Entscheidungsdatum
28.06.2021Norm
AVG §73 Abs1Spruch
W234 2239157-1/9E
W234 2239780-1/8E
BeschlusS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Thomas HORVATH über die Beschwerden von XXXX und XXXX , wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie:
A)
I. Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.
II. Die Anträge der beschwerdeführenden Parteien vom 12.04.2021,
1. Bewilligungsbescheide für die Viersesselbahn XXXX gemäß §§ 3 Abs. 6 iVm 39 Abs. 3 UVP-G für nichtig zu erklären und
2. festzustellen, dass den beschwerdeführenden Parteien die entstandenen Schäden zu ersetzen sind,
werden als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung
I. Verfahrensgang:
1. XXXX und XXXX (im Folgenden bezeichnet als beschwerdeführende Parteien) sind Eigentümer einer Liegenschaft im örtlichen Nahebereich der Seilbahn „ XXXX “ und der dortigen Skipisten.
Mit E-Mail vom 05.11.2019 richteten die beschwerdeführenden Parteien an das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (im Folgenden bezeichnet als belangte Behörde) aufgrund erheblicher Gefährdungen und Beeinträchtigungen durch den Lift- und Pistenbetrieb im Wesentlichen folgendes Begehren:
„- Welche Bewilligung und welche genehmigten Pläne liegen für die derzeitige Nutzung der XXXX und der derzeitigen Nutzung der Pisten und Skiwege (v.a. Konzession, Bau- und Betriebsbewilligung Bahn und genutzte Pisten) vor
(1) für die Liftgesellschaft XXXX bzw. für
(2) die Gemeinde XXXX als Betreiberin des Skigleitwegs (von XXXX nach XXXX )?
- Gibt es zeitliche Beschränkungen oder sonstige Auflagen zum Schutz der Wohnhäuser für die
(1) Präparierung/Befahrung oder sonstige Auflagen zum Schutze der Wohnhäuser für die
(2) Beschneiung?
- Ist für die neue Bahn ein UVP Verfahren vorgesehen? Sind im Zuge der neuen Bahn neue Pisten geplant – insbesondere erneut als Querung des XXXX (einzige Zufahrt, die seit Winter 2016 von der Gemeinde XXXX ab XXXX gesperrt wird)?
- Gibt es Bewilligungen zur Überfahrung der öffentlichen Straßen XXXX für Pisten, Pistenraupen und Skidoos?“
2. Mit E-Mail vom 14.11.2019 antwortete die belangte Behörde, dass für Sesselbahnen und Sessellifte gemäß § 13 SeilbahnG 2003 der Landeshauptmann für Vorarlberg zuständig sei. Darüber hinaus seien bei der belangten Behörde keine Konzessions- oder Baugenehmigungsansuchen für neue Projekte in diesem Gebiet anhängig.
3. Am 28.01.2020 richteten die beschwerdeführenden Parteien ein Schreiben an das Büro des Landeshauptmannes von Vorarlberg betreffend den Betrieb der XXXX Sesselbahn sowie den dazugehörigen Skipisten und Skigleitwege.
4. Mit Schreiben vom 22.05.2020 nahm das Amt der Vorarlberger Landesregierung im Namen des Landeshauptmanns gegenüber den beschwerdeführenden Parteien Stellung. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sämtliche seilbahnrechtliche Voraussetzungen für Bau und Betrieb der Viersesselbahn XXXX vorliegen würden und dem auch Unionsrecht nicht entgegenstehen würde. Den beschwerdeführenden Parteien sei schon wegen der Entfernung ihres Grundstücks zur Seilbahnanlage keine Parteistellung im seilbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren zugekommen. Der Bau und Betrieb von Skipisten wie die Erzeugung von Kunstschnee würden keines seilbahnrechtlichen Konsenses bedürfen; insofern bestehe keine Zuständigkeit einer Seilbahnbehörde. Im Übrigen sei für die Sperre der dortigen Straße im Interesse des Skipistenbetriebs in straßenpolizeilicher wie straßenrechtlicher Hinsicht die Standortgemeinde im eigenen Wirkungsbereich und im Wege der Gemeindeaufsicht die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft zuständig.
5. Am 09.06.2020 richteten die beschwerdeführenden Parteien ein weiteres E-Mail an die belangte Behörde mit der Bitte, die Stellungnahme des Amtes der Vorarlberger Landesregierung für den Landeshauptmann betreffend die Viersesselbahn XXXX zu überprüfen und an den zuständigen Bundesminister weiterzuleiten. Es werde um Mitteilung ersucht, ob der Betrieb des XXXX eingestellt werde und allenfalls weitere Maßnahmen veranlasst würden. Überdies trafen die beschwerdeführenden Parteien rechtliche Ausführungen dazu, dass der Betrieb der Viersesselbahn XXXX ihrer Ansicht nach – vor allem aus unionsrechtlichen Gründen – rechtswidrig erfolge.
6. Mit E-Mail vom 28.10.2020 erinnerten die beschwerdeführenden Parteien an ihr Schreiben vom 05.11.2019 und die darin angeführten Anfragen. Zudem brachten sie vor, dass sie die angefragten Informationen nicht erhalten und nicht am aktuellen Verfahren beteiligt sowie vom Zugang zu Gericht ausgeschlossen werden würden. Ferner verwiesen sie auf die vom Lift- und Pistenbetrieben auf die Nutzung ihres Wohnhauses ausgehenden Beeinträchtigungen und Gefährdungen. Die beschwerdeführenden Parteien ersuchten um Prüfung und Übermittlung der erbetenen Informationen sowie der vorliegenden Genehmigungen.
