TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/6 W235 2193785-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.08.2021
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Entscheidungsdatum

06.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch


W235 2193785-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.05.2021, Zl. 1172268705-210528072, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 68 Abs. 1 AVG, §§ 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Erstes Verfahren:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Serbiens, und XXXX , seine damalige Ehefrau, reisten gemeinsam mit ihrer minderjährigen Tochter XXXX in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten für sich sowie für ihre Tochter am 28.10.2017 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz. XXXX , der minderjährige Sohn des Beschwerdeführers, reiste am XXXX 12.2017 in Österreich ein, woraufhin für ihn am XXXX 01.2018 ebenso ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.

1.2. Am 28.10.2017 wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er angab, der Volksgruppe der Roma anzugehören und sich zum orthodoxen Christentum zu bekennen. Seine Ehefrau sowie seine Tochter würden in Österreich leben, während seine Eltern und sein Bruder in Serbien wohnhaft seien. Der Beschwerdeführer verfüge weder über Schulbildung noch über eine Berufsausbildung. Neben seiner Erstsprache Romani beherrsche er auch Serbokroatisch.

Zu seinen Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer vor, sein Vater habe ihn sowie seine Ehefrau und seine Tochter aus dem Haus geschmissen, da der Beschwerdeführer am Tourette–Syndrom leide. Der Beschwerdeführer sei sehr krank, könne daher nicht arbeiten und habe kein Zuhause mehr. Ferner seien die Ärzte nicht in der Lage, eine Verbesserung seines Gesundheitszustandes herbeizuführen.

1.3. Am 08.03.2018 erfolgte eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, in welcher er seine in der Erstbefragung angeführten Fluchtgründe aufrechthielt und näher ausführte, sein Vater und er hätten sich regelmäßig gestritten. Konkret habe ihm sein Vater gesagt, dass er arbeiten gehen solle. Der Beschwerdeführer habe sich überall beworben. Da er jedoch keine Schule besucht habe, habe man ihn nirgends eingestellt. Seit er zehn Jahre alt sei, sei er krank und gehe regelmäßig zum Arzt. Er habe jedoch nur Medikamente bekommen, die ihm nicht geholfen hätten. Seine Symptome seien Schreien und Schimpfen. In Deutschland habe er aus denselben Gründen einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er habe sich behandeln lassen und gesund werden wollen. Abgesehen vom geschilderten Fluchtgrund habe er keine Probleme im Herkunftsstaat gehabt.

Im Rahmen der Einvernahme wurde ein Schreiben eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 21.11.2017 in Kopie vorgelegt, wonach der Beschwerdeführer am Tourette-Syndrom leidet.

1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2018, Zl. 1172268705-171218494, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerde-führers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkte IV. und V.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.) und unter Spruchpunkt VII. wurde eine Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht erteilt.

In den Verfahren der Familienangehörigen des Beschwerdeführers wurden inhaltlich gleichlautende Entscheidungen getroffen.

1.5. Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer (ebenso wie seine Familienmitglieder) fristgerecht Beschwerde.

Diese Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.08.2018, Zl. G306 2193785-1/5E, vollinhaltlich abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine persönliche und konkrete Verfolgungsgefährdung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Gründen behauptet habe und eine aktuell bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt sei. Allfällige Diskriminierungen, mögen diese auch nicht ausgeschlossen werden, würden in Ermangelung hinreichender Intensität, keine Asylrelevanz entfalten. Auch dem bloßen Umstand, dass der Beschwerdeführer der Volksgruppe der Roma angehöre, mangle es an Asylrelevanz, zumal in Serbien eine systematische Verfolgung der Mitglieder der Volksgruppe der Roma nicht stattfinde. Hinsichtlich der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde erwogen, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau arbeitsfähige, erwachsene Personen seien, bei denen die grundsätzliche Teilnahme am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne. Sie seien daher im Herkunftsstaat in der Lage, durch Erwerbstätigkeiten - wenn auch nur durch Gelegenheitsarbeiten - für sich und für ihre minderjährigen Kinder ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Darüber hinaus könne davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer, seiner Ehefrau und seinen Kindern im Fall der Rückkehr im Rahmen ihres großen Familienverbandes eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteilwerde. Zudem stehe es ihnen im unerwarteten Fall der Not offen, auf Sozialleistungen des Herkunftsstaates sowie auf Unterstützung von lokal tätigen NGOs zurückzugreifen. Hinsichtlich des Gesundheits-zustandes des Beschwerdeführers wurde ausgeführt, es könne vor dem Hintergrund der Judikatur des EGMR nicht erkannt werden, dass eine Überstellung nach Serbien eine Verletzung seiner in Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde, da aktuell bei ihm keine lebensbedrohliche Krankheit vorliege, die Gesundheitsversorgung in Serbien stabil sei und die notwendigen Medikamente verfügbar seien. Letztlich würden auch keine Hinweise vorliegen, dass der Beschwerdeführer keinen Zugang zu Gesundheitsleistungen des Herkunftsstaates habe. Dem Beschwerdeführer, seiner Ehefrau sowie seinen minderjährigen Kindern sei daher der Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen gewesen.

Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer im Wege seiner Vertretung am 07.08.2018 durch Hinterlegung im elektronischen Rechtsverkehr zugestellt und erwuchs am selben Tag in Rechtskraft.

1.6.Am XXXX wurde in Österreich XXXX als Tochter des Beschwerdeführers und seiner damaligen Ehefrau geboren.

1.7. Am 10.10.2018 reisten der Beschwerdeführer und seine Familienangehörigen freiwillig aus dem österreichischen Bundesgebiet aus und kehrten nach Serbien zurück.

2. Gegenständliches (zweites) Verfahren:

2.1. Am 21.04.2021 stellte der Beschwerdeführer in Österreich den nunmehr verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

2.1.1. Am selben Tag wurde er einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei der Beschwerdeführer zu seinem Familienstand anführte, geschieden zu sein. Zu seinen Angehörigen brachte er vor, seine Eltern, seine drei minderjährigen Kinder sowie seine Ex-Ehefrau würden nach wie vor in Serbien wohnen. Betreffend seine Reisebewegungen führte er an, er sei am 14.04.2021 mit dem Bus aus seinem Wohnort abgereist und sei über Ungarn nach Österreich gelangt.

Zu den Gründen für die neuerliche Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz führte der Beschwerdeführer aus, er leide seit seinem neunten Lebensjahr am Tourette-Syndrom. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Vater zusammengewohnt. Da sein Vater jedoch wieder geheiratet habe, habe der Beschwerdeführer nicht mehr bei ihm leben können. Er könne nirgends wohnen und bräuchte dringend einen Arzt, um Arbeit finden und seinen Alltag bewältigen zu können. Abschließend führte er an, einen Leistenbruch erlitten zu haben und daher dringend Behandlung zu benötigen.

2.1.2. Mit Verfahrensanordnung vom 28.04.2021 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses davon auszugehen sei, dass entschiedene Sache vorliege. Diese Verfahrensanordnung sowie das Länderinformations-blatt Serbien, Version 2, wurden dem Beschwerdeführer am 03.05.2021 ausgehändigt.

2.2. Am 07.05.2021 erfolgte die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, im Rahmen welcher er zunächst anführte, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, der Einvernahme zu folgen. Daraufhin bestätigte er seine Angaben im Vorverfahren zu seiner Person und führte weiters aus, er sei geschieden und habe drei Kinder. Seine Erstsprache sei Serbokroatisch. Ferner beherrsche er Deutsch auf dem Sprachniveau B1. Sein Reisepass sei bereits sichergestellt worden.

Zu den Gründen für die Stellung eines neuerlichen Antrags auf internationalen Schutz gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, er habe das Tourette-Syndrom und wisse nicht, wo er hingehen solle. In Serbien erhalte er monatlich € 50,00 an Sozialhilfe. Ansonsten würde er keine Leistungen beziehen. Die Schule habe er im Herkunftsstaat aufgrund seiner Erkrankung nicht abschließen können. Er sei auch nicht in der Lage, Arbeit zu finden, da ihn niemand beschäftigen wolle. Wovon er bisher gelebt habe, wisse er selbst nicht. Es sei sehr schwer gewesen. Er habe bei seinem Vater gewohnt. Seine Mutter sei im Jahr 2008 bei einem Autounfall verstorben. Sein Vater habe wieder geheiratet, weshalb es ihm nicht mehr passe, dass der Beschwerdeführer bei ihm lebe. Seinen Vater störe die Krankheit des Beschwerdeführers. Der jüngere Bruder des Beschwerdeführers lebe im Herkunftsstaat bei dessen Schwiegereltern.

Befragt, ob es in Serbien medizinische Versorgung für seine Erkrankung gebe, führte der Beschwerdeführer an, man habe ihm schon lange Tabletten gegeben, die ihm jedoch nicht geholfen hätten. Er habe gehört, dass es in Graz Ärzte gebe, die ihm helfen und einen operativen Eingriff machen könnten. Weitere Gründe für die Stellung des gegenständlichen Antrags habe er nicht. Organisationen oder Selbsthilfegruppen, an welche er sich wenden könne, gebe es in Serbien nicht.

Auf die Frage, ob sich an seiner privaten bzw. familiären Situation in Österreich seit der letzten Antragstellung etwas geändert habe, gab der Beschwerdeführer an, in Niederösterreich habe er damals gute Menschen getroffen. Die Medikamente hätten ihm nicht geholfen, aber er müsse sie dennoch weiternehmen.

Die weitere Frage, ob der Zurückweisung seines Antrags konkrete Gründe entgegenstünden, beantwortete er dahingehend, er glaube nicht, dass die serbische Versicherung hier etwas zahle, wenn er ins Ausland gehe. Befragt, ob er zu den ihm übermittelten Berichten zu Serbien Stellung beziehen wolle, brachte der Beschwerdeführer vor, sein Wunsch sei es, in Österreich Hilfe zu bekommen. Aufgrund seiner Krankheit könne er kaum mehr reden.

