TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/19 W222 2230104-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.08.2021
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Entscheidungsdatum

19.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch


W222 2230104-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Obregon als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.06.2021 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 46, 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in Folge BF), ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 29.07.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung durch einen Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.10.2019 gab der BF zu seiner Person an, in Haryana, Indien geboren worden und ledig zu sein. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Sikhs und der Volksgruppe der Jat an. Im Heimatland würden seine Eltern, sein Bruder und seine Schwester leben. Er habe zwölf Jahre die Grundschule in Indien besucht. Sein indischer Reisepass sei ihm von seinem Schlepper in Athen abgenommen worden, welcher ihm auch das griechische Visum besorgt habe. Über welche Länder der BF gereist sei, könne er nicht sagen. Er wolle in Österreich bleiben, weil er gehört habe, dass das Leben hier gut sein solle. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der BF an, dass er in seinem Dorf in ein Hindu-Mädchen verliebt gewesen sei, dessen Familie einflussreich sei und über politische Kontakte verfüge. Der BF und das Mädchen hätten heiraten wollen, doch ihre Familie sei aufgrund der unterschiedlichen Religion dagegen gewesen. Der BF sei auch von ihrem Bruder geschlagen und mit dem Tod bedroht worden. Es sei darüber hinaus eine Anzeige gegen den BF erstattet worden. Sein Leben sei dort in Gefahr, daher habe er Indien verlassen müssen. Bei einer Rückkehr in seine Heimat würde der BF Angst um sein Leben haben.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen am 12.02.2020 und am 21.02.2020 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge BFA) gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei. Seinen Reisepass sowie seine ID-Karte habe er auf der Flucht verloren; eine Geburtsurkunde habe er nie besessen. In weiterer Folge wurde ausgeführt (Rechtschreibfehler teilweise korrigiert):

„F: Stehen Sie mit Ihrer Familie in Kontakt?

A: Nein.

F: Warum nicht?

A: Ja, doch. Mit meinem Vater habe ich telefonischen Kontakt.

F: Wie oft telefonieren Sie mit Ihrem Vater?

A: Einmal in der Woche ca.

Anmerkung. Der AW wird aufgefordert, wenn möglich Dokumente schicken zu lassen, welche seine Identität nachweisen können. Der AW gibt an, das verstanden zu haben.

[…]

F: Warum verließen Sie Ihr Heimatland? Erzählen Sie unter Anführung von Fakten, Daten die Ihnen wichtig scheinenden Ereignisse.

A: Es ging um ein Grundstück. Es gab einen Streit zwischen der Familie meines Onkels und unserer Familie.

F: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe?

A: Es geht auch um eine Liebesbeziehung.

F: Weshalb haben Sie nun Indien verlassen?

A: Ich wurde bedroht. Die Brüder des Mädchens, mit dem ich eine Beziehung hatte, haben mich bedroht. Diese heißen […] und […].

F: Schildern Sie diesen Fluchtgrund bitte genauer!

A: Ich hatte eine Beziehung zu einem Mädchen namens […]. Ich ging schon mit ihr zur Schule und kannte sie schon lange. Wir haben uns im Jahr 2014 verliebt und Ihre Brüder haben das herausgefunden. Meine Freundin durfte dann nach der 12. Klasse nicht weiter zur Schule gehen und musste zu Hause bleiben. Wir durften uns nicht mehr treffen. Nach einer gewissen Zeit haben wir uns aber versteckt getroffen. Eines Tages wurden wir dann erwischt. Das war im Jahr 2018. Ich wurde daraufhin von einem ihrer Brüder geschlagen, von […]. Der andere Bruder war auch dabei, aber er hat mich nicht geschlagen. Freunde, die bei mir waren, haben dann versucht, den Streit zu schlichten. Die Brüder meiner Freundin haben dann eine Anzeige gegen mich erstattet, nämlich, dass ich ihre Schwester belästige. Daraufhin habe ich eine Notiz bekommen, dass ich zur Polizeistation kommen soll. Als ich dorthin kam, war auch die Familie des Mädchens und ein Nachbar als Streitschlichter anwesend. Die Polizei hat uns aufgefordert, den Streit zu schlichten. Dann haben wir uns wohin gesetzt und der Streitschlichter hat gesagt, dass man mich gehen lassen soll und dass ich es nicht mehr machen werde. Die Familie des Mädchens hat dann gesagt, dass sie mich umbringen werde, sollte ich das Mädchen noch einmal sehen.

F: Wann war das?

A: Ca. im März 2018.

F: Was ist danach passiert?

A: Wir haben uns dann getrennt. Somit war die Beziehung beendet. Ich hatte trotzdem Angst wegen der Bedrohung und bin dann hierher geflüchtet.

F: Seit 2018 hat sich aber in diesem Fall nichts mehr ergeben?

A: Nein.

F: Warum hatten Sie dann deswegen noch Angst?

A: Ich hatte trotzdem Angst, weil sie sagten, dass sie mich töten, wenn ich in der Nähe des Mädchens bin. Wenn es zum Beispiel jemand behauptet hätte, wäre ich in Gefahr gewesen.

F: Wann haben Sie Indien verlassen?

A: Im Februar 2019.

F: Warum haben Sie dann Indien im Februar 2019 verlassen?

A: Ich hatte mich eigentlich schon nach der Drohung dazu entschlossen. Es hat dann nur gedauert, dass wir das Geld für den Schlepper beisammenhatten.

F: Sie sprachen auch von einem Grundstücksstreit. Was wollen Sie dazu angeben?

A: Wir hatten ein Grundstück. Das haben wir aus Geldnot meinem Onkel für eine gewisse Zeit, 6 Monate, übergeben. Dafür haben wir dann Geld bekommen. Der Deal war, dass wir nach 6 Monaten das Geld zurückgeben und dann das Grundstück wieder zurückbekommen. Wir haben uns um einen Monat verspätet und der Onkel wollte dann das Grundstück deswegen nicht mehr zurückgeben. Mein Vater war bei meinem Onkel deswegen. Das war im August 2018. Ein paar Tage später ging mein Vater nochmals zum Onkel. Dann eskalierte der Streit. Mein Vater wurde dann von meinem Onkel und seinen vier Söhnen geschupst. Dann sind mein Bruder und ich zum Onkel und haben uns eingemischt. Dann gab es eine Schlägerei.