7. Am 17.11.2020 richteten die beschwerdeführenden Parteien ein weiteres E-Mail an die belangte Behörde, worin sie im Wesentlichen auf ihre Schreiben von November 2019 und Oktober 2020 verwiesen. Entgegen ihrer Auskunft vom 14.11.2019 sei die belangte Behörde für das seilbahnrechtliche Konzessions- und Baugenehmigungsverfahren betreffend die Viersesselbahn XXXX zuständig. Es sei für die beschwerdeführenden Parteien unerklärlich, dass die belangte Behörde unter unrichtiger Behauptung ihrer Unzuständigkeit weder Informationen erteile, noch die Beteiligung an den behördlichen Entscheidungsprozessen bzw. deren gerichtliche Überprüfung gewähre.
8. Zur Antwort erstattete die belangte Behörde mit Schreiben der vom 20.11.2020 eine ergänzende Stellungnahme zu ihrem Schreiben vom 14.11.2019. Darin führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass sie die Konzession für die Viersesselbahn XXXX am 31.07.2007 verliehen habe. Die daran anschließenden Verfahren zur Baugenehmigung und zur Betriebsbewilligung der Viersesselbahn seien an den Landeshauptmann von Vorarlberg delegiert worden. Dieser habe die seilbahnrechtlichen Verfahren über die Baugenehmigung und Betriebsbewilligung unter Heranziehung von Sachverständigen der betroffenen Fachgebiete (wie Geologie, Wildbach- und Lawinenverbauung sowie Forsttechnik) ordnungsgemäß durchgeführt. Diesbezüglich werde auf die Ausführungen des Landeshauptmannes von Vorarlberg im Schreiben vom 22.05.2020 verwiesen. Die belangte Behörde könne keinen Fehler bzw. keine Säumnis des Landeshauptmanns erkennen. Zu den sonstigen Bewilligungen betreffend Nutzungen der Pisten und Skiwege, Beschneiungsanlagen, Überfahrungen der öffentlichen Straßen und Wege sowie zu Bewilligungen von Umbauten an der Seilbahn würden der belangten Behörde mangels Zuständigkeit keine Informationen vorliegen.
Zudem verwies die belangte Behörde darauf, dass sie bezüglich einer Neuerrichtung eine Kabinenbahn auf den XXXX keinerlei Informationen habe.
Ferner wies die belangte Behörde hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen gegen die Beeinträchtigungen und Gefährdungen der Anrainer durch den Seilbahnbetrieb auf die Pflichten des Seilbahnunternehmens gemäß §§ 99, 100 und 105 SeilbG 2003 und dessen Haftung für etwaige Schäden hin. Zudem habe die zuständige Behörde notwendige Maßnahmen anzuordnen, sollte das Seilbahnunternehmen den ihm aus diesem SeilbG oder den hierzu erlassenen Verordnungen erwachsenden Pflichten nicht nachkommen. Bei bekannt gewordener drohender Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen seien die zur Beseitigung der Gefährdung notwendigen Maßnahmen durch die Seilbahnbehörde unmittelbar anzuordnen und unverzüglich gegen Ersatz der Kosten durch das Seilbahnunternehmen durchführen zu lassen. Die hierfür zuständige Behörde sei bei Sesselbahnen der Landeshauptmann.
Zu ihrer Anfrage betreffend die im gegenständlichen Baugenehmigungsverfahren beigezogenen Anrainer verwies die belangte Behörde die beschwerdeführenden Parteien an den Landeshauptmann von Vorarlberg.
9. Mit per Telefax übermitteltem gemeinsamem Schriftsatz vom 17.12.2020 erhoben die beschwerdeführenden Parteien die hier zu erledigenden Säumnisbeschwerden (jene von XXXX protokolliert zu W234 2239157-1 und jene von XXXX protokolliert zu W234 2239780-1), welche am 18.12.2020 bei der belangten Behörde einlangten.
Darin wurde beantragt, die belangte Behörde solle verpflichtet werden,
1. den beschwerdeführenden Parteien umfassend Information über den Betrieb, den Bau und die Konzessionen der Viersesselbahn XXXX zu erteilen, alle Genehmigungen zu übermitteln und Einsicht in Akten zu gewähren;
2. die beschwerdeführenden Parteien an sämtlichen Verfahren durch die derzeitige Betreiberin zu beteiligen und ihnen Zugang zu Rechtsschutz zu gewähren;
3. festzustellen, dass für die Skiliftbetreiberin und für den Betrieb des Skigleitweges durch die Gemeinde XXXX keine Konzessionen vorliegen;
4. den Lift- und Pistenbetrieb der Viersesselbahn XXXX samt der Beschneiung durch die derzeitige Betreiberin und den Betrieb des Skigleitweges durch die Gemeinde XXXX einzustellen.
Zum Sachverhalt brachten die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen vor, dass der Lift- und Pistenbetrieb der Viersesselbahn XXXX und Skigleitweg an ihr Grundstück an mehreren Seiten unmittelbar angrenze. Von diesen würden Gefahren und Beeinträchtigungen ausgehen wie Rutschungen, Lawinen, Hochwassergefahr, Erosionsgefahr, unzumutbare Lärmemission und Versperrung bzw. Erschwerung des Zuganges zu den Wohnhäusern. Die beschwerdeführenden Parteien sowie andere betroffene Grundstückseigentümer seien am Genehmigungsverfahren des Lift- und Pistenbetriebs nicht beteiligt worden. Weiters sei ihnen der Zugang zu wirksamem Rechtsschutz versagt worden.