2.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.05.2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und wurde gegen ihn unter Spruchpunkt IV. gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Person des Beschwerdeführers, zu seinen Asylverfahren sowie zu seinen persönlichen Verhältnissen im Wesentlichen fest, dass er Staatsangehöriger Serbiens sei, der Volksgruppe der Roma angehöre und am Tourette-Syndrom leide. Eine schwere, lebensbedrohliche Krankheit habe er demgegenüber nicht. Sein Antrag auf internationalen Schutz vom 28.10.2017 sei mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2018 abgewiesen worden. Die dagegen erhobene Beschwerde sei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.08.2018, rechtskräftig seit 07.08.2018, als unbegründet abgewiesen worden. Im gegen-ständlichen Verfahren habe er keine glaubhaften, asylrelevanten Gründe vorgebracht und habe sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben. In Bezug auf sein Leben in Österreich wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer keine Angehörigen oder Verwandten habe, zu welchen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestehe. Nach der rechtskräftigen Abweisung seines ersten Antrags auf internationalen Schutz sei der Beschwerdeführer unter Inanspruchnahme von Rückkehrunterstützung in den Herkunftsstaat zurückgekehrt. In Österreich habe er bisher seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus den Mitteln der Grundversorgung bestritten. Ihm sei sein unsicherer Aufenthaltsstatus bewusst gewesen. Auf den Seiten 9 bis 30 des angefochtenen Bescheides wurden Feststellungen zur allgemeinen Situation in Serbien getroffen.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Identität des Beschwerdeführers auf den Auszug aus seinem serbischen Reisepass stützen würden. Aus dem Akteninhalt ergebe sich weiters, dass er der Volksgruppe der Roma angehöre. Hinweise, dass der Beschwerdeführer an einer schweren bzw. lebensbedrohlichen Erkrankung oder an einer Immunschwäche leide, seien im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen. Die Feststellung zur Erkrankung am Tourette-Syndrom ergebe sich aus dem Vorverfahren sowie aus den deutlichen Symptomen während der Einvernahme vor dem Bundesamt. Festgehalten wurde weiters, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung angeführt habe, einen Leistenbruch zu haben. Da er jedoch keine medizinischen Befunde vorgelegt habe, könne dieses Vorbringen der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden. Im Übrigen könne es dahingestellt bleiben, ob er einen Leistenbruch erlitten habe, da ein solcher keine lebensbedrohliche Krankheit darstelle und die medizinische Versorgung im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers überdies gewährleistet sei. Die Feststellungen zum Vorverfahren würden auf dem Akteninhalt zur Zl. XXXX beruhen. Im gegenständlichen Verfahren habe der Beschwerdeführer seine Angaben, welche er bereits im Vorverfahren erstattet habe, im Wesentlichen wiederholt. Weiters wurde festgehalten, dass sich aus einem Vergleich der Länderfeststellungen im Erstverfahren mit jenen im gegenständlichen Verfahren keine verfahrensrelevante Änderung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat ergebe. Insgesamt liege daher kein neuer Sachverhalt vor. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers würden sich im Übrigen aus seinen Angaben in Verbindung mit der Aktenlage ergeben.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides, dass sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt im Hinblick auf die allgemeine Situation in Serbien seit der rechtskräftigen Entscheidung über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz nicht geändert habe. Auch mit seinem Vorbringen habe der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt glaubhaft gemacht. Da weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar weder im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen sei noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen sei – noch im Begehren und/oder im anzuwendenden Recht eine Änderung eingetreten sei, stehe die Rechtskraft des Erkenntnisses vom 06.08.2018 seinem neuerlichen Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten entgegen. Im Hinblick auf Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht vorlägen. Betreffend Spruchpunkt IV. wurde rechtlich festgehalten, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte habe. Seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens und dem Zeitpunkt der Entscheidung über den zweiten Antrag auf internationalen Schutz habe sich keine Änderung in Bezug auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich ergeben. Das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen überwiege sohin insgesamt das Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet. Da keine Gründe gemäß § 50 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG ersichtlich seien, sei auszusprechen, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Zu Spruchpunkt VI. folgerte das Bundesamt, dass im Fall einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe. Somit sei der Beschwerdeführer ab dem Zeitpunkt der Durchführbarkeit der Rückkehrentscheidung zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet.

Mit Verfahrensanordnung vom 19.05.2021 wurde dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater für ein allfälliges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

2.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner ausgewiesenen Vertretung am 02.06.2021 fristgerecht Beschwerde, beantragte die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und regte an, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, die belangte Behörde habe nicht nachvollziehbar begründet, weshalb die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG habe das Bundesverwaltungsgericht einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen sei, dass die Abschiebung eines Fremden die Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten würde. Diese Voraussetzungen würden gegenständlich vorliegen, weshalb der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sei.

