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WassergebührenNorm
BAO §208 Abs1 lita implizitBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Hnatek, Dr. Wetzel und Dr. Puck als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des AB in G gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 29. Dezember 1980, Zl. 7 - 48 We 23/1 - 1980, betreffend Vorstellung gegen die Vorschreibung von Wasserleitungsbeiträgen (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Dem Beschwerdeführer wurde vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde im Instanzenzug für das in der genannten Gemeinde gelegene Wohnhaus des Beschwerdeführers und die daran anschließende Garage ein jeweils gesondert berechneter Wasserleitungsbeitrag auf Grund des (Steiermärkischen) Wasserleitungsbeitragsgesetzes (in der Folge WlBeitrG), LGBl. 1962/137, in der Fassung des Gesetzes LGBl. 1969/152, und auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 21. November 1977 (Wasserleitungsbeitragsordnung) vorgeschrieben. In diesem Bescheid vertrat der Gemeinderat die Rechtsansicht, Verjährung gemäß § 185 der Steiermärkischen Landesabgabenordnung - LAO, LGBl. 1963/158 (Einhebungsverjährung) sei nicht eingetreten, da die Wasserleitungsbeitragsordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei mit 1. Jänner 1978 in Kraft getreten sei; Verjährung werde deshalb erst mit Ablauf des Jahres 1981 eintreten.
2. Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates als unbegründet ab. Die belangte Behörde verneinte die vom Beschwerdeführer behauptete Verjährung mit folgender Begründung:
Gemäß § 1 Abs. 1 WlBeitrG, in Verbindung mit § 3 Abs. 2 LAO, könne „der Abgabenanspruch auf Erhebung eines Wasserleitungsbeitrages und damit auch die Abgabenschuld - letztere unter der weiteren Voraussetzung, daß auch die Beitragspflicht bereits entstanden ist -“ frühestens dann entstehen, wenn die Gemeinde von der ihr in § 1 Abs. 1 WlBeitrG eingeräumten Ermächtigung, durch Beschluß des Gemeinderates einen Wasserleitungsbeitrag zu erheben, auch tatsächlich Gebrauch gemacht habe und dieser Beschluß rechtswirksam geworden sei. Im Hinblick auf das Inkrafttreten der Wasserleitungsbeitragsordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde am 1. Jänner 1978 sei die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 156 Abs. 2 LAO (Bemessungsverjährung), die mit der Entstehung des Abgabenanspruches zu laufen beginne, im Zeitpunkt der Zustellung der Bescheide über die Wasserleitungsbeitragsvorschreibung an den Beschwerdeführer (22. August 1979) noch nicht verstrichen gewesen.
II.
1. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht darauf verletzt, daß ihm Wasserleitungsbeiträge nicht vorgeschrieben werden dürfen. Er behauptet Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb, den angefochtenen Bescheid aufzuheben. Zur Begründung der behaupteten Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer auch geltend, die Verneinung des Eintritts der Bemessungsverjährung durch die belangte Behörde sei rechtswidrig; gemäß § 2 Abs. 3 WlBeitrG entstehe der Anspruch mit dem Zeitpunkt der Fertigstellung der Wasserversorgungsanlage; diese sei bereits zehn Jahre vor den bekämpften Abgabenvorschreibungen erfolgt. Es sei daher die vierjährige Verjährungsfrist des § 5 WlBeitrG nach dem Gesetz bereits verstrichen und der Verjährungseinwand des Beschwerdeführers berechtigt. Daran könne der Umstand nichts ändern, daß der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde von der Ermächtigung des Gesetzes, einen Wasserleitungsbeitrag zu erheben, erst 13 Jahre später Gebrauch gemacht habe.
2. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie behauptet, § 2 Abs. 3 WlBeitrG enthalte eine Bestimmung über die Entstehung des Anspruches auf Erhebung des Wasserleitungsbeitrages nicht. Darin werde ausdrücklich nur die Entstehung der Beitragspflicht für anschlußpflichtige Gebäude geregelt.
