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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des C in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. März 1996, Zl. 115.443/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. März 1996 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. April 1995, mit dem dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht stattgegeben wurde, gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 1 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, daß das am 10. April 1995 gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot durch den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. Februar 1996 in Rechtskraft erwachsen sei. Damit liege ein Sichtvermerksversagungsgrund vor. Auf die weiteren Einwendungen - auch im Zusammenhang mit den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers - sei angesichts dieses Sachverhaltes nicht weiter einzugehen.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene - Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Insofern der Beschwerdeführer vorbringt, daß die Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung im Widerspruch zu dem am 12. September 1963 abgeschlossenen Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei sowie der daran anschließenden Rechtsakte stehe, ist ihm zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer selbst im Falle des Zutreffens seiner Behauptungen durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt wurde, weil ihm diesfalls eine sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Aufenthaltsberechtigung zustünde. Diesbezüglich wird auf die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/0424 und Zl. 95/19/1661, und deren ausführliche Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Der Beschwerdeführer tritt der maßgeblichen Tatsachenannahme der belangten Behörde, wonach das gegen ihn erlassene Aufenthaltsverbot seit Erlassung des Berufungsbescheides der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich in Rechtskraft erwachsen sei, nicht entgegen.
Jenes Vorbringen des Beschwerdeführers, das sich gegen das rechtskräftige Aufenthaltsverbot und den zugrunde liegenden Sachverhalt richtet, geht ins Leere, denn der Eintritt der Rechtskraft hat zur Folge, daß der rechtliche Inhalt des Bescheides im gesamten Bereich der Rechtsordnung anerkannt und beachtet werden muß. Es ist jeder Behörde verwehrt, sich über eine rechtskräftige Entscheidung hinwegzusetzen (vgl. zu den Auswirkungen der sogenannten "materiellen Rechtskraft" Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Aufl., Rz 458 ff). Somit ist die belangte Behörde auf Grund der Bindungswirkung nicht berechtigt, den (dem Aufenthaltsverbot) zugrunde liegenden Sachverhalt neu zu prüfen. Das gegenständliche Verfahren ist nicht der Ort, das rechtskräftig abgeschlossene Aufenthaltsverbotsverfahren neu aufzurollen.
Hinsichtlich der Beschwerderüge, es hätte eine Abwägung im Sinne der §§ 19 und 20 FrG vorgenommen werden müssen, ist darauf hinzuweisen, daß das Gesetz eine Rücksichtnahme auf das Privat- und Familienleben des Fremden im Rahmen einer auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 1 FrG gestützten Entscheidung nicht vorsieht (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/1697, und vom 19. September 1996, Zl. 96/19/1467). Gemäß § 20 Abs. 1 FrG ist zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eine Interessenabwägung im genannten Sinn zwingend vorgeschrieben. Eine nochmalige Interessenabwägung im Verfahren zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - deren Versagung ohnedies nicht so intensiv in den durch Art. 8 MRK geschützten Bereich eingreift, wie die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes - erscheint daher auch unter dem Gesichtspunkt verfassungskonformer (gesetzesergänzender) Interpretation überflüssig (vgl. abermals das hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 96/19/1467).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996191945.X00Im RIS seit
11.07.2001