Entscheidungsdatum
11.08.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W144 2244626-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. von Nordmazedonien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 23.06.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 und Z 7 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (BF), ein volljähriger Staatsangehöriger von Nordmazedonien, wurde am 22.06.2021 im Rahmen einer finanzpolizeilichen Kontrolle auf einer Baustelle betreten. Nach Feststellung eines unrechtmäßigen Aufenthalts wurde er gemäß § 40 Abs. 1 Z 3 BFA-VG festgenommen und sein nordmazedonischer Reisepass sichergestellt. Da der BF im Besitz eines gefälschten slowenischen Personalausweises war, wurde Anzeige bezüglich Besitzes falscher oder verfälschter besonders geschützter Urkunden erstattet.
Im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 22.06.2021 gab der BF im Wesentlichen an, er sei gesund und nehme keine Medikamente. Er wisse nicht, wann er eingereist sei. Am Anfang hätte er nicht hierbleiben, sondern nach Italien weiterreisen wollen. In Österreich verfüge er über keine Arbeitsberechtigung und wolle zum Betreten bei Schwarzarbeit nichts angeben. Bezogen auf den aufgefundenen gefälschten slowenischen Personalausweis führte er aus, er habe nicht gewusst, dass das Dokument gefälscht sei. Er habe dafür 3.000 Euro bezahlt und ihm sei gesagt worden, dass er keine Probleme bekommen werde, auch wenn er von der Polizei kontrolliert werde. Er habe das Dokument besorgt, damit er kein Problem habe und hierbleiben könne. Zu seinen finanziellen Verhältnissen und zu seinen Lebensumständen brachte der BF vor, er sei mit 5.000 Euro eingereist und habe jetzt noch über 70 Euro. Seinen Aufenthalt in Österreich habe er finanziert, indem er genug Geld mitgehabt habe. Mit seinem Freund habe er in Wien Unterkunft genommen, gestern habe er im Park geschlafen, weil sein Freund nach Belgien gereist sei und dieser den Schlüssel für die Unterkunft habe. Da er keinen Schlüssel habe, könne er dort nicht schlafen. In Österreich habe er keine Familienangehörige, seine Ehegattin und sein zirka dreijähriger Sohn sowie seine restliche Familie würden in Nordmazedonien leben. Er habe dort acht Jahre die Grundschule besucht und sei keiner Beschäftigung nachgegangen. In Italien würden seine Onkel leben. Der BF verneinte die Frage, ob er in Nordmazedonien politisch oder strafrechtlich verfolgt werde, und bejahte, bereit zu sein, dorthin zurückzukehren.
Mit Mandatsbescheid vom 22.06.2021 ordnete das BFA die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG an.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23.06.2021 hat das BFA einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen den BF gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 iVm § 10 Abs. 2 AsylG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nordmazedonien zulässig ist (Spruchpunkt III.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) sowie gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 und Z 7 FPG ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
Begründend wurde zu Spruchpunkt VI. dargelegt, dass der BF über keine ausreichenden Finanzmittel verfüge und keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgehe, sodass er als mittelloser Fremder anzusehen sei. Er sei von der Finanzpolizei bei der Schwarzarbeit und mit einem gefälschten slowenischen Personalausweis betreten worden. Im Falle des BF seien § 53 Abs. 2 Z 6 und Z 7 FPG erfüllt. Es bestünden weder wesentliche familiäre noch berufliche Bindungen in Österreich und der BF habe sich illegal aufgehalten sowie keinen ordentlichen Wohnsitz begründet. Die Dauer des Einreiseverbots sei gewählt worden, um zu gewährleisten, dass tatsächlich ein Gesinnungswandel eingetreten bzw. eine Änderung der persönlichen Verhältnisse entstanden sei, sodass der BF aus eigenem seinen Aufenthalt in Österreich finanzieren könne. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sei unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des BF die Annahme gerechtfertigt, dass der BF eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.
Der BF unterfertigte am 24.06.2021 einen Antrag für Unterstützungsleistungen im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr. Mit Schreiben vom 28.06.2021 teilte das BFA mit, dass die Heim- bzw. Ausreisekosten nicht übernommen werden würden, zumal der BF bei Schwarzarbeit betreten worden sei und dies einen Ausschlussgrund für die Kostenübernahme darstelle.
