Entscheidungsdatum
31.05.2021Norm
BFA-VG §9Spruch
I405 1314829-5/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Guinea, vertreten durch Dr. Malena STÜRZENBECHER, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Laudongasse 20/2, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.09.2020, Zl. 336728308/190639105, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.04.2021, zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Guinea, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 13.06.2005 sowie am 09.03.2009 seine ersten beiden Asylanträge, welche rechtskräftig negativ entschieden wurden und der BF jeweils aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Guinea ausgewiesen wurde.
2. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 11.10.2005, Zl. XXXX , wurde der BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall sowie Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.
3. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 21.09.2006, Zl. XXXX , wurde der BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall sowie Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt.
4. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 19.03.2007, Zl. XXXX , wurde der BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall sowie Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.
5. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 26.09.2008, Zl. XXXX , wurde der BF wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 SMG, sowie wegen versuchter Sachbeschädigung nach §§ 15, 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten rechtskräftig verurteilt.
6. Am 05.05.2009 stellte der BF seinen dritten Asylantrag.
7. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.10.2010, Zl. 09 05.282-BAG, wurde der Asylantrag des BF vom 05.05.2009 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Guinea zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 19.10.2011 erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend führte das Bundesasylamt hierbei insbesondere den gesundheitlichen Zustand des BF – er litt zu besagtem Zeitpunkt an einer Knochen- und Gelenk-Tuberkulose – ins Treffen. Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
8. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 18.09.2014, Zl. XXXX , wurde der BF wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.
9. Zuletzt wurde dem BF mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 06.10.2014, Zl. 336728308/1990360, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 19.10.2016 erteilt. Ein weiterer Verlängerungsantrag wurde seitens des BF nicht eingebracht.
10. Mit Bescheid des Magistrats der Stadt XXXX , XXXX , vom 24.05.2016, Zl. XXXX , wurde dem BF ein unbefristeter Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ erteilt.
11. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 09.06.2017, Zl. XXXX , wurde der BF wegen Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, sowie wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF jeweils über Zeiträume von mehreren Monaten hinweg vorschriftswidrig Suchtgift in Form von Heroin und Kokain in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) insgesamt übersteigenden Menge gewerbsmäßige anderen überlassen sowie selbst erworben und besessen hat.
12. Am 07.02.2019 brachte der BF beim Magistrat der Stadt XXXX , XXXX , einen Antrag auf Neuausstellung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“ ein, da er seine Karte verloren habe. Das Verfahren ist nach wie vor anhängig.
13. Mit Bescheid des BFA vom 08.02.2019, Zl. 336728308/170783037, wurde dem BF der Status des Subsidiär Schutzberechtigten aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm seine Aufenthaltsberechtigungskarte für subsidiär Schutzberechtigte entzogen (Spruchpunkt II.). Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
14. Mit Schreiben des BFA vom 26.06.2019 („Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“) wurde dem BF zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt werde, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu erlassen und ihm die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verständigung diesbezüglich eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
15. Mit Schriftsatz vom 10.07.2019 brachte der BF fristgerecht eine Stellungnahme beim BFA ein. Der Stellungnahme angeschlossen wurde ein Sozialbericht des Vereins „Neustart“, ein Arbeitsvertrag des BF mit „Neustart“ als geringfügig beschäftigter Hilfsarbeiter für Juni und Juli 2019, ein Qualifizierungsvertrag (Volontariat), wonach er bereits im Mai 2019 dort ein Praktikum absolviert habe, eine Urkunde der Spielsuchthilfe vom 04.02.2019, in welcher dem BF zu „zwei spielfreien Jahren“ gratuliert wird sowie ein Schreiben des AMS, wonach der BF bis 03.09.2019 Arbeitslosengeld beziehe.
16. Mit Bescheid des BFA vom 31.01.2020 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 5 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Guinea zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von neun Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
17. Mit Schriftsatz vom 28.02.2020 erhob die bevollmächtige Vertretung des BF fristgerecht vollumfänglich Beschwerde gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 31.01.2020 und begründete diese mit dessen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften.
18. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.04.2020, Zl. I405 1314829-4/5E wurde in Erledigung der Beschwerde der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen.
19. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 21.08.2020, dem BF zugestellt am 28.08.2020, wurde ihm die Möglichkeit gewährt, hinsichtlich einer etwaigen Veränderungen seiner persönlichen Verhältnisse eine Stellungnahme abzugeben.
20. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid des BFA vom 01.09.2020 wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Guinea zulässig ist (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen den BF ein auf sieben Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen. Es wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.)
