Entscheidungsdatum
09.08.2021Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
I408 2245005-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Slowakei, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.05.2021, Zl. XXXX zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Nach Verhängung der Untersuchungshaft teilte die belangte Behörde dem inhaftierten Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25.02.2021 mit, dass gegen ihn die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes beabsichtigt sei. Die Möglichkeit, dazu binnen zehntägiger Frist eine schriftliche Stellungnahme zu erstatten, kam der Beschwerdeführer nicht nach.
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 27.05.2021 erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilt ihm keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).
Mit Schriftsatz vom 22.06.2021 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde und brachte darin vor, seit drei Jahren in einer Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Staatsangehörigen zu leben, welcher sich ebenfalls in Österreich aufhalten würde.
Am 04.08.2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist slowakischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest.
Der Beschwerdeführer wies bereits vor dem gegenständlichen Anlassfall zahlreiche Vorstrafen in anderen europäischen Staaten auf. So wurde er ab 1988 in der Slowakei und in Tschechien insgesamt 14 Mal wegen verschiedener Vermögensdelikte zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Zuletzt wurde er am 02.02.2020 in Tschechien wegen Behinderung der Justiz zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe verurteilt und gegen ihn zudem eine zweijährige Ausweisung aus dem tschechischen Hoheitsgebiet verfügt.
Daraufhin reiste der Beschwerdeführer nach Österreich weiter, wo er am 20.04.2020 einen Hauptwohnsitz in einer Obdachlosenunterkunft begründete.
Am 23.02.2021 wurde über den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der Begehung einer strafbaren Handlung die Untersuchungshaft verhängt und mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 12.05.2021, XXXX . wurde er wegen des Verbrechens des Diebstahls teils durch Einbruch sowie der Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs, der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel und der Urkundenunterdrückung nach dem Strafsatz des § 129 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt.
Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 10.10.2020 in Wien eine Geldbörse wegnahm und die darin enthaltene Bankomatkarte zum Kauf mehrerer Packungen Zigaretten an einem Automaten verwendet hat und am 20.12.2020 versucht hat, in drei Wohnungen einzubrechen. Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Strafgericht erschwerend die einschlägigen Vorstrafen im Ausland, mildernd hingegen das Geständnis zur Verwendung der Bankomatkarte.
Derzeit verbüßt der Beschwerdeführer seine Freiheitsstrafe in der JA XXXX , das errechnetes Strafende ist der 19.08.2022.
Der Beschwerdeführer ist ledig und ohne Sorgepflichten. Er führt in Österreich kein Familienleben, weist lediglich Wohnsitzmeldungen in Justizanstalten bzw. einer Obdachlosenunterkunft auf und ging nie einer Erwerbstätigkeit nach. Hinweise auf integrative Merkmale in Österreich haben sich im Verfahren nicht ergeben.
2. Beweiswürdigung:
Verfahrensgang und Feststellungen ergeben sich ohne entscheidungserhebliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten Behördenaktes sowie dem vorliegenden Gerichtsakt. Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister, der Sozialversicherung sowie dem Strafregister wurden ergänzend eingeholt.
Die Feststellungen zur Volljährigkeit und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt. Seine Identität steht aufgrund der im Verwaltungsakt einliegenden Kopie seines slowakischen Personalausweises (AS 32) zweifelsfrei fest.
Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers in der Slowakei und in Tschechien waren auf Basis des von der belangten Behörde eingeholten ECRIS-Auszuges (AS 35 ff) zu treffen. Dort scheint auch die im Jahr 2020 gegen den Beschwerdeführer in Tschechien ergangene Ausweisung auf.
Aus der Einsichtnahme in die im Verwaltungsakt einliegende Urteilsausfertigung des Landesgerichtes XXXX vom 12.05.2021, XXXX ergeben sich die Feststellungen zu den begangenen Straftaten in Österreich und den Strafbemessungsgründen. Die Rechtskraft der Verurteilung ergibt sich aus dem entsprechenden Vermerk im eingeholten Auszug aus dem Strafregister.
Dass der Beschwerdeführer seine Freiheitsstrafe derzeit in der JA XXXX verbüßt und errechnetes Strafende der 19.08.2022 ist, ist dem Zentralen Melderegister und der im Verwaltungsakt einliegenden Vollzugsinformation (AS 117) zu entnehmen.
