Entscheidungsdatum
30.06.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
G307 2243413-1/9E
Schriftliche Ausfertigung des am 17.06.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses
Im NAMEN der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, StA.: Usbekistan, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER in 1160 Wien gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2021, Zahl XXXX und die Anhaltung in Schubhaft seit XXXX.2021, 21:15 Uhr nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17.06.2021 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste Anfang März 2020 unter Umgehung der Grenzkontrolle über Ungarn nach Österreich und stellte am 24.07.2020 einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes.
2. Am 23.09.2020 erging vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ein in allen Spruchpunkten negativer Asylbescheid, verbunden mit einer Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat und einem zweijährigen Einreiseverbot. Dieser Bescheid wurde im Akt hinterlegt und erwuchs am 22.10.2020 in Rechtskraft.
3. Am XXXX.2021 um 09:02 Uhr wurde der BF im Personenzug der XXXX von XXXX XXXX in Fahrtrichtung XXXX kontrolliert und von Beamten der PI XXXX festgenommen. Am selben Tag wurde gegen den BF die Schubhaft verhängt und gegen ihn der im Spruch angeführte Bescheid erlassen.
4. Am 08.06.2021 stellte der BF seinen zweiten Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid des BFA vom 21.06.2021 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die Beschwerdefrist ist noch offen.
5. Gegen den Schubhaftbescheid erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) mit Schreiben vom 14.06.2021, beim BVwG eingelangt am 15.06.2021, Beschwerde.
6. Am 17.06.2021 fand vor dem erkennenden Gericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF, ein Mitarbeiter seiner RV und ein Behördenvertreter teilnahmen sowie eine Dolmetscherin der Sprache Russisch beigezogen wurde.
7. Mit Schreiben vom 28.06.2021 begehrte der Rechtsvertreter des BF die schriftliche Ausfertigung dieser Entscheidung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen
1.1. Der BF führt den Namen XXXX, ist am XXXX geboren, verheiratet, Vater zweier Kinder und Staatsbürger Usbekistans. Wo sich die Mitglieder seiner Kernfamilie derzeit aufhalten, ist nicht bekannt.
1.2. Vor seiner Einreise nach Österreich war der BF für rund 2 Jahre in Ungarn aufhältig. Nach Ablauf des dort für einen Monat gültigen Visums arbeitete er in Ungarn entgegen gesetzlicher Vorschriften ohne Aufenthaltsberechtigung und finanzierte sich so seinen Lebensunterhalt.
1.3. Der BF begab sich Anfang März 2020 über Ungarn nach Österreich und hielt sich bis zum 23.07.2020 unangemeldet an einem bis dato unbekannten Ort im Inland auf. Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich der BF in einer Unterkunft in XXXX zwei Monate lang – gerechnet ab dem Zeitpunkt seiner Einreise – in Quarantäne befand.
1.4. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF seinen Reisepass in Ungarn verloren hat.
1.5. Der BF verfügt über keine Deutschkenntnisse eines bestimmen Niveaus.
1.6. Zu den Asylverfahren:
1.6.1. Am 24.07.2020 stellte der BF seinen ersten Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes. Am 06.08.2020 wurde der BF von der Grundversorgung abgemeldet. Am 11.08.2020 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) eine Einvernahme statt. Spätestens nach Ende dieser Einvernahme war der BF unsteten Aufenthaltes und teilte dem Bundesamt seinen Verbleib nicht mit. Wo sich der BF während dieser Zeitspanne aufgehalten hat, konnte nicht festgestellt werden.
Am 23.09.2020 wurde gegen den BF ein in allen Spruchpunkten negativer Asylbescheid, verbunden mit einer Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat und einem zweijährigen Einreiseverbot erlassen. Da dem Bundesamt der Aufenthalt des BF zu diesem Zeitpunkt unbekannt war, erfolgte die Zustellung dieses Bescheides durch Hinterlegung im Akt. Er erwuchs am 22.10.2020 in Rechtskraft. Nachdem der BF am XXXX.2020 zur Festnahme ausgeschrieben wurde, hielten ihn Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX.2021 in einem Personenzug von XXXX nach XXXX an, nahmen ihn fest und wurde am selben Tag gegen ihn die Schubhaft verhängt.
1.6.2. Der BF stellte am 08.06.2021 aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.06.2021 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückgewiesen. Der BF stellte diesen Antrag aus dem Grund, um das Verfahren zur Rückführung in seine Heimat zu verzögern.