21. Am 07.09.2020 langte eine Stellungnahme des BF beim BFA ein, in welchem vor allem auf die Ausführungen in der Beschwerde vom 28.02.2020 verwiesen wurde.
22. Mit Schriftsatz vom 29.09.2020 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtswidrigkeit in seinem gesamten Umfang.
23. Mit Schriftsatz vom 13.10.2020 legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
24. Am 14.04.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige BF ist ledig, kinderlos und Staatsangehöriger von Guinea. Seine Identität steht fest.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er leidet zwar an Bluthochdruck sowie einer chronischen Entzündung der Magenschleimhaut, ist medikamentös aber gut eingestellt. Außerdem war der BF bis zu seiner Verhaftung im Februar 2017 jahrelang spielsüchtig und hat sich daraufhin erfolgreich einer Therapie sowie einer entsprechenden medikamentösen Behandlung unterzogen, weswegen er mittlerweile seit vier Jahren ein spielfreies Leben führt.
Der BF hält sich seit 2005 in Österreich auf. Nach seiner Haftentlassung am 06.02.2019 lebte der BF zunächst in einer Wohngemeinschaft, welche vom Verein Neustart, einem Verein für Bewährungshilfe, Konfliktregelung und soziale Arbeit betreut wird. Seit 20.05.2021 wohnt der BF alleine in einer Stadtwohnung. Der BF zahlt aktuell einen monatlichen Mietzins in Höhe von EUR 232,20 sowie ein Akonto für Energiekosten in Höhe von EUR 60,00.
Im Rahmen seiner Betreuung in der freiwilligen Bewährungshilfe hat sich der BF bezüglich seiner Spielsucht stabil gezeigt, hat weder ständig nach Geld gefragt noch war er besonders nervös. Außerdem ist er seinen Pflichten in der Haushaltsführung stets nachgekommen, gab es zu keinem Zeitpunkt einen Rückstand bei seinen Mietzahlungen und wird er im Sozialbericht als äußerst zuverlässig sowie pflichtbewusst beschrieben. Er hat die regelmäßigen Treffen mit seinem Betreuer und seiner Sozialarbeiterin ausnahmslos wahrgenommen.
Der BF war in Österreich vor seiner Inhaftierung mehrere Jahre lang berufstätig, nämlich von 20.06.2011 bis 05.02.2017. Nach seiner Haftentlassung hat er sich in Eigeninitiative um eine neue Arbeitsstelle bemüht und war von 01.06.2019 bis 31.08.2019 über ein Arbeitsprojekt des Vereins Neustart sowie zuletzt durchgehend seit 24.09.2019 für eine Handels-GmbH als Packer tätig. Der BF ist selbsterhaltungsfähig und hat aktuell ein monatliches Bruttoeinkommen in der Höhe von ca. EUR 1.689,00.
Der BF verfügt seit 24.05.2016 über einen unbefristeten Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“.
Maßgebliche familiäre und private Kontakte des BF nach Guinea konnten nicht festgestellt werden.
Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Bundesgebiet oder im Schengenraum über familiäre Bindungen verfügt. Allerdings hat er während seines über fünfzehnjährigen Aufenthaltes Freundschaften geknüpft und über mehrere Jahre eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin geführt. Zudem verfügt er über Deutschkenntnisse auf Niveau B1.
Der BF wurde in Österreich sechsmal vorbestraft:
- Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 11.10.2005, Zl. XXXX , wurde der BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall sowie Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.
- Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 21.09.2006, Zl. XXXX , wurde der BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall sowie Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt.
- Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 19.03.2007, Zl. XXXX , wurde der BF wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall sowie Abs. 2 Z 2 erster Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.
- Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 26.09.2008, Zl. XXXX , wurde der BF wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 SMG, sowie wegen versuchter Sachbeschädigung nach §§ 15, 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten rechtskräftig verurteilt.
- Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 18.09.2014, Zl. XXXX , wurde der BF wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt.
- Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 09.06.2017, Zl. XXXX , wurde der BF wegen Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, sowie wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF jeweils über Zeiträume von mehreren Monaten hinweg vorschriftswidrig Suchtgift in Form von Heroin und Kokain in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) insgesamt übersteigenden Menge gewerbsmäßige anderen überlassen sowie selbst erworben und besessen hat.
Bei der Strafzumessung wertete das Gericht als mildernd das großteils abgelegte Geständnis. Als erschwerend wurden die Vorstrafen, die Tatbegehung während offener Probezeit, das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen sowie die mehrfachen Angriffe gewertet.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Angaben zur Identität und Staatsangehörigkeit des BF wurde durch die österreichischen Strafverfolgungsbehörden verifiziert.
Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des BF ergibt sich aus den Aussagen des BF in der mündlichen Verhandlung sowie dem vorgelegten medizinischen Befund vom 29.03.2021. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf lebensbedrohliche gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.
Dass der BF seine Spielsucht mittlerweile überwunden hat, seit mittlerweile über vier Jahren spielfrei ist und ein stabiles Leben führt, ergibt sich aus den Aussagen des BF sowie seiner Betreuer von Neustart in der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2021 und dem Sozialbericht des Vereins Neustart vom 08.09.2020 sowie vom 11.03.2021.
Die Feststellung zum Aufenthalt und der Wohnsituation des BF in Österreich ergibt sich aus seinen Aussagen sowie aus dem entsprechenden ZMR-Auszug und dem Schreiben von Wiener Wohnen vom 12.04.2021.
Die Feststellungen zur Betreuung des BF durch den Verein Neustart und seiner stabilen Lebensführung ergibt sich aus den Aussagen des BF sowie seiner Betreuer von Neustart in der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2021 und dem Sozialbericht des Vereins Neustart vom 08.09.2020 sowie vom 11.03.2021
Die Feststellungen zu den Beschäftigungen sowie der Selbsterhaltungsfähigkeit des BF ergibt sich aus einem aktuellen Versicherungsdatenauszug des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 24.05.2021, den diversen in Vorlage gebrachten Lohn- und Gehaltsabrechnungen sowie dem Dienstvertrag vom 24.09.2019.
Dass der BF Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ ist, ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Fremdenregister vom 25.05.2021, dem Schreiben des Landes Wien vom 05.05.2019 sowie den Angaben des BF.
Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des BF ergeben sich insbesondere aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Sprachkenntnisse auf B1 Niveau des BF ergeben sich aus dem in Vorlage gebrachten ÖSD-Bestätigungskarte.
Die Feststellung zu den rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des BF in Österreich ergibt sich aus dem unstrittigen Akteninhalt durch Einsichtnahme in die entsprechenden Strafurteile sowie einer Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich.
Soweit in der Beschwerde moniert wird, dass das BFA das Parteiengehör nicht gewahrt habe, da der angefochtene Bescheid vom 01.09.2020 vor Ablauf der dem BF gewährten zehntägigen Stellungnahmefrist zu seinen persönlichen Verhältnissen und somit vor Einlangen der entsprechenden Stellungnahme am 07.09.2020 erlassen wurde, ist dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zuzustimmen. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass dieses Versäumnis jedenfalls durch die – vom BF genutzte - Möglichkeit im Rahmen der Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung zu den Fragestellungen im Parteiengehör zu seinem Privat- und Familienleben Stellung zu nehmen, saniert ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
3.1. Rechtslage:
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jemand der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, und gemäß Abs. 4 Z 10 leg cit, ein Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist als Drittstaatsangehöriger.
Der BF ist aufgrund seiner guineischen Staatsangehörigkeit Drittstaatsangehöriger iSd. § 4 Abs. 4 Z 10 FPG.
Gemäß § 52 Abs. 5 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
Der mit „Einreiseverbot“ titulierte § 53 FPG lautet in den gegenständlich entscheidungsrelevanten Auszügen:
„§ 53 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(2) […]
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
[…]“
Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG 2014 zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist nämlich (ua) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG 2005, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198; VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0114).
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Wie bereits unter Punkt II.1.1. festgestellt, verfügt der BF seit 24.05.2016 über einen Daueraufenthalt-EU, weswegen die Bestimmung des § 52 Abs. 5 FPG anzuwenden ist. Das BFA hat die Rückkehrentscheidung daher dem Grunde nach zu Recht auf § 52 Abs. 5 FPG gestützt. Hinsichtlich dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 FPG gilt folglich der Maßstab einer gegenwärtigen, hinreichend schweren Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit in Zusammenhang mit dessen weiteren Aufenthalt.
Bei der Prüfung, ob die Annahme einer solchen Gefährdung gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden (vgl. VwGH 22.3.2018, Ra 2017/22/0194). Dabei ist auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289). Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109; 31.8.2017, Ra 2017/21/0120) (VwGH 21.06.2018, Ra 2016/22/0101). Im Falle der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen, wenn diese (auch) wegen strafrechtlichen Fehlverhaltens verhängt werden, bedarf es vor allem im Rahmen der zu treffenden Gefährlichkeitsprognose einer näheren Auseinandersetzung mit diesem strafrechtlichen Fehlverhalten im Einzelnen (VwGH 19.05.2015, Ra 2014/21/0057; VwGH 28.05.2020, Ra 2020/21/0073).
