TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/14 W251 2240598-1

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Veröffentlicht am 14.08.2021
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Entscheidungsdatum

14.08.2021

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch


W251 2240598-1/12E

Teilerkenntnis:

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch RA Dr. Peter LECHENAUER und RA Dr. Margit SWOZIL, gegen die Spruchpunkte I. bis IV. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2021, Zl. 120637704-200140387, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)       

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)       

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer hält sich seit 1989 in Österreich auf. Er verfügt über eine Aufenthaltsberechtigung „Daueraufenthalt EU“. Diese ist bis zum 01.06.2022 gültig.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat drei Kinder, ein Kind davon aus einer früheren Beziehung. Darüber hinaus leben auch die Eltern und zwei Schwestern des Beschwerdeführers in Österreich.

2. Der Beschwerdeführer wurde mehrfach straffällig. Er wurde von 2002 bis 2020 insgesamt neun Mal von einem Landesgericht bzw. einem Bezirksgericht verurteilt.

3. Der Beschwerdeführer wurde am 09.03.2020 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.

4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 16.02.2021 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt II.), ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt III.), keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Das Bundesamt führte im Bescheid im Wesentlichen aus, dass die Kernfamilie des Beschwerdeführers, nämlich seine Ehefrau und zwei seiner Kinder, für die er sorgepflichtig sei, und seine weiteren Verwandten in Österreich leben und er sich aufgrund der langen Aufenthaltsdauer in Österreich auch integriert habe. Der Beschwerdeführer stelle jedoch eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung da, da er bereits in der Vergangenheit massiv straffällig geworden sei. Er sei bereits mehrfach inhaftiert gewesen. Der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Es handle sich bei Bosnien und Herzegowina um einen sicheren Drittstaat, sodass dem Beschwerdeführer dort weder eine asylrelevante Verfolgung noch Eingriffe in seine körperliche Integrität oder Lebensgefahr drohen würde, sodass die Abschiebung dorthin zulässig sei. Da der Beschwerdeführer – wie sich aus der Vielzahl seiner Verurteilungen ergebe – eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle, sei ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot zu erlassen. Da einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei, werde keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt. Da der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, sei die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers erforderlich, sodass einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.

5. Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Beschwerde. Er brachte im Wesentlichen vor, dass er sich mit seiner Ehefrau seit ca. 23 Jahren in Österreich aufhalte. Sein Aufenthalt sei zudem rechtmäßig. Er verfüge in Österreich über ein schützenswertes Familien- und Privatleben, dass einer Rückkehrentscheidung sowie einem Einreisverbot entgegenstehe. Er habe zudem keine Bindung mehr zu seinem Heimatland. Der Beschwerdeführer bereue seine Straftaten sehr, es sei von einem positiven Gesinnungswandel auszugehen. Es liegen daher die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung bzw. die Erlassung eines Einreiseverbotes nicht vor. Der Beschwerdeführer beantragte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

6. Mit Teilerkenntnis vom 29.03.2021 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG nicht zuerkannt.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 12.04.2021 eine mündliche Verhandlung durch.

8. Mit Schriftsatz seines Vertreters vom 22.04.2021 brachte der Beschwerdeführer Nachweise zu seiner Identität und seiner Integration in Österreich ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina und spricht Bosnisch als Muttersprache sowie Russisch und Deutsch (AS 147, 319; Verhandlungsprotokoll vom 12.04.2021 = OZ 7, S. 5).

1.1.2. Der Beschwerdeführer wurde in XXXX in Bosnien geboren. Er hat acht Jahre lang die Volks- und Hauptschule in Bosnien besucht (OZ 7, S. 5 f).

1.1.3. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist arbeitsfähig (AS 147 f; OZ 7, S. 8).

1.2. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

1.2.1. Der Beschwerdeführer hält sich seit 1989 in Österreich auf. Er verfügt über eine Aufenthaltsberechtigung „Daueraufenthalt EU“. Diese ist bis zum 01.06.2022 gültig (OZ 7, S. 6; OZ 9; Beilage ./I.).

1.2.2. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat drei Kinder, ein mittlerweile erwachsenes Kind davon aus einer früheren Beziehung. Die anderen Kinder des Beschwerdeführers sind noch minderjährig (14 und 16 Jahre), für diese ist er sorgepflichtig. Die Ehefrau des Beschwerdeführers arbeitet als Reinigungskraft (AS 149, 309 f; OZ 7, S. 5 f).

Die Ehefrau des Beschwerdeführers hat mit den beiden minderjährigen Kindern von 2006 bis 2012 ohne den Beschwerdeführer in Bosnien gelebt. Dieser hat seine Familie gelegentlich besucht (OZ 7, S. 12).