Nach Darstellung des Verfahrensganges wurde weiters ausgeführt, der maßgebliche Sachverhalt habe sich insoweit geändert, als der Beschwerdeführer nunmehr geschieden sei und weder von seinem Vater noch von seinem jüngeren Bruder Unterstützung erhalte. Seine Mutter sei verstorben und sein Vater habe nochmals geheiratet, weshalb er nicht wolle, dass der Beschwerdeführer weiter bei ihm wohne. Der Beschwerdeführer leide seit dem zehnten Lebensjahr am Tourette-Syndrom und finde daher keine Arbeit in Serbien. All das habe zu einem schlechten psychischen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers geführt. Er leide an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung, weshalb ein humanitärer Notfall vorliege, zumal er medizinische Versorgung benötige. Ferner habe es die Behörde im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers unterlassen, sich hinreichend mit ihren eigenen Länderberichten auseinanderzusetzen, zumal diese gerade im Hinblick auf die medizinische Versorgung in Serbien und den psychisch labilen Zustand des Beschwerdeführers ein sehr schlechtes Bild zeigen würden. Außerdem seien keinerlei Berichte über das Tourette-Syndrom herangezogen worden. Hätte die Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungs-verfahren durchgeführt, wäre sie zu dem Ergebnis gekommen, dass eine entscheidungs-wesentliche Änderung des Sachverhalts eingetreten sei, da der Beschwerdeführer seit seinem zehnten Lebensjahr unter dem Tourette-Syndrom leide und daher psychische Probleme habe. In einer Gesamtschau hätte das Bundesamt aufgrund der Änderung des Sachverhalts eine inhaltliche Sachentscheidung treffen müssen.

Abschließend wurde ausgeführt, dass eine Rückkehrentscheidung einen unzulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers begründe, da dieser unbescholten sei und sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht gefährde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Serbiens, führt den Namen XXXX und wurde am XXXX in XXXX , Serbien, geboren. Er gehört der Volksgruppe der Roma an und bekennt sich zum orthodoxen Christentum. Seine Erstsprache ist Serbokroatisch. Über Schulbildung oder eine Berufsausbildung verfügt der Beschwerdeführer nicht, er ist jedoch in der Lage, in seiner Erstsprache zu lesen und zu schreiben. Der Beschwerdeführer ist geschieden. Im Herkunftsstaat leben nach wie vor sein Vater, sein jüngerer Bruder sowie seine drei minderjährigen Kinder, deren Obsorge der Kindesmutter (= Ex-Ehefrau des Beschwerdeführers) obliegt.

1.1.2. Nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 28.10.2017 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Flucht- und Verfolgungsgründen brachte er im Wesentlichen vor, dass sein Vater ihn und seine Ehefrau sowie seine Tochter aufgrund seiner Erkrankung am Tourette-Syndrom aus dem Haus geworfen habe und er infolge seiner Krankheit nicht in der Lage sei, in Serbien Arbeit zu finden. Weiters brachte er vor, im Herkunftsstaat keinen Zugang zu adäquater medizinischer Versorgung zu haben.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und wurde betreffend den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist. Mit Erkenntnis des Bundes-verwaltungsgerichtes vom 06.08.2018 wurde die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer im Wege seiner Vertretung durch Hinterlegung im elektronischen Rechtsverkehr zugestellt und ist am 07.08.2018 in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer kehrte am 10.10.2018 freiwillig in den Herkunftsstaat zurück. Am 14.04.2021 reiste er neuerlich in den Schengenraum ein und stellte am 21.04.2021 den verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.3. Der Beschwerdeführer konnte seit Rechtskraft der Entscheidung über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz (seit 07.08.2018) kein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen dartun. Er hat im gesamten Verfahren nicht behauptet, aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen im Herkunftsstaat verfolgt zu werden.

Mit seinem Vorbringen, dass er nicht mehr länger bei seinem Vater wohnen könne, da dieser neuerlich geheiratet habe und nunmehr ausschließlich mit seiner Ehefrau zusammenleben wolle, knüpft der Beschwerdeführer direkt an sein Fluchtvorbringen des Erstverfahrens an und kommt diesem Vorbringen daher bereits im Kern keine Glaubwürdigkeit zu.

Beim Beschwerdeführer bestehen keine schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen. Seit seinem zehnten Lebensjahr leidet er am Tourette–Syndrom (F95.2) und befand sich aus diesem Grund im Herkunftsstaat bereits vor seiner erstmaligen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Behandlung. Eine Änderung seines Gesundheitszustandes oder seiner grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit seit Rechtskraft der Entscheidung über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft dargetan.

Eine entscheidungswesentliche Änderung in Bezug auf den Zugang des Beschwerdeführers zu medizinischer Versorgung sowie zu Sozialleistungen in Serbien ist seit 07.08.2018 nicht eingetreten.

Insgesamt steht nicht fest, dass seit 07.08.2018 Umstände eingetreten sind, wonach dem Beschwerdeführer in Serbien aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person drohen würde oder, dass ihm im Fall einer Rückkehr nach Serbien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

1.1.4. Der Beschwerdeführer hat sich jedenfalls von 28.10.2017 bis 10.10.2018 in Österreich aufgehalten und befindet sich seit seiner neuerlichen Einreise am 14.02.2021 nunmehr wieder im Bundesgebiet. Es kann nicht festgestellt werden, dass diese Zeit zur Integration genutzt wurde. Der Beschwerdeführer hat nie über einen Aufenthaltstitel verfügt, welcher sich nicht auf einen Antrag auf internationalen Schutz gestützt hat. Er hat sich bereits vor seiner letzten Einreise in das österreichische Bundesgebiet gute Deutschkenntnisse angeeignet. Eine sonstige Integrationsverfestigung liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer bestreitet seinen Lebensunterhalt in Österreich ausschließlich aus den Mitteln der Grundversorgung. Einer rechtmäßigen Erwerbstätigkeit geht er nicht nach und verfügt auch nicht über ausreichende finanzielle Mittel, um seinen Lebensunterhalt aus Eigenem zu bestreiten. Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer weder in Österreich noch in einem anderen Staat in Europa über verwandtschaftliche Beziehungen verfügt. In Österreich lebt er auch mit niemandem in einer Lebensgemeinschaft oder in einer familienähnlichen Beziehung. Es liegen keine Hinweise auf eine ausgeprägte und verfestigte Integration hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers, insbesondere in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, in Österreich vor. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Feststellungen zur allgemeinen Situation in Serbien:

1.2.1. Bewegungsfreiheit – COVID-19-Pandemie:

Die Bewegungsfreiheit der Menschen in Serbien (Staatsbürger als auch Fremde) wurde mit Beendigung des Ausnahmezustandes am 7.5.2020 nach fast 2 Monaten wieder hergestellt. Der Ausnahmezustand war aufgrund der festgestellten COVID-19 Entwicklung am 15.3.2020 durch den Präsidenten verfügt worden (VB 11.5.2020).

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020). […]

Die Verfassung garantiert das Recht auf Reisefreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 11.3.2020). Die Bewegungsfreiheit wird aber nicht immer angemessen geschützt (BTI 29.4.2020).

[…]

1.2.2. Grundversorgung / Wirtschaft:

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung (AA 2.5.2019c).

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9 %. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13 % prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05 % geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2 % gegenüber dem Vorjahr (Statista 24.4.2020).

[…]

1.2.3. Sozialbeihilfen:

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich (IOM Country Fact Sheet 2018).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt (AA 3.11.2019).

[…]

1.2.4. Medizinische Versorgung:

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet (EDA 24.9.2019).

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 23.9.2019b).

Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Check-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM 1.4.2019).

Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Im Juli 2018 wurde in Serbien ein Transplantationsgesetz und ein Gesetz über eine Organspenderdatenbank, welche jedoch bis heute nicht funktionsfähig ist, verabschiedet. Mehr als 1.000 Patienten warten auf eine Organtransplantation, während die Zahl der potentiellen Spender sehr gering ist (AA 3.11.2019).

Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 3.11.2019).

Psychische Krankheiten werden in Serbien vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch (wenn auch in begrenztem Umfang) auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, so gibt es z. B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Schulen für Schüler mit Gehör- und Sprachschädigung sind in Serbien vorhanden. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar, können aber innerhalb weniger Tage auch aus dem Ausland bestellt werden, wenn sie für Serbien zugelassen sind. Für den Patienten fällt bei Vorlage eines vom Allgemeinarzt ausgestellten Rezeptes lediglich eine Beteiligungsgebühr von 50,- RSD an (ca. 0,50 Euro) (AA 3.11.2019).

[…]

1.2.5. COVID-19 Pandemie:

Negative Journalistenberichte über unzureichende Gesundheitssicherheitsmaßnahmen für das eingesetzte medizinische Personal als auch die Sicherheitskräfte wurden von der Regierung umgehend zurückgewiesen. Es gab anfängliche logistische Probleme im ganzen Land die entsprechende Schutzausrüstung bereitzustellen. Zugleich hat Serbien enorme Anstrengungen mithilfe der EU, Chinas und Russlands unternommen, im medizinischen Bereich nachzurüsten, so beim Ankauf zahlreicher Beatmungsgeräte. Eine flächendeckende Versorgung mit der notwendigen medizinischen Ausrüstung scheint nach zwei Monaten COVID-19 Bekämpfung landesweit gegeben zu sein. Serbien hatte den ersten festgestellten COVID-19 Fall am 6.3.2020 im Land bestätigt und nachfolgend eine täglich ansteigende Fallzahl. Gesundheitspolitisch darf der Ausnahmezustand, welcher über 53 Tage (15.3. bis 7.5.2020) Gültigkeit hatte, als erfolgreich bezeichnet werden. Mit Stand 9.5.2020 hatte Serbien 10.032 Erkrankungsfälle und damit verbunden 213 Todesfälle (VB 11.5.2020).

Das Gesundheitsministerium der Republik Serbien hat eine Homepage bezüglich des möglichen Auftretens des Coronavirus (COVID-19) mit Informationen und Verhaltensregeln auf Englisch online gestellt, welche laufend aktualisiert wird (BMEIA 12.5.2020).
Auf dem Portal www.covid19.rs werden täglich Informationen zur Ausbreitung des Coronavirus aktualisiert und Empfehlungen zum Umgang mit der Situation sowie eine Hotline-Nummer sind dort veröffentlicht. Lockerungen seit 6.5.2020:

?        Alle Exportverbote, die während der Covid-19 Krise eingeführt wurden, sind wieder aufgehoben

?        Keine Ausgangssperren

?        Kein Einsatz von Militär für zivile Zwecke

?        Öffentliche Verkehrsmittel werden wieder den Betrieb aufnehmen

?        Handschuhe- und Schutzmaskenpflicht in öffentl. Verkehrsmitteln sowie Gaststätten

?        Kindergärten öffnen wieder, aber Schulen bleiben geschlossen (Unterricht online)

?        Kinos und Theater bleiben geschlossen

?        Abstandspflicht von 2 Metern und weiterhin Social Distancing

?        Größere Zusammentreffen (Feiern) erst ab 15. Juni erlaubt, derzeit sind Versammlungen im Innen- sowie Außenbereich bis 50 Personen unter Befolgung der Schutz- und Desinfektionsmaßnahmen zugelassen (WKO 8.5.2020).

