Entscheidungsdatum
23.04.2021Norm
AsylG 2005 §56Spruch
I405 2237511-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch RAe Dr. Vera WELD, Weihburggasse 4/40, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.03.2021, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine nigerianische Staatsangehörige, stellte erstmals am 06.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 13.03.2019 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz vom 06.10.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihr gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
3. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.11.2019, Zl. I403 2217864-1/23E, rechtskräftig am 22.11.2019, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
4. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26.02.2020, Zl. E1/2020, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
5. Am 17.03.2020 stellte die BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gem. § 55 AsylG.
6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.10.2020 wurde der Antrag gemäß § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen (Spruchpunkt II.), und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde ihr keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.) Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt VI.).
7. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.12.2020, Zl. I403 2237511-1/3E, gegen Spruchpunkt I. mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu lauten habe: „Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK wird gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen.“ Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II., III. und VI. wurde als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wurde teilweise Folge gegeben und festgelegt, dass Spruchpunkt IV. zu lauten habe: „Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.“ Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wurde mit dem der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, Folge gegeben und Spruchpunkt V. behoben.
8. Mit Formularvordruck „Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen“ vom 26.01.2021 beantragte die BF durch ihre rechtsfreundliche Vertretung die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 56 Abs. 1 AsylG.
9. In weitere Folge wurde der Antrag der BF vom 26.01.2021 mit angefochtenem Bescheid vom 02.03.2021 gemäß § 56 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die BF die zeitlichen Voraussetzungen des § 56 AsylG nicht erfülle, zumal sie keine drei Jahre im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei. Zudem bestehe gegen sie ein rechtskräftiges Einreiseverbot.
10. Mit Schriftsatz vom 01.04.2021 erhob die rechtsfreundliche Vertreterin der BF fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF über ein schützenwertes Privat- und Familienleben im Bundesgebiet verfüge, weshalb die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären und der BF ein Aufenthaltstitel zu erteilen sei.
11. Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht am 06.04.2021 die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
Die volljährige BF ist Staatsangehörige von Nigeria, bekennt sich zum christlichen Glauben und gehört der Volksgruppe der I(g)bo an. Ihre Identität steht fest.
Die BF reiste erstmals im Dezember 2015 in Österreich ein und war nur für eine Woche im Bundesgebiet aufhältig. Sie begab sich in der Folge nach Italien, Spanien und Ungarn, ehe sie am 05.10.2017 wieder nach Österreich einreiste und am 06.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.11.2019, Zl. I403 2217864-1/23E, rechtskräftig am 22.11.2019, abgewiesen wurde.
Sie kam ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern hielt bzw. hält sich weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und stellte am 17.03.2020 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gem. § 55 AsylG, der mit Bescheid des BFA vom 28.10.2020 abgewiesen und gegen die BF eine Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot erlassen wurde. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.12.2020, Zl. I403 2237511-1/3E, abgewiesen und wuchs diese Entscheidung in Rechtskraft.
Am 26.01.2021 stellte die BF den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 AsylG.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA in Zusammenschau mit den bereits rechtskräftigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellungen zu ihrer Glaubens- und Volksgruppenzugehörigkeit sowie ihrer Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben der BF in ihrem Asylverfahren und im gegenständlichen Verfahren.
Da die BF den österreichischen Behörden einen Reisepass vorlegen konnte, steht ihre Identität zweifelsfrei fest.
Die Feststellungen zu ihrer Einreise und ihrem Aufenthalt in Österreich, ihrem Asylverfahren und ihren fremdenrechtlichen Verfahren lassen sich dem vorliegenden Verwaltungsakt, den bereits ergangenen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes bzw. den diesbezüglichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister entnehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A I.:
3.1. § 56 AsylG 2005 lautet:
„Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen
§ 56. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus‘ erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls
1. zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,
2. davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und
3. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.
(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung‘ zu erteilen.
(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand.“
Gemäß § 58 Abs. 5 AsylG 2005 sind Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen. Im Antrag ist gemäß § 58 Abs. 6 AsylG 2005 der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
§ 58 AsylG 2005 lautet:
„Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln
Antragstellung und amtswegiges Verfahren
§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.
(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist
1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder
2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.
Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.
(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.
(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn
1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und
2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.
(14) Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche Urkunden und Nachweise allgemein und für den jeweiligen Aufenthaltstitel dem Antrag jedenfalls anzuschließen sind. Diese Verordnung kann auch Form und Art einer Antragstellung, einschließlich bestimmter, ausschließlich zu verwendender Antragsformulare, enthalten.“
§ 60 AsylG 2005 lautet:
„Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen
§ 60 (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 iVm 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht, oder
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.