Darüber hinaus leben auch die Eltern und zwei Schwestern des Beschwerdeführers in Österreich (AS 149; OZ 7, S. 7).

Die Schwiegereltern des Beschwerdeführers leben in Bosnien. Diese hat er regelmäßig besucht (AS 151).

Zwei Tanten mütterlicherseits des Beschwerdeführers leben in Bosnien. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu ihnen (OZ 7, S. 14).

1.2.3. Der Beschwerdeführer hat in Österreich drei Jahre lang eine Berufsschule besucht und eine Bäckerlehre als Geselle abgeschlossen. Von 1991 bis 1998 hat der Beschwerdeführer als Bäcker gearbeitet. Aufgrund einer Stauballergie ist der Beschwerdeführer seither als LKW-Fahrer tätig (OZ 7, S. 6, OZ 9). Er verfügt für die Zeit nach seiner Entlassung aus der Justizanstalt über eine Einstellungszusage als LKW-Fahrer (OZ 9).

Der Beschwerdeführer hat Schulden in der Höhe von ca. 40.000 Euro (OZ 7, S. 10).

1.2.4. Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende Verurteilungen auf:

1.2.4.1. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 08.05.2002 wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch, des Vergehens der Hehlerei und des Vergehens der Veruntreuung gemäß §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Abs. 1, 164 Abs. 2, 133 Abs. 1 und 2 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, die unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde (AS 83 bis 104).

Der Beschwerdeführer ist am 28.10.2001 mit zwei anderen Mittätern nach Aufzwicken eines Zaunes in ein Firmengelände eingestiegen um dort 320 Stück Handys im Wert von EUR 61.502,27 EUR zu stehlen, wobei es beim Versuch gebliebene ist. Der Beschwerdeführer hat am 04.12.2001 drei gestohlene Handywertkarten im Wert von EUR 36,33 an sich gebracht. Der Beschwerdeführer hat am 07.12.2002 einen ihm anvertrauten Bargeldbetrag von EUR 5.523,13, der seinem Arbeitgeber gehörte, vereinnahmt und sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern (AS 83 bis 104).

Mildernd wurde der bisherige ordentliche Lebenswandel sowie die Schadenswiedergutmachung hinsichtlich des veruntreuten Geldbetrages seines Arbeitgebers gewertet. Als erschwerend wurde das Zusammentreffen von einem Verbrechen und zwei Vergehen gewertet (AS 83 bis 104).

1.2.4.2. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 03.11.2006 wegen des Verbrechens des schweren Betruges und des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 146, 147 Abs. 3, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe von 2 Jahren unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde (AS 107 bis 112).

Der Beschwerdeführer hat eine andere Person durch Vorspiegelung, dass er ein rückzahlungsfähiger und rückzahlungswilliger Darlehnsnehmer sei, zur Ausbezahlung von Bargeld in Höhe von insgesamt EUR 57.000 verleitet und den Darlehnsgeber dadurch im Vermögen geschädigt. Er hat vom Darlehnsgeber unter Vorspiegelung falscher Tatsachen im September 2004 Bargeld in Höhe von EUR 15.000, im Herbst 2004 in drei Angriffen insgesamt EUR 2.000 sowie im November 2004 Bargeld in Höhe von EUR 40.000 erhalten (AS 107 bis 112).

Der Beschwerdeführer hat am 13.08.2006 Bargeld in Höhe von EUR 41.907,68 einer Bank aus einem Nachttresor mit dem Vorsatz sich zu bereichern entwendet, indem er mit einem nachgemachten und widerrechtlich erlangten Schlüssel eingedrungen ist (AS 107 bis 112).

Der Beschwerdeführer wurde schuldig erkannt den Privatbeteiligten EUR 57.000 sowie EUR 41.907,58 zurückzuzahlen (AS 109).

Als mildernd wurde kein Umstand gewertet. Als erschwerend wurde die einschlägige Vorstrafe gewertete, sowie das Zusammentreffen von zwei Verbrechen (AS 112).

1.2.4.3. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 29.10.2008 wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 15, 127, 129 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt (AS 115).

Der Beschwerdeführer hat am 31.10.2007 versucht bei einer Tankstelle Schlösser von 4 Geldautomaten mit einem Taschenmesser aufzubrechen und Bargeld in unbekannter, jedoch EUR 3.000 nicht übersteigender Höhe wegzunehmen (AS 115).

Als mildernd wurden das teilweise Geständnis und die Tatsache, dass es beim Versuch geblieben ist, gewertet. Als erschwerend wurden zwei einschlägige Vorstrafen und die Tatwiederholung gewertet. Die Probezeit der mit Urteil vom 03.11.2005 verhängten Freiheitsstrafe wurde auf 5 Jahre verlängert (AS 117).