Zur Zuständigkeit der belangten Behörde brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, diese sei die zuständige Seilbahnbehörde für den Lift- und Pistenbetrieb sowie für den Skigleitweg und daher für die Anwendung der bundesrechtlichen Vorschriften des Seilbahngesetzes betreffend das Konzessions- und Baugenehmigungsverfahren zuständig. Für die seilbahnrechtlichen Bewilligungs- und Baugenehmigungsverfahren für Zu- und Umbauten sei der Landeshauptmann im Wege der mittelbaren Bundesverwaltung zuständig und die belangte Behörde die zuständige Aufsichtsbehörde.
Im Hinblick auf die Säumigkeit der belangten Behörde brachten die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen vor, es liege
? Säumnis mit der Informationserteilung und Beteiligung am Verfahren sowie damit, Zugang zu wirksamem Rechtsschutz zu gewähren,
? Säumnis bezüglich Einstellung des Betriebes und Feststellung, dass keine Konzession bestehe und
? Säumnis bezüglich der Einstellung der Beschneiung
vor.
Zur Begründung der einzelnen Säumnispunkte brachten die beschwerdeführenden Parteien unter Verweis auf (unionsrechtliche) Vorschriften im Wesentlichen Folgendes vor:
Zur Säumnis mit der Informationserteilung, der Beteiligung der beschwerdeführenden Parteien am Verfahren und der Gewährung ihres Zugang zu wirksamem Rechtsschutz führten die beschwerdeführenden Parteien zusammengefasst aus, sie hätten die belangte Behörde aufgrund erheblicher Gefährdungen und Beeinträchtigungen durch den Lift- und Pistenbetrieb mit Schreiben vom 05.11.2019 um im Einzelnen angeführte Informationen gebeten. Die belangte Behörde habe eine Stellungnahme sowie eine Konzession zu Gunsten der XXXX übermittelt. Die Konzession für den Betrieb der Viersesselbahn XXXX durch die derzeitige Betreiberin XXXX und für den Skigleitweg sei nicht übermittelt worden.
Überdies sei auch die angefragte Baugenehmigung nicht übermittelt worden; die belangte Behörde habe ihre diesbezügliche Zuständigkeit rechtswidrig verneint und auf die Zuständigkeit des Landeshauptmanns von Vorarlberg verwiesen. Die beschwerdeführenden Parteien seien am laufenden Verfahren eines Zubaus am Lift nicht beteiligt worden. Durch all diese Maßnahmen werde den beschwerdeführenden Parteien die Parteistellung entzogen und der Zugang zu wirksamem Rechtsschutz unionsrechtswidrig verhindert.
Zur Säumnis betreffend die Einstellung des Betriebes und die Feststellung, dass keine Konzession bestehe, wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Betrieb sofort zu untersagen sei, wenn keine Konzession vorliege. Der Betrieb sei auch wegen gravierender Gefährdungen sowie wegen der völlig unzumutbaren Beeinträchtigung einzustellen. Durch den Ausschluss ihrer Parteistellung im seilbahnbehördlichen Bauverfahren sei ihr Zugang zu wirksamem Rechtsschutz verhindert worden. Das österreichische Recht sei insoweit unionsrechtswidrig.
Zur Säumnis betreffend die Einstellung der Beschneiungsanlage wurde zusammengefasst vorgebracht, dass die beschwerdeführenden Parteien an den wasser- und naturschutzrechtlichen Verfahren zum Betrieb und Genehmigung der Beschneiungsanlage nicht beteiligt worden seien. Es liege eine Regelungslücke im österreichischen Recht vor, weil keinerlei Parteistellung in Verfahren zur Genehmigung von Errichtung und Betrieb von Beschneiungsanlagen vorgesehen sei.
Zudem regten die beschwerdeführenden Parteien in der Säumnisbeschwerde an, das Bundesverwaltungsgericht möge näher genannte Vorlagefragen an den Gerichtshof der Europäischen Union stellen.
9. Am 23.12.2020 übermittelte die belangte Behörde ein Schreiben, das sie an die beschwerdeführenden Parteien berichtet hatte. Darin verwies die belangte Behörde erneut auf die Zuständigkeit des Landeshauptmannes, sodass „Fragen hinsichtlich der Baugenehmigung und des Betriebes der gegenständlichen Anlage vom Landeshauptmann beantwortet [werden].“
Zudem führte die belangte Behörde aus, dass Nachbarn – einschließlich der beschwerdeführenden Parteien - im Verfahren über die Konzession für Errichtung und Betrieb von Seilbahnen wie der Viersesselbahn XXXX keine Parteistellung zukomme und diese daher im Konzessionsverfahren nicht zu laden seien und ihnen keine Akteneinsicht zu gewähren sei. Die Prüfung von Zufahrtswegen zu Anrainern bzw. von Skigleitwegen sei nicht Gegenstand dieses Ermittlungsverfahrens. Bereits im Konzessionsverfahren würde auch der forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung zur Beurteilung eingereichter Projekte im Sinne des Lawinenerlasses 2011 und zur Frage einer allfälligen Gefährdung der Anlage durch andere Naturgefahren miteinbezogen. Das gegenständliche Konzessionsverfahren sei entsprechend der gesetzlichen Vorgaben durchgeführt und im Jahre 2007 positiv abgeschlossen worden.
