TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/16 W159 2234794-1

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Veröffentlicht am 16.07.2021
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Entscheidungsdatum

16.07.2021

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28

Spruch


W159 2234794-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Nordmazedonien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.07.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt. I. wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte. II. bis IV. wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

III. Gemäß § 9 BFA-VG wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gegen XXXX , StA. Nordmazedonien auf Dauer unzulässig ist und XXXX eine „Aufenthaltsberechtigung“ gemäß §§ 55 und 58 AsylG 2005 idgF für die Dauer von 12 Monaten erteilt wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nordmazedonien, geb. am XXXX , minderjährig, vertreten durch seine Mutter, beantragte einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Artikel 8 EMRK „Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens“ gem. § 55 Abs. 2 AsylG.

In der niederschriftlichen Einvernahme am 26.05.2020 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde die Mutter des Beschwerdeführers einvernommen. Sie brachte einen Mietvertrag/Nutzungsvertrag/Wohnrechtsvereinbarung in Vorlage, welcher zwischen ihrem Schwiegervater und ihrem Mann abgeschlossen wurde. Sie gab an, sie würden unentgeltlich bei den Schwiegereltern wohnen.

Betreffend ihre Personalien erläuterte sie, sie sei am XXXX geboren worden und dort aufgewachsen. Sie habe neun Jahre die Pflichtschule besucht. Sie habe eine Ausbildung zur Krankenschwester begonnen, wobei sie nur drei von vier Jahren abgeschlossen habe. Als sie nach Österreich eingereist sei, sei sie etwa zwanzig Jahre alt gewesen. Sie sei nie zuvor in einem anderen EWR Staat gewesen. Sie sei immer nur im sichtvermerkfreien Zeitraum (touristische Zwecke) eingereist, um ihren Mann zu besuchen. Nach Ablauf der erlaubten Aufenthaltszeit sei sie wieder nach Mazedonien zurückgekehrt.

Ihre Ehe mit XXXX , dem Vater des Beschwerdeführers sei in Nordmazedonien geschlossen worden. Dort sei auch der Beschwerdeführer, ihr Sohn XXXX , sei am XXXX geboren worden. Sie habe in Österreich nur ihren Mann und dessen Familie.

Befragt gab sie an, sie habe in Österreich keine Schule besucht oder eine Ausbildung genossen. Sie sei in Österreich nicht beschäftigt gewesen und zurzeit auch in keinem Arbeitsverhältnis. Ihr Mann habe eine Einstellungszusage für sie bei der Fa. XXXX (Pflasterungen). Sie persönlich hätte kein Einkommen. Ihr soziales Umfeld in Österreich beschränke sich auf ihren Mann, ihren Sohn und dessen Familie. Sie würde gerne bei ihrem Mann bleiben, ihre Ausbildung fortsetzen und als Krankenschwester arbeiten. Es wurden nachträglich zwei Lohnzettel und die Anmeldebestätigung für den Deutschkurs A1 Teil 1 in Vorlage gebracht.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 01.07.2000 wurde die Mutter des Beschwerdeführers als gesetzliche Vertretung einvernommen. Als Vertrauensperson und Dolmetscherin war ihre Schwägerin, die Tante des Beschwerdeführers, XXXX , österr. Staatsbürgerin anwesend.

Es wurde festgehalten, dass die Mutter des Beschwerdeführers visumsfrei nach Österreich eingereist sei. Sie hätte diesen Aufenthalt nur für touristische Zwecke nutzen dürfen. Durch die Stellung des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung, habe die Mutter jedoch der Behörde signalisiert, dass sie sich dauerhaft in Österreich niederlassen wolle. Somit würde ihr Tun dem Zweck der visumsfreien Einreise widersprechen und ihr Aufenthalt sei von Anfang an illegal gewesen. Die Mutter des Beschwerdeführers habe ein Aufenthalts- und Bleiberecht. Der Beschwerdeführer halte sich so wie seine Mutter nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Es wurde der mazedonische Reisepass Nr. XXXX , gültig bis 26.06.2022, ausgestellt am 27.02.2020 des Beschwerdeführes freiwillig vorgelegt und bis zum Abschluss des Verfahrens bei der Behörde hinterlegt. Im gemeinsamen Haushalt leben die Großeltern und die Eltern des Beschwerdeführers, sowie der Beschwerdeführer unentgeltlich.