Der BF wurde in Österreich insgesamt sechsmal rechtskräftig verurteilt. Zuletzt wurde der BF mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 09.06.2017, Zl. XXXX , wegen Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, sowie wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF jeweils über Zeiträume von mehreren Monaten hinweg vorschriftswidrig Suchtgift in Form von Heroin und Kokain in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) insgesamt übersteigenden Menge gewerbsmäßige anderen überlassen sowie selbst erworben und besessen hat. Bei der Strafzumessung wertete das Gericht als mildernd das großteils abgelegte Geständnis. Als erschwerend wurden die Vorstrafen, die Tatbegehung während offener Probezeit, das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen sowie die mehrfachen Angriffe gewertet.
Der VwGH hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. VwGH 10.09.2018, Ra 2018/19/0169; 23.02.2016, Ra 2015/01/0249), weiters eine Gefahr für die Gesundheit oder das Leben von Menschen darstellt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass in jeglichen Fällen einer Suchtmitteldelinquenz eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gerechtfertigt wäre, vielmehr ist auch diesfalls die Beurteilung anhand der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. VwGH 01.03.2018, Ra 2018/19/0014).
Die Verurteilungen des BF lassen vor diesem Hintergrund sowie mit Blick auf § 53 Abs. 3 Z 1 FPG eine Gefährdung öffentlicher Interessen jedenfalls erkennen. Insbesondere kommt dabei der letzten Verurteilung gewichtige Bedeutung zu.
Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (vgl. zum Ganzen VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0027, mwN). (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118)
Das vom BF gezeigte Verhalten kann grundsätzlich als schwerwiegend eingestuft werden. Insbesondere angesichts der wiederholten einschlägigen Verurteilungen, dem gewerbsmäßigen Vorgehen und den wiederholten Angriffen. Es steht außer Zweifel, dass das vom BF gezeigte Verhalten ein Fehlen einer Verbundenheit zu rechtsstaatlich geschützten Werten erkennen lässt und eine schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellt.
Auch wenn der BF bereits sechs einschlägige strafgerichtliche Verurteilungen aufweist und zuletzt zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde, zeigte er sich sowohl seinem Vorbringen als auch seinem Handeln nach reuig. So zeigte sich der BF in der mündlichen Verhandlung entschlossen, nie wieder eine Straftat zu begehen (S 9 Verhandlungsprotokoll).
Gegenständlich gilt es folglich auch zu berücksichtigen, dass drei der Verurteilungen Jugendstraftaten waren, Freiheitsstrafen teilweise bedingt ausgesprochen wurden, die letzte Straftat 2017 begangen wurde, er sich vor dem Strafgericht geständig und im gegenständlichen Verfahren reuig zeigte. Ferner hält sich der BF seit nunmehr 15 Jahren durchgehend im Bundesgebiet auf, verfügt über private Beziehungen und geht aktuell erneut einer Erwerbstätigkeit nach, was letztlich den nachhaltigen Willen des BF selbsterhaltungsfähig zu sein aufzeigt.
Außerdem gab der BF diesbezüglich gegenüber der erkennenden Richterin glaubwürdig an, dass er erst nach seiner Verurteilung von einer Therapiemöglichkeit gegen Spielsucht erfahren hätte, ansonsten wäre es gar nicht zur Verurteilung gekommen, zumal er versucht habe sich durch den Drogenverkauf seine Spielsucht zu finanzieren (S 8 Verhandlungsprotokoll). Der Betreuer des BF bestätigte diesbezüglich, dass der BF in seiner Therapie keine Rückschritte gemacht habe, es keine negativen Auffälligkeiten, Verhaltensänderungen oder Suchtdruck gegeben hätte und der BF seinen Verpflichtungen auch immer verlässlich nachgekommen sei (S 11 Verhandlungsprotokoll).
Das erkennende Gericht verkennt dabei nicht, dass die Rückfallquote, wie auch das BFA im angefochtenen Bescheid anführte, bei pathologischen Spielern mit etwa 60 Prozent sehr hoch ist, allerdings ist dem entgegenzuhalten, dass der BF mittlerweile seit fast vier Jahren spielfrei ist, seine Rechnungen sowie Miete pünktlich bezahlt und mittlerweile auch wieder fest im Berufsleben steht.