3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
a. Gemäß § 244 lit. j LAO trat § 5 Abs. 3 WlBeitrG (Bemessungsverjährung) mit dem Inkrafttreten der Steiermärkischen Landesabgabenordnung (dies war gemäß § 246 Abs. 1 LAO der 1. Juli 1963) außer Kraft. Seither finden die Bestimmungen der Steiermärkischen Landesabgabenordnung über die Bemessungsverjährung - nur diese ist im gegebenen Zusammenhang von Bedeutung, nicht jedoch die Einhebungsverjährung - auf den Wasserleitungsbeitrag Anwendung. Geht man mit dem Beschwerdeführer davon aus, daß die Wasserversorgungsanlage 10 Jahre vor Erlassung der Beitragsvorschreibung (22. August 1979) fertiggestellt wurde (zur Frage, was unter Fertigstellung zu verstehen ist, wird unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. 1965/45, auf die Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 1981, Zl. 17/2743/80, hingewiesen) - dieser Behauptung wurde von der belangten Behörde in der Gegenschrift nicht entgegengetreten - so kam, da der Abgabenanspruch jedenfalls nicht vor Fertigstellung der Wasserversorgungsanlage entstanden sein konnte, für die Bemessungsverjährung jedenfalls nicht mehr die Anwendung des § 5 Abs. 3 WlBeitrG in Betracht, sondern nur mehr die Anwendung der Bestimmungen der Steiermärkischen Landesabgabenordnung.
b. Gemäß § 156 Abs. 1 LAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen. Nach diesen beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre (§ 156 Abs. 2 LAO).
Abgabenhinterziehung wurde von der belangten Behörde nicht angenommen. Es ist daher von der dreijährigen Verjährungsfrist auszugehen.
Gemäß § 157 lit. b LAO beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Der Abgabenanspruch entsteht gemäß § 3 Abs. 1 LAO, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabenpflicht knüpft. In Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches (der Abgabenschuld) bleiben unberührt (§ 3 Abs. 2 LAO). Der Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabe ist ohne Einfluß auf die Entstehung des Abgabenanspruches (§ 3 Abs. 3 LAO).
c. Gemäß § 6 WlBeitrG haben Gemeinden, welche Wasserleitungsbeiträge im Sinne dieses Gesetzes erheben, hierüber einen Gemeinderatsbeschluß zu fassen, der die in lit. a bis lit. h genannten Regelungen zu enthalten hat. Zum Inhalt dieses Gemeinderatsbeschlusses gehört daher nicht eine Vorschrift über die Entstehung des Abgabenanspruches. Die Regelung der Entstehung des Abgabenanspruches betrifft ein wesentliches Merkmal der Abgabe. Wesentliche Merkmale der Abgabe zu regeln, steht jedoch gemäß § 8 Abs. 5 F-VG 1948 nur dem Landesgesetzgeber im Rahmen seiner Ermächtigung zu.
Gemäß § 2 Abs. 3 WlBeitrG entsteht für die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (d.i. gemäß § 11 leg. cit. der 1. September 1962) errichteten oder erweiterten öffentlichen Wasserversorgungsanlage die Beitragpflicht für die anschlußpflichtigen (zum Begriff der Anschlußpflicht: vgl. ebenfalls das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 1981, Zl. 17/2743/80) Gebäude (Anlagen) mit der Fertigstellung der Wasserversorgungsanlage. Diese Norm des Gesetzgebers legt daher - dem § 8 Abs. 5 F-VG 1948 entsprechend unmittelbar den Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenpflicht fest.
Die Wasserleitungsbeitragsordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde aus 1977 hat die Frage der Entstehung der Beitragspflicht nicht zum Gegenstand (vgl. abermals das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 1981, Zl. 17/2743/80), diese richtet sich daher ausschließlich und unmittelbar nach dem Gesetz.
Der Umstand, daß der Gemeinderat des Abgabengläubigers von der durch § 6 WlBeitrG gegebenen Möglichkeit, durch Erlassung einer entsprechenden Verordnung die Voraussetzungen zur Erhebung des Wasserleitungsbeitrages zu schaffen, erst 1977 Gebrauch gemacht hat, steht dem Ablauf der Bemessungsverjährung nicht entgegen. In welchen Fällen die Verjährung gehemmt ist, bestimmt § 158 Abs. 2 LAO abschließend.
d. Die belangte Behörde ist daher von der unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen, daß der Lauf der Frist für die Bemessungsverjährung frühestens mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Wasserleitungsbeitragsordnung aus dem Jahre 1977 beginnen konnte. Dies hatte zur Folge, daß die entscheidungswesentlichen Tatsachen (Zeitpunkt der Fertigstellung der Wasserversorgungsanlage und Zeitpunkt des Eintrittes der Anschlußpflicht der Gebäude des Beschwerdeführers) nicht ermittelt und festgestellt wurden.
Der angefochtene Bescheid mußte deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (§ 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965) aufgehoben werden, ohne daß im gegenwärtigen Verfahrensstadium auf die geltend gemachten Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Wasserleitungsbeitragsordnung einzugehen war.
e. Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a, 48, 49, 59 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221 (vgl. insbesondere Art. III Abs. 2 der Verordnung).
Wien, am 18. Februar 1983
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1983:1981170015.X00Im RIS seit
22.10.2021Zuletzt aktualisiert am
22.10.2021