Im Beschwerdeschriftsatz wurde erstmals vorgebracht, dass der Beschwerdeführer seit drei Jahren mit einem deutschen Staatsangehörigen in einer Lebensgemeinschaft sei. Dieser würde sich ebenfalls in Österreich aufhalten und sei hier als Bauarbeiter tätig. Dieses Vorbringen ist aus folgenden Gründen nicht glaubhaft:
Zunächst geht aus dem eingeholten Melderegisterauszug für den behaupteten Lebensgefährten des Beschwerdeführers - für welchen im Übrigen keine ladungsfähige Adresse genannt wurde - hervor, dass dieser seit 07.11.2019 durchgehend in österreichischen Obdachlosenunterkünften gemeldet ist. Diesbezüglich ist jedoch auf das Erhebungsersuchen der belangten Behörde an die Landespolizeidirektion Wien (AS 126) zu verweisen, aus welchem hervorgeht, dass eine Nachschau am 28.07.2021 ergeben hat, dass sich der behauptete Lebensgefährte des Beschwerdeführers nicht mehr an dieser Meldeadresse aufhält und unbekannt verzogen ist. Dabei wurde die amtliche Abmeldung veranlasst. Auch das Vorbringen, der Lebensgefährte des Beschwerdeführers würde als Bauarbeiter arbeiten, ist nicht plausibel, weil der von der belangten Behörde eingeholte Sozialversicherungsauszug nur zwei, jeweils wenige Tage andauernde, Beschäftigungen im Oktober und November 2019 ausweist. Des Weiteren steht dem behaupteten Familienleben auch der Umstand entgegen, dass der Beschwerdeführer die vergangenen Jahrzehnte überwiegend damit verbracht hat, in der Slowakei, in Tschechien und zuletzt in Österreich Eigentumsdelikte zu begehen und sich in den vergangenen Jahren regelmäßig in verschiedenen europäischen Staaten in Haft befand, weshalb nicht auf das Entstehen eines Familienlebens im relevanten Zeitraum geschlossen werden kann und sich ein solches auch erst recht nicht in Österreich entwickelt haben kann. In diesem Zusammenhang ist gerade auch auf die letzte Verurteilung des Beschwerdeführers in Tschechien am 02.02.2020 und den anschließenden viermonatigen Haftaufenthalt zu verweisen. In diesem Zeitraum war der behauptete Lebensgefährte des Beschwerdeführers in Österreich gemeldet und kann daher auch während dieses Zeitraums keineswegs von einem bestehenden Familienleben ausgegangen werden.
Zuletzt fällt im Rahmen der Beurteilung der Glaubhaftigkeit des behaupteten Familienlebens auch entscheidend ins Gewicht, dass im Beschwerdeschriftsatz keine ladungsfähige Adresse des angeblichen Lebensgefährten bekannt gegeben wird. Bei Wahrunterstellung des Vorbringens wäre wohl zu vermuten, dass der Beschwerdeführer dem Gericht alles zur Untermauerung seines Vorbringens aus Eigenem mitteilt. In einer Zusammenschau dieser Umstände war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet kein Familienleben führt, sonstige Hinweise auf eine berücksichtigungswürdigende Integration im Bundesgebiet sowie familiäre oder private Anknüpfungspunkte haben sich im Verfahren nicht ergeben und wurde auch in der Beschwerde kein dahingehendes Vorbringen erstattet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Vorab ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer hinreichend die Möglichkeit geboten wurde, sich zur Sache zu äußern und allfällige Beweismittel in Vorlage zu bringen. Der Beschwerdeführer wurde dadurch in die Lage versetzt, seine Rechte geltend zu machen (VwGH 18.01.2001, 2000/07/0090). Eine Einvernahme schreibt weder das Gesetz noch die einschlägige Judikatur des VwGH vor (vgl. VwGH 18.01.2001, 2000/07/0099; 05.09.1995, 95/08/0002; 24.02.1988, 87/18/0126; 18.10.1990, 89/09/0145; 17.09.2002, 2002/18/0170). Aufgrund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme hatte der Beschwerdeführer die Gelegenheit, in diesem Verfahren Stellung zu nehmen. Zudem ist auch aufgrund der ihm im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gebotenen Möglichkeit, sich zum Inhalt des angefochtenen Bescheides zu äußern, von einer Sanierung einer allfälligen Verletzung des Parteiengehörs auszugehen, zumal der angefochtene Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergibt (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0069).
3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Als Staatsangehöriger der Slowakei ist der Beschwerdeführer EWR-Bürger iSd § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
Gemäß § 67 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs. 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (so etwa, wenn der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren verurteilt wurde), kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 3 FPG auch unbefristet erlassen werden.
Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 26.11.2020, Ra 2020/21/0104).
Da sich der Beschwerdeführer erst seit April 2020 kontinuierlich im Bundesgebiet aufhält, ist im gegenständlichen Fall der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter bis vierter Satz FPG („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden.
Bereits die belangte Behörde hat das ausgesprochene Aufenthaltsverbot nicht (bloß) auf die Tatsache seiner Verurteilung und der daraus resultierenden Strafhöhe, sohin gerade nicht auf eine reine Rechtsfrage abgestellt. Vielmehr hat sie unter Berücksichtigung des Systems der abgestuften Gefährdungsprognosen, das dem FPG inhärent ist (vgl. VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0116) sowie unter Würdigung des individuellen, vom Beschwerdeführer durch sein persönliches Verhalten im Bundesgebiet gezeichneten Charakterbildes eine Gefährdungsprognose getroffen und diese Voraussage ihrer administrativrechtlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Dabei hob sie besonders hervor, dass der Beschwerdeführer sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht ausschließlich zur Begehung von Straftaten missbraucht hat, obwohl ihm die Ausübung einer erlaubten Erwerbstätigkeit als Unionsbürger offen gestanden wäre. In ihrer Prognoseentscheidung ging die belangte Behörde davon aus, dass aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers mit einer erneuten Rückfälligkeit zu rechnen ist.
Zunächst schließt sich das erkennende Gericht den Ausführungen der belangten Behörde vollinhaltlich an und kommt es aufgrund der vom Beschwerdeführer begangenen Verbrechen des Diebstahls teils durch Einbruch und der übrigen Vergehen in Zusammenhang mit diesen Diebstählen in einer derartigen - wie umseits geschilderten - dichten Begehungsweise über mehrere Jahrzehnte und in drei europäischen Staaten zu dem Schluss, dass durch einen Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt besteht, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Eigentumskriminalität besteht (vgl. VwGH 22.02.2017, Ra 2017/19/0043; 22.11.2017, Ra 2017/19/0474 ua.).
14, teils einschlägigen, Verurteilungen des Beschwerdeführers in der Slowakei und in Tschechien seit dem Jahr 1988 belegen unzweifelhaft seine gravierende kriminelle Energie und eine daraus ableitbare hohe Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch einen Verbleib im Bundesgebiet. Dabei fällt entscheidend ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer aus seinen zahlreichen Haftaufenthalten in den vergangenen 33 Jahren offenbar nichts gelernt hat, sondern lediglich den Staat, in welchem er seine Diebstähle begeht und damit seinen Lebensunterhalt bestreitet, bei Bedarf wechselt. Auch dem Umstand, dass gegen den Beschwerdeführer bereits im Jahr 2020 in Tschechien eine fremdenrechtliche Sanktion erlassen wurde, ihn diese jedoch nicht von neuerlicher Delinquenz - diesmal in Österreich - abhalten konnte, kommt bei der durchzuführenden Gefährdungsprognose wesentliche Bedeutung zu. Die strafgerichtliche Verurteilung wegen Einbruchsdiebstahls führt in Zusammenschau mit dem Fehlen einer legalen Erwerbstätigkeit und der massiven, einschlägigen Vorbelastung im Ergebnis dazu, dass für den Beschwerdeführer keine positive Zukunftsprognose vorliegt, sodass gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat; für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0060). Durch den derzeitigen Haftaufenthalt ist die Zeit jedenfalls noch zu wenig weit fortgeschritten, um dem Beschwerdeführer einen allenfalls gegebenen - im Verfahren aber nicht einmal ansatzweise dokumentierten - positiven Gesinnungswandel zu attestieren (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0276).
Auch die gemäß § 9 BFA-VG vorzunehmende Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen kann nicht zu einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes führen, zumal der Beschwerdeführer keinerlei private, familiäre oder sonstige Anknüpfungen an Österreich hat, sondern vielmehr lediglich zur Begehung strafbarer Handlungen in das Bundesgebiet eingereist ist.
Bei Abwägung aller relevanten Umstände sind die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes somit höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des Beschwerdeführers. Das vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten ist als schwerwiegend und geeignet, die öffentlichen Interessen maßgeblich zu gefährden, anzusehen, sodass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegenständlich vorliegen und unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG zulässig ist.