F: Was ist dann weiter passiert?

A: Der Streit dauerte an.

F: Deswegen mussten Sie dann flüchten?

A: Der Hauptgrund war wegen meiner Freundin und der Bedrohung. Aber auch wegen dieser Sache hatte ich Angst. Mein Vater wollte, dass ich weggehe. Dieser Streit wird noch gerichtlich geregelt. Mein Vater ist zwischenzeitlich bereits mit meiner Mutter weggezogen und mein Bruder ist verheiratet und lebt auch woanders.

F: Ihre Familie kann weiterhin in Indien leben. Warum mussten Sie aber das Land verlassen?

A: Sie sind verheiratet und können das Land nicht verlassen. Ich war traurig und musste weg. […]

F: Was mussten Sie für Ihre Schleppung bezahlen?

A: 800.000 Rupien.

F: Woher hatten Sie Geld dafür?

A: Aus Ersparnissen. Wir hatten Traktoren und Maschinen, die wir verkauft haben.

F: Wenn Sie über Geld verfügten, warum musste dann Ihre Familie Geld von Ihrem Onkel leihen?

A: Meine Schwester hatte Hochzeit und dafür haben wir mehr Geld gebraucht.

F: Können Sie irgendwelche Beweismittel für Ihr Vorbringen vorlegen?

A: Nein, es gibt dafür keine Beweise.

F: Sie sagten doch, dass es ein Gerichtsverfahren gibt. Auch das können Sie nicht beweisen?

A: Ich glaube, dass es schwierig ist, das zu beweisen. Ich werde aber nachfragen.

Anmerkung: Der AW wird angewiesen, Beweise zu besorgen.

F: Wollen Sie weitere Fluchtgründe angeben oder Ihr Vorbringen ergänzen?

A: Nein. Nur das, was ich sagte.

F: Haben Sie jemals Probleme mit den Behörden, der Polizei oder dem Militär Ihres Heimatlandes gehabt?

A: Nur den einen Vorfall wegen meiner Beziehung zu dem Mädchen.

F: Warum haben Sie sich nicht in einem anderen Landesteil Ihres Heimatlandes niedergelassen um diesen Problemen zu entgehen?

A: Theoretisch schon, aber ich hatte keine Lust mehr in Indien zu leben.

F: Also verlassen Sie lieber das Land um anderswo einen Asylantrag zu stellen, obwohl es Ihnen durchaus möglich wäre, weiterhin in Ihrem Heimatland zu leben?

A: Die Angst bleibt ja trotzdem. Es gibt nichts Besseres als das Leben.

F: Sind Sie an den Länderinformationen, die Österreich von Indien hat, interessiert?

A: Nein.

F: Haben Sie Probleme aufgrund Ihrer Mitgliedschaft zu Ihrer Volksgruppe oder Partei bzw. Religion?

A: Nein. Es gibt nur die gewöhnlichen Differenzen zwischen Sikhs und Hindus. Staatlicherseits hatte ich keine Probleme.

F: Welche Probleme erwarten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihre Heimat?

A: Mein Leben ist bedroht. Sie können mich auffinden und töten, also die Familie meiner damaligen Freundin, die mich bedrohte.

F: Wollen Sie sonst noch irgendwelche Angaben tätigen?

A: Nein. Ich möchte nur hierbleiben.

Vorhalt: Auch im Wahrheitsfalle können diese Fluchtgründe nicht zu einer Asylgewährung führen, sie entfalten keine Asylrelevanz! Sie sagten auch selbst, dass es Ihnen möglich wäre, anderswo in Indien zu leben. Wollen Sie dazu etwas sagen?

A: Ich möchte hierbleiben. Mein Leben ist bedroht.

Erklärung: Seitens des Bundesamtes ist beabsichtigt, Ihren Asylantrag abzuweisen. In Ihrem Fall handelt es sich um nicht um eine asylrelevante Verfolgung.

Mir wird nun zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt ist, meinen Asylantrag abzuweisen, festzustellen, dass die Abschiebung, Zurückschiebung bzw. Zurückweisung nach Indien zulässig ist und eine Rückkehrentscheidung zu veranlassen. Wollen Sie konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?

A: Nein.

F: Haben Sie mittlerweile Beweismittel oder identitätsbezeugende Dokumente erhalten, die Sie vorlegen können und welche Sie bisher noch nicht vorgelegt haben?

A: Nein. Ich habe nach wie vor keine Beweise für mein Vorbringen. Mein Vater hat es versucht, aber er hat nichts bekommen.

F: Was genau hat Ihr Vater versucht zu bekommen?

A: Er hat versucht, gerichtliche Dokumente zu bekommen, die den Grundstücksstreit beweisen können. Aber er hat nichts bekommen.

[…]

A: Ich habe nach wie vor Angst.

F: Vor wem und vor was haben Sie nun Angst?

A: Ich habe Angst vor den Brüdern meiner damaligen Freundin, weil sie mich bedroht haben.

F: Wollen Sie noch etwas dazu angeben, was einer Rückkehr Ihrer Person nach Indien entgegensteht?

A: Mein Leben ist gefährdet.

Vorhalt: Sie haben im Zuge der Einvernahme am 12.02.2020 angeführt, dass es Ihnen durchaus möglich wäre, in Indien zu leben. Konkret sagten Sie, dass Sie keine Lust mehr hätten, in Indien zu leben. Warum haben Sie dann überhaupt das Land verlassen?

A: Ich kann mich eh dort aufhalten, aber ich lebe dort halt nur unter Angst und das möchte ich nicht.

F: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet) oder sonstige Verwandte?

A: Nein.

F: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.

A: Nein.

