TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/18 W183 1302561-4

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Veröffentlicht am 18.08.2021
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Entscheidungsdatum

18.08.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §92 Abs1 Z4
FPG §92 Abs1 Z5
FPG §94 Abs1
FPG §94 Abs5

Spruch


W183 1302561-4/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. PIELER über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , staatenlos, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor KLAMMER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2020, XXXX , betreffend die Versagung eines Konventionsreisepasses zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.      Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.01.2011, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer Asyl gewährt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

2.       Am 06.03.2014 wurde dem Beschwerdeführer ein Konventionsreisepass ausgestellt, der bis zum 05.03.2016 gültig war.

3.       Am 22.04.2015 wurde der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien, Zl. XXXX , gemäß § 12, zweiter Fall, § 165 Abs. 1 StGB, § 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 1 und Z 2, Abs. 4, erster Fall, FPG sowie § 223 Abs. 2 und § 224 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.

4.       Am 26.06.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf neuerliche Ausstellung eines Konventionsreisepasses und wurde der Antrag mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 08.08.2018 abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.11.2018, Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen wurde. Das Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

5.       Am 03.07.2019 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses, der mit Bescheid des BFA vom 07.01.2020 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 05.05.2020, Zl. XXXX , als unbegründet ab. Das Erkenntnis ist rechtskräftig.

6.       Am 06.07.2020 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses, der mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 06.11.2020 abgewiesen wurde.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass es noch eines längeren Zeitraums des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers bedürfe, um von einem Wegfall der Versagungsgründe ausgehen zu können. Durch das Schlepperunwesen werde die öffentliche Ordnung erheblich gefährdet und es komme für die Ausstellung eines Konventionsreisepasses nicht bloß darauf an, dass dies im Interesse des Asylberechtigten gelegen sei, sondern es müsse auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung bestehen. Es sei ein restriktiver Maßstab anzulegen. Der verstrichene Zeitraum seit der Tatbegehung durch den Beschwerdeführer sei jedenfalls noch zu kurz, um von einem Wegfall der aufgrund seiner Verurteilung gerechtfertigten Annahme, dass er das Dokument benützen wolle, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken, ausgehen zu können.

7.       Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 03.12.2020 fristgerecht Beschwerde, in welcher er im Wesentlichen ausführte, dass die österreichische Regelung betreffend die Ausstellung eines Konventionsreisepasses (§ 94 Abs. 1 und Abs. 5 FPG, § 88 Abs. 4 sowie §§ 89 bis 93 FPG) nicht unionsrechtskonform erscheine und nicht der Genfer Flüchtlingskonvention entspreche. Reiseausweise seien nur dann nicht auszustellen, wenn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung entgegenstehen würden. Er rege daher an, das Bundesverwaltungsgericht möge gemäß Art. 267 AEUV den europäischen Gerichtshof mit der Vorabentscheidung zur Frage befassen, ob eine Straffälligkeit des Asylberechtigten als Schlepper grundsätzlich die Nichtgewährung eines Reisepasses aufgrund eines so entstandenen zwingenden Grundes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zulasse, oder ob es dazu des schwerwiegenderen Verbrechens des Menschenhandels zum Zwecke der Ausbeutung bedürfe. Selbst wenn er als Schlepper zu Recht § 92 Abs. 1 Z 4 FPG unterfalle, übersehe die belangte Behörde, dass er weder Schlepperei begehen noch an einer solchen mitwirken wolle. Abgesehen von seiner Verurteilung am 22.04.2015 sei er niemals strafrechtlich aufgefallen. Darüber hinaus lebe er mit seiner langjährigen Lebensgefährtin in einem gemeinsamen Haushalt und sei er auch für seine Stieftochter verantwortlich. Der Schluss der belangten Behörde, er wolle den Konventionsreisepass benützen, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken, treffe nicht zu und würde seine Lebensgefährtin dies auch gar nicht zulassen.

8.       In einer nicht datierten Stellungnahme (AS 9) brachte der Beschwerdeführer zudem vor, dass er Taxilenker sei und einige Fahrten nicht annehmen könne, da er keinen Konventionsreisepass habe. Auch könne er seine Geschwister in Deutschland und der Schweiz nicht besuchen und würde er gerne mit seiner Familie in Urlaub fahren. Seine Straftat bereue er.

9.       Mit Schriftsatz vom 30.12.2020 (eingelangt am 08.01.2021) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist staatenlos.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 14.01.2011, Zl. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer Asyl gewährt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Am 06.03.2014 wurde dem Beschwerdeführer ein Konventionsreisepass mit der Gültigkeitsdauer bis zum 05.03.2016 ausgestellt.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien, Zl. XXXX , vom 22.04.2015, rechtskräftig mit 27.04.2015, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 12 zweiter Fall, § 165 Abs. 1 StGB, § 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 1 und Z 2, Abs. 4, erster Fall, FPG sowie § 223 Abs. 2 und § 224 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.

