 Unterstützung erhalten haben, darunter 2.500 begünstigt durch sozioökonomische Wiedereingliederungsprojekte und 500 psychosoziale Folgemaßnahmen (CEDOCA 2.7.2019).

Am 18.4.2019 wurde in Conakry von IOM und ihren Partnern das erste Aufnahme-, Transit- und Orientierungszentrum eingeweiht. Es wird von Guinea verwaltet, von IOM technisch und finanziell unterstützt. Dieses Zentrum mit einer Kapazität von 300 Plätzen bietet Migranten, die freiwillig nach Guinea zurückgekehrt sind, freiwillige Rückkehrunterstützung und grundlegende Hilfe zur Deckung ihres unmittelbaren Bedarfs. Es gibt auch vorgesehene Plätze für Frauen und Kinder. Die Reintegrationshilfe beinhaltet ein Willkommenspaket mit Hygieneartikeln, eine Mahlzeit und den Anspruch auf psychosoziale und/oder medizinische Versorgung. Weiters werden Rückkehrer über die verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Wiedereingliederungsmöglichkeiten informiert und Informationsveranstaltungen zum Unternehmertum angeboten. Für die am stärksten gefährdeten Menschen (Kinder, Opfer von Menschenhandel, kranke Migranten, Mütter mit Kindern, schwangere Frauen, ältere Menschen) wird ein geeigneter Wiedereinbürgerungssplan entwickelt (CEDOCA 2.7.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

- CEDOCA - Documentation and Research Department of the Commissioner General for Refugees and Stateless Persons (Belgien) (2.7.2019): GUINEE; Le traitement réservé par les autorités nationales à leurs ressortissants de retour dans le pays, https://www.ecoi.net/en/file/local/2012148/coi_focus_guinee._le_traitement_reserve_par_les_autorites_nationales_a_leurs_ressortissants_de_retour_dans_le_pays_20190702.pdf, Zugriff 7.8.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/en/document/2004162.html, Zugriff 8.8.2019

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zu den vorliegenden Akten eingeholt. Außerdem wurde das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Guinea (Stand 02.09.2019) berücksichtigt.

2.2. Zur Person des BF:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Da der BF den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellungen betreffend die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit des BF ergeben sich aus seinen glaubhaften Aussagen in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des BF ergibt sich aus den Aussagen des BF vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

Die Feststellung zum Aufenthalt des BF in Österreich ergibt sich aus seinen Aussagen sowie aus dem entsprechenden ZMR-Auszug.

Die Feststellung zu seiner regionalen Herkunft, Schulbildung, Arbeitserfahrung, seinen Sprachkenntnissen und den familiären Anknüpfungspunkten in Guinea basiert auf seinen Angaben beim BFA sowie in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des BF ergeben sich insbesondere aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellungen zur Integration des BF in Österreich beruhen ebenfalls auf seinen Aussagen sowie den vorgelegten Unterlagen (Teilnahmebestätigung Deutschkurs v 13.07.2017, div. Fotos, vier Empfehlungsschreiben, Arbeitsvorvertrag ohne Datum).

Die Feststellungen zu seinem Bezug der Grundversorgung ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden aktuell abgefragten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Zum Vorbringen des BF:

Der BF gab in der mündlichen Verhandlung zusammengefasst an, dass er Guinea verlassen habe, da es Krieg zwischen den einzelnen Volksgruppen gegeben habe. Er gehöre der Volksgruppe der Mandinka an und seine Freundin habe jener der Kerese angehört. Eines Tages seinen Angehörige der Volksgruppe der Kerese zu ihm nach Hause gekommen, weil der Vater seiner Freundin gegen diese Verbindung gewesen sei. Sein Onkel sei gesteinigt und seine Mutter vergewaltigt worden. Er selbst sei aus einem Fenster gesprungen und habe sich an der Schulter verletzt. Daraufhin sei er zwei Tage im Krankenhaus gewesen und habe dann auf Anraten seiner Mutter das Land verlassen.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt auf Grundlage der ergänzenden Ermittlungen zum Ergebnis, dass das Vorbringen des BF zu den Fluchtgründen nicht glaubhaft ist. Der BF machte im Zuge seiner Befragungen vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht vage, unplausible und widersprüchliche Angaben, sodass - wie darzulegen sein wird - von der Konstruiertheit seines gesamten Fluchtvorbringens auszugehen und ihm die Glaubwürdigkeit zu versagen war.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Das Vorbringen des BF entspricht diesen Anforderungen nicht und ist somit nicht glaubhaft.

