Entscheidungsdatum
23.08.2021Norm
AuslBG §12Spruch
W167 2241341-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Manuela ECKERSDORFER und den fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes DENK als Beisitzer/in über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom XXXX , mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12 AuslBG im Unternehmen XXXX abgewiesen wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am XXXX beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung eines Aufenthaltstitels Rot-Weiß-Rot-Karte gemäß § 41 NAG. Die zuständige Niederlassungsbehörde ersuchte die belangte Behörde um schriftliche Mitteilung über das Vorliegen der für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels maßgeblichen Kriterien im Sinn des § 12b Z 1 AuslBG.
2. Im Rahmen des Parteiengehörs wurde die GmbH aufgefordert einen Vermittlungsauftrag für das Ersatzkraftverfahren zu übermitteln. Darüber hinaus teilte die belangte Behörde der GmbH mit, dass aufgrund der vorgelegten Unterlagen nur 45 Punkte vergeben werden können, da kein Bachelordiplom einer Universität vorgelegt worden sei und auch keine abgeschlossene gastronomische Ausbildung, sondern nur Kurse vorgelegt worden seien.
3. Mit Schreiben vom XXXX teilte die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin und der GmbH mit, dass der Antrag dahingehend modifiziert worden sei, dass eine Rot-Weiß-Rot-Karte als Hochqualifizierte gemäß § 41 Absatz 1 NAG beantragt werde. Diese Modifizierung sei auch bei der zuständigen Niederlassungsbehörde eingebracht worden. Die entsprechende Korrespondenz der Rechtsvertretung mit der zuständigen Niederlassungsbehörde wurde der belangten Behörde am XXXX übermittelt.
4. Aufgrund der Modifikation des Antrags teilte die belangte Behörde der GmbH mit, dass laut den vorgelegten Unterlagen nur 30 von 70 erforderlichen Punkten erreicht würden; insbesondere sei kein Studienabschluss nachgewiesen worden.
5. Die vertretene GmbH nahm mit Schreiben vom XXXX dahingehend Stellung, dass die Beschwerdeführerin die Mindestpunkteanzahl für die Zulassungskriterien als besonders Hochqualifizierte erfülle und mindestens 70 Punkte erreiche. Da das Bruttojahresgehalt der Beschwerdeführerin über EUR 70.000 liege und eine Stellungnahme der zuständigen Außenhandelsstelle vorliege, seien der Beschwerdeführerin für besondere Qualifikationen bzw. Fähigkeiten 30 Punkte anzurechnen. Zudem seien 10 Punkte für Berufserfahrung in Führungspositionen zuzuerkennen, da die Beschwerdeführerin über eine 5-jährige Berufserfahrung in Führungsposition verfüge. Für ihre Sprachkenntnisse Englisch seien der Beschwerdeführerin 10 Punkte, für ihr Alter 20 Punkte anzurechnen. Somit erreiche die Beschwerdeführerin die Mindestpunkteanzahl von 70 Punkten.
6. Die belangte Behörde wies den Antrag gemäß § 12 AuslBG ab, da nur Punkte für die Sprachkenntnisse und das Alter vergeben wurden und somit die Mindestpunkteanzahl nicht erreicht wurde.
7. Gegen diesen Bescheid erhob die vertretene Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde, in welcher sie im Wesentlichen ausführte, dass ihr auch für besondere Qualifikationen und Fähigkeiten sowie für Berufserfahrung in Führungsposition die entsprechenden Punkte anzurechnen seien, weshalb sie die erforderliche Mindestpunkteanzahl erreiche.
8. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
9. An der mündlichen Verhandlung am XXXX nahmen der Rechtsvertreter der Parteien und ein Vertreter der GmbH teil.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die GmbH ist im Geschäftszweig „Erbringung von Dienstleistungen im Bereich eines Concierge Service“ tätig.
Die Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt der Antragstellung XXXX alt. Sie hat im Ausland kein Studium an einer tertiären Bildungseinrichtung mit vierjähriger Mindestdauer abgeschlossen und auch nicht in Österreich studiert.
Die Beschwerdeführerin war in den letzten Jahren im Ausland als Privatköchin tätig, nach eigener Angabe auch in einer Führungsposition, bei welcher sie im Jahr 2020 ein Bruttojahresgehalt von mehr als EUR 70.000,-- verdiente. Ein Schreiben einer Außenhandelsstelle der Wirtschaftskammer betreffend den ausländischen Arbeitgeber wurde ebenfalls vorgelegt.
