RS Vfgh 2021/9/27 G334/2020

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Veröffentlicht am 27.09.2021
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Index

32/06 Verkehrsteuern

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
StGG Art2
GrEStG 1987 §4 Abs2, §6
ABGB §184, §364c
GerichtsgebührenG (GGG 1984) §26a
BewG 1955 §52
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch Heranziehung des Einheitswerts als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der beim Erwerb von land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken von Todes wegen; Sachlichkeit der Begünstigung der Übertragung land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundstücke durch Erbanfall an nahe Angehörige zum Zweck der Fortführung der Bewirtschaftung und der Erhaltung agrarischer Strukturen

Rechtssatz

Abweisung eines Antrags des Bundesfinanzgerichts auf Aufhebung des §4 Abs2 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG 1987) idF BGBl I 163/2015.

Vor dem Hintergrund von VfSlg 19701/2012 bestehen keine Bedenken, wenn der Gesetzgeber in §4 Abs2 Z2 GrEStG 1987, auf den sich die Bedenken des antragstellenden Gerichtes beschränken, für Erwerbe von zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zählenden Grundstücken als Bemessungsgrundlage den Einheitswert vorsieht, wenn der Erwerb durch einen Erben erfolgt, der dem in §26a Abs1 Z1 GGG angeführten Personenkreis zuzurechnen ist.

Die Anknüpfung an - von den Verkehrswerten erheblich abweichende - Einheitswerte wurde in VfSlg 19701/2012 deshalb als verfassungswidrig erkannt, weil das Gesetz in seiner Konzeption den Einheitswert als generelle Ersatzbemessungsgrundlage für unentgeltliche Erwerbe vorsah und diese Einheitswerte in unsachlicher Weise von den Verkehrswerten erheblich abwichen. Demgegenüber erfolgt die Anknüpfung an den Einheitswert in §4 Abs2 GrEStG 1987 idF BGBl I 163/2015 nicht mit dem Ziel, eine generelle Ersatzbemessungsgrundlage für unentgeltliche Erwerbe vorzusehen. §4 Abs2 GrEStG 1987 regelt vielmehr den Sonderfall der Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke, indem die Regelung für die in dieser Bestimmung in Z1 bis 4 leg cit angeführten Fälle anstelle der in §4 Abs1 GrEStG 1987 vorgesehenen Anwendung des Grundstückswertes die Anwendung des Einheitswertes anordnet.

Aus der - mit einer Bewertung zum Einheitswert gegenüber einer Bewertung mit dem Grundstückswert einhergehenden - Entlastung der Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke durch Erbanfall an nahe Angehörige kann nicht gefolgert werden, dass die Anknüpfung an die Einheitswerte unsachlich wäre. Entscheidend ist, ob für eine solche Differenzierung sachliche Gründe bestehen:

Die Regelung erfasst die Übertragung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke zum Zweck der Fortführung der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung und dient damit der Erhaltung agrarischer Strukturen. Sollte dagegen nach seiner Lage und den sonstigen Verhältnissen anzunehmen sein, dass das Grundstück anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen wird, rechnet das Grundstück nach §52 Abs2 BewG 1955 nicht weiter zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, sondern zum Grundvermögen und es kommt somit nicht der Einheitswert für land- und forstwirtschaftliches Vermögen, sondern der Grundstückswert iSd Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Festlegung der Ermittlung des Grundstückswertes (Grundstückswertverordnung), BGBl II 442/2015, zum Tragen.

Differenzierungen sind im gegebenen Zusammenhang zulässig, wenn sie auf Basis verfassungsrechtlich unbedenklicher Bemessungsgrundlagen erfolgen, und es bestehen keine Bedenken, die Bewertung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe nach dem Ertragswert vorzusehen, wenn das Verfahren zu seiner Ermittlung sachgerecht ist.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass mit 01.01.2014 eine Hauptfeststellung der Einheitswerte für land- und forstwirtschaftliches Vermögen erfolgte, womit die Bewertung auf aktualisierten Ertragswerten beruht. Diese zielt darauf ab, regional oder individuell unterschiedliche Wertentwicklungen zu berücksichtigen und Verzerrungen, die sich auf Grund veralteter Bemessungsgrundlagen ergaben, im Rahmen eines aktualisierten Ertragswertverfahrens zu beseitigen. Bedenken hinsichtlich des Verfahrens zur Ermittlung - sieht man von den im gegebenen Zusammenhang verfassungsrechtlich unbedenklichen Abweichungen von den Verkehrswerten ab - hat das antragstellende Gericht nicht vorgebracht.

Dem Gesetzgeber kann schließlich auch nicht entgegengetreten werden, wenn er die Anwendung des Einheitswertes im Fall unentgeltlicher Erwerbe von Todes wegen an die Voraussetzung knüpft, dass die Übertragung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken an einen Empfänger erfolgt, der dem in §26a Abs1 Z1 GGG angeführten Personenkreis angehört. Es ist nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber die von Todes wegen erfolgende Übertragung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen im Familienverband begünstigt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Grundstück land- oder forstwirtschaftliches, Grunderwerbsteuer, Grundvermögen, Einheitsbewertung, Gebühr, VfGH / Gerichtsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:G334.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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