Gegen den dargestellten, am 23.06.2021 zugestellten, Bescheid des BFA richtet sich die durch die Rechtsvertretung des BF am 19.07.2021 eingebrachte Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides, zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass vom BF keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehe, welche die Verhängung eines vierjährigen Einreiseverbotes rechtfertigen würde. Dem BF tue die Ausübung einer unerlaubten Beschäftigung sehr leid. Selbst wenn der Tatbestand der Mittellosigkeit formell erfüllt sei, bedeute das nicht, dass zwingend ein Einreiseverbot zu erlassen sei. Im gegenständlichen Fall habe die belangte Behörde keine ausreichende Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des BF vorgenommen und die vermeintlich vom BF ausgehende Gefährdung nicht im erforderlichen Ausmaß geprüft. Im angefochtenen Bescheid finde sich keine nachvollziehbare Begründung, warum die Erlassung des Einreiseverbotes in der Dauer von vier Jahren – also beinahe die Höchstdauer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG – notwendig wäre. Das BFA habe es ebenfalls unterlassen, die Rechte des BF nach Artikel 8 EMRK ausreichend zu berücksichtigen, zumal der BF Familienangehörige und Verwandte im Schengenraum habe und viele Familienangehörige in Italien wohnen würden.
Am 25.07.2021 wurde der BF auf dem Luftweg nach Nordmazedonien abgeschoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige und gesunde BF, ein Staatsangehöriger von Nordmazedonien, reiste zuletzt am 07.03.2021 im Besitz eines gültigen nordmazedonischen Reisepasses in den Schengenraum ein. Er verfügt über keinen gültigen Aufenthaltstitel.
Während seines Aufenthalts in Österreich wohnte der BF bis zum 21.06.2021 bei einem Freund in Wien, er war an dessen Adresse jedoch nicht behördlich gemeldet. Seitdem verfügte er über keine Unterkunft. Laut dem Zentralen Melderegister war der BF in Österreich nur während seiner Anhaltung in einem Polizeianhaltezentrum behördlich gemeldet.
Der BF wurde am 22.06.2021 im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei auf einer Baustelle in Wien beim Flexen von Eisen im Kellergeschoß ohne entsprechende Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz betreten. Er war im Besitz eines gefälschten slowenischen Personalausweises lautend auf XXXX , geboren am XXXX .
Der strafgerichtlich unbescholtene BF verfügt in Österreich über keine familiären oder sozialen Bindungen. Er ging in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach.
Die Ehegattin, der minderjährige Sohn und die restliche Kernfamilie des BF leben in Nordmazedonien. In Italien halten sich Onkel des BF auf. Der BF besuchte in Nordmazedonien acht Jahre die Grundschule und ging keiner Beschäftigung nach. Er spricht Albanisch als Muttersprache und ein wenig Mazedonisch.
Zum Zeitpunkt der niederschriftlichen Einvernahme am 22.06.2021 verfügte der BF über 70 Euro an finanziellen Mitteln.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Volljährigkeit des BF ergeben sich aus seinen eigenen Angaben vor dem BFA in Zusammenschau mit einer im Verwaltungsakt aufliegenden Kopie seines Reisepasses. Die Feststellung, dass der BF am 07.03.2021 in das Schengengebiet eingereist ist, beruht auf einem in seinem nordmazedonischen Reisepass angebrachten Einreisestempel. Dass der BF über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügt ergibt sich aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes und einem aktuellen Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister.
Die Feststellungen betreffend die Unterkunftnahme des BF in Österreich beruhen auf seinen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 22.06.2021 in Zusammenschau mit einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Auch das BFA legte dem angefochtenen Bescheid diesen Sachverhalt zugrunde, indem im angefochtenen Bescheid festgestellt wurde, dass der BF (zum damaligen Zeitpunkt) nicht behördlich gemeldet sei und angegeben habe, derzeit keine Unterkunftsmöglichkeit zu haben.
Dass der BF am 22.06.2021 von der Finanzpolizei beim Arbeiten auf einer Baustelle ohne entsprechende Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz betreten wurde und im Besitz eines gefälschten slowenischen Personalausweises war, ergibt sich aus den im Verwaltungsakt einliegenden Unterlagen der Finanzpolizei einschließlich des in Kopie im Akt aufliegenden slowenischen Personalausweises in Zusammenschau mit der Anzeige der Landespolizeidirektion Wien vom 22.06.2021 und den eigenen Angaben des BF vor dem BFA.