1.7. Der BF verfügt über keine private, gesicherte, nicht nur vorübergehende Unterkunft. Dass ihm XXXX in der XXXX, Unterkunft gewähren könnte, konnte ebenso wenig festgestellt werden, wie, dass diese Wohnung im Eigentum des Genannten steht. Abgesehen davon konnten keine (weiteren) Bindungen des BF zu im Inland aufhältigen Personen festgestellt werden. Der BF besitzt Barmittel in der Höhe von € 115,41.´Es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass der BF erkennbare Integrationsschritte gesetzt oder sonstige Bemühungen unternommen hat, sein Weiterkommen in Österreich voranzutreiben.
1.8. Der Beschwerdeführer ist bis dato strafgerichtlich unbescholten.
1.9. Das Bundesamt führt seit 28.05.2021 (und nicht wie in der Beschwerdevorlage irrtümlich angeführt seit 28.06.2021) ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats mit der usbekischen Botschaft. Für den XXXX.2021 war eine Vorführung des BF vor die usbekische Vertretungsbehörde geplant. Aufgrund des vom BF gestellten Folgeantrages musste dieser Termin rückgängig gemacht werden. Ein weiterer Termin ist nach dem rechtskräftigen Abschluss des Folgeverfahrens in Aussicht genommen.
1.10. Der BF ist nicht bereit, freiwillig in seine Heimat zurückzukehren.
1.11. Es konnte weder festgestellt werden, dass der BF nicht in der Lage gewesen wäre, die mit ihm in Russisch durchgeführten Einvernahmen zu verstehen, noch, dass dieser Umstand einen für den BF nachteiligen Einfluss auf den jeweiligen Verfahrensausgang genommen hat.
2. Beweiswürdigung
Da der BF kein gültiges Reisedokument vorlegen konnte, ist von einer Verfahrensidentität auszugehen. Der BF konnte jedoch nicht glaubhaft machen, dass er seinen Reisepass in Ungarn verloren hat. Wie dem Abschlussbericht der Polizeiinspektion XXXX (PI XXXX) vom XXXX.2020, Zahl XXXX zu entnehmen ist, wurde der BF am XXXX.2020 nach Verlassen des Kassenbereichs des XXXX in XXXX bei einem Steckschlüsseldiebstahl betreten und wies sich dabei mit einem usbekischen Pass mit der Nummer XXXX, ausgestellt am XXXX.2013, gültig bis XXXX.2023, aus. Auf Vorhalt dieses Umstandes in der Verhandlung vor dem BVwG am 17.06.2021 bestritt der BF – in unglaubwürdiger Weise – den Bestand seines Reisepasses.
Der Aufenthalt des BF in Ungarn, dessen Dauer, die dort ausgeübte Schwarzarbeit, die Einreise nach Österreich im März 2020 sowie der unangemeldete Aufenthalt bis zu seiner ersten Asylantragstellung am 24.07.2020 sind den eigenen Ausführungen des BF in dessen Einvernahmen vor dem BFA am 11.08.2020 und 15.06.2021 sowie der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht und dem auf den Namen des BF lautenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister zu entnehmen.
In der Befragung vor dem BFA am 11.08.2020 wies der BF darauf hin, er habe zwei Kinder und eine Frau, die allesamt in Samarkand lebten. In der jüngsten Einvernahme vor dem BFA gab er an, seine Familie würde in der Türkei leben. Vor dem Hintergrund dieses Widerspruchs war nicht feststellbar, wo sich Frau und Kinder nunmehr tatsächlich aufhalten.
Wenn der BF in der Verhandlung am 17.06.2021 meinte, er habe sich nach seiner Ankunft in Österreich im März 2020 im 2. XXXX Gemeindebezirk in Quarantäne begeben müssen, ohne dafür auch nur irgendeinen Anhaltspunkt zu liefern, geht diese Behauptung ins Leere. Nachdem eine Quarantäne immer behördlich verordnet wird und mit einer Meldung Hand in Hand geht, kann dem BF daher kein Glauben hinsichtlich seines Aufenthaltsortes bis zu seiner ersten Asylantragstellung geschenkt werden.
Der Aufgriff des BF in einem Zug von XXXX nach XXXX am XXXX.2021 ist aus dem Anhalteprotokoll der Polizeiinspektion (PI) XXXX, Zahl XXXX vom XXXX.2021 ersichtlich.