Befragt wurde angegeben, dass der Beschwerdeführer am XXXX in Nordmazedonien geboren worden sei und mit seiner Mutter am 09.02.2020 sichtvermerksfrei zu touristischen Zwecken nach Österreich gereist sei, um seinen Vater zu besuchen. Er sei am 29.02.2020 mit seiner Mutter zu seinem Vater nach Österreich gereist und habe sich am 04.03.2020 bei ihm angemeldet. Zu diesem Zeitpunkt sei er ein Monat alt gewesen. Er sei zuvor in keinem anderen EWR Staat gewesen. Er sei nur im sichtvermerkfreien Zeitraum für touristische Zwecke nach Österreich gereist, um den Vater zu besuchen. Einen Aufenthaltstitel für Österreich habe er nicht gehabt.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.07.2020, Zl. XXXX wurde unter Spruchpunkt I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Unter Spruchpunkt II. wurde gem. § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen. Unter Spruchpunkt III. wurde festgestellt, dass die Abschiebung gem § 46 FPG nach Nordmazedonien zulässig sei, unter Spruchpunkt IV. wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise festgehalten.

Die Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer mazedonischer Staatsangehöriger und im Besitze eines gültigen mazedonischen Reisepasses sei. Er und seine Mutter seien gesund. Als der Beschwerdeführer in Mazedonien geboren worden sei, habe seine Mutter von keinem Bleiberecht ausgehen können. Der sichtvermerkfreie Aufenthalt sei für die Zeit von 90 Tagen begrenzt und werde mit Antragstellung gem. § 55 AsylG ex lege außer Kraft gesetzt. Den Zweck der Einreise habe die Mutter des Beschwerdeführers somit nicht erfüllt. Ihr am 04.05.2020 eingebrachter Antrag gem § 55 AsylG habe zudem kein Aufenthalts-und Bleiberecht bewirkt.

Zu der Rückkehr des Beschwerdeführers nach Mazedonien wurde festgestellt, dass seine Mutter den größten Teil ihres Lebens in Nordmazedonien verbracht habe. Es sei somit eine sprachiche und soziale Integration der Mutter in ihrem Heimatstaat gegeben, da auch ihre Eltern und Geschwister in Nordmazedonien aufhältig seien. Sie sei mit den Sitten und Gebräuchen ihres Heimatlandes vertraut. Es sei auch ins Treffen zu führen, dass die Verehelichung der Mutter und die Geburt des Beschwerdeführers in Nordmazedonien stattgefunden hätten. Eine Begleitung des Vaters des Beschwerdeführers sei möglich und zumutbar.

In der rechtlichen Beurteilung wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass die Prüfung gem § 57 AsylG ergeben habe, dass keiner der drei angeführten Gründe auf den Beschwerdeführer zutreffe. Er sei weder ein Verbrechensopfer noch Inhaber einer Duldung oder einer Person sind, die in Österreich zur Gewährleistung einer etwaigen Strafverfolgung verbleiben sollte. Derartige Gründe seien auch nicht behauptet worden.

Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass eine Rückkehrentscheidung zu erlassen gewesen sei, da sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte. Der Beschwerdeführer sei mazedonischer Staatsangehöriger. Seit der gemeinsamen Einreise mit seiner Mutter sei er bei seinem Vater in XXXX gemeldet. Es sei ein Familienleben in Österreich zu verzeichnen, da die Mutter des Beschwerdeführers seinen Vater, den nordmazedonischen Staatsangehörigen, XXXX geehelicht habe und er als gemeinsamer Sohn am XXXX in Nordmazedonien geboren worden sei. Die Eheschließung und die Geburt seien jedoch zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem seine Eltern nicht davon ausgehen hätten können, dass weder er noch seine Mutter in Österreich einen Aufenthaltstitel erlangen würden, weshalb das Familienleben zu relativieren sei. Zudem sei aufgrund der Einreise zu touristischen Zwecken und seines Alters von nur wenigen Monaten von keinem relevanten Privatleben auszugehen.