Dass der BF strafgerichtlich unbescholten ist, lässt sich einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister entnehmen. Die Feststellungen betreffend die privaten und familiären Verhältnisse des BF in Österreich beruhen auf den Angaben des BF im verwaltungsbehördlichen Verfahren. Ebenso ergeben sich die Feststellungen zum Leben des BF in Nordmazedonien einschließlich des dortigen Aufenthalts seiner Ehegattin, seines minderjährigen Sohnes und der restlichen Kernfamilie aus seinen Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 22.06.2021. Die Feststellungen zum Aufenthalt von Onkeln des BF in Italien beruht auf der Angabe des BF vor dem BFA, wonach seine Onkel in Italien leben würden, in Zusammenschau mit dem Beschwerdevorbringen. Die Beschwerde hat diesbezüglich weder Sachverhalte aufgezeigt, welche nicht bereits erstinstanzlich bekannt waren, noch dargelegt, dass der BF zu seinen in Italien lebenden Verwandten eine intensive Nahebeziehung habe oder ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestünde.
Die Feststellungen zu den finanziellen Verhältnissen des BF in Österreich beruhen auf seinen Angaben bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides richtet, die übrigen Spruchpunkte sind somit bereits in Rechtskraft erwachsen.
Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid gemäß § 53 Abs. 1 FPG ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Nach § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs. 2 Z 6 FPG) oder bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen (§ 53 Abs. 2 Z 7 FPG).
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230). Ebenso ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes die Dauer der von der Person ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf private und familiäre Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109). Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 07.11.2012, 2012/18/0057).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 24.05.2016, Ra 2015/21/0187). Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) – oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes – hat regelmäßig nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht. Das wird verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige bloß einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 leg. cit. erfüllt (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).
Im vorliegenden Fall erließ das BFA gegen den BF ein auf § 53 Abs. 2 Z 6 und Z 7 FPG gestütztes Einreiseverbot.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu sämtlichen gleichgelagerten Vorläuferbestimmungen zu § 53 Abs. 2 Z 6 FPG, die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.12.2018, Ra 2018/20/0309, auch ausdrücklich als auf die aktuelle Rechtslage übertragbar angesehen wurde, hat ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349, und VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309 mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FPG: etwa VwGH 22.01.2013, 2012/18/0191; 13.09.2012, 2011/23/0156).
Im vorliegenden Fall ging das BFA zu Recht von der Mittellosigkeit der BF aus. Wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt, ging der BF keiner legalen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach und er verfügte zum Zeitpunkt der niederschriftlichen Einvernahme am 22.06.2021 lediglich über 70 Euro an finanziellen Mitteln, sodass nicht davon auszugehen ist, dass er mit einem derart geringen Betrag in Österreich seinen Unterhalt bestreiten könnte. Die Zurverfügungstellung der notwendigen Unterhaltsmittel im Sinne des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG kann auch durch Dritte erfolgen, allerdings muss der Fremde einen Rechtsanspruch auf diese Leistungen haben (vgl. VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132). Dass der BF von Seiten Dritter finanzielle Unterstützung erhalten hat bzw. könnte, wurde von ihm nicht nachgewiesen und auch nicht geltend gemacht. Das BFA erachtete daher zutreffend den Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG im Falle des BF als erfüllt.
Im angefochtenen Bescheid zeigte das BFA zu Recht auf, dass im gegenständlichen Fall auch der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG verwirklicht wurde.
Der bloße Vorwurf, ein Drittstaatsangehöriger sei einer Beschäftigung nachgegangen, obwohl ihm der dafür erforderliche Aufenthaltstitel bzw. die erforderliche Beschäftigungsbewilligung nicht erteilt worden sei, erfüllt § 53 Abs. 2 Z 7 FPG nicht, sondern der Tatbestand setzt voraus, dass der Drittstaatsangehörige - wenn auch im Gegensatz zur Rechtslage vor dem FrÄG 2011 nicht mehr unbedingt durch bestimmte Organe der Abgabenbehörde, des Arbeitsmarktservice oder des öffentlichen Sicherheitsdienstes - bei einer Beschäftigung „betreten“ wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nicht hätte ausüben dürfen. Es bedarf daher zumindest der Feststellung der nach dem AuslBG nicht zulässigen Beschäftigung aufgrund einer Nachschau durch die dafür berufenen Behörden (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311, mwN).