…“

Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde für seine freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, die Gründe des BF für das Verlassen seines Herkunftsstaates würden jedenfalls keine asylrelevante Verfolgung im Sinne der GFK darstellen. Der BF habe im Verfahren selbst vorgebracht, dass es ihm weiterhin möglich gewesen wäre, in Indien zu leben. Eine tatsächlich bestehende und asylrelevante Verfolgung seiner Person könne auch aufgrund dieser Angaben ausgeschlossen werden. Beim BF handle es sich um einen jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann, welchem es bis zur Ausreise möglich gewesen sei, sich den notwendigen Lebensunterhalt zu sichern. Dass dem BF nicht zumutbar wäre, seinen Lebensunterhalt nach einer Rückkehr durch Gelegenheitsarbeiten zu verdienen oder sich beruflich anders zu orientieren, ergebe sich weder aus seinen Angaben, noch könne im Hinblick auf die dem gegenständlichen Bescheid zugrunde gelegten Länderinformationen erkannt werden, dass die objektive Lage in Indien dies von vornherein als aussichtlos erscheinen ließe. Weiters ergebe sich bei der Abwägung der privaten zu den öffentlichen Interessen, dass das Interesse der Öffentlichkeit an einem geordneten Fremdenwesen, gegen das der BF zudem mit seiner illegalen Einreise verstoßen habe, die Interessen des BF überwiege.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF im Wege seiner Rechtsberatung am 27.03.2020 fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang und brachte zusammengefasst vor, er sei in Indien in einen massiven Streit aufgrund der Beziehung zu einer Frau, deren Familie nicht damit einverstanden gewesen sei, sowie in einen Konflikt um ein Grundstück verwickelt gewesen. Die heimatlichen Behörden seien in beiden Fällen dem BF gegenüber aufgrund ihrer Korruption sowie ihrer politischen Verflechtungen weder schutzwillig noch schutzfähig gewesen. Der BF habe daher aus begründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung nach Österreich flüchten müssen. Die Art und Weise des BFA, dem BF bereits von vornherein abzusprechen, aus asylrelevanten Gründen geflüchtet zu sein, ohne eine Beurteilung seiner Fluchtgründe durchzuführen, und auf der Basis unrichtiger Annahmen über die Situation in Indien, sei nicht überzeugend. Anscheinend habe das BFA keinerlei Ermittlungen zu den Fluchtgründen des BF getätigt. Aus dem Protokoll der Transkription der Aussagen des BF gehe hervor, dass die indischen Behörden ihm gegenüber schutzunwillig oder schutzunfähig gewesen seien, zumal die politisch motivierte Verfolgung, der der BF ausgesetzt gewesen sei, gerade auch von den indischen Behörden direkt ausgegangen sei. Eine Abschiebung des BF würde gegen Art. 2 und 3 EMRK sowie auch gegen Art. 8 EMRK verstoßen und es hätte jedenfalls eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt werden müssen. Abschließend wurde unter anderem beantragt, einen landeskundigen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation in Indien befasse, und eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.

Am 17.06.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Rahmen welcher der BF zu seinen Fluchtgründen und zu seinen Lebensumständen in Österreich sowie in Indien befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger von Indien und wurde in Haryana in Indien geboren. Er ist Angehöriger der Volksgruppe der Jat und der Religionsgemeinschaft der Sikhs. Der BF ist ledig sowie kinderlos und seine Muttersprache ist Punjabi, der er in Wort und Schrift mächtig ist. Weiters spricht der BF auch etwas Hindi. Er verfügt über eine zwölfjährige Schulbildung. In Indien lebt nach wie vor die Familie des BF, bestehend aus seinen Eltern, seinem Bruder und seiner Schwester. Außerdem lebt ein Onkel des BF in Indien.

Im Bundesgebiet verfügt der BF über keinerlei Familienangehörige, er lebt auch nicht in einer Lebensgemeinschaft. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF die deutsche Sprache beherrscht, sich sozial engagiert oder hier Freunde gefunden hat. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten und bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung.

Der BF ist Ende Februar 2019 mit dem Flugzeug aus Indien ausgereist und hat am 29.07.2019 im Bundesgebiet den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Nicht festgestellt werden kann, dass der BF sein Herkunftsland aus den von ihm genannten Gründen verlassen hat.

Zur allgemeinen politischen und menschenrechtlichen Situation in Indien wird Folgendes festgestellt:

COVID-19

?        Letzte Änderung: 21.05.2021

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie verhängte die indische Regierung am 25. März 2020 eine Ausgangssperre über das gesamte Land, die nur in Einzelfällen (Herstellung lebensnotwendiger Produkte und Dienstleistungen, Einkaufen für den persönlichen Bedarf, Arztbesuche, usw.) durchbrochen werden durfte. Trotz der Ausgangssperre sanken die Infektionszahlen nicht. Seit der ersten Aufsperrphase, die am 8. Juni 2020 begann, schießt die Zahl der Infektionen noch steiler als bisher nach oben. Größte Herausforderung während der Krise waren die Millionen von Wanderarbeitern, die praktisch über Nacht arbeitslos wurden, jedoch auf Grund der Ausgangssperre nicht in ihre Dörfer zurückkehren konnten (ÖB 9.2020; vgl. HRW 13.1.2021). Viele von ihnen wurden mehrere Wochen in Lagern unter Quarantäne gestellt (also de facto eingesperrt), teilweise mit nur schlechter Versorgung (ÖB 9.2020). Menschen mit Beeinträchtigungen sind von coronabedingten Maßnahme wie Abriegelungen und sozialen Distanzierungen besonders betroffen. Der Zugangs zu medizinischer Versorgung und lebenswichtigen Gütern und der Ausübung sozialer Distanzierung, insbesondere für diejenigen, die persönliche Unterstützung für Aufgaben des täglichen Lebens erhalten (HRW 13.1.2021). Während der ersten Wochen der COVID-19 Pandemie, wurden Muslime für die Verbreitung des Coronavirus, auch von Vertretern der Regierungsparteien verantwortlich gemacht (FH 3.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021).

Nach Angaben des indischen Gesundheitsministeriums vom 11. Oktober 2020 wurden seit Beginn der Pandemie mehr als sieben Millionen Infektionen mit COVID registriert. Die täglichen offiziellen Fallzahlen stiegen zwar zuletzt weniger schnell als noch im September, die Neuinfektionen nehmen in absoluten Zahlen jedoch schneller zu als in jedem anderen Land der Welt. Medien berichten in einigen Teilen des Landes von einem Mangel an medizinischem Sauerstoff in Krankenhäusern (BAMF 12.10.2020).

