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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/19/3160Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über den Antrag des N in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof und über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Januar 1996, Zl. 304.916/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
1.
Dem Wiedereinsetzungsantrag wird keine Folge gegeben.
2.
Das Verfahren wird eingestellt.
Begründung
Dem Beschwerdeführer wurde mit Beschluß vom 6. August 1996 durch den Verwaltungsgerichtshof aufgetragen, seine ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem nach Ablehnung der Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluß vom 17. Juni 1996 zu B 959/96-9 antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde im Sinne des § 28 VwGG in mehreren Punkten innerhalb einer Frist von sechs Wochen zu ergänzen.
Im vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag wird vorgebracht, daß dieser Ergänzungsauftrag am 9. September 1996 dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt worden sei. Zum Zeitpunkt der Zustellung habe sich der Vertreter des Beschwerdeführers jedoch auf Urlaub befunden und die in dieser Zeit einlangenden Poststücke seien von seiner Kanzleikollegin übernommen und gemäß einer getroffenen Absprache gesammelt worden, da in der Kanzlei nur er selbst und seine Kanzleikollegin, jedoch keine Kanzleikräfte tätig seien. Die Fristen seien vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers selbst berechnet und im Kanzleikalender eingetragen worden. Da sich eine größere Menge Poststücke während des Urlaubs des Vertreters des Beschwerdeführers (bis 19. September 1996) angesammelt habe, weiters einige Telefonanrufe am Tag der Rückkehr des Rechtsvertreters und der laufende Kanzleibetrieb zu erledigen gewesen seien, habe der Vertreter des Beschwerdeführers das Ende der Frist zur Beschwerdeergänzung mit 31. Oktober 1996, und nicht, wie richtigerweise, mit 21. Oktober 1996, berechnet. Dieser Fehler sei am vermeintlichen letzten Tag der Frist, somit am 31. Oktober 1996, erkannt worden.
Der Vertreter des Beschwerdeführers legte dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine eidesstättige Erklärung bei, in welcher ausgeführt wurde, daß er von 1990 bis 1994 als Rechtsanwaltsanwärter und seit Oktober 1994 als Rechtsanwalt tätig und ihm ein derartiger Fehler noch nie unterlaufen sei.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. An berufliche rechtskundige Parteienvertreter ist ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen.
Dafür, daß der Rechtsanwalt als Ende der Frist den 31. Oktober 1996 anstatt richtig den 21. Oktober 1996 errechnete, war nicht, wie behauptet, die Überlastung nach Rückkehr vom Urlaub ursächlich, sondern daß der Rechtsanwalt der Fristberechnung nicht die gebührende Beachtung schenkte.
Gerade im Hinblick darauf, daß der antragstellende Rechtsanwalt die Falschberechnung der Frist auf die zahlreichen, am Tag seiner Rückkehr zu erledigenden Angelegenheiten zurückführt, hätte es die - noch dazu bei Anlegung des bei beruflichen rechtskundigen Parteienvertretern gebotenen strengen Maßstabes - erforderliche und zumutbare Sorgfalt notwendig gemacht, nach der unter den besonderen Umständen am Tag nach der Rückkehr aus dem Urlaub erfolgten Berechnung der Frist eine Kontrolle vorzunehmen, ob das Ende der Frist zur Beschwerdeergänzung richtig berechnet wurde. Das Außerachtlassen der bezeichneten Sorgfalt aber ist in diesem Fall als ein den Grad des minderen Versehens überschreitendes Verschulden des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers und damit des Beschwerdeführers selbst zu werten (vgl. den hg. Beschluß vom 21. Juli 1994, Zl. 94/18/0359).
Da somit eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattfindet, erfolgte die gleichzeitig mit dem diesbezüglichen Antrag eingebrachte Beschwerdeergänzung nicht innerhalb der gesetzten Frist. Das Verfahren war daher in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 34 Abs.2 VwGG iVm § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der ergänzten Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996191904.X00Im RIS seit
03.04.2001