1.2.4.4. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 15.12.2009 wegen des Vergehens der Untreue gemäß § 153 Abs. 1 und 2 erster Fall StGB unter Bedachtnahme auf die Verurteilung vom 04.11.2008 zu einer Zusatzstrafe von zwei Monaten verurteilt (AS 124).

Der Beschwerdeführer hat die ihm von seinem Arbeitgeber anvertraute Tankkarte samt dem Eingabecode missbraucht und seinen Arbeitgeber dadurch zu einer Zahlung verpflichtet und diesem einen Vermögensschaden zugefügt. Er hat größere Mengen Diesel, als er diese für die beauftragten Fahrten benötigte, in der Absicht getankt, diesen für private Zwecke zu nutzen und zwar im September 2007 ca. 1.600 Liter Diesel im Wert von EUR 1.140, im Oktober 2007 ca. 1.000 Liter im Wert von EUR 900,00, im November 2007 ca. 4.000 Liter Diesel im Wert von EUR 3.600 und im Dezember 2007 ca. 1.400 Liter im Wert von EUR 1.260 (AS 124).

Als mildern wurde das Geständnis gewertet, als erschwerend der lange Tatzeitraum sowie die Vorstrafen (AS 125).

1.2.4.5. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 14.06.2012 wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt (AS 129).

Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum vom 20.08.2011 bis zum 22.08.2011 mit einem anderen Mittäter Kleidung, Schuhe und Schmuck im Gesamtwert von EUR 3.842,50 einer Firma durch Einbruch, nämlich durch Aufzwängen einer Seitentür eines Lagergebäudes, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (AS 129).

Als erschwerend wurden der rasche Rückfall nach der Strafentlassung vom 28.04.2011, die Mehrfachqualifikation des Diebstahls sowie drei einschlägige Vorstrafen gewertet (AS 136).

1.2.4.6. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 29.09.2015 wegen des Vergehens des schweren Diebstahls gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt (OZ 8).

Der Beschwerdeführer hat Staubsaugerprodukte in einem EUR 3.000,00 übersteigenden Wert einem Verfügungsbefugten mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (OZ 8).

Mildernd wurde das Geständnis gewertet, als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen (OZ 8).

1.2.4.7. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 09.06.2016 wegen des Vergehens des schweren Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, 129 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat am 04.06.2016 39 Stück diverser Elektrogeräte im Gesamtwert von EUR 22.250,84 durch Aufschneiden der Plombe eines Containers eines Unternehmens, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Mildernd wurde das reumütige Geständnis und der untergeordnete Tathergang, erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und die Rückfallsvoraussetzungen gem. § 39 StGB gewertet.

1.2.4.8. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 09.01.2020 wegen des Vergehens des Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt (AS 4).

Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum von 15.07.2018 bis 17.07.2018 anderen Personen Bargeld, Schmuck, ein HP Notebook und zwei Tablets mit unbekanntem Wert weggenommen. Der Beschwerdeführer hat am 04.01.2019 einer anderen Person einen Goldring im Wert von EUR 100,00 weggenommen. Der Beschwerdeführer hat am 21.07.2019 versucht, unbekannte Gegenstände wegzunehmen, wobei die Tat mangels Auffinden von verwertbaren Gegenständen beim Versuch geblieben ist (AS 4).

Als mildernd wurde gewertet, dass es teilweise beim Versuch gebliebene ist. Als erschwerend wurden die einschlägigen Vorstrafen gewertet. In Ermangelung der Verantwortungsübernahme durch den Beschwerdeführer und in Anbetracht der einschlägigen Vorstrafen konnte aus spezialpräventiven und generalpräventiven Gründen nicht mit einer Diversion vorgegangen werden (AS 4 f).

1.2.4.9. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Bezirksgerichts vom 10.12.2020 wegen dem Vergehen der Untreue gemäß § 153 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt, die unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde (AS 244).

Der Beschwerdeführer hat am 02.06.2020 drei private PKWs sowie neun Benzinkanister mit Diesel im Gesamtwert von EUR 449,37 betankt und die Rechnung bei der Buchhaltung seines Arbeitgebers zur Bezahlung eingereicht (AS 244).

Als mildernd wurden das Geständnis sowie die Schadensgutmachung gewertet. Als erschwerend wurden 7 einschlägige Vorstrafen und das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB gewertet (AS 245).

1.2.5. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer eine Therapie gegen seine Spielsucht besucht hat.

1.2.6. Dem Beschwerdeführer wurden wegen Verwaltungsübertretungen nach der StVO bzw. dem KFG Geldstrafen auferlegt und zwar 2016 einmal EUR 70, einmal EUR 200, im Jahr 2017 EUR 120,00, im Jahr 2018 EUR 70,00 sowie EUR 50,00 (AS 141).

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer droht weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit in Bosnien und Herzegowina.