Die Lage in Indien, dass mit Bezug auf das Infektionsgeschehen (neben den USA und Brasilien) zu den am schwersten von der COVID-19-Pandemie betroffenen Ländern weltweit zählt, hat sich sich gegenüber dem Sommer 2020 mit damals fast 100.000 Neuinfektionen pro Tag inzwischen etwas entspannt. Es erkranken offiziellen Angaben zufolge nach wie vor etwa 40.000 Menschen täglich am Virus. In den Ballungszentren kann die medizinische Versorgung weitestgehend aufrecht erhalten werden (GTAI 3.12.2020). Indiens Wirtschaft wurde durch die COVID-19-Pandemie stark beeinträchtigt (DFAT 10.12.2020; vgl. GTAI 3.12.2020). Das Land rutschte im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2020-21 erstmals in eine wirtschaftliche Rezession (PRC 18.3.2021). Es wird allgemein erwartet, dass das Land ab 2021 zu einem nachhaltigen Wachstum zurückkehren wird (DFAT 10.12.2020; vgl. GTAI 3.12.2020). Nach dem zweimonatigen harten Lockdown im Frühjahr 2020 hat die indische Regierung das öffentliche Leben im Rahmen ihrer Unlock-Strategie schrittweise wieder hochgefahren. Die Bundesstaaten und Unionsterritorien haben dabei weitreichendere Entscheidungsbefugnisse, welche Lockerungen sie umsetzen und welche nicht. Mit den bestehenden Einschränkungen sollen vor allem Superspreader- Events wie religiöse Großveranstaltungen und Hochzeiten eingedämmt werden. Massentests, Kontaktnachverfolgung, Isolierung von Infizierten und die Abschottung von Gebieten mit hohen Fallzahlen (Containment Zones) sollen helfen, das Virus zurückzudrängen (GTAI 3.12.2020; vgl. WKO 13.1.2021). Es kann daher vereinzelt und regional sowie zeitlich begrenzt zu erneuten Lockdowns kommen. Eine Skizzierung in „Red Zone“, „Orange Zone“ und „Green Zone“ wird von der Regierung des Bundesstaates/Unionsterritoriums in Absprache mit dem Gesundheitsministerium und der nationalen Regierung entschieden (WKO 13.1.2021).

Gegen regierungskritische Äußerungen, auch im Zusammenhang mit Maßnahmen der Regierung im Umgang mit der COVID-19 Pandemie wurden mittels aus der Kolonialzeit stammenden Gesetzen zur Staatsverhetzung und dem im Jahr 2000 erlassenen IT-Gesetz vorgegangen (FH 3.3.2021). Medienvertreter sehen sich Drohungen, Verhaftungen, Strafverfahren oder körperlichen Angriffen durch Mobs oder der Polizei wegen der Berichterstattung über die Pandemie ausgesetzt (HRW 13.1.2021). Mehrere von der Regierung zur Eindämmung einer Verbreitung der Pandemie getroffenen Maßnahmen wurden von Menschenrechtsanwälten als invasiv angesehen (FH 3.3.2021).

Im ersten Quartal 2021 wird Indien mit einem Anstieg der Fallzahlen vor einer zweiten COVID-19 Welle erfasst (TOI 21.3.2021; vgl. TFE 20.3.2021) und verzeichnete im Zeitraum ab April/Mai 2021 die höchsten Zahlen an täglichen Todesfällen wegen des Coronavirus seit Beginn der Pandemie (BAMF 3.5.2021). Kritik äußert sich aus dem Umstand heraus, dass Indien, ob seiner Pharmaindustrie, als "Apotheke der Welt" durch die Lieferung von Covid-19-Impfstoffen an viele Länder der Welt genießt (FE 20.3.2021; vgl. TOI 21.3.2021), gleichzeitig jedoch bei der Durchimpfung der eigenen Bevölkerung landesweit lediglich einen Wert von rund zwei Prozent erreicht (HO 28.4.2021).

Auch der Umstand, dass im Zuge der Regionalwahlen in einigen Bundesstaaten große Kundgebungen mit zum Teil Zehntausender Besucher abgehalten wurden, wie auch die Durchführung des hinuistischen Festes Kumbh-Mela in Haridwar im nördlichen Bundesstaat Uttarakhand, an dem im Zeitraum von Jänner 2021 bis zum 27. April knapp 25 Millionen Hindus vor Ort teilgenommen haben, attestieren der indischen regierung eine "praktizierte Sorglosigkeit". Die Aussage der BJP bei einer Wahlveranstaltung im Bundestaat Assam in der verkündet wurde, "Wahlveranstaltungen und religiöse Zusammenkünfte tragen nicht zur Verbreitung von Covid-19 bei", wird kritisiert (BAMF 3.5.2021; vgl. HO 28.4.2021).

Seit Mai 2021 sind alle Erwachsenen impfberechtigt, davor nur über 45-Jährige. In mehreren Bundesstaaten des Landes ist der Impfstoff ausgegangen, Hilfsgüter aus mehreren Ländern wie Beatmungsgeräte, Anlagen zur Sauerstofferzeugung, Medikamente und Impfstoff werden Indien von der internationalen Staatengemeionschaft zur Verfügung gestellt. Medienberichten zufolge will Indien die eigene Impfstoffproduktion bis Juni 2021 erhöhen, von der staalichen indischen Eisenbahngesellschaft gab bekannt, 4.000 Waggons mit einer Kapazität von 64.000 Betten als provisorische Stationen für Corona-Patienten bereitzustellen (BAMF 3.5.2021).

Alle Experten davon aus, dass kurzfristig die Fallzahlen wie auch die Zahlen der Toten weiter ansteigen werden, da das staatliche Gesundheitssystem in vielen Landesteilen schon jetzt an seine Grenzen gestoßen ist. Eine mittelfristige Prognose ist noch unklar. Eine Hoffnung stellt, bedingt durch den bereits erfolgten sehr breiten Ansteckung der Bevölkerung das Erreichen einer Herdenimmunität dar (HO 25.4.2021).