Zu Spruchpunkt III. wurde ausgeführt, dass mit der Rückkehrentscheidung eine Abschiebung in einen oder mehrere bestimmte Staaten gem § 46 FPG zulässig sei.

Unter Spruchpunkt IV. wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides bemessen.

Der Beschwerdeführer, vertreten durch die Rechtsanwälte XXXX , erhob gegen alle Spruchteile des Bescheides vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD Oberösterreich vom 10.07.2020, Zl. XXXX fristgerecht Beschwerde. Die Gespräche wurden mit der Mutter des Beschwerdeführers geführt.

Die belangte Behörde habe bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zulässig sei, die Frage der familiären Bindung falsch gelöst. Jede Behörde, die eine Ausweisung gegen eine Person verfüge, sei dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art 8 EMRK abzuwägen. Außerdem sei das Wohl des Beschwerdeführers bei der Entscheidung nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung für den 15.06.2021 an, zu der ein Vertreter der belangten Behörde entschuldigt nicht erschien und die Eltern des Beschwerdeführers, als Beschwerdeführer, in Begleitung ihrer Rechtsvertreterin, XXXX anwesend waren.

Die Rechtsvertretung brachte einen kurzen Schriftsatz in Vorlage und trug diesen vor. Die Mutter des Beschwerdeführers gab an, dass sie die Deutsch-Prüfung A2 am 26.5. absolviert habe. Das Zeugnis wurde am 18.06.2021 nachgereicht.

Befragt gab sie an, sie sei vor drei Jahren, für drei Monate das erstmals in Österreich gewesen. Sie hätten es für längere Zeit praktiziert, sie sei für drei Monate hier gewesen, dann wieder in Nordmazedonien. Seit ihrer Meldung am 04.03.2020 sei sie ständig in Österreich. Sie erzählte, sie sei am XXXX in XXXX geboren worden. Sie habe bis zu ihrer Heirat in Nordmazedonien gelebt. Sie gehöre der albanischen Volksgruppe an und sei muslimischen Glaubens. Sie habe die Grundschule besucht, danach drei Jahre eine Schule für die Ausbildung zur Krankenschwester. Diese Schule habe sie jedoch nicht abgeschlossen.

Sie habe ihren Mann, den Vater des Beschwerdeführers im Sommer 2018 bei einer Hochzeit kennengelernt und habe ihn am XXXX geheiratet. Die Hochzeit und auch die Entbindung des Beschwerdeführers habe in Nordmazedonien stattgefunden.

Die Mutter des Beschwerdeführers erklärte, sie habe in Nordmazedonien keine Probleme mit staatlichen Behörden, Organen oder Privatpersonen gehabt. Weder sie noch ihr Sohn würden unter gesundheitlichen Problemen leiden.

Zurzeit sei die Mutter des Beschwerdeführers bemüht die deutsche Sprache zu lernen, weswegen sie den B1-Kurs besuche. Ihre Schwiegermutter, ihre Schwägerin sowie ihr Mann würden sich um den Sohn kümmern, wenn sie nicht zu Hause sei. Da ihr Mann von morgens bis abends arbeiten würden, würde die Haushaltsführung größtenteils bei ihr liegen, jedoch würde ihr Mann sie mit dem Sohn unterstützen.

Befragt gab sie des Weiteren an, sie habe auch Kontakte zu Österreichern. Wenn sie in Österreich bleiben dürfe, möchte sie sich persönlich um ihren Sohn kümmern und ihre Ausbildung als Krankenschwester fortsetzen und dann als Krankenschwester arbeiten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers.