Im Baugenehmigungsverfahren sei den beschwerdeführenden Parteien keine Parteistellung zuerkannt worden. Denn im betreffenden Ermittlungsverfahrens sei durch die beigezogenen Sachverständigen weder festgestellt worden, dass vom Grundstück der beschwerdeführenden Parteien eine Gefährdung für die Seilbahnanlage selbst oder für deren Betrieb ausgehen würde, noch dass vice versa eine Gefährdung durch die Seilbahnanlage auf das Grundstück der beschwerdeführenden Parteien gegeben gewesen sei. Das Grundstück der beschwerdeführenden Parteien liege außerhalb des die Parteistellung vermittelnden Gefährdungsbereichs der Seilbahnanlage. Zudem werde die Situierung des Gefährdungsbereiches bei jeder Umbaumaßnahme neu beurteilt; stelle die zuständige Behörde im Ermittlungsverfahren fest, dass sich die Liegenschaft der beschwerdeführenden Parteien im Gefährdungsbereich befinde, sei diesen als Grundeigentümern Parteistellung zuzuerkennen.
Dem Vorwurf der beschwerdeführenden Parteien, dass keine gültige Konzession bestehe, sei zu entgegnen, dass mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 16.11.2016, XXXX die Änderung der mit Bescheid vom 31.07.2007 verliehenen Konzession für die Viersesselbahn XXXX auf Grund der Änderung des Firmenwortlautes der Konzessionärin von „ XXXX “ auf „ XXXX “ bewilligt worden sei.
Der Pistenbetrieb wie der Betrieb der Schneeanlagen würden in gesonderten Behördenverfahren genehmigt, welche jedoch nicht in Kompetenz der Seilbahnbehörde liegen würden.
10. Am 14.01.2021 richteten die beschwerdeführenden Parteien an die belangte Behörde ein Telefax, worin sie ersuchten, die Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Inhaltlich brachten sie im Wesentlichen vor, die belangte Behörde berücksichtige unionsrechtliche Vorschriften nicht. Die seilbachrechtliche Bewilligung betreffend die Viersesselbahn sei nicht rechtskräftig und die Konzessionsentscheidung der belangten Behörde rechtswidrig. Es sei gerichtlich klarzustellen, dass
? der Betrieb einer Seilbahn gemäß der EU-Seilbahnverordnung 2016/424 einzustellen sei, wenn wie hier durch die Nutzung bzw. Herstellung der von der Seilbahngesellschaft betriebenen Pisten (labiles Gebiet, Querung von Straßen, Beschneiung, Präparierung, etc.) Gefährdungen für Personen und Eigentümer ausgehen, und zwar selbst dann, wenn Bewilligungen für den Betreib vorliegen würden,
? im Konzessionsverfahren umfassend solche Gefährdungen von Personen und Eigentum auch im Hinblick auf die Nutzung bzw. Herstellung der von der Seilbahn betriebenen Pisten (labiles Gebiet, Querung von Straßen, Beschneiung, Präparierung, etc.) zu prüfen und auszuschließen sei,
? alle Personen, die möglicherweise durch die Nutzung bzw. der von der Seilbahn betriebenen Pisten gefährdet seien, in den jeweiligen Verfahren zu beteiligen seien und diesen hinsichtlich behördlicher Entscheidungen Zugang zu wirksamem Rechtsschutz zu gewähren sei,
? hinsichtlich seilbahnrechtlicher Entscheidungen nicht an Betroffenen vorbei Rechtskraft erwirkt werden könne, sondern dass die Entscheidungen durch Gewährleistung des Zugangs zu wirksamem Rechtsschutz auch im Nachhinein angefochten werden könnten.
11. Gemeinsam mit einem Begleitschreiben vom 29.01.2021 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde samt dem zugehörigen Verwaltungsakt zur Entscheidung vor; die Säumnisbeschwerde langte am 03.02.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Im Begleitschreiben fasste die belangte Behörde den bisherigen Verfahrensverlauf kurz zusammen und verwies darauf, dass auch der Landeshauptmann von Vorarlberg mit inhaltlich gleichlautenden Beschwerden konfrontiert sei.
12. Mit Schreiben vom 12.04.2021 bekräftigten die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen ihre bereits in der Säumnisbeschwerde vertretene Rechtsansicht und regten erneut an, das Bundesverwaltungsgericht möge eine Reihe von Vorlagefragen an den EuGH richten. Zudem beantragten sie, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, sowie
? etwaige Bewilligungsbescheide für die Viersesselbahn XXXX , gem. §§ 3 Abs. 6 iVm 39 Abs. 3 UVP-Gesetz für nichtig zu erklären,
? den Betrieb der Viersesselbahn XXXX einzustellen und
? festzustellen, dass ihnen entstandene Schäden zu ersetzen seien.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zu den Korrespondenzen:
1.1.1. Mit E-Mail vom 05.11.2019 begehrten XXXX und XXXX mit der Begründung erheblicher Gefährdungen und Beeinträchtigungen durch den Lift- und Pistenbetrieb bei der belangten Behörde Folgendes:
„[…]
- Welche Bewilligung und welche genehmigten Pläne liegen für die derzeitige Nutzung der XXXX und der derzeitigen Nutzung der Pisten und Skiwege (v.a. Konzession, Bau- und Betriebsbewilligung Bahn und genutzte Pisten) vor
(1) für die Liftgesellschaft XXXX bzw. für
(2) die Gemeinde XXXX als Betreiberin des Skigleitwegs (von XXXX nach XXXX )?