Eine vorsätzliche Vorgehensweise ist keine Voraussetzung der Erfüllung des Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 Z 7 FPG ist. Auf die subjektive Sicht des Drittstaatsangehörigen kommt es nicht an. Von einem eine Beschäftigung in Österreich aufnehmenden Drittstaatsangehörigen muss verlangt werden, sich mit den dafür einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen. Dabei genügt es etwa auch nicht, sich auf die Auskunft des Arbeitgebers zu verlassen (vgl. VwGH 25.05.2021, Ra 2019/21/0402, mwN).
Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet (vgl. etwa VwGH 25.05.2021, Ra 2019/21/0402, und VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349). Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt (vgl. VwGH 25.05.2021, Ra 2019/21/0402, und VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).
Wie das BFA im angefochtenen Bescheid zutreffend darlegte, wurde der BF am 22.06.2021 von der Finanzpolizei bei Arbeiten (auf einer Baustelle beim Flexen von Eisen) ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung angetroffen. Da der BF anlässlich der Einvernahme vor dem BFA am 22.06.2021 verneinte, über eine Arbeitsberechtigung in Österreich zu verfügen, keine Angaben vor dem BFA zum Betreten bei Schwarzarbeit machen wollte und sich weder aus den aktenkundigen Unterlagen Zweifel am Vorliegen einer Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergeben haben, noch vom BF selbst das Betreten bei Schwarzarbeit bestritten wurde, ist dem BFA nicht entgegenzutreten, wenn es die Erlassung des Einreiseverbotes gegen den BF auch auf den Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG gestützt hat.
Insofern in der Beschwerde moniert wird, das BFA habe die vermeintlich vom BF ausgehende Gefährdung nicht im erforderlichen Ausmaß geprüft, ist zu entgegnen, dass – wie soeben aufgezeigt – im Falle des BF nicht nur ein, sondern zwei der (demonstrativ aufgezählten) Tatbestände des § 53 Abs. 2 FPG erfüllt sind. Schon die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert im Sinn der zitierten Rechtsprechung, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Umstände, die im vorliegenden Fall gegen diese Annahme sprechen könnten, sind nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht aufgezeigt. Für die anzustellende Prognose stellt sich damit nicht die Frage, ob der Fremde diesfalls überhaupt eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, sondern lediglich mit welcher Wahrscheinlichkeit und mit welcher Intensität eine solche Gefährdung zukünftig als gegeben anzusehen ist. Dies ist in Beziehung zu setzen mit den persönlichen Interessen des BF und ist letztlich eine gesamthafte Abwägung zu treffen.
Ein Fehlverhalten kann auch dann zur Beurteilung der Gefährdungsprognose herangezogen werden, wenn dieses nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat (vgl. VwGH 22.01.2014, 2012/22/0246). Im Hinblick auf das bisherige Verhalten des BF verwies das BFA zu Recht auch auf den Umstand, dass der BF im Zeitpunkt der Kontrolle durch die Finanzpolizei im Besitz eines gefälschten slowenischen Personalausweises war. Der BF nahm sohin nicht nur die Ausübung einer unerlaubten Beschäftigung, sondern auch den Erwerb eines gefälschten Dokumentes in Kauf, um in der Lage zu sein, als Angehöriger eines EU-Mitgliedstaates einen freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt vorgeben zu können. Abgesehen von einem Verstoß gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen wegen Überschreitens der sichtvermerkfreien Aufenthaltsdauer missachtete der BF auch melderechtliche Bestimmungen, indem er eigenen Angaben vor dem BFA zufolge vor Anordnung der Schubhaft bei einem Freund in Wien Unterkunft nahm, ohne an dessen Adresse gemeldet zu sein. Das bisherige Verhalten des BF weist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auf eine hohe Bereitschaft der Negierung österreichscher Gesetze und gesellschaftlicher Regeln hin und lässt auf eine erhebliche kriminelle Energie des BF schließen.