Die Beschwerdeführerin führt den Namen XXXX , ist Staatsangehörige von Nordmazedonien und wurde am XXXX in XXXX geboren. Er ist minderjährig.

Der Beschwerdeführer hatte in Nordmazedonien keine Probleme mit staatlichen Behörden, Organen oder Privatpersonen. Er leidet nicht unter gesundheitlichen Problemen.

Seine Mutter lebt bei ihrem Mann, dem Vater des Beschwerdeführers und ist bemüht sich in Österreich zu integrieren. Es besteht ein Familienleben mit seinen Eltern in Österreich.

Der Mutter des Beschwerdeführers obliegt die Haushaltsführung, da sie zurzeit nicht berufstätig ist. Sie wird dabei von ihrem Ehemann unterstützt. Sie möchte in Österreich ihre Ausbildung als Krankenschwester fortsetzen und dann als Krankenschwester arbeiten. Sie hat sich einen kleinen Freundeskreis, auch aus Österreichern geschaffen.

Im Bundesgebiet halten sich zudem weitere Verwandte des Vaters des Beschwerdeführers, konkret seine Eltern, seine Schwestern (österr. Staatsbürger) sowie seine Onkel (österr. Staatsbürger) auf.

In Anbetracht des Umstandes, dass keinerlei Verfolgung oder Bedrohung im Herkunftsstaat vorgebracht wurde, war es auch nicht erforderlich, eigene Länderfeststellungen zu treffen.

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

- Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden unstrittigen Verwaltungsakt des Bundesasylamtes zu IFA 1262685805

- Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden unstrittigen Verwaltungsakt des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl betreffend die Beschwerdeführerin; insbesondere in die Befragungsprotokolle

- die öffentliche mündliche Verhandlung der Eltern am Bundesverwaltungsgericht unter Einvernahme am 15.06.2021

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Insofern oben Feststellungen zu Identität (Name und Geburtsdatum), Staatsangehörigkeit, Aufenthalt in Österreich, Geburt und Schul- sowie Berufsausbildung, familiären Bezugspunkten in Österreich, Familienstand, den Personalien und jeweiliger Staatsbürgerschaft des Ehemanns, familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat getroffen wurden, beruhen diese auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Mutterschaft der Mutter des Beschwerdeführers in Bezug auf den Beschwerdeführer beruht auf einer in Vorlage gebrachten entsprechenden Geburtsurkunde.

Durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister konnte zudem die gemeinsame Haushaltsführung des Beschwerdeführers mit seinen Eltern sowie seinen Großeltern bestätigt werden.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und, dass der Beschwerdeführer sowie seine Mutter keine Probleme mit staatlichen Behörden, Organen oder Privatpersonen in Nordmazedonien, gehabt haben, beruhen auf den von der Mutter des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht getätigten Angaben. Die Mutter sowie der Vater des Beschwerdeführers hinterließen einen glaubhaften Eindruck bei ihrer Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Soweit sich die Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 richtet, ist sie ebenfalls nicht begründet:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

§ 57 AsylG 2005 lautet:

„§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.“

§ 58 AsylG 2005 lautet:

„§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

[…].“

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 2020 im österreichischen Bundesgebiet. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels weder zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen ist notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt geworden. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen somit nicht vor, zumal dies weder im Verfahren noch in den Beschwerden behauptet wurde.

Die Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 war daher als unbegründet abzuweisen.

Zur Stattgabe der Beschwerde, Spruchpunkt II. bis IV des angefochtenen Bescheides

Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2.       dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4.       ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a.      nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4.       der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Zur Rückkehrentscheidung:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist. Die Beschwerdeführerin ist weder im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft noch ist sie EWR-Bürgerin, und aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit zu Nordmazedonien sohin Drittstaatsangehöriger iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2), oder soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt (Z 9).