Dem Beschwerdeführer ist es möglich seine grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, in Bosnien zu befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

1.4. Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gibt es mit Stand 04.08.2021 660.854 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 10.744 Todesfälle (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Neuartiges-Coronavirus-(2019-nCov).html); in Bosnien wurden zu diesem Zeitpunkt 205.785 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 9.689 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://covid19.who.int/region/euro/country/ba).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten, Immunschwächen, etc.) auf.

1.5. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Bosnien und Herzegowina gilt als sicherer Drittstaat.

Sowohl die politische Situation als auch die allgemeine Konfliktlage in der Region bleiben auch 25 Jahre nach Kriegsende angespannt. Zwischen Bosnien und Herzegowina (BuH) und Kroatien bestehen einige ungelöste, andauernde Grenz- und Territorialfragen, insbesondere im Hinblick auf die Nutzung der Adria. Ebenso gibt es zwischen BuH und Serbien Territorialstreitigkeiten entlang des Flusses Drina. Im Rahmen der EUFOR Mission Operation Althea, die 2004 mit dem Ende von SFOR die Überwachung des Dayton-Abkommens übernahm, sind derzeit 600 Soldaten aus 19 Staaten stationiert. Die OSZE-Mission in BuH ist mit etwa 68 Personen weiterhin in dem Land präsent und operiert unter der Führung der USA. Ziel der Mission ist es, die allgemeine Sicherheitslage zu verbessern und die Verteidigungsstrukturen zu stärken. Darüber hinaus hat die Mission zum Ziel, die bosnische Regierung beim Aufbau einer demokratischen Gesellschaft, einer funktionierenden Zivilgesellschaft und einem guten Regierungssystem zu unterstützen.

Die Staatsverfassung sieht das Recht auf ein faires Verfahren in Zivil- und Strafsachen vor, während die Verfassungen der Entitäten ein unabhängiges Justizwesen vorsehen. Dennoch beeinflussen politische Parteien und die Akteure des organisierten Verbrechens die Justiz sowohl auf Staats- als auch auf Entitätsebene in politisch sensiblen Fällen, insbesondere im Zusammenhang mit Korruption, sowohl auf staatlicher als auch auf Entitätsebene.

Wie viele Bereiche des täglichen Lebens in BuH ist auch die Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis von Korruption durchzogen.

Grundsätzlich gilt, dass sich jeder bosnische Staatsbürger im Falle von "Verfolgungshandlungen gegen seine/ihre Person" an Polizei oder direkt an die Staatsanwaltschaft wenden kann. Sollten die offiziellen Stellen nicht tätig werden bzw. sollte es sich bei der Verfolgungshandlung gegen den Betroffenen um eine Menschenrechtsverletzung handeln, stehen halb- bis nichtstaatliche Organisationen mit Rechtsbeistand zur Seite. Auch hat das Ministerium für Menschenrechte und Flüchtlinge in der Sektion für Menschenrechte eine Abteilung zum „Schutz von individuellen Menschenrechten und Bürgerrechten“, welche u.a. Anliegen und Beschwerden annimmt und bearbeitet und Bürgern fachliche Hilfe leistet.

Eine Beschränkung der Betätigungsmöglichkeiten für die politische Opposition durch den Staat und seine Organe erfolgt grundsätzlich nicht.

Die Vereinigungsfreiheit wird durch die bosnisch-herzegowinische Verfassung sowie durch beide Entitätsverfassungen gewährleistet.

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, Kleidung, Heizmaterial und Strom ist landesweit sichergestellt. Insgesamt ist der Lebensstandard der Gesamtbevölkerung dennoch niedrig.

(Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes vom 12.06.2020).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in der mündlichen Verhandlung, durch Einsichtnahme in die im Verfahren vorgelegten Urkunden und durch Einholung von Auszügen aus dem ZMR, GVS, Straf- und Fremdenregister und Sozialversicherungssystem sowie durch Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt zu Bosnien und Herzegowina.

Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Die Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie aus den vorgelegten (abgelaufenen) Reisepässen des Beschwerdeführers. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Verfahren.

2.1.2. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seinen Sprachkenntnissen und seinem Lebenslauf (Geburt und Aufwachsen in Bosnien, Schulausbildung) gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen Angaben in der Beschwerdeverhandlung. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen stringenten Angaben des Beschwerdeführers zu zweifeln.

2.1.3. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers stützen sich auf seine Angaben in der Beschwerdeverhandlung, wonach er angab, an Bluthochdruck zu leiden und Medikamente zu nehmen, sonst jedoch nichts zu haben (OZ 7, S. 4, 9) sowie auf den Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

2.2. Zu den Feststellungen zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers:

2.2.1. Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (insbesondere zu seiner Einreise und seinen Aufenthaltstiteln, seiner beruflichen Tätigkeit in Österreich und seiner Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung, ZMR-Auszug, IZR-Auszug), auf die Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in der Beschwerdeverhandlung sowie auf die von ihm im Verfahren vorgelegten Unterlagen.