Der Beschwerdeführer wurde für schuldig erkannt, als Mitglied einer kriminellen Vereinigung die rechtswidrige Ein- oder Durchreise von Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs, und zwar jeweils von der Türkei über Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich und fallweise weiter nach Deutschland und Dänemark mit dem Vorsatz gefördert zu haben, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt in der Höhe von EUR 8.000,00 bis EUR 10.000,00 pro geschleppter Person sowie einen zusätzlich in Österreich bei Abholung zu entrichtenden Führerlohn unterschiedlicher Höhe unrechtmäßig bereichert zu haben, wobei er die Tat gewerbsmäßig in Bezug auf eine größere Zahl von Fremden und auf eine Art und Weise beging, durch die die Fremden insbesondere während der Beförderung auf engstem Raum mit geringwertiger Versorgung an Nahrungsmitteln und Hygienemöglichkeiten, schlechter Luft und ohne Fahrtpausen längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurden. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden begangen, indem er einen verfälschten französischen Reisepass im Rechtsverkehr zum Beweis seiner Identität gebraucht hat. Außerdem hat er das Vergehen der Geldwäscherei als Bestimmungstäter begangen.

Am 14.02.2017 wurde der Beschwerdeführer bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren aus der Haft entlassen.

2. Beweiswürdigung:  

Die Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen und sind unbestritten, insbesondere hinsichtlich der festgestellten rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers.

Sie basieren auf dem gegenständlichen Antrag des Beschwerdeführers vom 06.07.2020, dem verfahrensgegenständlichen Bescheid, dem Beschwerdeschriftsatz, dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 06.11.2020, der Strafregisterabfrage vom 19.07.2021, dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.05.2020, Zl. XXXX , und dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.11.2018, XXXX .

3. Rechtliche Beurteilung:    

3.1.    Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

3.2.    Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.3.    Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall geht der entscheidungsrelevante Sachverhalt eindeutig aus den Verfahrensakten zu den Anträgen auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses sowie der Beschwerde hervor, und zwar insbesondere hinsichtlich der Feststellungen betreffend die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers. Die mündliche Erörterung lässt daher eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich.

3.4.    Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 94 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ist einem Fremden, dem in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag ein Konventionsreisepass auszustellen.

Gemäß § 92 Abs. 1 FPG ist die Ausstellung eines Fremdenpasses unter anderem zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken (Z 4) oder durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde (Z 5). Liegen diesen Tatsachen gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist gemäß § 92 Abs. 3 FPG bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten außer Betracht zu bleiben haben.

Gemäß § 94 Abs. 5 FPG sind diese Bestimmungen auch auf Konventionsreisepässe anzuwenden.

Der Beschwerdeführer bestreitet die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellte rechtskräftige Verurteilung vom 22.04.2015 und die dieser Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten nicht.

Dem Beschwerdeführer liegt zur Last, gewerbsmäßig, somit in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung der Schlepperei eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), und als Mitglied einer kriminellen Organisation eine größere Anzahl von Personen geschleppt zu haben, noch dazu auf eine Art und Weise, durch die die Fremden insbesondere während der Beförderung auf engstem Raum mit geringwertiger Versorgung an Nahrungsmitteln und Hygienemöglichkeiten, schlechter Luft und ohne Fahrtpausen längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurden.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug einer Haftstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat, womit für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich ist. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118; 29.09.2020, Ra 2020/21/0305).

Der Umstand, dass ein Fremder bereits in der Vergangenheit Schlepperei begangen hat und deswegen verurteilt wurde, stellt eine Tatsache dar, die grundsätzlich für die Annahme spricht, er wolle den Konventionsreisepass benützen, um (neuerlich) Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken (VwGH 05.07.2012, 2010/21/0345). Bei Schleppereidelikten, die gewerbsmäßig und im Zusammenwirken in einer kriminellen Vereinigung begangen wurden, ist zudem eine große Wiederholungsgefahr indiziert (VwGH 10.04.2014, 2013/22/0314; 16.05.2013, 2012/21/0253).

An der Verhinderung der Schlepperei besteht ein großes öffentliches Interesse, das die Versagung eines Konventionsreisepasses aus Gründen der öffentlichen Ordnung rechtfertigt (vgl. VwGH 05.07.2012, 2010/21/0345). Ihr kommt hinsichtlich des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung – auch aus unionsrechtlicher Sicht – ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH 02.04.2021, Ro 2021/01/0010; 13.02.2020, Fe 2019/01/0001).