Die Beschwerdeführerin wurde von GmbH für die berufliche Tätigkeit „Mitarbeiterin für die laufende Kundenbetreuung von Kunden im Bereich Ernährungsplanung, Kochservice und Haushaltsplanung“ beantragt. Die Beschwerdeführerin soll diese Tätigkeit selbst erbringen und hat auch keine Mitarbeiter/innen.
Bei der für die Beschwerdeführerin beantragte Stelle handelt es sich um keine Führungsposition.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur GmbH ergeben sich aus dem Firmenbuchauszug sowie den Angaben des Rechtsvertreters in der mündlichen Verhandlung (OZ 10 S. 4).
Die Feststellungen zur Beschwerdeführerin ergeben sind aus dem im Verfahren vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Arbeitgebererklärung, den vorgelegten Unterlagen zur Ausbildung (dreijährige Ausbildung im Bereich „Fashion“) und bisherigen Berufstätigkeit (insbesondere auch im Jahr 2020) sowie aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung.
Dass die Stellenbeschreibung noch aktuell ist und das angegebene Einkommen ein Mindestgehalt ist, hat der Vertreter der GmbH in der Verhandlung bestätigt (OZ 10, S. 6). Auch die Umstände der Leistungserbringung wurden in der festgestellten Form in der Verhandlung bestätigt (OZ 10, S. 4 und 5). Aufgrund dieser Angaben der Parteien wurde festgestellt, dass es sich bei der beantragten Stellung um keine Führungsposition handelt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Maßgebliche Bestimmung des Ausländerbeschäftigungsgesetz
Besonders Hochqualifizierte
§ 12. Besonders hochqualifizierte Ausländer, welche die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage A angeführten Kriterien erreichen, werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn die beabsichtigte Beschäftigung ihrer Qualifikation und den sonstigen für die Erreichung der Mindestpunkteanzahl maßgeblichen Kriterien entspricht und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.
Anlage A: Zulassungskriterien für besonders Hochqualifizierte gemäß § 12
Kriterien
Punkte
Besondere Qualifikationen bzw. Fähigkeiten
maximal anrechenbare Punkte: 40
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit vierjähriger Mindestdauer
20
– im Fachgebiet Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik (MINT-Fächer).
30
– mit Habilitation oder gleichwertiger Qualifikation (z. B. PhD)
40
Letztjähriges Bruttojahresgehalt in einer Führungsposition eines börsennotierten Unternehmens oder eines Unternehmens, für dessen Aktivitäten bzw. Geschäftsfeld eine positive Stellungnahme der zuständigen Außenhandelsstelle vorliegt:
50 000 bis 60 000 Euro
60 000 bis 70 000 Euro
über 70 000 Euro
20
25
30
Forschungs- oder Innovationstätigkeit
(Patentanmeldungen, Publikationen)
20
Auszeichnungen (anerkannte Preisträgerschaft)
20
Berufserfahrung (ausbildungsadäquat oder in Führungsposition)
maximal anrechenbare Punkte: 20
Berufserfahrung (pro Jahr)
sechsmonatige Berufserfahrung in Österreich
2
10
Sprachkenntnisse
maximal anrechenbare Punkte: 10
Deutsch- oder Englischkenntnisse
zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1) oder
zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)
5
10
Alter
maximal anrechenbare Punkte: 20
bis 35 Jahre
bis 40 Jahre
bis 45 Jahre
20
15
10
Studium in Österreich
maximal anrechenbare Punkte: 10
zweiter Studienabschnitt bzw. Hälfte der vorgeschriebenen ECTS-Anrechnungspunkte
5
gesamtes Diplom- oder
Bachelor- und Masterstudium
10
Summe der maximal anrechenbaren Punkte
100
erforderliche Mindestpunkteanzahl
70
3.2. Maßgebliche Judikatur