2.2.2. Die Feststellungen zu seiner Ehefrau, deren Beschäftigung und den Kindern des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers sowie seiner Ehefrau in der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Dass die Ehefrau des Beschwerdeführers mit den beiden minderjährigen Kindern von 2006 bis 2012 in Bosnien gelebt hat und gelegentlich vom Beschwerdeführer besucht worden ist, ergibt sich aus ihren Angaben in der Beschwerdeverhandlung. Den Grund für ihren mehrjährigen Aufenthalt in Bosnien wollte die Ehefrau des Beschwerdeführers nicht nennen.

2.2.3. Die Feststellungen zu den Aufenthaltsorten der Angehörigen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau sowie zu dem Kontakt zu diesen ergeben sich aus den übereinstimmenden und gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in der Beschwerdeverhandlung.

2.2.4. Dass der Beschwerdeführer in Österreich drei Jahre lang eine Berufsschule besucht und eine Bäckerlehre als Geselle abgeschlossen sowie von 1991 bis 1998 als Bäcker gearbeitet hat, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung und den vorgelegten Unterlagen (Lehrvertrag, Lehrbrief, Jahreszeugnis der Berufsschule, Lehrabschlussprüfungszeugnis). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer aufgetretenen Stauballergie nunmehr als LKW-Fahrer tätig ist, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über eine Einstellungszusage verfügt, ergibt sich aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreiben seines künftigen Arbeitgebers (OZ 9).

Dass der Beschwerdeführer Schulden in der Höhe von ca. 40.000 Euro hat, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben im gesamten Verfahren.

2.2.5. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus einem Auszug aus dem Strafregister sowie den im Akt einliegenden Strafurteilen.

2.2.6. Dass nicht festgestellt werden kann, ob der Beschwerdeführer eine Therapie gegen seine Spielsucht besucht hat, ergibt sich aus folgenden Gründen:

In der Beschwerdeverhandlung nach seiner Spielsucht befragt gab der Beschwerdeführer an:

„R: Sind Sie zurzeit immer noch spielsüchtig?

BF: Nein, Gott sei Dank nicht mehr.

R: Seit wann sind Sie nicht mehr spielsüchtig?

BF: Seit vier, fünf Jahren schon.

R: Haben Sie eine Therapie gemacht?

BF: Ja, habe ich.

R: Wenn Sie die letzten vier, fünf Jahre nicht mehr spielsüchtig waren, dann müssen Sie die Spielsucht 2016 überwunden haben, kann das stimmen?

BF: Ja, ca.

R: 3 Verurteilungen betreffen allerdings Taten, die 2016, 2019 und 2020 stattgefunden haben.

BF: Ja, das war ein Missverständnis, 2020 als ich bei der Firma Rhedey angestellt war, war mein Schwiegervater krank. Es war Freitagnachmittag, da habe ich um 420 Euro Diesel getankt, ohne mit dem Disponenten das vorher zu klären. Dann fuhr ich mit meiner Frau nach Bosnien, als ich zurückkam, ich habe das Geld bezahlt, hat die Firma schon Anzeige bei der Polizei gemacht. Der Chef wollte die Anzeige zurückziehen, es ging aber nicht mehr, sagte man ihm, weil die Anzeige schon beim Staatsanwalt war“ (OZ 7, S. 9 f).

Seine Ehefrau gab in der Beschwerdeverhandlung zur Spielsucht ihres Ehemannes befragt an:

R: Hat Ihr Ehemann eine Therapie gegen die Spielsucht gemacht?

Z: Ja, er hat in letzter Zeit auch aufgehört zu spielen.

R: Wann hat er aufgehört zu spielen?

Z: Das weiß ich nicht genau, vor ca. einem Jahr, eineinhalb Jahren oder zwei Jahren.

R: Wann hat er die Therapie gemacht?

Z: Das ist schon länger her, ich weiß die Zeit nicht genau.

R: Meinen Sie damit ein paar Monate, 1 Jahr, 2 Jahre, 5 Jahre?

Z: Vielleicht zwei, drei Jahre“ (OZ 7, S: 14).

Es ist zum einen nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau keine annähernd gleichen Angaben dazu machen können, wann der Beschwerdeführer eine Therapie besucht haben soll. Zum anderen erscheint es nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer seine letzten Straftaten überwiegend auf seine Spielsucht zurückführt, angibt, diese im Jahr 2016 aufgrund der Therapie überwunden zu haben, anschließend jedoch drei weitere Male wegen Delikten, die auf der gleichen Neigung beruhen, verurteilt wurde.