Auch was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese innerhalb des dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Rahmens. So sieht § 67 Abs. 2 FPG die Erlassung eines bis zu zehn Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes vor und erscheint die Ausschöpfung dieser Höchstdauer angesichts des Verhaltens des Beschwerdeführers keineswegs als zu lang. Insbesondere wird berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer bereits vor dem nunmehrigen Anlassfall zahlreiche einschlägige Vorverurteilungen in der Slowakei und in Tschechien aufwies. Dies zeigt offensichtlich, dass der Beschwerdeführer aus seinem Fehlverhalten nicht gelernt hat, ihm die Rechtsordnungen der genannten Staaten und insbesondere die österreichische offenbar gleichgültig sind und ihn weder Verurteilungen noch daraus resultierenden Freiheitsstrafen oder fremdenrechtliche Sanktionen von der Begehung weiterer Straftaten im österreichischen Bundesgebiet abgehalten haben. Auch wenn mit dem von der belangten Behörde verhängte Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren das höchstzulässige Maß ausgeschöpft wird, erweist sich dieses als nicht ungerechtfertigt, insbesondere, weil aufgrund des bisher gezeigten Verhaltens des Beschwerdeführers eine neuerliche Begehung gleichgelagerter Straftaten zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes als nicht unwahrscheinlich anzusehen ist. Auch der Umstand, dass das Strafgericht trotz erstmaliger Verurteilung in Österreich eine unbedingte Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten für geboten hielt, um den Beschwerdeführer hinkünftig von gleichgelagerten Straftaten abzuhalten, lässt die Höhe des Aufenthaltsverbotes mit dem konkreten Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten im Einklang stehen. Aufgrund dieser Überlegungen war die Dauer des Aufenthaltsverbotes von zehn Jahren nicht zu beanstanden, zumal dem auch weder private noch familiäre Interessen entgegenstehen.
3.2. Zur Nichtgewährung eines Durchsetzungsaufschubes und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides):
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Wie die vorangegangenen Ausführungen zeigen, geht vom Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus und hat er anhand seines Gesamtfehlverhaltens unzweifelhaft gezeigt, dass er nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Es ist der belangten Behörde daher beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise im Anschluss an seinen Haftaufenthalt im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist.
Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, weshalb die Beschwerde im Ergebnis vollumfänglich abzuweisen war.
3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Eine Beschwerdeverhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Selbst bei Berücksichtigung aller zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten kann für ihn kein günstigeres Ergebnis erzielt werden und vermag daran auch eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht und ein dabei gewonnener (positiver) persönlicher Eindruck nichts zu ändern (vgl. VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0430).
Selbst im Falle der Wahrunterstellung des in der Beschwerde erstmals behaupteten Privat- bzw. Familienlebens (wofür es wie unter Punkt II.2. ausgeführt keinen Anhaltspunkt gibt) wäre nach der durchzuführenden Interessenabwägung kein anderes Ergebnis denkbar. Das Privat- bzw. Familienleben wäre jedenfalls durch die Inhaftierung des Beschwerdeführers wesentlich eingeschränkt und würde auch dadurch eine gewichtige Minderung erfahren, dass der Beschwerdeführer dieses selbst durch seine kontinuierliche Begehung von Straftaten, die daran anknüpfenden Haftaufenthalte und drohende fremdenrechtliche Sanktionen aufs Spiel gesetzt und damit eine Trennung bewusst in Kauf genommen hat. Zudem wäre es einem Lebensgefährten des Beschwerdeführers, einem deutschen Staatsangehörigen, möglich, den Kontakt durch Besuche in der Slowakei bzw. ähnlich wie derzeit in Haft über Telefon/Brief oder auch über digitale Medien aufrechtzuerhalten oder allenfalls die Beziehung in Deutschland oder der Slowakei fortzusetzen, zumal er auch keiner Erwerbstätigkeit in Österreich nachgeht. Dem Beschwerdeeinwand, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes aufgrund des in Österreich aufhältigen Lebensgefährten des Beschwerdeführers nicht zulässig sei, wäre entgegen zu halten, dass allfällige Konsequenzen des Aufenthaltsverbotes - wie mögliche zeitweilige Trennung von seinen Angehörigen - im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Eigentumsdelikten in Kauf zu nehmen sind (vgl. VwGH 03.09.2015, Ra 2015/21/0054).
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel. Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und auch für die Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes (vgl. VwGH 08.03.2021, Ra 2020/01/0178).
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich das Bundesverwaltungsgericht in der gegenständlichen Entscheidung an der bestehenden höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientierte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2021:I408.2245005.1.00Im RIS seit
22.10.2021Zuletzt aktualisiert am
22.10.2021