Entscheidungsdatum
09.09.2021Norm
AlVG §14Spruch
W141 2245116-1/4E
BESCHLUSS!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Rebecca FIGL-GATTINGER und
Josef HERMANN, als Beisitzer über die Beschwerde der Dr. XXXX ,
geboren am XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) Wien Esteplatz vom 03.05.2021, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 31 VwGVG eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 03.05.2021 wurde gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 in Verbindung mit
§ 14 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in der geltenden Fassung dem Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 01.05.2021 mangels Erfüllung der Anwartschaft keine Folge gegeben.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in der gesetzlichen Rahmenfrist nur 325 Tage arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung bzw. anwartschaftsbegründende Zeiten nachweisen könne.
2. Gegen diesen Bescheid richtete sich die, am 25.05.2021 bei der belangten Behörde eingelangte, Beschwerde der Beschwerdeführerin.
Die Beschwerdeführerin führt begründend an, sie sei in den Jahren 2019 bis 2020 in Deutschland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen und werde sie die entsprechenden Unterlagen nach Erhalt übermitteln.
3. Am 06.08.2021 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.
4. Am 13.08.2021 langte eine Stellungnahme der belangten Behörde ein, in welcher ausgeführt wird: „Mit Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit unterliegen Bescheide des AMS nicht mehr der Berufung und ist somit deren Aufhebung gemäß
§ 68 Abs. 2 AVG auch während eines anhängigen Beschwerdeverfahrens möglich (VwGH 11.11.2019, 2019/21/0146; VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0029; Kolonvits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11, Rz 652; Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht6, Rz 573).“
Die belangte Behörde führte weiters aus, der beschwerdegegenständliche Bescheid vom 03.05.2021 sei mit Bescheid vom 12.08.2021 amtswegig behoben worden, da nach Einlangen der deutschen Versicherungszeiten festgestellt worden sei, dass die Anwartschaft zum 01.05.2021 erfüllt gewesen sei. Die belangte Behörde übermittelte den Bescheid vom 12.08.2021 als Anhang. Angemerkt wurde weiters, dass der Beschwerdeführerin das Arbeitslosengeld jedoch nicht gebühre, da diese im Zeitraum 01.05.2021 bis 09.06.2021 im Bezug einer Urlaubsersatzleistung gestanden sei und am 01.06.2021 ein neues, die Arbeitslosigkeit ausschließendes, Dienstverhältnis angetreten habe. Ein entsprechender Bescheid über das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld sei am 12.08.2021 ergangen.
Die belangte Behörde ersuche daher um Einstellung des Verfahrens.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Bundesverwaltungsgericht geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus.
1. Feststellungen (entscheidungswesentlicher Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin ist durch den Bescheid der belangten Behörde vom 12.08.2021, mit welchem der beschwerdegegenständliche Bescheid vom 03.05.2021 amtswegig aufgehoben wurde, klaglos gestellt worden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und der Stellungnahme der belangten Behörde vom 13.08.2021 und dem Bescheid der belangten Behörde vom 12.08.2021.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS.
§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Gemäß § 7 BVwGG bestehen die Senate aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Ist in Materiengesetzen die Mitwirkung fachkundiger Laienrichter an der Rechtsprechung vorgesehen, sind diese anstelle der Mitglieder nach Maßgabe der Geschäftsverteilung als Beisitzer heranzuziehen.
In der gegenständlichen Rechtssache obliegt somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Senat.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg. cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren, angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:
„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist“.
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest.
Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.
Zu A):
1. Entscheidung in der Sache:
Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder des Untergangs des Beschwerdeführers kann analog zu
§ 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm 5).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist gemäß
§ 33 Abs. 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird - neben formeller Klaglosstellung - angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (vgl. z.B. VwGH 13.12.2010, 2009/10/0050 mit Verweis auf VwGH 29.9.2010, 2008/10/0029; VwGH 5.11.2014, Ro 2014/10/0084).
Die Beschwerdeführerin ist durch die mit 12.08.2021 datierte bescheidmäßige, amtswegige, Behebung des bekämpften Bescheides vom 03.05.2021 klaglos gestellt.
Ein Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist nicht mehr gegeben, sie verlor das Rechtsschutzinteresse und ist das Beschwerdeverfahren gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Gegenstandslosigkeit Klaglosstellung Rechtsschutzinteresse VerfahrenseinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W141.2245116.1.00Im RIS seit
21.10.2021Zuletzt aktualisiert am
21.10.2021