Zunächst ist anzuführen, dass der BF bei seiner Erstbefragung lediglich erklärte, dass er Guinea aufgrund eines religiösen und ethnischen Krieges und aus der Angst vor diesbezüglichen Konsequenzen verlassen habe (AS 9), ohne auf eine persönliche Bedrohung oder Verfolgung einzugehen. Erst in seiner niederschriftlichen Einvernahme beim BFA brachte der BF erstmals seine Verfolgung durch den Vater seiner Freundin aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit vor (AS 221). Diesbezüglich ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwu?rdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber wu?rde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenu?tzt voru?bergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250). Wenn der BF diesbezüglich gegenüber dem BFA anführte, dass er bei der Erstbefragung nichts von seiner Beziehung und einer persönlichen Bedrohung erzählt habe, da man ihm gesagt habe, dass er, sobald er die weiße Karte (Aufenthaltsberechtigungskarte) bekomme, mehr zu seinem Fluchtvorbringen schildern könne (AS 229), dann ist dem entgegenzuhalten, dass der BF, hätte er tatsächlich Angst vor Verfolgung in Guinea, zumindest marginal das fluchtauslösende Ereignis umreißen hätte müssen, wenn doch der persönliche Angriff in seinem Haus und nicht der allgemeine ethnische Konflikt im Land seine Flucht begründet haben soll.

Auch sein Erklärungsversuch, wonach er den Dolmetscher in der Erstbefragung nicht verstanden habe (AS 229), ist nicht glaubhaft und als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Der BF gibt zwar an, eine schlechte Verständigung mit dem Dolmetscher in der Erstbefragung, sei schuld an seiner detailarmen Aussage. Weshalb er aufgrund von Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetscher genauere Angaben unterlassen haben soll, ist jedoch nicht ersichtlich. Generell gab der BF nicht an, was denn nun genau falsch übersetzt oder protokolliert worden sei bzw. worin die Verständigungsschwierigkeiten lagen. Der Niederschrift der Erstbefragung ist zu entnehmen, dass es keine Verständigungsprobleme gegeben hat und dem BF die Niederschrift in einer für ihm verständlichen Sprache rückübersetzt wurde, was der BF mit seiner Unterschrift auch bestätigte (AS 11). Es geht daher klar hervor, dass es sich bei den behaupteten Verständigungsproblemen lediglich um eine Schutzbehauptung handelt.

Gegen die Glaubwürdigkeit des BF spricht auch, dass er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme beim BFA anführte, dass es sich um einen ethnischen Konflikt zwischen der Volksgruppe der „Koneke“ und jener der „Kerig“ gehandelt habe, wobei er zu den „Koneke“ und seine Freundin zu den „Kerig“ gehört habe (AS 221). In der mündlichen Verhandlung führte er dann im Widerspruch dazu aus, dass er zur Volksgruppe der „Malinke“ gehöre und seiner Freundin zu jener der „Kerese“ (S 6 Verhandlungsprotokoll).

Des Weiteren ist es nicht plausibel, dass der Vater seiner Freundin den Onkel des BF töten lassen haben soll, um seinen Willen durchzusetzen und die Beziehung seiner Tochter zu torpedieren, aber er dann nicht im Stande gewesen wäre, seine Tochter zu verheiraten, obwohl für diese ein anderer Mann vorgesehen gewesen wäre. Würde das Vorbringen des BF tatsächlich der Wahrheit entsprechen und wäre der Vater des Mädchens so einflussreich, dann wäre es ihm wohl ein Leichtes gewesen, seine Tochter zu einer Hochzeit zu zwingen.

Außerdem konnte der BF teilweise keine detaillierten und aussagekräftigen Angaben machen, beispielsweise wie viele Angreifer zu ihm nach Hause gekommen seien (S 7 Verhandlungsprotokoll: „viele“) oder woher er wisse, dass die Angreifer wegen seiner Beziehung zu ihm nach Hause gekommen seien (S 7 Verhandlungsprotokoll: „Als der Krieg zwischen den Volksgruppen ausgebrochen ist, sind sie gekommen und haben meinen Namen gerufen. Wir verstehen gegenseitig unsere Sprachen. Sie riefen: „Das ist das Haus von XXXX , das ist das Haus von XXXX .““).

Schließlich berichtete der BF in der mündlichen Verhandlung, dass sich seine damalige Freundin mittlerweile in Marokko befinde (S 10 Verhandlungsprotokoll), weswegen er bei einer Rückkehr nach Guinea seitens deren Vaters nichts mehr zu befürchten haben dürfte, zumal seine Mutter mittlerweile auch in einem anderen Stadtviertel lebt (AS 223).

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zu dem Schluss, dass es dem BF nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt.

2.4. Zu den Länderfeststellungen:

Die unter Punkt 1.3. getroffenen Feststellungen zur Lage in Guinea basieren auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.09.2019; zu den darin verwendeten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland in der mündlichen Verhandlung auch nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargestellt, konnte der BF keine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Absch. A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) glaubhaft machen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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