Der in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung gemachte Einwand, der BF könne in der Wohnung des XXXX in der XXXX in XXXX wohnen, verfehlt in jeglicher Hinsicht sein Ziel. So war und ist XXXX (es existieren im ZMR 2 Personen auf diesen Namen) laut ZMR nie an der angeführten Anschrift gemeldet und ist weder Eigentümer der besagten Wohnung, noch war oder ist er laut Firmenbuch Gesellschafter der XXXX, was wiederum auf seine Eigentümereigenschaft hingewiesen hätte. Der BF kann sich somit nicht auf ein gesichertes Wohnrecht an dieser Adresse berufen. Gleiches gilt für die zweite vom BF angeführte Anschrift in XXXX, die er nicht genau benennen konnte. Abgesehen davon war der BF nicht in der Lage, nennenswerte Beziehungen zu (weiteren) in Österreich wohnhaften Personen darzulegen, etwa durch Nennung von Vor- und Familiennamen, Anschrift, Beruf und sonstigen Kontaktdaten allfälliger Personen.
Der auf den Namen des BF lautende Sozialversicherungsdatenauszug weist keine Beschäftigung des BF in Österreich aus. Bescheinigungsmittel für Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus legte der BF nicht vor.
Die Einkommens- und quasi Vermögenslosigkeit des BF erhellt sich aus der Schubhaftauskunft, wonach er lediglich über € 115,41 verfügen kann. Darüber hinaus gehende, gesicherte Einnahmequellen konnte der BF nicht glaubhaft machen.
Die asyl- bzw. fremdenrechtlich geführten Verfahren und deren Ausgang folgen dem Inhalt des Zentralen Fremdenregisters (IZR) wie jenem des Mandatsbescheides. Dass der BF am 11.08.2020 zu seinem ersten Asylantrag einvernommen wurde, ergibt sich aus dem Bescheid des BFA vom 23.09.2020, mit welchem das erste Verfahren negativ beschieden wurde und dem Inhalt der Beschwerdevorlage. Da der BF für das BFA ab dem 11.08.2020 nicht mehr greifbar und auch sonst sein Aufenthaltsort nicht leicht zu ermitteln war, wurde diese Entscheidung durch Hinterlegung im Akt zugestellt. Somit ist das von der RV in der mündlichen Verhandlung eingebrachte Argument, das Verfahren hätte wegen Abwesenheit des BF eingestellt werden müssen, haltlos, zumal das Verfahren für die belangte Behörde zur Entscheidung reif war.
Die Verständigung des BF über die beabsichtigte Zurückweisung seines zweiten Asylantrages durch das BFA ist dem dahingehenden Vorbringen des Behördenvertreters in der mündlichen Verhandlung am 17.06.2021 zu entnehmen und deckt sich mit dem IZR-Auszug, wonach der BF am 10.06.2021 über dieses Vorhaben in Kenntnis gesetzt wurde.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit folgt dem Amtswissen des BVwG durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.
Die fehlende Rückkehrwilligkeit hat der BF mehrfach, zuletzt in der Verhandlung am 17.06.2021 bekundet.
Das vom Bundesamt mit 28.05.2021 (in der Beschwerdevorlage handelt es sich um einen Tippfehler, der telefonisch am 16.06.2021 mit der zuständigen Referentin aufgeklärt wurde) in die Wege geleitete HRZ-Verfahren und dessen weiterer Verlauf ist dem Inhalt der Aktenvorlage zu entnehmen und wurde vom BF auch nicht bestritten.
Dass der BF nicht gewillt ist, sich zu integrieren, ist nicht nur seinen nicht nachgewiesenen Deutschkenntnissen und dem Vorenthalten seines jeweiligen Aufenthaltsortes gegenüber dem BFA zu entnehmen, sondern ist auch von seiner völlig verkannten Vorstellung, in Österreich ein Architekturstudium beginnen zu wollen, ohne die dafür erforderlichen Berechtigungen aufzuweisen und einer Arbeit nachgehen zu wollen, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, getragen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Beschwerdegegenstand und Prüfungsumfang:
Mit der gegenständlichen Beschwerde wurden der Schubhaftbescheid selbst und die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft seit XXXX.2021 angefochten.
3.2. Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A.I.):
Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), lautet:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
Der mit "Dauer der Schubhaft" betitelte § 80 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), lautet:
"§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.
(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.
(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.
(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen."
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647). Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann (vgl. zum Grad der sozialen Verankerung in Österreich VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498).
Auf Grund des in der mündlichen Verhandlung festgestellten Sachverhaltes haben sich die Erlassung des Schubhaftbescheides und die seit 27.05.2021, 21:15 Uhr, andauernde Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig erwiesen:
Die belangte Behörde hat die Anordnung der Schubhaft gegen den unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen BF und die anschließende Anhaltung in Schubhaft ab XXXX.2021, 21:15 Uhr, zunächst auf § 76 Abs. 2 Z 2 (iVm. Abs. 3) FPG gestützt. Das BFA ging dabei auf Grund der von ihr festgestellten Umstände vom Vorliegen eines Sicherungsbedarfs wegen Fluchtgefahr aus.