Der Beschwerdeführer wurde in Nordmazedonien am XXXX geboren. Er ist noch nicht in Nordmazedonien sozialisiert. Er reiste mit seiner Mutter, mit einem Touristenvisum ausgestattet am 29.02.2020 bis dato zu seinem Vater XXXX in das österreichische Bundesgebiet ein.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt. Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. „legitimate family“ bzw. „famille légitime“) oder einer unehelichen Familie („illegitimate family“ bzw. „famille naturelle“), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, ?erife Yi?it, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche – in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte – Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

-        die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

-        das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

-        die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

-        den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

-        die Bindungen zum Heimatstaat,

-        die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

-        auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u.a., Zl. 26940/10).

„Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG 2014 zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist nämlich (ua) die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FrPolG 2005, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. E 12. November 2015, Ra 2015/21/0101; E 20. Oktober 2016, Ra 2016/21/0198). Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs. 1 BFA-VG 2014 weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FrPolG 2005, sondern auch für das - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige - Einreiseverbot iSd § 53 FrPolG 2005, in dessen Abs. 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art. 8 MRK angesprochen wird (vgl. B 3. September 2015, Ra 2015/21/0111; B 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0179).“ (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062)

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX geboren und lebt nunmehr in einem gemeinsamen Haushalt mit seinen Eltern und Großeltern väterlicherseits hier in Österreich. Seine Mutter hat bereits Integrationsschritte gesetzt. Sie hat die ÖSD Prüfung auf Niveau A2 abgeschlossen. Sie möchte auch ihre Ausbildung als Krankenschwester, die sie in Mazedonien begonnen hat, fortsetzen.

Der Beschwerdeführer steht die Möglichkeit in einem geschützten Familienleben aufzuwachsen zu. Er hat das Recht auf Mutter und Vater. In Hinblick auf die kernfamiliären Ankerpunkte in Österreich und des Überwiegens des Kindeswohls sind die familiären Interessen des Beschwerdeführers festzustellen (siehe dazu auch VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0091).

Es wurde auf die Beziehung zwischen Vater und Sohn nicht Bedacht genommen. Der VfGH stellte fest, dass es lebensfremd ist, wenn der Kontakt zwischen einem Kleinkind und einem Elternteil über Telekommunikation und elektronische Medien aufrechterhalten wird (VfGH vom 25.02.2013 U224/12). Bei einer Ausweisung des Beschwerdeführers würde der Kontakt fast ausschließlich über Telekommunikation und elektronische Medien stattfinden.

Es würden nachteilige Folgen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seines Vaters entstehen. Der Vater des Beschwerdeführers könnte keine entsprechende Bindung zu seinem Sohn aufbauen. Der Beschwerdeführer würde keine Fürsorge, Geborgenheit und eine sorgfältige Erziehung durch den Vater erhalten können (§ 137 ABGB). Der Vater des Beschwerdeführers lebt von Geburt an in Österreich, hat seine eigene Firma aufgebaut und ist in Österreich sozialisiert worden.

Die Anordnung einer Rückkehrentscheidung zöge sohin eine Verletzung der Rechte der Beschwerdeführerin nach Art. 8 EMRK nach sich und erweist sich eine solche sohin iSd. § 9 BFA-VG als unzulässig.

Demzufolge war der Beschwerde stattgebend die Rückkehrentscheidung aufzuheben.

Aufgrund erfolgter Aufhebung der von der belangten Behörde ausgesprochenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme fällt auch die Voraussetzung für einen Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung (siehe § 52 Abs. 9 FPG) und die Festsetzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise (§ 55 FPG) weg, weshalb die entsprechenden Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides – im Zuge der Stattgabe der Beschwerde – ebenfalls aufzuheben waren.

Zur Erteilung eines Aufenthaltstitels:

Der mit „Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel“ betitelte § 11 NAG lautet:

„§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.       gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2.       gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.       gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.       eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.       eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6.       er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.       der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.       der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.       der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.       der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.       durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6.       der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

7.       in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.       der Grad der Integration;

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.       sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.       der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.“

Der mit Schutz des Privat und Familienlebens betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff ein

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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