Auch wenn dem BF entsprechend seinem Vorbringen in der Beschwerde die Ausübung einer unerlaubten Beschäftigung sehr leidtue, ist aufgrund seines oben dargestellten, mehrfachen Fehlverhaltens, des seither verstrichenen, erst kurzen Zeitraums, seiner Mittellosigkeit und angesichts fehlender familiärer oder privater Unterstützung und Unterkunftsmöglichkeit in Österreich auch zukünftig zu befürchten, dass der BF einer illegalen Beschäftigung nachgehen oder Nahrung und Unterkunft in strafrechtswidriger Weise beschaffen wird, um seinen Unterhalt bestreiten zu können. In der Beschwerde wurden auch keine Gründe aufgezeigt, die gegen diese Prognose sprechen würden.
Es kann daher der belangten Behörde nichts vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer Gefahr für öffentliche Interessen, insbesondere der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machte, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Verstöße gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgehalten, dass Schwarzarbeit einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstelle (vgl. VwGH 04.09.1992, 92/18/0350) und ein großes Interesse an der Verhinderung derselben bestünde (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047). Erst kürzlich führte der Verwaltungsgerichtshof wieder aus, dass die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziere, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährde, wobei diese Gefährdungsannahme beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FPG auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt sei (vgl. vgl. etwa VwGH 25.05.2021, Ra 2019/21/0402). Ebenso betont der Verwaltungsgerichtshof die aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierende Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft und die damit einhergehende Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG (vgl. zuletzt etwa VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das BFA nicht nur das bisherige Verhalten des BF mitberücksichtigt, sondern auch seine persönlichen Verhältnisse im Hinblick auf Artikel 8 EMRK hinreichend abgewogen. Der BF verfügt weder über familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich, noch über soziale Bindungen, und ging keiner legalen Beschäftigung nach. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des BF in Österreich in sprachlicher oder gesellschaftlicher Hinsicht sind schon angesichts seiner kurzen Aufenthaltsdauer nicht erkennbar und wurden von ihm auch nicht aufgezeigt. Zudem wird ein allenfalls von ihm im Bundesgebiet begründetes Privatleben durch den Umstand relativiert, dass er sich seines allenfalls bloß vorübergehenden legalen Aufenthalts bewusst sein musste. Angesichts dessen ist sein persönliches Interesse an einem neuerlichen Aufenthalt im Bundesgebiet als gering einzustufen, während hingegen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit und am wirtschaftlichen Wohl des Landes und somit zur Vermeidung von Aufenthalten von mittellosen Personen, als gewichtig einzustufen ist.
Insofern in der Beschwerde auf Familienangehörige des BF in Italien verwiesen wird, ist anzumerken, dass zwar angesichts der grundsätzlichen Geltung des Einreiseverbotes für das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten die Frage nach dem Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein im Hinblick auf die Verhältnisse in Österreich beurteilt werden darf, sondern es ist auch die Situation des Fremden in den anderen Mitgliedstaaten in den Blick zu nehmen (vgl. VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037). Der BF legte jedoch nicht einmal ansatzweise dar, dass er zu seinen in Italien lebenden Onkeln in einem besonderen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis stehen würde, sodass das gegenständliche Einreiseverbot einen unverhältnismäßigen Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familien- oder Privatlebens im Sinne des Artikels 8 EMRK darstellen würde.