Quellen:

?        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (3.5.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw18-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugriff 7.5.2021

?        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (12.10.2020): https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2020/briefingnotes-kw42-2020.pdf;jsessionid=91E533F0FC7A0F35C0751A9F00F3D711.internet572?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 12.10.2020

?        DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (10.12.2020): DFAT Country Information Report India, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043026/country-information-reportindia.pdf, Zugriff 18.1.2021

?        FE – Financial Express (20.3.2021): Coronavirus Lockdown 2021 News Highlights: Only partial relaxation from lockdown in Nagpur from Monday, https://www.financialexpress.com/lifestyle/health/coronavirus-lockdown-2021-live-news-coronavirus-india-latest-march-20-updates-narendra-modi-covid-lockdown-night-curfewmaharashtra-mumbai-pune-nagpur-uttar-pradesh-delhi-bengaluru-hyderabad-punjab-gu/2216571/, Zugriff 22.3.2021

?        FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046516.html, Zugriff 22.3.2021

?        GTAI – German Trade & Invest [Deutschland] (3.12.2020): Indien sieht erste Anzeichen einer Konjunkturbelebung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/indien/indien-sieht-erste-anzeicheneiner-konjunkturbelebung-234424, Zugriff 18.1.2021

?        HO – Heise Online (25.4.2021): Telepolis: Corona in Indien: Sorglosigkeit, Mutanten und himmelschreiende Ungleichheit, https://www.heise.de/tp/features/Corona-in-Indien-Sorglosigkeit-Mutanten-undhimmelschreiende-Ungleichheit-6030218.html, Zugriff 7.5.2021

?        HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043608.html, Zugriff 18.1.2021

?        ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Indien ? PRC – Pew Research Center (18.3.2021): In the pandemic, India’s middle class shrinks and poverty spreads while China sees smaller changes, https://www.pewresearch.org/fact-tank/2021/03/18/in-the-pandemicindias-middle-class-shrinks-and-poverty-spreads-while-china-sees-smaller-changes/, Zugriff 22.3.2021

?        TOI – Times of India (21.3.2021): Government failed to control Covid spread, must vaccinate all within months: Congress, http://timesofindia.indiatimes.com/articleshow/81618736.cms?utm_source=contentofinterest&utm_medium=text&utm_campaign=cppst, Zugriff 22.3.2021

?        WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (13.1.2021): Coronavirus: Situation in Indien, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-infos-indien.html, Zugriff 18.1.2021

Politische Lage

?        Letzte Änderung: 21.05.2021

Indien ist mit über 1,3 Milliarden Menschen und einer multireligiösen und multiethnischen Gesellschaft die bevölkerungsreichste Demokratie der Welt (CIA 27.4.2021; vgl. AA 23.9.2020). Indien hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer regionalen Hegemonialmacht in Südostasien entwickelt. Nachdem sich das Land während des Kalten Krieges vor allem innerhalb der Blockfreienbewegung profilierte, verfolgt es heute eine eindeutig pro-westliche Politik (BICC 1.2021).

Indien ist eine parlamentarische Demokratie und verfügt über ein Mehrparteiensystem und ein Zweikammerparlament (USDOS 30.3.2021). Darüber hinaus gibt es Parlamente auf Ebene der Bundesstaaten (AA 23.9.2020). Im Einklang mit der Verfassung haben die 28 Bundesstaaten und acht Unionsterritorien ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 30.3.2021).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von einem Wahlausschuss gewählt, während der Premierminister der Regierungschef ist (USDOS 30.3.2021). Der Präsident nimmt weitgehend repräsentative Aufgaben wahr. Die politische Macht liegt hingegen beim Premierminister und seiner Regierung, die dem Parlament verantwortlich ist. Präsident ist seit 25. Juli 2017 Ram Nath Kovind, der der Kaste der Dalits (Unberührbaren) entstammt (GIZ 1.2021a).

Der Grundsatz der Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative ist nach britischem Muster durchgesetzt (AA 23.9.2020). Die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit ist verfassungsmäßig garantiert, der Instanzenzug ist dreistufig (AA 23.9.2020). Das oberste Gericht (Supreme Court) in New Delhi steht an der Spitze der Judikative und wird gefolgt von den High Courts auf Länderebene (GIZ 1.2021a).

Die Verfassung garantiert Rede- und Meinungsfreiheit (USDOS 30.3.2021). Unabhängigen Medien drücken eine große Bandbreite von Meinungen und Ansichten ohne Einschränkungen aus (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021). Allerdings haben die Angriffe auf die Pressefreiheit unter der Regierung Modi zugenommen (FH 3.3.2021).

Im April/Mai 2019 wählten etwa 900 Mio. Wahlberechtigte ein neues Unterhaus. Im System des einfachen Mehrheitswahlrechts konnte die Bharatiya Janata Party (BJP) unter der Führung des amtierenden Premierministers Narendra Modi ihr Wahlergebnis von 2014 nochmals verbessern (AA 23.9.2020).

Als deutlicher Sieger mit 352 von 542 Sitzen stellt das Parteienbündnis "National Democratic Alliance (NDA)", mit der BJP als stärkster Partei (303 Sitze) erneut die Regierung. Der BJP-Spitzenkandidat und amtierende Premierminister Narendra Modi wurde im Amt bestätigt. Die United Progressive Alliance rund um die Congress Party (52 Sitze) erhielt insgesamt 92 Sitze (ÖB 9.2020; vgl. AA 19.7.2019). Die Wahlen verliefen, abgesehen von vereinzelten gewalttätigen Zusammenstößen v. a. im Bundesstaat Westbengal, korrekt und frei. Im Wahlbezirk Vellore (East) im Bundesstaat Tamil Nadu wurden die Wahlen wegen des dringenden Verdachts des Stimmenkaufs ausgesetzt und werden zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt (AA 19.7.2019). Mit der BJP-Regierung unter Narendra Modi haben die hindu-nationalistischen Töne deutlich zugenommen. Die zahlreichen hindunationalen Organisationen, allen voran das Freiwilligenkorps RSS [Rashtriya Swayamsevak Sangh], fühlen sich nun gestärkt und versuchen verstärkt, die Innenpolitik aktiv in ihrem Sinn zu bestimmen (GIZ 1.2021a). Mit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts treibt die regierende BJP ihre hindunationalistische Agenda weiter voran. Die Reform wurde notwendig, um die Defizite des Bürgerregisters des Bundesstaats Assam zu beheben und den Weg für ein landesweites Staatsbürgerregister zu ebnen. Kritiker werfen der Regierung vor, dass die Vorhaben vor allem Muslime und Musliminnen diskriminieren, einer großen Zahl von Personen den Anspruch auf die Staatsbürgerschaft entziehen könnten und Grundwerte der Verfassung untergraben (SWP 2.1.2020; vgl. TG 26.2.2020). Kritiker der Regierung machten die aufwiegelnde Rhetorik und die Minderheitenpolitik der regierenden Hindunationalisten, den Innenminister und die Bharatiya Janata Party (BJP) für die Gewalt verantwortlich, bei welcher Ende Februar 2020 mehr als 30 Personen getötet wurden. Hunderte wurden verletzt (FAZ 26.2.2020; vgl. DW 27.2.2020).