- Gibt es zeitliche Beschränkungen oder sonstige Auflagen zum Schutz der Wohnhäuser für die
(1) Präparierung/Befahrung oder sonstige Auflagen zum Schutze der Wohnhäuser für die
(2) Beschneiung?
- Ist für die neue Bahn ein UVP Verfahren vorgesehen? Sind im Zuge der neuen Bahn neue Pisten geplant – insbesondere erneut als Querung des XXXX (einzige Zufahrt, die seit Winter 2016 von der Gemeinde XXXX gesperrt wird)?
- Gibt es Bewilligungen zur Überfahrung der öffentlichen Straßen XXXX für Pisten, Pistenraupen und Skidoos?“
1.1.2. Mit E-Mail vom 14.11.2019 antwortete die belangte Behörde Folgendes:
„Zu ihrer Anfrage möchten wir mitteilen, dass für Sesselbahnen und Sessellifte gemäß § 13 Seilbahngesetz 2003 der Landeshauptmann für Vorarlberg zuständig ist.
Darüber hinaus sind keine Konzessions- oder Baugenehmigungsansuchen für neue Projekte in diesem Gebiet beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie anhängig.“
1.1.3. Mit E-Mail vom 09.06.2020 ersuchten die beschwerdeführenden Parteien die belangte Behörde darum, eine Stellungnahme des Amtes der Vorarlberger Landesregierung für den Landeshauptmann betreffend die Viersesselbahn XXXX vom 12.02.2018 zu überprüfen. Ferner ersuchten Sie um Mitteilung, ob der Betrieb des XXXX eingestellt werde und allenfalls weitere Maßnahmen veranlasst würden.
1.1.4. Mit E-Mail vom 28.10.2020 wiederholten die beschwerdeführenden Parteien ihre Begehren des E-Mails vom 05.11.2019. Zudem rügten sie, diese angefragten Informationen nicht erhalten zu haben und nicht am aktuellen Verfahren beteiligt zu werden. Die beschwerdeführenden Parteien ersuchten „um Prüfung und Übermittlung der erbetenen Informationen sowie der vorliegenden Genehmigungen“.
1.1.5. Mit E-Mail vom 17.11.2020 verwiesen die beschwerdeführenden Parteien gegenüber der belangten Behörde erneut darauf, dass ihre Anfrage von November 2019 noch nicht erledigt worden sei, die belangte Behörde ihre seilbahnrechtliche Zuständigkeit zu Unrecht verneine und noch keine Beteiligung an den behördlichen Entscheidungsprozessen bzw. deren gerichtliche Überprüfung gewähre.
1.1.6. Mit Schreiben vom 20.11.2020 teilte die belangte Behörde den beschwerdeführenden Parteien Folgendes mit:
„[…]
Bezugnehmend auf Ihre Anfrage vom 28.10.2020 an die Frau Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wird ergänzend zur Stellungnahme vom 14.11.2019, in der auf die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Vorarlberg verwiesen wurde, Folgendes mitgeteilt:
1. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat am 31.07.2007 die beiliegende Konzession für die Viersesselbahn XXXX verliehen. Die darauffolgenden Verfahren zur Baugenehmigung und zur Betriebsbewilligung der Viersesselbahn XXXX wurde an den Landeshauptmann von Vorarlberg delegiert. Nach den uns vorliegenden Informationen wurden die notwendigen seilbahnrechtlichen Verfahren für die Baugenehmigung und Betriebsbewilligung durch den Landeshauptmann von Vorarlberg unter Heranziehung von Sachverständigen der betroffenen Fachgebiete (wie Geologie, Wildbach- und Lawinenverbauung, sowie Forsttechnik) ordnungsgemäß durchgeführt. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen des Landeshauptmannes von Vorarlberg im Schreiben vom 22.05.2020 verwiesen. Im Verfahren des Landeshauptmannes kann daher kein Fehler bzw. Versäumnis erkannt werden.
Zu den sonstigen Bewilligungen, betreffend Nutzungen der Pisten und Skiwege, Beschneiungsanlagen, Überfahrungen der öffentlichen Straßen und Wege, sowie zu Bewilligungen von Umbauten an der Seilbahn liegen dem BMK mangels Zuständigkeit keine Informationen vor.
2. Bezüglich einer Neuerrichtung einer Kabinenbahn auf den XXXX hat das BMK keinerlei Informationen.
3. Hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen gegen die Beeinträchtigung und Gefährdung der Anrainer durch den Seilbahnbetrieb wird auf die Pflichten des Seilbahnunternehmens gemäß §§ 99 und 105 des SeilbG 2003 hingewiesen. Insbesondere hat gemäß § 100 SeilbG 2003 das Seilbahnunternehmen Vorkehrungen zu treffen, dass durch den Bau, Bestand oder Betrieb der Seilbahn keine Schäden an öffentlichem und privatem Gut entstehen. Es haftet, unbeschadet der Haftung nach anderen gesetzlichen Bestimmungen, für Schäden, die durch den Bau, Bestand oder Betrieb der Seilbahn an den benachbarten Liegenschaften verursacht werden.
