TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/19 96/06/0202

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Veröffentlicht am 19.12.1996
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Index

L85006 Straßen Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
96/01 Bundesstraßengesetz;

Norm

AVG §74 Abs2;
BStG 1971 §20 Abs1;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art15 Abs1;
EisbEG 1954 §44;
EisbEG 1954;
LStVwG Stmk 1964 §50 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/06/0201 E 19. Dezember 1996

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der M in G, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. August 1996, Zl. 03-21.50 5-96/41, betreffend Vertretungskosten im Enteignungsverfahren nach dem Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Graz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist zur Hälfte Eigentümein der Liegenschaft EZ 214, GB S, die zweite Hälfte steht im Eigentum des Beschwerdeführers des zu hg. Zl. 96/06/0201 anhängigen Beschwerdeverfahrens. Das Grundstück ist von der geplanten Verlängerung der Straßenbahnlinie n in Graz insofern betroffen, als Teile des Grundstückes für die Verbreiterung der E-Gasse (durch die die Straßenbahnlinie führen soll) benötigt werden. Das Verfahren über die Gestaltung des Straßenbauvorhabens gemäß § 47 Abs. 3 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes, welches zur Prüfung der Notwendigkeit des Straßenbaues abgeführt wurde, ist, soweit es die Beschwerdeführerin betrifft, mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. Dezember 1995 rechtskräftig erledigt worden.

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Graz vom 9. April 1996 wurde unter Spruchpunkt I die dauernde und lastenfreie Enteignung von 5 m2 des Grundes des im Miteigentum der Beschwerdeführerin sowie die Entfernung des Zaunes bewilligt und die Höhe der Entschädigung (für Grund und Zaun) festgelegt. Hinsichtlich der Höhe der Entschädigung haben sowohl die Beschwerdeführerin als auch der Miteigentümer des Grundstückes, der Beschwerdeführer zum Beschwerdeverfahren Zl. 96/06/0201, das Gericht angerufen. Die Enteignung als solche wurde nicht bekämpft.

Mit Spruchpunkt II setzte der Magistrat der Landeshauptstadt Graz betreffend die Beschwerdeführerin und den angeführten Miteigentümer für deren rechtsfreundliche Vertretung Kosten in der Höhe von insgesamt S 5.000,-- fest. Gegen diesen Spruchpunkt haben die Beschwerdeführerin und der Miteigentümer berufen.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde u.a. die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Im wesentlichen wurde ausgeführt, aufgrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in bezug auf den Kostenersatz für anwaltliche Vertretung habe der Gesetzgeber im Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, dem § 7 des Eisenbahnenteignungsgesetzes den Abs. 3 angefügt. Demnach gebühre dem Enteigneten zur Abgeltung von Aufwendungen, die ihm durch rechtsfreundliche Vertretung oder sachverständige Beratung im Verwaltungsverfahren entstanden sein können, eine Pauschalvergütung von 1,5 v.H. der Enteignungsentschädigung, mindestens aber S 5.000,--, ohne daß es eines Nachweises bedürfe. Bei einem Miteigentumsverhältnis stelle sich die Rechtsfrage im Enteignungsfalle für alle Miteigentümer gleich. Es seien daher die Kosten von mindestens S 5.000,-- nur allen Miteigentümern einmal zuzusprechen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat Teile des Verwaltungsaktes vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 50 Abs. 1 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964 - LStVG 1964, entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung die im § 49 genannte Behörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes, BGBl. Nr. 71/1954, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Rücksicht zu nehmen ist.

Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 11. Februar 1993, Slg. Nr. 13.777/A, hat der Verwaltungsgerichtshof zu § 20 Abs. 1 erster Satz des Bundesstraßengesetzes 1971 ausgesprochen, daß auch Anwaltskosten, wenn nicht mutwillig und unvertretbar eingeschritten wurde und Einwendungen auch zum Grund bzw. Umfang der Enteignung gemacht wurden, vom Enteignungswerber zu ersetzen seien. Dies deshalb, weil zu den Kosten des Enteignungsverfahrens im Sinne des § 44 des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71 in der geltenden Fassung, auf welches § 20 Abs. 1 erster Satz des Bundesstraßengesetzes 1971 Bezug nimmt, auch jene Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung zählen.

In der Folge hat der Bundesgesetzgeber das Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, erlassen, mit welchem dem § 7 des Eisenbahnenteignungsgesetzes ein Abs. 3 hinzugefügt wurde, wonach dem Enteigneten zur Abgeltung von Aufwendungen, die ihm durch rechtsfreundliche Vertretung oder sachverständige Beratung im Verwaltungsverfahren entstehen können, eine Pauschalvergütung von 1,5 v.H. der Enteignungsentschädigung, mindestens aber S 5.000,-- gebührt, ohne daß es eines Nachweises bedarf.

§ 50 Abs. 1 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964 enthält einen verfassungskonformen statischen Verweis (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1995, Zl. 94/17/0219) auf das Eisenbahnenteignungsgesetz, BGBl. Nr. 71/1954, und keinen als verfassungswidrig zu qualifizierenden dynamischen Verweis eines Landesgesetzes auf ein Bundesgesetz. Es ist daher hinsichtlich der Notwendigkeit, des Gegenstandes und Umfanges der Enteignung nicht das Eisenbahnenteignungsgesetz in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden, sondern die Stammfassung dieses Gesetzes. Somit ist im Beschwerdefall auch nicht § 7 Abs. 3 Eisenbahnenteignungsgesetz in der Fassung des Art. XVIII Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 297/1995, anzuwenden.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996060202.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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