TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/19 94/16/0271

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Veröffentlicht am 19.12.1996
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Index

L10015 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Salzburg;
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

GdO Slbg 1976 §16 Abs2 Z2;
GebG 1957 §14 TP5;
GebG 1957 §14 TP6 Abs1;
GebG 1957 §2 Z1;
GebG 1957 §2 Z2;
GebG 1957 §2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. September 1993, Zl. GA 11-737/93, betreffend Stempelgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 25. August 1992 gemäß § 241 Abs. 2 BAO beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien einen Antrag auf Rückerstattung zuviel entrichteter Bundesstempel, welche er als Parteienvertreter auf einer von der Marktgemeinde T eingebrachten Beschwerde betreffend die Haftung der Gemeinde für die Lohnsteuer ihrer Dienstnehmer an den Verfassungsgerichtshof sowie auf dem Ergänzungsschriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof angebracht hatte. Die Verfassungsgerichtshofbeschwerde mit Abtretungsantrag wurde zweifach eingebracht und war mit 2 x S 240,-- = S 480,-- Eingabengebühr versehen. Weiters wurde der Ergänzungsschriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof zu 92/15/0129 dreifach eingebracht und mit 3 x S 120,-- sowie weiteren S 120,-- für die dritte Ausfertigung der Urbeschwerde versehen.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 18. Jänner 1993 mit der Begründung abgewiesen, daß eine die Dienstnehmer der Gemeinde betreffende Lohnsteuerangelegenheit keine unmittelbare Tätigkeit im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises i.S.d. § 2 Z. 2 GebG sei.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wurde zur Frage der Gebührenfreiheit eingewendet:

a)

Zum öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis der Marktgemeinde

T gehöre nach den einschlägigen Salzburger landesgesetzlichen Bestimmungen auch der Betrieb des Gemeindekrankenhauses, der wiederum ohne Dienstnehmer nicht möglich sei.

b)

Nähere Auseinandersetzungen mit der Streitfrage ad a) würden sich erübrigen, da jedenfalls ein Schriftverkehr mit den öffentlichen Behörden und Ämtern vorliege. Außerhalb ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises komme den "übrigen Gebietskörperschaften" wohl im Hinblick auf die in Z. 1 bis 3 des § 2 GebG zum Ausdruck kommende "Reihung" (Bund, übrige Gebietskörperschaften, sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften) in absteigender (subsidiärer) Linie wohl die für "sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften" geltende Befreiung für den Schriftverkehr mit den öffentlichen Behörden und Ämtern zugute.

Nach abweisender Berufungsvorentscheidung durch das Finanzamt wies die belangte Behörde mit der nunmehr angefochtenen Berufungsentscheidung die Berufung unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. September 1987, Zl. 87/15/0015, und die Nichtanwendbarkeit der Befreiungsbestimmung der Ziffer 3 des § 2 GebG auf Gebietskörperschaften ab.

Nachdem die Behandlung der vom Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 27. September 1994, B 1660/93-7, abgelehnt worden war, wurde die Beschwerde über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Rückersatz beigebrachter Stempelmarken verletzt. Er macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift vor. Der Beschwerdeführer replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 GebG unterliegen Schriften und Amtshandlungen nach Maßgabe der Bestimmungen im II. Abschnitte sowie Rechtsgeschäfte nach Maßgabe der Bestimmungen im III. Abschnitte den Gebühren im Sinne des Gebührengesetzes.

Gemäß § 2 GebG sind von der Entrichtung von Gebühren u.a. befreit:

1.

Der Bund, die von ihm betriebenen Unternehmungen sowie öffentlich-rechtliche Fonds, deren Abgänge er zu decken verpflichtet ist;

2.

die übrigen Gebietskörperschaften im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises;

3.

sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften, weiters alle Vereinigungen, die ausschließlich wissenschaftliche, Humanitäts- oder Wohltätigkeitszwecke verfolgen, hinsichtlich ihres Schriftverkehres mit den öffentlichen Behörden und Ämtern.

Gemäß § 10 GebG sind unter Schriften im Sinne des § 1 die in den Tarifbestimmungen (§ 14) angeführten Eingaben und Beilagen, amtlichen Ausfertigungen, Protokolle, Rechnungen und Zeugnisse zu verstehen.

Gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr von S 120,--.