Der BF kehrte – beginnend mit XXXX.2021 – nicht mehr in die Grundversorgung zurück, äußerte sich bei dessen Verlassen nicht näher über seinen zukünftigen Aufenthaltsort und teilte diesen bis zu seiner Festnahme am XXXX.2021 dem BFA nicht mit.
Gegen den BF bestand seit 22.10.2020 eine rechtskräftige, negative Asylentscheidung verbunden mit einem zweijährigen Einreiseverbot und einer zulässigen Abschiebung.
Der BF führt im Bundesgebiet kein Familienleben und kann auf keine intensiven, nennenswerten sozialen Bindungen zurückgreifen. Auch verfügt er, wie in den Feststelllungen hervorgehoben, über keine gesicherte, nicht nur vorübergehende Unterkunft.
Die ihm zur Verfügung stehenden Barmittel reichen ebenso wenig, um seine Existenz über einen längeren Zeitraum – betrachtet man die der Lebenserfahrung nach im Schnitt zu befriedigenden Bedürfnisse wie Nahrung und Kleidung sowie Unterkunft – somit wohl kaum mehr als ein paar Tage, zu sichern. Daher genügt diese Summe ihrer Höhe nach nicht, um an die Stelle der Schubhaft zu treten. Ferner ist zu beachten, dass der BF finanzielle Hilfesteller nicht glaubwürdig namhaft machen konnte.
Des Weiteren kann der BF auch nicht auf eine private, gesicherte, nicht nur vorübergehende Unterkunft zurückgreifen. Der vom BF erwähnte XXXX ist nicht Eigentümer der Wohnung in der XXXX und ist daher nicht in der Lage sie dem BF zur Verfügung zu stellen. Der BF war in Österreich niemals legal erwerbstätig und ist vermögenslos. Er hat kein legales Einkommen.
Der BF weist ferner keine Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus auf.
All diese Umstände rechtfertigten im Zusammenhalt mit dem bisherigen Verhalten des BF die Anordnung der Schubhaft.
Das Bundesamt hat daher diese zu Recht auf § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 gestützt.
Aufgrund des Vorliegens erheblicher Fluchtgefahr kam daher zu keinem Zeitpunkt die Anwendung gelinderter Mittel in Frage.
Insgesamt erwies sich die Anordnung der Schubhaft somit als rechtmäßig.
Der BF stellte nach Anordnung der Schubhaft am XXXX.2021 und während aufrechter Anhaltung am XXXX.2021 einen weiteren Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes.
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG wurde von der belangten Behörde mit Aktenvermerk vom 08.06.2021 unter Angabe der näheren Gründe festgehalten und dem BF am selben Tag mit der erforderlichen Übersetzung nachweislich zur Kenntnis gebracht.
Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß (§ 76 Abs. 6 FPG).
Die belangte Behörde ist bei der ihrer Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft nach Stellung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 76 Abs. 6 FPG im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass berechtigte Gründe zur Annahme bestanden, dass der BF den Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich zur Verzögerung bzw. Vereitelung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme (Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Abschiebung nach Äthiopien) stellte (zu § 76 Abs. 6 FPG, insbesondere zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft, siehe VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0204; 19.09.2019, Ra 2019/21/0234; weiters 24.10.2019, Ra 2019/21/0198). Hier sei erwähnt, dass der BF 12 Tage in Schubhaft zugewartet hat, um seinen Folgeantrag zu stellen. Gerade diese Tatsache weist auf seine Verzögerungsabsicht hin.
Für das erkennende Gericht hat sich in der mündlichen Verhandlung unzweifelhaft ergeben, dass der BF nach Erlassung des Schubhaftbescheides und während aufrechter Anhaltung den Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich zum Zweck der Vereitelung bzw. jedenfalls zur Verzögerung einer ihm drohenden Abschiebung nach Usbekistan stellte. Dem BF ist somit auch vorzuhalten, dass er nicht bereits vor der Schubhaft oder knapp danach – konkret nach Beendigung des ersten Verfahrens – einen derartigen Antrag gestellt, sondern bis 12 Tage nach Anordnung der Schubhaft zugewartet hat.
In diesem Zusammenhang erwies sich auch die nunmehrige Behauptung des BF in der Verhandlung, er sehe durch die weitere Antragstellung eine Chance für ihn, als Ankerpunkt für die Aufrechterhaltung der Schubhaft.