Im Schriftsatz vom 22.04.2021 gibt der Beschwerdeführer zudem an, dass er zwar eine Therapie besucht hätte, diese jedoch anonym gewesen wäre, weshalb er keine Bestätigung erhalten könnte. Er hätte die Therapie 18 Monate lang mittwochs und freitags besucht. An den genauen Ort könnte er sich jedoch nicht mehr erinnern. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer die Therapie 18 Monate besucht haben soll, jedoch nicht einmal den genauen Ort angeben kann. Zudem ist es nicht plausibel, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich sein soll, irgendeine Form der Bestätigung der Teilnahme zu erhalten.

Die Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau sind nicht plausibel bzw. in Einklang zu bringen, weshalb das erkennende Gericht nicht feststellen kann, ob der Beschwerdeführer tatsächlich eine Therapie besucht hat.

2.2.7. Die Feststellungen der Verwaltungsübertretungen nach der StVO bzw. dem KFG ergeben sich aus dem von der Landespolizeidirektion übermittelten Auszug der Verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen des Beschwerdeführers vom 17.02.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - Rückkehrentscheidung

3.1.1. § 52 des Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet auszugsweise:

„Rückkehrentscheidung

§ 52 (…)

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a       nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4.       der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(…)

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(…)“

3.1.2. Als Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG gilt ein Fremder, der weder EWR-Bürger noch Schweizer Bürger ist.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Der Beschwerdeführer verfügt über den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU”, gültig bis 01.06.2022. Sein Aufenthalt ist daher rechtmäßig.

3.1.3. Das Bundesamt stützte die angefochtene Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 5 FPG, da der Beschwerdeführer über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU” verfüge und die Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 FPG erfülle. Sein weiterer Aufenthalt sei eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit.

Bei der Prüfung, ob die Annahme, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden. Dabei hat die Behörde im Fall von strafgerichtlichen Verurteilungen gestützt auf das diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten (zu ergänzen: unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Straftat) eine Gefährdungsprognose zu treffen. Die damit erforderliche, auf den konkreten Fall abstellende individuelle Prognosebeurteilung ist jeweils anhand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (VwGH vom 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).

Der Wohlverhaltenszeitraum des Fremden in Freiheit ist üblicherweise umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat (VwGH vom 26.04.2018, Ra 218/21/0027).

3.1.4. Das kriminelle Verhalten des Beschwerdeführers begann bereits im Jahr 2002, als der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch, des Vergehens der Hehlerei und des Vergehens der Veruntreuung rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt wurde.

Der Beschwerdeführer besserte sein Verhalten jedoch nicht, vielmehr wurde er im Jahr 2006 erneut wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch sowie wegen des Verbrechens des schweren Betruges zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, davon zwei Jahre bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde weiters in den Jahren 2008, 2009, 2012, 2015, 2016 und zwei Mal 2020 aufgrund von auf derselben Neigung beruhenden Straftaten zu (bedingten) Freiheitsstrafen von insgesamt 94 Monaten (sohin zu 7 Jahren und 10 Monaten) verurteilt. Die Strafen sind gem. § 4 Tilgungsgesetz 1972 auch noch nicht getilgt.

An diesen – diversen – Verurteilungen ist das immer stärker werdende strafrechtswidrige Verhalten des Beschwerdeführers zu erkennen, das bereits im Jahr 2002 begonnen und sich bis zu seinen Verurteilungen im Jahr 2020 weiter fortgesetzt bzw. gesteigert hat.

Der Beschwerdeführer konnte selbst durch teilweise unbedingte Freiheitsstrafen sowie offene Probezeiten nicht von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden.

Der Beschwerdeführer ist offenbar nicht bereit, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten, ist auf seinen finanziellen Vorteil bedacht und nahm zu seinem eigenen Vorteil die massive Schädigung Dritter in Kauf.

Auch der überaus lange Zeitraum, in dem der Beschwerdeführer strafrechtswidriges Verhalten gesetzt hat, zeugt von hoher krimineller Energie und widerstreitet der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Das persönliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers bestand nicht etwa in einem einmaligen „Fehltritt“ und einer daran folgenden Besserung seines Verhaltens. Er setzte über die Jahre kontinuierlich strafrechtswidrige Handlungen.

Da die letzte Verurteilung im Jahr 2020 erfolgte und der Beschwerdeführer zwischenzeitlich eine Haftstrafe verbüßte, kann keine positive Zukunftsprognose erstellt werden, sodass vom Beschwerdeführer auch weiterhin eine wesentliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeht.

Der Beschwerdeführer stellt daher eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, weshalb eine Rückkehrentscheidung zu erlassen war.

3.1.5. § 9 des BFA-VG lautet auszugsweise:

„Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9.