Außer Streit steht, daß es sich bei der Marktgemeinde T um eine Gebietskörperschaft handelt. Daher ist vor einem Eingehen auf § 2 Z. 3 GebG zu prüfen, ob nicht § 2 Z. 2 GebG anwendbar ist, d.h. ob die Marktgemeinde T im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises tätig geworden ist. Zur letztzitierten Norm hat der Verwaltungsgerichtshof ausführlich in seinem Erkenntnis vom 11. September 1987, 87/15/0015 (in welchem es gleichfalls um eine Lohnsteuersache eines in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Gemeindebediensteten ging), Stellung genommen und ausgeführt, daß der Gesetzgeber nicht definiert hat, was unter dem öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis zu verstehen ist. In Ansehung dieses Begriffes hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß darunter nur jener Bereich zu subsumieren ist, der einer Gebietskörperschaft unmittelbar durch das Gesetz verpflichtend übertragen worden ist. Mit anderen Worten bedeutet dies, daß einer Gebietskörperschaft die Gebührenbefreiung gemäß § 2 Z. 2 GebG nur dort zukommen kann, wo sie eine Tätigkeit entfaltet, zu der sie in Besorgung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben unmittelbar durch das Gesetz verpflichtet ist (siehe die Nachweise im angeführten Erkenntnis).

Insoweit der Beschwerdeführer ausführt, daß nach den einschlägigen Salzburger landesgesetzlichen Bestimmungen auch der Betrieb eines Gemeindekrankenhauses zum öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis einer Gemeinde gehöre, welcher Betrieb wiederum ohne Dienstnehmer nicht möglich sei, ist bezugnehmend auf das oben zitierte Erkenntnis zu erwidern, daß - ungeachtet des Umstandes, daß der Betrieb des Gemeindekrankenhauses zum öffentlich-rechtlichen Wirkungsbereich der Gemeinde gehört - keine gesetzliche Verpflichtung für Gebietskörperschaften besteht, einen entsprechenden Personalstock zu bestellen und diesen zu besolden. Zur Stützung des Beschwerdevorbringens könnte allenfalls § 16 Abs. 2 Z. 2 der Salzburger Gemeindeordnung 1976, LGBl. Nr. 56, herangezogen werden, wonach die Bestellung von Gemeindebediensteten der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich obliegt. Auf diese Norm bezugnehmend hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 11. September 1987 festgehalten, daß sich der unmittelbare Gesetzesauftrag dieser Norm darauf beschränkt, der betreffenden Gemeinde "die Bestellung der Gemeindebediensteten" aufzutragen. Damit ist jener Bereich, innerhalb dessen die Gemeinde in unmittelbarer Befolgung des Gesetzesauftrages aktiv zu werden hat, klar umschrieben und kann ihr die Rechtswohltat einer Gebührenbefreiung im Sinne des § 2 Z. 2 GebG auch nur innerhalb dieses Raumes zukommen. Alles weitere, was die Gemeindebediensteten betrifft, liegt bereits außerhalb des unmittelbaren Gesetzesauftrages. Aus dem Gesagten folgt, daß sohin § 2 Z. 2 GebG auf den in Streit stehenden Sachverhalt nicht anwendbar ist. So wie zum Nachsichtansuchen im zitierten Erkenntnis ausgeführt wurde, daß die Gemeinde als Dienstgeber wie ein sonstiger Abgabenschuldner und damit wie eine Privatperson aufgetreten sei, kann auch in der vorliegenden Lohnsteuersache von einem öffentlichen Wirkungskreis der Gemeinde keine Rede sein.

Die vom Beschwerdeführer gewünschte Heranziehung des Befreiungstatbestandes der Z. 3 des § 2 GebG kann einer systematischen Interpretation der Befreiungsbestimmungen nicht standhalten: Z. 1 befreit den Bund von jeder Gebührenpflicht; augenscheinlich deshalb, weil die Gebühren als ausschließliche Bundesabgaben dem Bund zufließen. Z. 2 nennt die ÜBRIGEN Gebietskörperschaften, die dann gebührenbefreit sind, wenn sie im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises tätig sind.

Ohne daß es hier einer umfassenden Darlegung des Personenrechtes in der Verwaltung bedarf, ist wohl unbestritten, daß auch die Gebietskörperschaften zu den Körperschaften öffentlichen Rechts gehören. Innerhalb der Körperschaften öffentlichen Rechts wird unterschieden zwischen Gebietskörperschaften, Personalkörperschaften und Interessengemeinschaften (Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 321). Sowohl der Bund (Z. 1) als auch die Gebietskörperschaften (Z. 2) sind öffentlich-rechtliche Körperschaften. Schafft nun der Gesetzgeber eine eigene, andersartige Gebührenbefreiung für "sonstige" Körperschaften, also für die anderen Körperschaften öffentlichen Rechts, die nicht in den vorangegangenen Absätzen genannt sind, ist es auszuschließen, die diese anderen Körperschaften betreffende Befreiungsbestimmung auch auf die vorher genannten Personen, also die nicht "sonstigen" Personen, zu beziehen.