Kommt das Seilbahnunternehmen den ihm aus diesem Bundesgesetz oder den hierzu erlassenen Verordnungen erwachsenen Pflichten nicht nach, hat die zuständige Behörde notwendige Maßnahmen anzuordnen. Bei bekannt gewordener drohender Gefahr für das Leben und Gesundheit von Menschen sind die zur Beseitigung der Gefährdung notwendigen Maßnahmen durch die Behörde unmittelbar anzuordnen und unverzüglich gegen Ersatz der Kosten durch das Seilbahnunternehmen durchführen zu lassen. Die zuständige Behörde ist bei Sesselbahnen der Landeshauptmann.
4. Zu ihrer Anfrage betreffend die im gegenständlichen Baugenehmigungsverfahren beigezogenen Anrainer wird an den Landeshauptmann von Vorarlberg verwiesen.
[…]“.
1.2. Zur Säumnisbeschwerde und den Anträgen:
1.2.1. Mit Schriftsatz vom 17.12.2020 erhoben die beschwerdeführenden Parteien Säumnisbeschwerden, welche am 18.12.2020 im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie einlangten. Mit Schreiben vom 29.01.2021 übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht den gegenständlichen Verwaltungsakt, welcher am 03.02.2021 einlangte.
In den Säumnisbeschwerden begehren die beschwerdeführenden Parteien Folgendes:
„Das BMK wird verpflichtet,
1. den Beschwerdeführern umfassend Information über den Betrieb, den Bau und die Konzessionen der 4 er Sesselbahn XXXX insbesondere unter Beantwortung ihrer E Mail Anfrage vom 05.11.2019 zu erteilen und die Genehmigungen für die Konzession sowie für den Bau und den Betrieb der 4 er Sesselbahn XXXX inklusive den zu Grunde liegenden Unterlagen zu übersenden bzw. Einsicht in die Akten zu gewähren,
2. die Beschwerdeführer an sämtlichen Verfahren hinsichtlich des Baus, Betriebs und der Konzession der 4 er Sesselbahn XXXX zu beteiligen und ihnen betreffend seilbahnrechtlichen Entscheidungen Zugang zu Rechtsschutz zu gewähren,
3. festzustellen, dass für den Lift- und Pistenbetrieb der 4 er Sesselbahn XXXX durch die derzeitige Betreiberin XXXX und für den Betrieb des Skigleitwegs durch die Gemeinde XXXX keine Konzessionen vorliegen,
4. den Lift- und Pistenbetrieb der 4 er Sesselbahn XXXX samt der Beschneiung durch die derzeitige Betreiberin XXXX und für den Betrieb des Skigleitwegs durch die Gemeinde XXXX einzustellen.“
1.2.2. Mit Schreiben vom 12.04.2021 beantragten die beschwerdeführenden Parteien zusätzlich zu den bereits in der Säumnisbeschwerde gestellten Anträgen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, sowie
? etwaige Bewilligungsbescheide für die Viersesselbahn XXXX , gem. §§ 3 Abs. 6 iVm 39 Abs. 3 UVP-G für nichtig zu erklären,
? den Betrieb der Viersesselbahn XXXX einzustellen und
? festzustellen, dass den beschwerdeführenden Parteien entstandene Schäden zu ersetzen sind.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unzweifelhaft aus der Aktenlage, insbesondere aus den mit der Beschwerdeschrift vorgelegten Aktenstücken (OZ 1) sowie aus den durch die Behörde nachträglich übermittelten Aktenstücken (OZ 7 und insb OZ 8).
3. Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt A) Zur Zurückweisung der Säumnisbeschwerde
3.1. Anzuwendendes Recht:
3.1.1. Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBI. Nr. 1/1930, in der Fassung BGBI. Nr. 2/2021 lautet auszugsweise:
„A. Verwaltungsgerichtsbarkeit
[…]
Artikel 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde. […]
Artikel 131.
[…]
(2) Soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Sieht ein Gesetz gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 2 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vor, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 in Vollziehung Bundessache sind. Sieht ein Gesetz gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 3 eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte vor, erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten des Bundes. […]“
3.1.2. Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBI. I. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBI. I. Nr. 58/2018, lautet auszugsweise:
„Entscheidungspflicht
§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2b) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.
(2) Wird ein Bescheid, gegen den Berufung erhoben werden kann, nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Berufungsbehörde über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Berufungsbehörde einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
(3) Für die Berufungsbehörde beginnt die Entscheidungsfrist mit dem Tag des Einlangens des Devolutionsantrages zu laufen.“
3.1.3. Das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBI. I. Nr. 33/2013, in der Fassung BGBI. I. Nr. 119/2020 lautet auszugsweise:
„Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde
§ 8. (1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
(2) In die Frist werden nicht eingerechnet:
1. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;
2. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.
[…]
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
[…]
Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist; […]
Erkenntnisse und Beschlüsse
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
[…]
Beschlüsse
§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.
(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, 2a, 2b, 4 und 5, § 30, § 38a Abs. 3 und § 50 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.“.
3.2. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.3. Zur Zurückweisung der Säumnisbeschwerde wegen Unzulässigkeit:
3.3.1. Allgemeines
Gemäß § 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.
Eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) dient dem Rechtsschutz gegen Säumnis der Behörden. Zweck dieses Rechtsbehelfes ist es, demjenigen, der durch die Untätigkeit einer Behörde beschwert ist, ein rechtliches Instrument zur Verfügung zu stellen, um eine Entscheidung in seiner Sache zu erlangen (VwGH 27.5.2015, Ra 2015/19/0075).
Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt die Säumnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde voraus, deren Entscheidungspflicht geltend gemacht wird, und somit die Verpflichtung dieser Behörde, über den bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheid zu entscheiden (siehe VwGH 24.05.2018, Ro 2017/07/0026; VfGH 02.07.2015, E 657/2015).
Fehlt es an der Säumnis der Behörde, so ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen (VwGH 10.12.2018, Ro 2018/12/0017). Denn die Säumnis der Behörde ist Prozessvoraussetzung im Verfahren über eine Säumnisbeschwerde vor dem Verwaltungsgericht ist (VwGH 23.08.2017, Ra 2017/11/0150).
Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt also die Säumnis der vor dem Bundesverwaltungsgericht belangten Behörde voraus. Die in § 73 AVG normierte Entscheidungspflicht sowie deren Verletzung durch die Behörde (also die Säumnis der Behörde) setzen einen Antrag einer Partei voraus, der durch Bescheid zu erledigen ist. Die Entscheidungspflicht wird daher nur durch Anträge begründet, über die bescheidmäßig abzusprechen ist. Die Behörde hat auch über Anträge zu entscheiden, die unzulässig sind; diesfalls hat die Behörde durch zurückweisenden Bescheid zu entscheiden. Es ist nicht von Bedeutung, ob eine (stattgebende oder ablehnende) Sachentscheidung oder eine verfahrensleitende Entscheidung (beispielsweise in Form einer Zurückweisung) zu ergehen hat [vgl. VwGH 25.03.2010, 2008/05/0229; Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 6 ff (Stand 1.3.2018, rdb.at)].
Bei einer Säumnisbeschwerde liegt der Beschwerdegegenstand in einer behördlichen Untätigkeit, obwohl die Erlassung eines Bescheides geboten wäre. Andere behördliche Untätigkeiten, wie beispielsweise das Setzen von Realakten ohne Bescheidqualität, wie die Ausstellung von Urkunden, die Gewährung von Akteneinsicht (vgl. VwGH 31.03.2006, 2004/12/0174), die Zustellung eines bereits erlassenen Bescheides (vgl. VwGH 12.12.2007, 2007/19/0845) oder die Erteilung von Auskünften (vgl. 30.05.2006, 2006/06/0089; VwGH 28.11.2006, 2006/06/0115; VwGH 24.05.2018, Ro 2017/07/0026) können nicht zum Gegenstand einer Säumnisbeschwerde gemacht werden [vgl. Fischer/Pabel/Raschauer, Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit Kap. 10 Rz 26 (Stand 30.10.19, rdb.at); siehe auch VwGH 24.05.2018, Ro 2017/07/0026].
3.3.2. Zum Erstantrag des Säumnisbeschwerdeschriftsatzes
In der Säumnisbeschwerde vom 17.12.2020 beantragen die beschwerdeführenden Parteien zunächst, die belangte Behörde möge verpflichtet werden, „umfassend Information über den Betrieb, den Bau und die Konzessionen der 4 er Sesselbahn XXXX insbesondere unter Beantwortung ihrer E Mail Anfrage vom 05.11.2019 zu erteilen und die Genehmigungen für die Konzession sowie für den Bau und den Betrieb der 4 er Sesselbahn XXXX inklusive den zu Grunde liegenden Unterlagen zu übersenden bzw. Einsicht in die Akten zu gewähren“.
Die beschwerdeführenden Parteien wollen die Säumnis der belangten Behörde aus deren behaupteter Untätigkeit trotz ihrer mit Schreiben vom 05.11.2019 erhobenen Informationsbegehren ableiten. Die dieser Beschwerdebehauptung korrespondierenden Begehren des Schreibens vom 05.11.2019 sind jedoch auf Realakte, nämlich Auskünfte der Behörde über vorliegende behördliche Konsense und vergangene sowie künftige Verwaltungsverfahren, gerichtet. Es handelt sich also nicht um Begehren, die auf die Erlassung von Bescheiden gerichtet sind und eine Entscheidungspflicht der belangten Behörde auslösen konnten; insofern können die Begehren des Schriftsatzes vom 05.11.2019 keine Säumnis der belangten Behörde nach sich ziehen, die mit einer Säumnisbeschwerde aufgegriffen werden darf.
Dazu weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass den der Säumnisbeschwerde vorangegangenen Schriftsätzen der beschwerdeführenden Parteien nicht zu entnehmen ist, dass diese beantragen würden, ihr Auskunftsbegehren im Falle der Nichterteilung von Auskünften zurückzuweisen, sodass auch insofern keine Säumnis der belangten Behörde anzunehmen ist (ähnlich VwGH 29.04.2013, Zl. 2012/16/0162). Auch einen Antrag gemäß § 4 AuskunftpflichtG stellten sie nicht. Im Übrigen ist nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde die Auskunftserteilung real verweigerte, sondern (im Rahmen ihrer Zuständigkeit) durchaus weitreichend Auskünfte erteilte, was insb ihre Auskunftserteilung vom 20.11.2020 zeigt.
Der Erstantrag des Säumnisbeschwerdeschriftsatzes erweist sich also mangels Säumnis der belangten Behörde (mit der Erlassung eines Bescheids) als unzulässig.
