TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/19 96/11/0071

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Veröffentlicht am 19.12.1996
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Index

L94057 Ärztekammer Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1984 §52 Abs1;
ÄrzteG 1984 §79 Abs5 idF 1987/314;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
GO Beschwerdeausschuß ÄrzteK Tir §9 Abs1;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Tir 1969 §7 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dr. B in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses der Ärztekammer für Tirol vom 28. November 1995, Zl. BA 1/95, betreffend Mitgliedschaft beim Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Ärztekammer für Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde in Bestätigung des Bescheides des Verwaltungsausschusses der Ärztekammer für Tirol vom 11. Mai 1995 aus, daß dem Antrag des Beschwerdeführers vom 19. Jänner 1994 auf Aufnahme als Mitglied des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol nicht stattgegeben werde.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 4. März 1996, B 668/96, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt. Der Beschwerdeführer hat darauf mit einem Schriftsatz repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid als "rechtsungültig" bezeichnet, weil dieser nur die Unterschrift des Vorsitzenden des Beschwerdeausschusses und des Schriftführers aufweise, und sich dazu auf § 52 Abs. 1 Ärztegesetz 1984 beruft, wonach der Präsident alle Geschäftsstücke der Kammer zu fertigen habe, ist er auf § 9 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Beschwerdeausschusses der Ärztekammer für Tirol (beschlossen von der Vollversammlung am 19. Dezember 1979) hinzuweisen. Danach ist die Ausfertigung von Beschlüssen des Beschwerdeausschusses vom Vorsitzenden und vom Schriftführer zu fertigen. Diesem Erfordernis entspricht der angefochtene Bescheid, bei dem es sich nicht um einen vom Präsidenten der Ärztekammer für Tirol intimierten Bescheid des Beschwerdeausschusses handelt, weshalb hier § 52 Abs. 1 Ärztegesetz 1984 nicht zum Tragen kommt.

Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, die belangte Behörde habe nicht in der dem Gesetz und der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol entsprechenden Zusammensetzung entschieden, weil der Vorsitzende des Beschwerdeausschusses kein Kammerangehöriger sei.

Der Beschwerdeführer ist damit im Recht. Gemäß § 79 Abs. 5 Ärztegesetz 1984 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1987 besteht der Beschwerdeausschuß aus einem Vorsitzenden und vier weiteren Mitgliedern. Sie sind nach dem dritten Satz dieser Gesetzesstelle von der Vollversammlung JEWEILS AUS DEM KREIS DER KAMMERANGEHÖRIGEN zu wählen. Die Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol enthält in ihrem § 7 Abs. 1 eine gleichlautende Bestimmung.

Die Zusammensetzung des Beschwerdeausschusses der Ärztekammer für Tirol wird diesem Erfordernis nicht gerecht, weil sein Vorsitzender, ein ehemaliger Richter, nicht zum Kreis der Kammerangehörigen zählt. Die belangte Behörde stellt dies auch nicht in Abrede. Sie verweist dazu auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 6852/1972, in welchem eine solche Zusammensetzung eines Beschwerdeausschusses ausdrücklich nicht beanstandet worden sei. Die belangte Behörde übersieht hiebei, daß diese Entscheidung zur Rechtslage vor der Novelle BGBl. Nr. 314/1987 erging. Diese sah zum Unterschied von der nunmehrigen Rechtslage nicht vor, daß alle Mitglieder des Beschwerdeausschusses "aus dem Kreis der Kammerangehörigen" zu wählen sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 583, Abs. 5 angeführten Entscheidungen) ist ein Kollegialorgan, das nicht in der vom Gesetz vorgeschriebenen Besetzung entscheidet, als unzuständige Behörde im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG anzusehen. Da dies hier der Fall ist, war der angefochtene Bescheid nach dieser Bestimmung wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Unterschrift Genehmigungsbefugnis Zurechnung von Bescheiden Intimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996110071.X00

Im RIS seit

22.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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