(2) Aufenthaltstitel gemäß § 56 dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird,
2. der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist,
3. der Aufenthalt des Drittstaatsangehörige zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (§ 11 Abs. 5 NAG) führen könnte, und
4. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
(3) Aufenthaltstitel dürfen einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn
1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder
2. im Falle der §§ 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.“
3.2. Laut Materialien soll in § 56 AsylG 2005 aus systematischen Gründen die Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Gründen in einer Bestimmung zusammengefasst werden. Inhaltlich bildet dieser die Bestimmungen zu § 41a Abs. 10 und § 43 Abs. 4 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 ab.
Zielgruppe sind jene Personen, die jedenfalls zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig sind; mindestens die Hälfte davon, jedenfalls aber drei Jahre des festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet muss der Betreffende rechtmäßig aufhältig gewesen sein. Eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ ist zu erteilen, wenn der Fremde das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG (bzw. § 9 IntG) erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt über den Antrag eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (vgl. dazu § 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird. Mit Erteilung dieses Titels wird dem umfassten Personenkreis die Möglichkeit gegeben, einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang zu erhalten.
Soweit sie keine der Voraussetzungen erfüllen, erhalten sie einen Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“, der der bisherigen „Niederlassungsbewilligung“ gemäß § 43 Abs. 4 NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 entspricht.
Wie auch die Niederlassungsbehörden bisher zu prüfen hatten, hat nun das BFA den Grad der Integration, die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache in seiner Prüfung zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen sein wird dabei insbesondere, ob der Fremde Aus- und Weiterbildungen während seines Aufenthalts im Bundesgebiet in Anspruch genommen hat, etwaige Vereinstätigkeiten und Mitgliedschaften sowie vor allem seine Integration am Arbeitsmarkt. In einer Gesamtschau bedarf es für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 des Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles. Alle im Ermittlungsverfahren bekannte Tatsachen sind bei der inhaltlichen Bewertung mitzuberücksichtigen.
Im Gegensatz zum Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 muss der Fremde den Nachweis erbringen, dass er die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 erfüllt, das bedeutet, er muss nachweisen, dass er jedenfalls über eine ortsübliche Unterkunft, über ausreichende Unterhaltsmittel und über eine Krankenversicherung, die in Österreich leistungspflichtig ist, verfügt. Der Nachweis einer oder mehrere dieser Voraussetzung kann durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung erbracht werden. Diese Regelung entspricht der bisher im NAG normierten Regelung des § 2 Abs. 1 Z 18.
3.3. Wie die belangte Behörde zutreffend konstatierte, vermag die BF zum Zeitpunkt des gegenständlichen Antrages vom 26.01.2021 einen seit fünf Jahren durchgängigen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht nachzuweisen, zumal ihr Aufenthalt im Jahr 2015 lediglich eine Woche betrug und ihre letzte Einreise am 05.10.2017 war, und somit bis zum Zeitpunkt des gegenständlichen Antrages knappe dreieinhalb Jahre beträgt, wovon lediglich zwei Jahre rechtmäßig waren, nämlich vom Zeitpunkt ihrer Asylantragstellung am 06.10.2017 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.11.2019, Zl. I403 2217864-1/23E. Somit vermochte die BF die ersten beiden Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1 bis 2 AsylG nicht zu erfüllen, weshalb ihr kein Aufenthaltstitel gem. § 56 Abs. 1 AsylG zu erteilen war.
Des Weiteren ist der belangten Behörde auch beizupflichten, dass die allmeinen Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 Abs. 1 Z1 AsylG auch nicht erfüllt sind, zumal gegen die BF ein rechtskräftiges Einreiseverbot, welches mit Erkenntnis vom 07.12.2020, Zl. I403 2237511-1/3E, bestätigt wurde, vorliegt, weshalb auch aus diesem Grund der BF der von ihr beantragte Aufenthaltstitel gem. § 56 Abs.1 AsylG nicht erteilt werden darf.
Auf die weiteren Beschwerdegründe war somit nicht mehr einzugehen, welche zudem gänzlich verfehlt sind, zumal im gegenständlichen Verfahren weder eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, noch über die aufschiebende Wirkung abgesprochen wurde.
4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen konnte die Ergebnisse des behördlichen Ermittlungsverfahrens nicht erschüttern bzw. substantiiert bekämpfen. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.
In der Beschwerde wurde zwar die Durchführung einer Verhandlung beantragt, es wurde jedoch nicht dargelegt, welche strittigen Sachverhalte zu erörtern wären, wobei sie auf die Begründung des angefochtenen Bescheides auch gar nicht eingegangen ist.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltsdauer Aufenthaltstitel besonders berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Integration Integrationsvereinbarung VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I405.2237511.2.00Im RIS seit
21.10.2021Zuletzt aktualisiert am
21.10.2021