Die Vorschriften im Zusammenhang mit dem neuen Coronavirus (COVID-19) ändern sich laufend (EDA 3.6.2020).

Die Modernisierung der Labore in Serbien wird von der EU mit 7,5 Millionen Euro unterstützt. Die EU hat insgesamt 38 Millionen Euro Soforthilfe an die sechs Nicht-EU-Staaten auf dem Balkan - etwa für Beatmungsgeräte - zur Verfügung gestellt. Das weitaus meiste Geld davon (nämlich 15 Millionen) bekam Serbien, um die fünf Flugtransporte mit den Hilfsgütern zu bezahlen. In Serbien wurden bisher etwa 26.000 Personen getestet, davon waren über 4.800 positiv, das sind etwa 5,4 %. Problematisch ist zurzeit vor allem, dass das Virus sich auch in zwölf Heimen verbreitet hat - darunter zwei Heime für Behinderte. Der serbische Präsident selbst hatte angegeben, dass Serbien von China einige Beatmungsgeräte geschenkt bekommen habe und einige von China eingekauft habe (DS 16.4.2020).

[…]

1.2.6. Rückkehr:

Seit dem 22. Mai 2020 ist eine Ein- und Durchreise nach und durch Serbien wieder ohne jede Einschränkung möglich. Reisende erhalten an der Grenze ein zweisprachiges Informationsblatt über die zu beachtenden Maßnahmen (AA 3.6.2020).

Keine Einreisebeschränkungen mehr seit 22. Mai 2020 (IOM AVRR 26.5.2020). […]

Durch das StarthilfePlus - Level D Programm, bietet IOM Serbien konkrete Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrenden an. Außerdem stellt das DIMAK Beratungszentrum (Deutsches Informationszentrum für Migration, Ausbildung und Karriere in Serbien) durch sein 'Build Your Future'-Programm immaterielle Unterstützung bei der Reintegration zur Verfügung. Das Programm klärt darüber auf, welche Möglichkeiten es für die Betroffenen in Serbien gibt (inklusive Weiterbildungsmöglichkeiten) und unterstützt bei der Jobbewerbung. Zusätzlich organisiert DIMAK in Zusammenarbeit mit Firmen, die neues Personal suchen, regelmäßig Berufsmessen in Serbien. Nach der Rückkehr sollte die rückkehrende Person sich bei relevanten Behörden und Stellen (wieder) anmelden; dazu ist unbedingt der Personalausweis erforderlich - dieser kann, falls nötig, bei einer lokalen Polizeistelle beantragt werden; sich für die (staatliche) Krankenversicherung/Rentenversicherung anmelden; Sozialhilfe beantragen; Stellen kontaktieren, die bei der Arbeits- und Wohnungssuche unterstützen; die Anmeldung bei Kinderbetreuung, Schule und weitere Bildungsinstitutionen in die Wege leiten (IOM 2019).

Serbische Staatsangehörige, die zurückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. Als erste Anlaufstelle für Rückkehrer dient ein Wiederaufnahmezentrum für Rückgeführte am Flughafen Belgrad, das eine Informationsbroschüre auf Deutsch, Serbisch und Romanes bereithält, die u.a. Fragen zur Registrierung und den dafür erforderlichen Unterlagen sowie Kontakttelefonnummern enthält (AA 3.11.2019).

[…]

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers (Staatsangehörigkeit, Name, Geburtsdatum und Geburtsort) stützen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers in Verbindung mit dem im Akt aufliegenden Auszug aus seinem serbischen Reisepass, ausgestellt am XXXX 2017 unter der Nr. XXXX (vgl. AS 37). Ferner gründen die Feststellungen zur Volksgruppenzugehörigkeit, zu seinem Glaubensbekenntnis, zu seinen Sprachkenntnissen, zu seiner (fehlenden) Schul- und Berufsausbildung, zu seinem Familienstand sowie zu seinen Angehörigen im Herkunftsstaat auf den dahingehend konsistenten und daher glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren in Verbindung mit dem Akteninhalt.

2.2. Die Feststellungen zum rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren des Beschwerde-führers, einschließlich zu den darin vorgebrachten Fluchtgründen, ergeben sich aus der Einsicht in den diesbezüglichen Verwaltungsakt sowie aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.08.2018, Zl. G306 2193785-1/5E. Die Feststellung zur rechtswirksamen Zustellung stützt sich ebenso auf den Akteninhalt (vgl. Akteninhalt des Erstverfahrens: Protokoll: 2193785-1/5E). Darüber hinaus gründen die Feststellungen zur Einreise nach Österreich, zur Stellung der beiden Anträge auf internationalen Schutz vom 28.10.2017 und vom 21.04.2021 auf dem Akteninhalt und wurden diese Umstände auch von Seiten des Beschwerdeführers nicht bestritten. Die Feststellung zu seiner freiwilligen Rückkehr in den Herkunftsstaat am 10.10.2018 stützt sich überdies auf einen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister vom 08.06.2021.