Eine abwägende Gesamtbetrachtung führt somit zum Ergebnis, dass die Verhängung eines Einreiseverbotes gegen den BF geradezu geboten ist, wobei die seitens des BFA verhängte Dauer des Einreiseverbots von vier Jahren angesichts der konkreten Umstände seitens des Bundesverwaltungsgerichts keinen Bedenken begegnet:
Das BFA bewegt sich bei seiner Ermessensausübung innerhalb des ihm zustehenden Rahmens, zumal § 53 Abs. 2 FPG die Verhängung eines Einreiseverbotes von höchstens fünf Jahren vorsieht. Das gegenständliche Einreiseverbot in der Dauer von vier Jahren wurde vom BFA in der oberen Hälfte dieses Rahmens angesiedelt, die Höchstdauer von fünf Jahren jedoch nicht ausgeschöpft. Entgegen dem Beschwerdevorbringen erweist sich die Bemessung des Einreiseverbotes in casu als angemessen. Insofern in der Beschwerde beispielsweise auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die Erlassung von Einreiseverboten wegen Mittellosigkeit verwiesen wird, wird verkannt, dass im Falle des BF nicht nur ein, sondern zwei Tatbestände des § 53 Abs. 2 FPG erfüllt sind. Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Fall, dass der BF nicht nur mittellos ist und in rechtswidriger Weise einer Beschäftigung nachging, sondern auch die sichtvermerkfreie Zeit überschritten hat, seiner Meldeverpflichtung nicht nachgekommen ist und im Besitz eines gefälschten slowenischen Personalausweises war. Bei exemplarischer Betrachtung rezenter Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts ist festzustellen, dass bereits bei Erfüllung der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 6 und Z 7 FPG in Verbindung mit einem unrechtmäßigen Aufenthalt und einem Verstoß gegen melderechtliche Verpflichtungen die Verhängung eines dreijährigen Einreiseverbotes als gerechtfertigt erachtet wurde (siehe etwa BVwG vom 30.03.2021, Zl. W241 2240653-1, und BVwG vom 31.03.2021, Zl. G306 2236276-1). Dem BF ist jedoch im vorliegenden Fall ein weiteres Fehlverhalten anzulasten, zumal er im Zeitpunkt der Kontrolle durch die Finanzpolizei im Besitz eines gefälschten slowenischen Personalausweises war. Vor diesem Hintergrund und im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des vom BF bisher gesetzten Verhaltens und des als gering einzustufenden persönlichen Interesses des BF an einem neuen Aufenthalt in Österreich bzw. im Schengenraum erweist sich die Erlassung eines vierjährigen Einreiseverbotes im konkreten Fall als angemessen. Auch kann den Erwägungen des BFA nicht entgegengetreten werden, wonach dieser Zeitraum notwendig erscheint, um zu gewährleisten, dass tatsächlich ein Gesinnungswandel eintritt, bzw. damit der BF allenfalls seine persönlichen Verhältnisse derart gestaltet, dass er zukünftig aus eigenen legalen finanziellen Mitteln seinen Aufenthalt im Schengenraum bestreiten kann.
Unter Berücksichtigung aller Umstände kann daher davon ausgegangen werden, dass nur ein Einreiseverbot in der Dauer von zumindest vier Jahren eine allfällige Änderung des Verhaltens des BF und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten bewirken wird. Eine Herabsetzung der Dauer des im angefochtenen Bescheides ausgesprochenen Einreiseverbotes kam angesichts des oben aufgezeigten kumulierten Fehlverhaltens des BF und der darin zum Ausdruck gebrachten kriminellen Energie nicht in Betracht. Obwohl sich die Beschwerde gegen die Dauer des erlassenen Einreiseverbotes richtet und die diesbezügliche Begründung des BFA bemängelt wurde, wurden keine konkreten Umstände aufgezeigt, warum schon vor Ablauf dieses Zeitraums vom Wegfall der vom BF ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit auszugehen wäre. Die nach Erlassung des gegenständlichen Einreiseverbotes durch das BFA im Beschwerdeschriftsatz geäußerte Reue vermag angesichts des erst kurz verstrichenen Zeitraums seit dem gesetzten Fehlverhalten und des Fehlens eines entscheidungsrelevanten Zeitraumes eines Wohlverhaltens (aufgrund der anschließenden Anhaltung des BF in Schubhaft bis zu seiner Abschiebung) im vorliegenden Fall keine maßgebliche Herabsetzung des Einreiseverbotes zu tragen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ folgende Kriterien beachtlich sind:
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Beweismittel beigeschafft und die Feststellungen in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat insbesondere keine neuen Tatsachen vorgebracht. Im Übrigen wurde in der Beschwerde auch kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht sowohl auf eine ohnehin klare Rechtslage als auch auf eine umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stützen, welche bei den Erwägungen zu A) wiedergegeben wurde.
Schlagworte
Einreiseverbot Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose illegale Beschäftigung Mittellosigkeit SchwarzarbeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W144.2244626.1.00Im RIS seit
21.10.2021Zuletzt aktualisiert am
22.10.2021