Bei der Wahl zum Regionalparlament der Hauptstadtregion New Delhi musste die Partei des Regierungschefs Narendra Modi gegenüber der regierenden Antikorruptionspartei Aam Aadmi (AAP) eine schwere Niederlage einstecken. Diese gewann die Regionalwahl erneut mit 62 von 70 Wahlbezirken. Die AAP unter Führung von Arvind Kejriwal, punktete bei den Wählern mit Themen wie Subventionen für Wasser und Strom, Verbesserung der Infrastruktur für medizinische Dienstleistungen sowie die Sicherheit von Frauen, während die BJP für das umstrittene Staatsbürgerschaftsgesetz warb (KBS 12.2.2020). Modis Partei hat in den vergangenen zwei Jahren bereits bei verschiedenen Regionalwahlen in den Bundesstaaten Maharashtra und Jharkhand heftige Rückschläge hinnehmen müssen (quanatra.de 14.2.2020; vgl. KBS 12.2.2020).

Bei Regionalwahlen in vier indischen Bundesstaaten und einem Unionsterritorium hat die konservative Regierungspartei BJP von Premierminister Modi offenbar keine Zugewinne erzielt. In Westbengalen liegt die BJP deutlich hinter der Regionalpartei All India Trinamool Congress (TMC) von Chefministerin Mamata Banerjee. Auch in Assam, Tamil Nadu, Kerala und Puducherry fanden Wahlen statt. Nur in Assam konnte die BJP an der Macht festhalten, aber auch dort erzielte sie – wie in den anderen Bundesstaaten – keine Zugewinne. Der Wahlkampf fand inmitten der Corona-Pandemie zum Teil mit riesigen Wahlkundgebungen statt. Viele Experten sehen darin die Ursache für den dramatischen Anstieg der Infektionszahlen im Land. Modi hatte sich im Wahlkampf besonders in Westbengalen engagiert, das an der Grenze zu Bangladesch liegt und eine starke muslimische Minderheit hat. Die BJP versprach, hunderttausende Muslime auszuweisen, die vor Jahrzehnten aus Bangladesch nach Indien geflohen sind (DS 3.5.2021).

Trotz der Annäherung an die USA und der zunehmenden Spannungen mit China betont Indien weiterhin seine strategische Autonomie. Diese beinhaltet auch den Anspruch auf eine eigenständige Rolle im Kontext der geopolitischen Spannungen zwischen China und den USA im Indo-Pazifik. So haben Indien und China in den letzten Jahren auch immer wieder kooperiert, zum Beispiel in der Shanghaier Orga-nisation für Zusammenarbeit. Innerhalb der Quad hat sich Indien für ein

inklusives Verständnis des Indo-Pazifiks ausgesprochen, das im Unterschied zu den Vorstellungen der USA bislang immer die Einbeziehung Chinas beinhaltete (SWP 7.2020). Ein ständiger Sitz im UN-Sicherheitsrat ist weiterhin ein strategisches Ziel Indiens (GIZ 1.2021a).

Quellen:

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Sicherheitslage

?        Letzte Änderung: 28.05.2021

Indien hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer regionalen Hegemonialmacht in Südostasien entwickelt. Nachdem sich das Land während des Kalten Krieges vor allem innerhalb der Blockfreienbewegung profilierte, verfolgt es heute eine eindeutig pro-westliche Politik. Das Land ist ein wichtiger Handelspartner der EU und der Vereinigten Staaten (BICC 1.2021).

Es gibt in Indien eine Vielzahl von Spannungen und Konflikten, Gewalt ist an der Tagesordnung (GIZ 1.2021a). Aufstände gibt es auch in den nordöstlichen Bundesstaaten Assam, Manipur, Nagaland sowie in Teilen Tripuras. In der Vergangenheit konnte eine Zunahme von Terroranschlägen in Indien, besonders in den großen Stadtzentren, verzeichnet werden. Mit Ausnahme der verheerenden Anschläge auf ein Hotel in Mumbai im November 2008, wird Indien bis heute zwar von vermehrten, jedoch kleineren Anschlägen heimgesucht (BICC 1.2021). Aber auch in den restlichen Landesteilen gab es in den letzten Jahren Terroranschläge mit islamistischem Hintergrund. Im März 2017 platzierte eine Zelle des „Islamischen Staates“ (IS) in der Hauptstadt des Bundesstaates Madhya Pradesh eine Bombe in einem Passagierzug. Die Terrorzelle soll laut Polizeiangaben auch einen Anschlag auf eine Kundgebung von Premierminister Modi geplant haben (bpb 12.12.2017). Das Land unterstützt die US-amerikanischen Maßnahmen gegen den internationalen Terrorismus. Intern wurde eine drakonische neue Anti-Terror-Gesetzgebung verabschiedet, die Prevention of Terrorism Ordinance (POTO), von der Menschenrechtsgruppen fürchten, dass sie auch gegen legitime politische Gegner missbraucht werden könnte (BICC 1.2021).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir (ÖB 9.2020; vgl. BICC 1.2021) und der von separatistischen Gruppen bedrohte Nordosten Indiens (ÖB 9.2020; vgl. BICC 1.2021, AA 23.9.2020). Der Punjab blieb im vergangenen Jahren von Terroranschlägen und Unruhen verschont (im Punjab wurden 2020 insgesamt 18 Vorfälle im Zusammenhang mit Terrorismus registriert (SATP 3.5.2021a). Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People’s Liberation Front etc.) einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, sondern vielmehr als „communal violence“ bezeichnet (ÖB 9.2020).