2.3. Hinsichtlich der Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit Rechtskraft der letzten Entscheidung am 07.08.2018 kein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen dartun konnte, ist Folgendes auszuführen:

Wie bereits das Bundesamt im angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt hat, hat der Beschwerdeführer betreffend die Begründung seines Folgeantrags keinen neuen entscheidungsmaßgeblichen Sachverhalt vorgebracht.

Der gegenständliche Folgeantrag des Beschwerdeführers stützt sich - wie bereits die erste Antragstellung – auf das Kernvorbringen, der Beschwerdeführer leide am Tourette-Syndrom, habe im Herkunftsstaat keinen Zugang zu adäquater medizinische Behandlung und finde infolge seiner Erkrankung trotz entsprechender Bemühungen keine Arbeit. Weiters führte er an, dass sein Vater nunmehr geheiratet und daher gefordert habe, dass der Beschwerdeführer ausziehe, da ihn seine Krankheit störe und er mit seiner nunmehrigen Ehefrau alleine leben wolle.

In Bezug auf das Vorbringen zur mangelhaften medizinischen Versorgung in Serbien sowie zum fehlenden Zugang zum Arbeitsmarkt ist zunächst festzuhalten, dass die Frage, ob der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Serbien aufgrund seines Gesundheitszustandes in eine existenzbedrohende Notsituation geraten werde, bereits im ersten Verfahren umfassend behandelt und verneint wurde. Konkret ergab das erste Verfahren, dass die Erkrankung des Beschwerdeführers nicht als schwerwiegend oder lebensbedrohlich zu qualifizieren sei, der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Zugang zu medizinischer Versorgung habe und er überdies in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt durch die Verrichtung von Gelegenheitsarbeiten eigenständig zu bestreiten. Ferner folgerte das Bundesverwaltungsgericht seinerzeit, es bestehe für den Beschwerdeführer die Möglichkeit, Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen und Unterstützung von seinem familiären Netzwerk zu erhalten.

Aus dem aktuellen Länderinformationsblatt „Serbien“ ergibt sich, dass seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz keine entscheidungswesentliche Änderung hinsichtlich der allgemeinen Situation in Serbien, insbesondere im Hinblick auf die Grundversorgung, die Möglichkeit des Bezugs von Sozialhilfe sowie die medizinische Versorgung, eingetreten ist (vgl. dazu auch die Punkte II.1.2.2. bis II.1.2.4 der gegenständlichen Entscheidung) und wurde ein solcher Sachverhalt vom Beschwerdeführer auch nicht substanziiert behauptet.

Ebenso wenig ergibt sich aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zwischenzeitlich entscheidungswesentlich verändert bzw. verschlechtert hätte.

Wie bereits vom Bundesamt im nunmehr angefochtenen Bescheid dargelegt, ist hinsichtlich der Angabe des Beschwerdeführers in der Erstbefragung, wonach er einen Leistenbruch erlitten habe, festzuhalten, dass er dieses Vorbringen nicht durch entsprechende medizinische Unterlagen bescheinigt hat. Hinzu kommt, dass er weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Beschwerde auch nur ansatzweise dargetan hat, der von ihm erlittene Leistenbruch stünde einer Rückkehr nach Serbien entgegen. Eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts vermochte er damit sohin nicht darzutun.

Wenn in der Beschwerde erstmals vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer an einer psychischen Erkrankung, konkret an einer Persönlichkeitsstörung leide, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Vorbringen dem Neuerungsverbot gemäß § 20 BFA-VG unterliegt (zum Neuerungsverbot vgl. die Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung). Beweiswürdigend ist hierzu auszuführen, dass fallgegenständlich keine Ausnahme vom Neuerungsverbot vorliegt, da insbesondere nicht ersichtlich ist, dass das Verfahren vor dem Bundesamt mangelhaft war. Der Beschwerdeführer führte in Zusammenhang mit den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates lediglich seine Erkrankung am Tourette-Syndrom an. Befragt, ob es noch weitere Gründe gebe, die eine neuerliche Asylantragstellung rechtfertigen würden, antwortete er, es sei der einzige und auch ein wichtiger Grund, da es mit so einer Krankheit schwer zu leben sei. Auch auf explizite Nachfrage, ob er konkrete Gründe nennen wolle, die der Zurückweisung seines Antrags entgegenstünden, erwähnte der Beschwerdeführer eine allfällige psychische Erkrankung nicht (vgl. dazu AS 103). Festzuhalten ist daher, dass dem Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit geboten wurde, zu seinen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates sowie zu seinem Gesundheitszustand Stellung zu beziehen. Ergänzend ist auszuführen, dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner Persönlichkeitsstörung als vollkommen unsubstanziiert und daher – unabhängig vom offensichtlichen Verstoß gegen das Neuerungsverbot – als nicht glaubhaft erweist, zumal der Beschwerde keine medizinischen Unterlagen zur Bescheinigung beigelegt wurden. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass psychische Erkrankungen in Serbien behandelbar sind (vgl. dazu Punkt II.1.2.4.), was sich aus den allgemeinen Länderberichten zweifelsfrei ergibt und kann auch vor diesem Hintergrund eine wesentliche Sachverhaltsänderung nicht erkannt werden.