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

3.1.6. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien vorzunehmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR vom 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR vom 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH vom 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hierfür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979). Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Nach der Rechtsprechung des EGMR sind Kinder aus einer Familienbeziehung im Sinne des Art. 8 EMRK allein auf Grund ihrer Geburt und von diesem Zeitpunkt an ipso iure Teil dieser Familie. Mit der Trennung der Eltern endet nicht automatisch das Familienleben eines der Elternteile zu seinem minderjährigen Kind. Zur Beurteilung der Frage, ob ein „Familienleben“ iSd Art. 8 EMRK besteht, ist im Einzelfall auf das tatsächliche Vorliegen enger persönlicher Bindungen („close personal ties“) abzustellen, wobei es insbesondere auf das nachweisliche Interesse des betreffenden Elternteiles am Kind und sein diesbezügliches Engagement ankommt (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 03.12.2009, Zaunegger gegen Deutschland, Beschwerde Nr. 22028/04, Rdnr. 37 und 38, mwH auf die Rsp des EGMR; VwGH vom 28.06.2011, 2008/01/0583).

Gemäß der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind die Auswirkungen der Rückkehrentscheidung und die Konsequenzen einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers auf das Kindeswohl zu berücksichtigen (vgl. VfGH 24.09.2018, E 1416/2018-14). Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 17.340/2004 ausgeführt hat, darf eine Aufenthaltsbeendigung nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Betroffenen verletzt würde. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entsteht ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt (vgl. EGMR 21.6.1988, Fall Berrehab, Appl. 10.730/84 [Z 21]; 26.5.1994, Fall Keegan, Appl. 16.969/90 [Z 44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (EGMR 19.2.1996, Fall Gül, Appl. 23.218/94 [Z 32]).

Ferner ist es nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens, dass sich Eltern und Kinder der Gesellschaft des jeweiligen anderen Teiles erfreuen können. Davon ausgehend kann eine unzureichende Berücksichtigung des Kindeswohles zur Fehlerhaftigkeit der Interessenabwägung und somit zu einer Verletzung des Art. 8 EMRK führen (vgl. VfGH 28.2.2012, B 1644/10 mit Hinweis auf EGMR 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99 sowie insbesondere EGMR 28.6.2011, Fall Nunez, Appl. 55.597/09; 12.10.2016, E 1349/2016).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar ist, im Ergebnis allerdings dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie dies insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden (oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug) der Fall ist. Insbesondere schwerwiegende kriminelle Handlungen, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergibt, können die Erlassung einer Rückkehrentscheidung daher auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führt (vgl. etwa VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0359, mwN; 8.4.2020, Ra 2020/14/0108).

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist das Kinderwohl nicht nur dann zu berücksichtigen, wenn eine Rückkehrentscheidung gegenüber einer minderjährigen Person ergeht. Vielmehr ist es auch dann zu beachten, wenn die Rückkehrentscheidung sich gegen die Eltern einer minderjährigen Person richtet. […] Nach alledem ist Art. 5 der Richtlinie 2008/115 in Verbindung mit Art. 24 der Charta dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten vor Erlass einer mit einem Einreiseverbot verbundenen Rückkehrentscheidung das Wohl des Kindes gebührend zu berücksichtigen haben, selbst wenn es sich beim Adressaten der Entscheidung nicht um einen Minderjährigen, sondern um dessen Vater handelt. […] Diese Vorschrift ist also an sich schon weit gefasst und auf Entscheidungen anwendbar, die – wie etwa eine gegen einen Drittstaatsangehörigen, der Vater eines Minderjährigen ist, erlassene Rückkehrentscheidung – nicht an den Minderjährigen gerichtet sind, aber weitreichende Folgen für ihn haben. (EuGH vom 11.03.2021, Rs C-112/30).

Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen und es kann grundsätzlich nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden (vgl. etwa VwGH 23.2.2017, Ra 2016/21/0340, mwN). Diese Rechtsprechungslinie betraf allerdings nur Konstellationen, in denen der Inlandsaufenthalt bereits über zehn Jahre dauerte und sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (VwGH 25.4.2014, Ro 2014/21/0054; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001). In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Fremde, selbst wenn sie Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, nicht in Frage (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0249 mwN).

Insbesondere strafrechtliche Verurteilungen stellen Umstände dar, die die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland und eine erfolgte Integration relativieren können, wobei in dem Zusammenhang auch länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden können (vgl. VwGH 16.7.2020, Ra 2020/21/0113).

3.1.7. Der Beschwerdeführer hält sich seit mehr als dreißig Jahren in Österreich auf. Er war bzw. ist am österreichischen Arbeitsmarkt integriert und hat sich Deutschkenntnisse angeeignet.

In Österreich leben zwei minderjähre Kinder und eine volljährige Tochter sowie die Ehefrau und die Eltern und Schwestern des Beschwerdeführers.