Ferner darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der BF im Bundesgebiet ein tatsächliches Privatleben im Sinne des Art 8 EMRK aufweist. Er war für mehrere Jahre mit einer österreichischen Staatsbürgerin liiert und hat sich Freundschaften aufgebaut. Darüber hinaus hält sich der BF seit mittlerweile seit mehr als 15 Jahren durchgehend im Bundesgebiet auf, war in Österreich vor seiner Inhaftierung 2017 sechs Jahre lang berufstätig und befindet sich aktuell seit 24.09.2019, sohin seit fast zwei Jahren, wieder in einem aufrechten Arbeitsverhältnis. Der BF ist selbsterhaltungsfähig, hat sich nach seiner Haftentlassung in Eigeninitiative um eine Arbeitsstelle bemüht und verdient aktuell monatlich brutto ca. EUR 1.689,00. Zudem ist der der deutschen Sprache in Wort und Schrift mächtig. Insofern kann erkannt werden, dass der BF einen gewissen Grad an Integration in Österreich erworben hat.
Dass der BF mit seinem gezeigten Strafverhalten sein sonstiges integratives Verhalten konterkariert und damit auch relativiert hat, steht außer Zweifel. Allerdings war der BF bis zu seiner Verhaftung im Februar 2017 jahrelang spielsüchtig und hat sich daraufhin erfolgreich einer Therapie sowie einer entsprechenden medikamentösen Behandlung unterzogen. Aktuell ist der BF seit ca. vier Jahren spielfrei und wurde über all die Jahre vom Verein Neustart, einem Verein für Bewährungshilfe, Konfliktregelung und soziale Arbeit betreut, welcher seine stabilen Lebensverhältnisse und seine Zuverlässigkeit bestätigte.
Nach seiner Haftentlassung am 06.02.2019 lebte der BF zunächst in einer Wohngemeinschaft, welche vom Verein Neustart betreut wird. Seit 20.05.2021 wohnt der BF alleine in einer Stadtwohnung. Der BF zahlt aktuell einen monatlichen Mietzins in Höhe von EUR 232,20 sowie ein Akonto für Energiekosten in Höhe von EUR 60,00.
So kann nicht nur festgestellt werden, dass der BF seinen Lebensmittelpunkt bis jetzt durchgehend in Österreich gehabt hat, sondern diesen auch zur Integration genutzt und sich sozial und wirtschaftlich eingefunden hat.
Trotz des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Suchtmittelkriminalität sowie am Schutz der öffentlichen Ordnung ist insbesondere unter Berücksichtigung der glaubhaften Einsicht und Reue des BF in Verbindung mit seinen bereits gesetzten positiven Entwicklungsschritten, des über zweijährigen Wohlverhaltens, der Selbsterhaltungsfähigkeit des BF aufgrund seiner Beschäftigung und des bestehenden Privatlebens im Sinne des Art. 8 EMRK in Österreich von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen ihn Abstand zu nehmen. Sein privates Interesse an einem Verbleib überwiegt, auch unter Bedachtnahme auf die beträchtlichen strafgerichtlichen Verurteilungen, gerade noch das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung. Dies bedingt auch den Entfall der übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids, der somit in Stattgebung der Beschwerde ersatzlos zu beheben ist.
Im Verfahren nach § 52 Abs. 5 FPG haben jedoch die entbehrlichen Aussprüche über die Unzulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu unterbleiben; die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG kommt nicht in Betracht. Erweist sich demnach eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 5 FPG - aus welchem Grund auch immer - als unzulässig, besteht das Aufenthaltsrecht aufgrund des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" weiter. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG kommt aber jedenfalls nicht in Betracht und es hat somit auch eine Feststellung nach § 9 Abs. 3 BFA-VG über die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung, die hierfür die Grundlage bilden sollte, zu unterbleiben (siehe VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067).
In der Folge wird allenfalls die Niederlassungsbehörde zur Prüfung einer allfälligen "Rückstufung" gemäß § 28 Abs. 1 NAG zu befassen sein, zumal der BF nach Ausstellung des Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" straffällig wurde.
Sollte der BF neuerlich straffällig werden, wird das BFA die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots gegen ihn neuerlich zu prüfen haben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Abschiebung Angemessenheit Behebung der Entscheidung Daueraufenthalt EU (int. Schutzberechtigte) Einreiseverbot Einreiseverbot aufgehoben ersatzlose Behebung freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Gesamtbetrachtung Gewalttätigkeit Gewerbsmäßigkeit Interessenabwägung Kassation Körperverletzung mündliche Verhandlung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung Rückkehrentscheidung behoben Sachbeschädigung Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Verhältnismäßigkeit Wiederholungsgefahr WiederholungstatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I405.1314829.5.00Im RIS seit
21.10.2021Zuletzt aktualisiert am
21.10.2021