Der vom Beschwerdeführer offenbar angestrebte Größenschluß (wenn die Befreiung nach Z. 2 nicht Anwendung finden kann, müsse für die in der Z. 2 genannten Personen jedenfalls die Befreiung nach der Z. 3 gelten), scheitert schon daran, daß sich die beiden Befreiungsbestimmungen nicht nur quantitativ unterscheiden (mehr oder weniger befreit), sondern ganz andersartig sind: § 2 Z. 3 GebG gilt nur für Eingaben und deren Beilagen im Sinne des § 14 TP 5 GebG, nicht aber auch für Ausfertigungen, Bewilligungen, Vollmachten oder Zeugnisse oder für Rechtsgeschäfte (Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Band I, Ergänzung T, 10 T; dem folgend Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, Band I, B II 3).

Vielmehr wird in beiden Kommentaren die Auffassung vertreten, daß begünstigt im Sinne der Z. 3 des § 2 GebG nur jene Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, die NICHT Gebietskörperschaft sind. Dem unmißverständlichen Gesetzeswortlaut vermag Arnold (Rechtsgebühren4, 101f.) nur rechtspolitische Erwägungen ("Es wäre wohl sachlich nicht gerechtfertigt...") entgegenzuhalten.

Der Beschwerdeführer führt für seinen Rechtsstandpunkt, der Gemeinde käme auch der Tatbestand des § 2 Z. 3 GebG zugute, eine Reihe von Verwaltungsgerichtshoferkenntnissen an. In den Kostenentscheidungen dieser Erkenntnisse wurde über den Ersatzanspruch der - beschwerdeführenden oder mitbeteiligten - Gemeinden abgesprochen. Während dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis vom 22. Mai 1984, Zlen. 83/05/0139 und 0140, keine Aussage über eine Zuordnung zu einem Gebührentatbestand des § 2 enthalten ist (dort wurde ausdrücklich auf den öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis der Gemeinde bezug genommen), hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 13. Juli 1978, Zl. 1680/77, die Abweisung des Begehrens auf Ersatz der Stempelgebühr ausdrücklich nur auf die Z. 3, in den drei anderen vom Beschwerdeführer genannten Erkenntnissen auf "Z. 2 und 3" des § 2 GebG gestützt.

Abgesehen davon, daß in keinem der genannten Erkenntnisse näher begründet wurde, warum (nur oder auch) der Begünstigungstatbestand der Z. 3 des § 2 GebG herangezogen wurde, bedarf ein Abgehen von dieser bei Kostenentscheidungen vertretenen Rechtsauffassung in sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 2 VwGG nicht der Befassung eines verstärkten Senates.

Schließlich stützt sich der Beschwerdeführer auf § 14 TP 6 Abs. 1 GebG und bringt vor, daß keine Gebührenpflicht vorliegen könne, da die Gemeinde weder Privatperson noch im Privatinteresse tätig gewesen sei, als sie als Halterin des öffentlichen Krankenhauses in eine Lohnsteuerangelegenheit verwickelt worden sei. Dem ist zu erwidern, daß, wie bereits oben ausgeführt wurde, im vorliegenden Streitfall nicht die Frage relevant ist, ob die Gebietskörperschaft Gemeinde T ein öffentliches Krankenhaus im öffentlich-rechtlichen Interesse unterhält, sondern ob sich ihr öffentlich-rechtlicher Wirkungskreis auch auf Lohnsteuerangelegenheiten betreffend diejenigen Personen erstreckt, die in diesem Krankenhaus beschäftigt sind. Wie die bereits zitierten Kommentare zum GebG von Frotz-Hügel-Popp, § 14 TP 6, B I 2 a, sowie Fellner, § 14 TP 6, 6/1 D, zutreffend ausführen, sind unter dem Begriff "Privatperson" grundsätzlich alle Personen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts (also auch Gebietskörperschaften) zu verstehen, wenn sie nicht behördlich oder sonst in einer Form amtlich tätig sind, wenn sie also einem Organ einer Gebietskörperschaft in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises gegenüber als Träger von Privatrechten und -pflichten auftreten (hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1986, 85/15/0368 unter Bezugnahme auf Frotz-Hügel-Popp; Warnung-Dorazil, Die Stempel- und Rechtsgebühren3, 50, sowie Gaier, Kommentar zum GebührenG2, 90). Somit tritt die Gemeinde in Lohnsteuerangelegenheiten wie jeder andere Dienstgeber als Privatperson i.S.d. § 14 TP 6 Abs. 1 GebG auf. Auch das vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang als argumentum ad absurdum apostrophierte zutreffende Auslegungsergebnis, die Gemeinde müsse ein Bauansuchen, das sie als privater Bauherr an sich selbst als Baubehörde hinsichtlich eines im Gemeindeeigentum stehenden Gebäudes richte, mit Eingabengebühr versehen (so auch Frotz-Hügel-Popp, a.a.O., § 14 TP 6, B I 2 a), kann nicht geeignet sein, den Standpunkt des Beschwerdeführers zu stützen.

Da sohin das Beschwerdevorbringen keine inhaltliche Rechtswidrigkeit des in Beschwerde gezogenen Bescheides aufzeigen konnte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994160271.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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