Aus den Erläuterungen zur Einführung des § 12 AuslBG mit BGBl. I Nr. 25/2011 (RV 1077 Bldg. NR 24. GP, S. 12) sowie zu § 12 AuslBG idF BGBl. I Nr. 72/2013 (RV 2163 Blg NR 24. GP, S. 4) erhellt klar die (im Wortlaut des § 12 AuslBG iVm Anlage A nicht so deutlich zum Ausdruck kommende) Absicht des Gesetzgebers, dass die Vergabe von Punkten nach der Anlage A (und zwar in den hiefür in Frage kommenden Bereichen "besondere Qualifikationen bzw. Fähigkeiten", "Berufserfahrung" und "Studium in Österreich") untrennbar mit dem Zweck der in Aussicht stehenden Beschäftigung verbunden ist. Nur wenn die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ergibt, dass - hier im speziellen - das Hochschulstudium ("Werkstoffkunde im Maschinenbau") dem Inhalt der in Aussicht stehenden Beschäftigung ("EDV-Berater/ EDV-Spezialist/Programmierer") entspräche, könnten die in der Anlage A zu § 12 AuslBG enthaltenen Bedingungen als erfüllt angesehen werden und zur Vergabe von Punkten führen. Nach der Anlage A zu § 12 AuslBG können für den Abschluss eines (allgemeinen) Studiums (ohne näher genannten Spezifikationen) an einer tertiären Bildungseinrichtung mit vierjähriger Mindestdauer 20 Punkte, wenn die Ausbildung in einem "MINT"-Fach erfolgte, 30 Punkte angerechnet werden. "MINT"-Fächer sind die Fachgebiete Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik mit einer Höchstpunktezahl von 30 Punkten. Durch das Wort "oder" ist über die allgemeine Regel, dass die Ausbildung der in Aussicht stehenden Beschäftigung entsprechen muss, hinausgehend im speziellen Fall eines "MINT"-Faches klar, dass nicht irgendein "MINT"-Studium, sondern nur dasjenige, das die einschlägige Ausbildung für die in Aussicht gestellte Tätigkeit vermittelt, zur Zuerkennung der Punkteanzahl von 30 Punkten führen kann. Im Studium der "Werkstoffkunde im Maschinenbau" ist die "Computer- und Informationstechnologie" lediglich mit einem Anteil von ca. 2,3 % vertreten. Es kann daher auf keinen Fall als einschlägige Hochschulausbildung für eine angestrebte Tätigkeit ausschließlich im Informatik-Bereich angesehen werden. (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0038)
3.3. Für den Beschwerdefall bedeutet das:
Betreffend die Anrechnung von Punkten gemäß Beilage A macht die Beschwerdeführerin geltend, dass Ihr aufgrund ihres letztjährigen Bruttojahresgehalts in einer Führungsposition von mehr als EUR 70.000,-- 30 Punkte zuzuerkennen seien.
Aus dem zitierten Erkenntnis des VwGH ist ersichtlich, dass die Vergabe von Punkten nach der Anlage A u.a. im Bereich "besondere Qualifikationen bzw. Fähigkeiten" untrennbar mit dem Zweck der in Aussicht stehenden Beschäftigung verbunden ist.
Da es sich bei der für die Beschwerdeführerin beantragten Stelle um keine Führungsposition handelt, können schon aus diesem Grund keine Punkte für die besonderen Qualifikationen und Fähigkeiten („Letztjähriges Bruttojahresgehalt in einer Führungsposition eines börsennotierten Unternehmens oder eines Unternehmens, für dessen Aktivitäten bzw. Geschäftsfeld eine positive Stellungnahme der zuständigen Außenhandelsstelle vorliegt: über EUR 70.000,--„) aufgrund der vorgebrachten bisherigen Tätigkeit der Beschwerdeführerin vergeben werden, ohne dass weiter darauf eingegangen werden muss, ob durch die bisherige Tätigkeit die diesbezüglichen Kriterien der Anlage A erfüllt sind. Da auch keine anderen Nachweise betreffend die Kriterien für den Bereich „besondere Qualifikationen bzw. Fähigkeiten“ erbracht wurde, können in diesem Bereich keine Punkte zuerkannt werden.
Ein Studium in Österreich hat die Beschwerdeführerin ebenfalls nicht nachgewiesen, weshalb diesbezüglich ebenfalls keine Punkte vergeben werden können.
Somit könnte die Beschwerdeführerin selbst bei allfälliger Zuerkennung der verbliebenen Höchstpunktanzahl von insgesamt 50 Punkten für die Bereiche Berufserfahrung (ausbildungsadäquat oder in Führungsposition), Sprachkenntnisse und Alter die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 70 nicht erreichen. Daher unterbleibt eine weitere Prüfung.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Führungsfunktion Punktevergabe Qualifikation Rot-Weiß-Rot-Karte Schlüsselkraft StudiumEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W167.2241341.1.00Im RIS seit
21.10.2021Zuletzt aktualisiert am
21.10.2021