Gewalttätige Operationen maoistischer Gruppierungen in den ostzentralen Bergregionen Indiens dauern an (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.7.2020, FH 3.3.2021). Rebellen heben illegale Steuern ein, beschlagnahmen Lebensmittel und Unterkünfte und beteiligen sich an Entführungen und Zwangsrekrutierungen von Kindern und Erwachsenen. Zehntausende Zivilisten wurden durch die Gewalt vertrieben und leben in von der Regierung geführten Lagern. Unabhängig davon greifen in den sieben nordöstlichen Bundesstaaten Indiens mehr als 40 aufständische Gruppierungen, welche entweder eine größere Autonomie oder die vollständige Unabhängigkeit ihrer ethnischen oder Stammesgruppen anstreben, weiterhin Sicherheitskräfte an. Auch kommt es weiterhin zu Gewalttaten unter den Gruppierungen, welche sich in Bombenanschlägen, Morden, Entführungen, Vergewaltigungen von Zivilisten und in der Bildung von umfangreichen Erpressungsnetzwerken ausdrücken (FH 3.3.2021).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2017 insgesamt 812 Todesopfer durch terroristische Gewalt. Im Jahr 2018 wurden 940 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2019 kamen 621 Menschen durch Terrorakte. 2020 belief sich die Opferzahl terroristischer Gewalt landesweit auf insgesamt 591 Tote. 2021 wurden bis zum 3. Mai insgesamt 164 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 3.5.2021b).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen (z.B. Maoistisch-umstürzlerische) Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 23.9.2020).

Bauernproteste, die sich gegen die von der indischen Regierung verabschiedeten Gesetze zur Liberalisierung des Agrarsektors richten, dauern seit Monaten an. Widerstand hat sich vor allem bei Sikhs im Punjab – dem Brotkorb Indiens - formiert. Inzwischen protestieren aber auch Bauern in anderen Teilen des Landes. Als im Januar 2021 die Proteste in New Delhi gewalttätig wurden, antwortete die Regierung mit harten Maßnahmen. Da bei den Protesten viele Sikhs beteiligt sind und u.a. eine Sikh-Flagge im Roten Fort in Delhi gehisst wurde, unterstellt die indische Regierung eine Beteiligung der Khalistan-Bewegung an den Protesten (BAMF 22.3.2021).

Indien und Pakistan

Indien und Pakistan teilen sprachliche, kulturelle, geografische und wirtschaftliche Verbindungen, doch sind die Beziehungen der beiden Staaten aufgrund einer Reihe historischer und politischer Ereignisse in ihrer Komplexität verstrickt und werden durch die gewaltsame Teilung Britisch-Indiens im Jahr 1947, dem Jammu & Kashmir-Konflikt und die zahlreichen militärischen Konflikte zwischen den beiden Nationen bestimmt (EFSAS o.D.).

Pakistan erkennt weder den Beitritt Jammu und Kaschmirs zur indischen Union im Jahre 1947 noch die seit dem ersten Krieg im gleichen Jahr bestehende de-facto-Aufteilung der Region auf beide Staaten an. Indien hingegen vertritt den Standpunkt, dass die Zugehörigkeit Jammu und Kaschmirs in seiner Gesamtheit zu Indien nicht zur Disposition steht (Piazolo 2008). Die äußerst angespannte Lage zwischen Indien und Pakistan hat sich in der Vergangenheit immer wieder in Grenzgefechten entladen, welche oft zu einem größeren Krieg zu eskalieren drohten. Seit 1947 gab es bereits drei Kriege aufgrund des umstrittenen Kaschmir-Gebiets (BICC 1.2021; vgl. BBC 23.1.2018, DFAT 10.12.2020). Bewaffnete Zusammenstöße zwischen indischen und pakistanischen Streitkräften entlang der sogenannten "Line of Control (LoC)" haben sich in letzter Zeit verschärft und Opfer auf militärischer wie auch auf ziviler Seite gefordert. Seit Anfang 2020 wurden im von Indien verwalteten Kaschmir 14 Personen durch Artilleriebeschuss durch pakistanische Streitkräfte über die Grenz- und Kontrolllinie hinweg getötet und fünf Personen verletzt (FIDH 23.6.2020; vgl. KO 25.6.2020).

Indien wirft Pakistan dabei unter anderem vor, in Indien aktive terroristische Organisationen zu unterstützen. Pakistan hingegen fordert eine Volksabstimmung über die Zukunft der Region, da der Verlust des größtenteils muslimisch geprägten Gebiets als Bedrohung der islamischen Identität Pakistans wahrgenommen wird (BICC 1.2021). Es kommt immer wieder zu Schusswechseln zwischen Truppenteilen Indiens und Pakistans an der Waffenstillstandslinie in Kaschmir (BICC 1.2021). So drang die indische Luftwaffe am 26.2.2019 als Vergeltung für einen am 14. Februar 2019 verübten Selbstmordanschlag erstmals seit dem Krieg im Jahr 1971 in den pakistanischen Luftraum ein, um ein Trainingslager der islamistischen Gruppierung Jaish-e-Mohammad in der Region Balakot, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, zu bombardieren (SZ 26.2.2019; vgl. FAZ 26.2.2019, WP 26.2.2019).

Modi nutzte den Konflikt mit Pakistan zur politischen Mobilisierung im Wahlkampf 2019. Dadurch wurde die pakistanfeindliche Stimmung in Indien so stark angeheizt, dass eine erneute Annäherung Indiens an Pakistan immer schwieriger wird. Seit der Veränderung des Status von Jammu und Kaschmir haben die Verletzungen des Waffenstillstands am Grenzverlauf zwischen Indien und Pakistan ("Line of Control") deutlich zugenommen (bpb 29.4.2021).