3.3.3. Zu den weiteren Anträgen des Säumnisbeschwerdeschriftsatzes
Im Säumnisbeschwerdeschriftsatz beantragten die beschwerdeführenden Parteien ferner, die belangte Behörde zu „[verpflichten]
2. die Beschwerdeführer an sämtlichen Verfahren hinsichtlich des Baus, Betriebs und der Konzession der 4 er Sesselbahn XXXX zu beteiligen und ihnen betreffend seilbahnrechtlichen Entscheidungen Zugang zu Rechtsschutz zu gewähren,
3. festzustellen, dass für den Lift- und Pistenbetrieb der 4 er Sesselbahn XXXX durch die derzeitige Betreiberin XXXX und für den Betrieb des Skigleitwegs durch die Gemeinde XXXX keine Konzessionen vorliegen,
4. den Lift- und Pistenbetrieb der 4 er Sesselbahn XXXX samt der Beschneiung durch die derzeitige Betreiberin XXXX und für den Betrieb des Skigleitwegs durch die Gemeinde XXXX einzustellen.“
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts sind diese Anträge zwar einer bescheidmäßigen Erledigung zugänglich, sodass eine diesbezügliche Säumnis der belangten Behörde durch eine Säumnisbeschwerde aufgegriffen werden könnte. Jedoch gingen diesen Begehren des Säumnisbeschwerdeschriftsatzes keine vergleichbaren Anträge auf bescheidmäßige Erledigung dieser Rechtssachen durch die belangte Behörde voraus. Die beschwerdeführenden Parteien richteten an die belangte Behörde zwar bislang Anfragen zu Auskünften betreffend jene Rechtssachen, deren hoheitliche Entscheidung sie nunmehr durch Säumnisbeschwerde durchsetzen wollen. Dennoch stellten sie bei der belangten Behörde keine Anträge, diese Rechtssachen bescheidmäßig zu erledigen. Im Ergebnis wurden diese Begehren auf Entscheidung also erstmals in der Säumnisbeschwerde gestellt, ohne zuvor an die belangte Behörde gerichtet worden zu sein. Insoweit kann schon deshalb keine Säumnis der belangten Behörde aufgetreten sein. Mangels Säumnis erweist sich die Säumnisbeschwerde auch insoweit als nicht zulässig.
3.4. Weitere Anträge der beschwerdeführenden Parteien des Schreibens vom 12.04.2021
Für die weiteren mit Schriftsatz vom 12.04.2021 erhobenen Anträge der beschwerdeführenden Parteien gilt Folgendes:
Der dort gestellte Antrag, den Betrieb der Viersesselbahn XXXX einzustellen, ist im Viertantrag des Säumnisbeschwerdeschriftsatzes enthalten, sodass er sich aus den zuvor angesprochenen Gründen als unzulässig erweist.
Zum Antrag, etwaige Bewilligungsbescheide für die Viersesselbahn XXXX , gem. §§ 3 Abs. 6 iVm 39 Abs. 3 UVP-G für nichtig zu erklären:
Dieser Antrag der beschwerdeführenden Parteien betrifft eine Rechtssache, die nicht Gegenstand des Säumnisbeschwerdeverfahrens ist; der Antrag wäre auch als weitere Säumnisbeschwerde unzulässig, weil er ebenso nie an die belangte Behörde gerichtet wurde. Für diesen Antrag besteht auch sonst keine (erstinstanzliche) Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts. Daher ist dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
Zum Antrag festzustellen, dass den beschwerdeführenden Parteien die entstandenen Schäden zu ersetzen sind:
Dieser Antrag der beschwerdeführenden Parteien betrifft ebenso eine Rechtssache, die nicht Gegenstand des Säumnisbeschwerdeverfahrens ist; auch dieser Antrag wäre als weitere Säumnisbeschwerde unzulässig, weil auch er nie an die belangte Behörde gerichtet wurde. Für diesen Antrag besteht ebenso keine sonstige (erstinstanzliche) Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts. Daher ist auch dieser Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Ungeachtet des Antrags der beschwerdeführenden Parteien, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, konnte eine mündliche Verhandlung über die Säumnisbeschwerde hier gemäß § 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG entfallen, weil diese zurückzuweisen ist.
Auch betreffend die von der Säumnisbeschwerde gesonderten Anträge der beschwerdeführenden Parteien konnte ungeachtet ihres Antrags von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage auch insoweit zweifelsfrei geklärt erschien und keine komplexe Rechtsfrage aufgetreten ist, der mündliche Erörterung geboten gewesen wäre.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an Rechtsprechung (vgl. insb VwGH 30.05.2006, 2006/06/0089; 28.11.2006, 2006/06/0115; 12.12.2007, 2007/19/0845; 25.03.2010, 2008/05/0229; 27.05.2015, Ra 2015/19/0075; 23.08.2017, Ra 2017/11/0150; 24.05.2018, Ro 2017/07/0026; 10.12.2018, Ro 2018/12/0017); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Antragstellung Auskunftsbegehren Begehren Bescheiderlassung Bewilligung Bewilligungsverfahren Entscheidungsfrist Entscheidungspflicht Feststellungsantrag Grundstück Haftung Liegenschaftseigentum Nichtigerklärung Parteistellung Säumnis Säumnisbeschwerde Schadenersatz Schigebiet Schilift Untätigkeit unzulässiger Antrag Unzulässigkeit der Beschwerde Verletzung der Entscheidungspflicht ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W234.2239157.1.00Im RIS seit
21.10.2021Zuletzt aktualisiert am
21.10.2021