Aus den dargelegten Gründen konnte die belangte Behörde daher zu Recht davon ausgehen, dass die Motivation des BF für die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz ausschließlich darin gelegen war, damit eine drohende Aufenthaltsbeendigung bzw. Abschiebung in seinen Herkunftsstaat zu verhindern oder jedenfalls zu verzögern.
Die Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft des BF auch nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz am 08.06.2021, erwies sich daher gemäß § 76 Abs. 6 FPG als rechtmäßig, weshalb die Beschwerde auch diesbezüglich als unbegründet abzuweisen war.
Schließlich bilden die bisherige Dauer des Verfahrens und die noch bis zur Erlangung eines HRZ vergehende Zeit noch kein Kriterium für die Aufhebung der Schubhaft. Das HRZ wird von der belangten Behörde betrieben und scheiterte die Vorführung des BF vor die usbekische Vertretungsbehörde nur wegen der Stellung eines weiteren Asylantrags. Dafür, dass das Verfahren zur Rückführung des BF nicht innerhalb der höchst zulässigen Schubhaftdauer beendet werden kann, gibt es aktuell (noch) keine Anhaltspunkte.
3.3. Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft (Spruchpunkt A.II.):
Den oben unter Punkt 3.2. dargelegten Erwägungen zum Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfs und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft kommt auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung unverändert Geltung zu. Darüber hinaus war im gegenständlichen Fall bei der Beurteilung des konkreten Sicherungsbedarfs (infolge Fluchtgefahr) der weiter fortgeschrittene Stand des Verfahrens maßgeblich zu berücksichtigen:
Der vom BF neuerlich gestellte Antrag auf Einräumung internationalen Schutzes ist negativ entschieden und ist die Beschwerdefrist noch offen. Eine tatsächlich mögliche und auch zeitnahe Rückführung des BF in den Herkunftsstaat ist daher aus derzeitiger Sicht jedenfalls nicht ausgeschlossen oder völlig unwahrscheinlich.
Die Annahme, wonach es sehr wahrscheinlich ist, dass im Fall der Beendigung der Schubhaft und Freilassung letztlich eine Rückführung des rückkehrunwilligen BF durch Untertauchen vereitelt oder erschwert werden könnte, erweist sich unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des BF, der mangelnden Vertrauenswürdigkeit und einer fehlenden sozialen Verankerung in Österreich nach wie vor als begründet. Es ergaben sich keinerlei Anzeichen, dass der BF freiwillig nach Usbekistan zurückkehren wolle.
Ein - nunmehr verstärkter - Sicherungsbedarf zur Durchführung einer Rückführung in den Herkunftsstaat ist somit weiterhin gegeben. Ein gelinderes Mittel ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des Vorliegens von Fluchtgefahr, zur Erreichung des Sicherungszwecks nicht geeignet.
Die Fortsetzung der Schubhaft wegen Fluchtgefahr erweist sich vor diesem Hintergrund nach Abwägung aller betroffenen Interessen als verhältnismäßig.
Die in § 80 Abs. 5 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft im Ausmaß von 10 (zehn) Monaten wurde, wie schon erwähnt, zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht überschritten.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
3.4. Zu den Anträgen auf Ersatz der Aufwendungen (Spruchpunkte A.III. und A.IV.):
Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
Den Ersatz von Aufwendungen im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) regelt § 35 VwGVG, wonach die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Als Aufwendungen gelten die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.
Die Höhe der in solchen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 idgF, geregelt (zur Zulässigkeit des Kostenzuspruchs siehe auch VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144).
Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag einer Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Da die Beschwerde abgewiesen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft ausgesprochen wurden, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und der BF unterlegene Partei.
Die belangte Behörde hat fristgerecht beantragt, dem Bund Kostenersatz im Umfang des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes sowie des Verhandlungsaufwandes zuzusprechen.
Es war daher spruchgemäß dem BF als unterlegener Partei der zu leistende Aufwandersatz (Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) in der Gesamthöhe von 887,20 Euro aufzuerlegen.
In der Beschwerde wurde kein Antrag auf Kostenzuspruch gestellt, weshalb dahingehend nichts auszusprechen war.
3.5. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.
Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH jeweils vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021 und Ra 2016/21/0144, insbesondere zur geltenden Rechtslage des § 76 FPG (im Zusammenhalt mit unionsrechtlichen Bestimmungen) und der Zulässigkeit eines Kostenzuspruchs und eines „Kostenrisikos“ nach § 35 VwGVG. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen ist, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufwandersatz Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:G307.2243413.1.00Im RIS seit
21.10.2021Zuletzt aktualisiert am
21.10.2021