In einer Vereinbarung zwischen Indien und Pakistan mit dem Ziel "einen gegenseitig vorteilhaften und nachhaltigen Frieden zu erreichen", heißt es, dass nach längeren Verhandlungen die zuletzt bestehende Vereinbarung von 2003 über eine Waffenruhe "in Wort und Geist" ab dem 25. Februar 2021 umsetzen ist (Gov. o. I. 25.2.2021; vgl. SZ 26.2.2021).

Indien und China

Indien und China teilt eine 4.056 km lange Grenze (DFAT 10.12.2020). Der chinesisch-indische Grenzverlauf im Himalaya ist weiterhin umstritten (FAZ 27.2.2020). Nach wie vor gibt es zwischen Indien und China eine Reihe ungelöster territorialer Streitigkeiten, die 1962 zu einem kurzen Krieg zwischen den beiden Nachbarstaaten und zu mehreren Unruhen führten, darunter 2013, 2017 und 2020. Zusammenstöße zwischen Grenzpatrouillen an der 1996 vereinbarten "Line of Actual Control" (LAC), der De-facto-Grenze zwischen der von Indien verwalteten Region des Ladakh Union Territory und der von China verwalteten Region Aksai Chin sind häufig (DFAT 10.12.2020; vgl. FIDH 23.6.2020) und forderten am 15.6.2020 mindestens 20 Tote auf indischer Seite und eine unbekannte Anzahl von Opfern auf chinesischer Seite (FIDH 23.6.2020; vgl. BBC 3.7.2020, BAMF 8.6.2020). Dies waren die ersten Todesopfer an der LAC seit 1975. Von beiden Seiten wurden eine Reihe von Gesprächen auf politischer, diplomatischer und militärischer Ebene geführt. Die Situation bleibt jedoch festgefahren (DFAT 10.12.2020). Viele indische Experten sehen in der Entscheidung der Modi-Regierung vom August 2019, den Bundesstaat Jammu und Kaschmir aufzulösen, einen Auslöser für die gegenwärtige Krise (SWP 7.2020; vgl. Wagner C. 2020). Die chinesischen Gebietsübertretungen können somit als Reaktion auf die indische Politik in Kaschmir in der letzten Zeit gesehen werden (SWP 7.2020). Weitere Eskalationen drohen auch durch Gebietsverletzungen an anderen Stellen der mehr Grenze (FAZ 27.2.2020; vgl. SWP 7.2020). Sowohl Indien als auch China haben Ambitionen, ihren Einflussbereich in Asien auszuweiten (BICC 1.2021).

Zwar hat der amerikanisch-chinesische Handelskrieg die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Indien und China gestärkt und neue Möglichkeiten für indische Unternehmen auf dem chinesischen Markt geschaffen, dennoch fühlt sich Indien von Peking geopolitisch herausgefordert, da China innerhalb seiner „Neuen Seidenstraße“ Allianzen mit Indiens Nachbarländern Pakistan, Bangladesch, Nepal und Sri Lanka geschmiedet hat. Besonders der Wirtschaftskorridor mit dem Erzfeind Pakistan ist den Indern ein Dorn im Auge (FAZ 27.2.2020).

Indien und Bangladesch

Die Beziehungen zu Bangladesch sind von besonderer Natur, teilen die beiden Staaten doch eine über 4.000 km lange Grenze. Indien kontrolliert die Oberläufe der wichtigsten Flüsse Bangladeschs und war historisch maßgeblich an der Entstehung Bangladeschs während seines Unabhängigkeitskrieges beteiligt. Schwierige Fragen wie Transit, Grenzverlauf, ungeregelter Grenzübertritt und Migration, Wasserverteilung und Schmuggel werden in regelmäßigen Regierungsgesprächen erörtert (GIZ 1.2021a). In Nordost-Indien leben etwa 100.000 illegal eingewanderte Personen aus Bangladesch. Diese Einwanderer werden als ein erhöhtes Konfliktpotential wahrgenommen (BICC 1.2021). Auch bestehen kleinere Konflikte zwischen den beiden Ländern (BICC 1.2021).

Indien und Nepal

Die Beziehungen zwischen Indiens zu Nepal haben sich im Laufe des vergangenen Jahres [2020] verschlechtert (HRW 13.1.2021), nachdem das nepalesische Parlament im Juni 2020 eine Aufnahme dreier umstrittener Grenzgebiete in das nepalesische geographische Kartenwerk abgesegnet hat. Die kratographische Erfassung der umstrittenen Gebiete ist eine Reaktion auf den Bau einer Straße durch eines der umstrittenen Gebiete durch Indien, von welchem in einer im November 2019 überarbeitete Karte als zu Indien gehörig ausgewiesen wurde (HRW 13.1.2021). Nepal ist für Indien von besonderer sicherheitspolitischer Bedeutung (GIZ 1.2021a). Indien unterstützt die nepalesische Regierung mit Waffen und Gerät in ihrem Kampf gegen die maoistischen Guerilla (BICC 1.2021).

Indien und Sri Lanka

Die beiden Staaten pflegen ein eher ambivalentes Verhältnis (GIZ 1.2021a). Indien belieferte in der Vergangenheit Waffen die LTTE ("Tamil Tigers") in Sri Lanka (BICC 1.2021). Die tamilische Bevölkerungsgruppe in Indien umfasst ca. 65 Millionen Menschen, woraus sich ein gewisser Einfluss auf die indische Außenpolitik ergibt (GIZ 1.2021a). Indiensetzt sich für einen Prozess der Versöhnung der ehemaligen Gegnerschaften des Bürgerkrieges in Sri Lanka ein (HRW 13.1.2021).

Quellen:

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?        WP – The Washington Post (26.2.2019): India strikes Pakistan in severe escalation of tensions between nuclear rivals, https://www.washingtonpost.com/world/pakistan-says-indian-fighter-jets-crossed-into-its-territoryand-carried-out-limited-airstrike/2019/02/25/901f3000-3979-11e9-a06c- 3ec8ed509d15_story.html?utm_term=.ee5f4df72709, Zugriff 6.8.2019

Jammu und Kaschmir

?        Letzte Änderung: 31.05.2021

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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