Mit seinem Vorbringen, wonach sein Vater nunmehr geheiratet habe und er daher aus dessen Haus ausziehen habe müssen, knüpft der Beschwerdeführer direkt an sein Fluchtvorbringen im Erstverfahren an. Wie oben ausgeführt, ergab das Erstverfahren, dass der Beschwerdeführer eine arbeitsfähige erwachsene Person sei, bei der die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne, weshalb er in der Lage sei, (zumindest) durch Gelegenheitsarbeiten ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Bereits vor diesem Hintergrund vermag das Vorbringen des Beschwerdeführers zur fehlenden Unterstützungswilligkeit seines Vaters keinen neuen entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu begründen. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer schon im Erstverfahren vorbrachte, sein Vater habe ihn aus seinem Haus „hinausgeschmissen“ und ihm weitere Unterstützung verweigert, während er jedoch mit seinem nunmehrigen Fluchtvorbringen implizit einräumte, nach seiner freiwilligen Rückkehr nach Serbien am 10.10.2018 neuerlich im Haus seines Vaters Unterkunft genommen zu haben. Folglich kommt seinem Vorbringen, wonach er im Fall der Rückkehr nicht mehr bei seinem Vater unterkommen könnte, kein glaubhafter Kern zu.

Im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer ein junger Mann im Alter von 30 Jahren ist, der an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet und sohin nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt (vgl. hierzu auch BVwG vom 30.03.2020, Zl. W161 2229662-1/2E). Ferner kann in Zusammenhang mit der weltweiten Ausbreitung des COVID-19 Erregers unter Zugrundelegung der medial ausführlich kolportieren Entwicklungen (auch) im Herkunftsland des Beschwerdeführers bislang keine derartige Entwicklung erkannt werden, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 2 und Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt.

2.4. Die Feststellungen zur nicht bzw. zur kaum vorhandenen Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich ebenso aus dem Akteninhalt. Dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht über verwandtschaftliche Beziehungen verfügt und mit niemanden in einer Lebensgemeinschaft oder familienähnlichen Beziehung lebt, gründet auf seinem eigenen Vorbringen im gesamten Verfahren. Gegenteiliges ist auch aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Erstbefragung, wonach er über gute Deutschkenntnisse (Sprachniveau B1) verfüge, wurde der gegenständlichen Entscheidung als Sachverhalt zugrunde gelegt. Darüber hinaus finden sich weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsakt Hinweise darauf, dass sich der Beschwerdeführer um eine Integration in beruflicher oder sozialer Hinsicht bemüht hat, was sich unter anderem auch aus dem Umstand ergibt, dass er während seines aktuellen Aufenthalts keine wesentlichen Integrationsmaßnahmen gesetzt hat. So bestreitet er seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus den Mitteln der Grundversorgung. Festzuhalten ist weiters, dass er in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer rechtmäßigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und im Verfahren nicht dargetan hat, über ausreichende Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes zu verfügen. Hinweise, dass er während seines kurzen Aufenthalts in Österreich an Integrationsmaßnahmen teilgenommen hat, sind im Übrigen nicht hervorgekommen. Eine ausgeprägte Integration, insbesondere in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht, kann daher nicht erkannt werden. Die Feststellung zur Unbescholtenheit beruht auf einem Auszug aus dem Strafregister vom 08.06.2021.

2.5. Die verfahrenswesentlichen Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur Situation in Serbien beruhen auf den angeführten Quellen und stammen aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation „Serbien“ (Version 2) in seiner letzten Überarbeitung vom 02.09.2020. Die Länderfeststellungen basieren auf aktuellen Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und stellen angesichts der bisherigen Ausführungen im konkreten Fall eine hinreichende Basis zur Beurteilung des Vorbringens des Beschwerdeführers dar.

Die Situation im Herkunftsstaat hat sich seither nicht entscheidungswesentlich verändert, weshalb für das Bundesverwaltungsgericht angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen in den Länderfeststellungen kein Grund besteht, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Hinzuweisen ist weiters darauf, dass das Länderinformationsblatt dem nunmehr angefochtenen Bescheid als Sachverhalt zugrunde gelegt wurde. Der Beschwerdeführer ist den Länderberichten jedoch weder im Verfahren vor dem Bundesamt noch in der gegenständlichen Beschwerde substanziiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache:

3.2.1.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

„Entschiedene Sache“ im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (vgl. VwGH vom 09.09.1999, Zl. 97/21/0913; vom 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; vom 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235; vom 17.09.2008, Zl. 2008/23/0684; vom 11.11.2008, Zl. 2008/23/1251; vom 19.02.2009, Zl. 2008/01/0344 und vom 06.11.2009, Zl. 2008/19/0783). Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf verschiedene Folgeanträge zuletzt VwGH vom 19.07.2021, Ra 2021/18/0088). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (vgl. VwGH vom 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfecht

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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