Das Gericht verkennt nicht, dass eine Rückkehrentscheidung für den Beschwerdeführer eine maßgebliche Einschränkung des Kontaktes zu seinen beiden minderjährigen Kindern und seiner volljährigen Tochter, seiner Ehefrau und seinen Eltern mit sich bringen würde, die alle in Österreich aufenthaltsberechtigt sind.

Seine beiden minderjährigen Kinder, die bereits 14 und 16 Jahre alt sind, und seine Ehefrau können den Kontakt mit dem Beschwerdeführer jedoch über moderne Kommunikationsmittel (zB Telefon oder Videotelefonie) und Besuche in Bosnien aufrechterhalten.

Dazu kommt, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers mit den beiden minderjährigen Kindern bereits zuvor von 2006 bis 2012 (sohin 6 Jahre) vom Beschwerdeführer räumlich getrennt in Bosnien gelebt hat, während der Beschwerdeführer in Österreich aufhältig war. Es ist daher davon auszugehen, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers mit den beiden minderjährigen Kindern in Österreich auch einige Jahre ohne den Beschwerdeführer auskommen wird.

Der Beschwerdeführer hat – ohne Zweifel – großes Interesse an der Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens in Österreich.

Zu Lasten des Beschwerdeführers ist jedoch – wie bereits ausgeführt – sein mehrmaliges strafgesetzwidriges Fehlverhalten zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH besteht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen (vgl. VwGH 03.05.2005, Ra 2005/18/0076; VwGH 18.01.2005, 2004/18/0365; VwGH 28.09.2004, 2001/18/0187; VwGH 07.09.2004, 2001/18/0134; VwGH 25.09.2003, 99/18/0262).

Es ist unbestritten, dass aufenthaltsbeendigende Maßnahmen auch unter dem Aspekt der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen zu sehen sind. Schon vor diesem Hintergrund gefährdet sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit insbesondere das öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer strafrechtlich relevanter Delikte gegenüber (vgl. VwGH 18.01.2005, 2004/18/0365; VwGH 03.05.2005, 2005/18/0076; VwGH 09.09.2014, 2013/22/0246).

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteilen von Landes- bzw. Bezirksgerichten vom 08.05.2002, 03.11.2006, 29.10.2008, 15.12.2009, 14.06.2012, 29.09.2015, 09.06.2016, 09.01.2020 und vom 10.12.2020 wegen der Verbrechen des schweren bzw. versuchten Diebstahls durch Einbruch und des schweren Betruges sowie der Vergehen der Hehlerei und der Veruntreuung zu (bedingten) Freiheitsstrafen von 2 Monaten bis zu 3 Jahren (gesamt zu 7 Jahren und 10 Monaten) verurteilt.

Der Beschwerdeführer erschlich bzw. eignete sich mehrfach beträchtliche Beträge (bis zu EUR 60.000) durch massives strafrechtswidriges Verhalten an. Für die eigene Bereicherung nahm der Beschwerdeführer die teilweise massive Schädigung Dritter in Kauf. Er wollte sich durch sein Verhalten eine (fortlaufende) Einnahmequelle verschaffen und stellt daher eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, die ein Einreiseverbot erforderlich macht. Der Beschwerdeführer wurde mehrfach innerhalb offener Probezeit straffällig und steigerte sein kriminelles Verhalten. Der Beschwerdeführer war auf seinen eigenen finanziellen Vorteil bedacht und war trotz seines langen Aufenthaltes und seiner einschlägigen Vorstrafen nicht gewillt, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten.

Dieses Fehlverhalten bietet einen klaren Grund für die Annahme, dass vom Fremden eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr ausgeht, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Die sich seit Jahren aufbauende kriminelle Energie des Beschwerdeführers, die strafgerichtlichen Verurteilungen zu teilweise unbedingten Freiheitsstrafen (unter anderem während offener Probezeit) und die erst kurze Zeit in Freiheit und des Wohlverhaltens vermögen keine positive Zukunftsprognose zu erteilen.

3.1.8. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwiegen daher im Entscheidungszeitpunkt die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

Auch unter Berücksichtigung, dass zwei minderjährige Kinder des Beschwerdeführers in Österreich leben und eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer eine Trennung bewirkt und somit auch Auswirkungen auf das Kindeswohl hat, ist eine Rückkehrentscheidung und eine Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich aufgrund seiner massiven Straffälligkeit dringend geboten.

Unter dem Aspekt, dass eine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit somit erforderlich ist, ist daher eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 5 FPG zu erlassen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides – Zulässigkeit der Abschiebung

3.2.1. §§ 52 Abs. 9, 50 und 46 FPG lauten auszugsweise wie folgt:

„Rückkehrentscheidung

§ 52 …

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

…“

„Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1.       die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.       sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4.       sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

…“

„Verbot der Abschiebung

§ 50 (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

…“

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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