Konkret liegt dem Versagungsgrund eine gerichtlich strafbare Handlung zugrunde, weshalb gemäß § 92 Abs. 3 FPG bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen ist, wobei Haftzeiten bei der Beurteilung des Wohlverhaltens außer Betracht zu bleiben haben (vgl. auch VwGH 26.11.2009, 2009/18/0460).

Im konkreten Fall sind bis zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt seit der Haftentlassung des Beschwerdeführers am 14.02.2017 erst rund viereinhalb Jahre vergangen, in denen sich der Beschwerdeführer insofern wohl verhalten hat, als dass er keine weiteren Straftaten begangen hat.

Bei der von ihm begangenen Straftat handelt es sich um einen gravierenden Verstoß gegen das große öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen. Bei einer im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen gewerbsmäßigen Schlepperei gegen ein beträchtliches Entgelt und unter Versetzung der Fremden in einen qualvollen Zustand, so wie gegenständlich, handelt es sich um ein unter fremdenrechtlichen Aspekten besonders verpöntes Verhalten (vgl. VwGH 20.05.2021, Ra 2021/21/0146).

Der Beschwerdeführer beging zudem noch das Vergehen der Geldwäscherei sowie der Fälschung besonders geschützter Urkunden.

Der Zeitraum von rund viereinhalb Jahren seit der Haftentlassung des Beschwerdeführers ist daher konkret als zu kurz zu beurteilen, um von einem Wegfall der aufgrund der Verurteilung des Beschwerdeführers gerechtfertigten Annahme, dass er das Dokument benützen wolle, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken, ausgehen zu können, und bedarf es noch eines längeren Zeitraumes des Wohlverhaltens, um von einem Wegfall des genannten Versagungsgrundes ausgehen zu können (vgl. VwGH 16.05.2013, 2012/21/0253 zu einem Zeitraum von knapp acht Jahren seit der Verurteilung wegen Schlepperei, wobei die Tat hier nicht gewerbsmäßig begangen wurde, und VwGH 10.04.2014, 2013/22/0314 zu einem Zeitraum von elf Jahren und acht Monaten seit der Tatbegehung bzw. einem Zeitraum von sechs Jahren und sieben Monaten seit dem Ende der Strafhaft).

Der Wortlaut des § 92 Abs. 1 FPG ("... ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen ...") räumt der Behörde auch kein Ermessen ein, das ein Absehen von der Versagung erlaubt hätte (vgl. VwGH 24.09.2009, 2009/18/0155; 17.02.2006, 2006/18/0030). Bei der Versagung eines Konventionsreisepasses ist auch nicht auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen Rücksicht zu nehmen (vgl. VwGH 07.07.2009, 2007/18/0243; 24.06.2010, 2009/21/0084). Für die Berücksichtigung der in der Beschwerde genannten Umstände, dass der Beschwerdeführer einer Arbeit nachgehe, mit seiner langjährigen Lebensgefährtin zusammenlebe und auch verantwortlich für deren Tochter sei, ist daher kein Raum, zumal der Zeitraum des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers von knapp viereinhalb Jahren seit der Haftentlassung angesichts seines unter fremdenrechtlichen Aspekten besonders verpönten Verhaltens und vor dem Hintergrund oben zitierter Judikatur als relativ kurz zu beurteilen ist.

Im Übrigen ist es ebenfalls ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das Fehlverhalten eines Fremden und die daraus abzuleitende Gefährlichkeit ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts, also unabhängig von gerichtlichen Erwägungen über bedingte Strafnachsichten oder einer bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug, zu beurteilen ist (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118; 29.09.2020, Ra 2020/21/0305). Daher geht auch das Vorbringen des Beschwerdeführers ins Leere, er sei bereits kurz nach Rechtskraft des Urteils Freigänger geworden und habe seine Strafhaft bereits ab dem 25.07.2016 im Hausarrest absitzen dürfen (AS 50).

Die vom Beschwerdeführer behauptete Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Bestimmungen hinsichtlich der Ausstellung bzw. Versagung eines Konventionsreisepasses kann ebenfalls nicht erkannt werden.

Die vertragsschließenden Staaten haben sich nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention zur Ausstellung von Reisedokumenten an Flüchtlinge, die sich erlaubterweise auf ihrem Gebiet aufhalten, nur dann verpflichtet, wenn keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung dagegensprechen, wovon aber aufgrund des besonders großen Gefährdungspotentials des Schleppereiunwesens nicht auszugehen ist.

Bei dieser Sachlage kann vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Beurteilung der belangten Behörde, dass die Ausstellung des beantragten Konventionsreisepasses zu versagen ist, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.5.    Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.3. zitierte Judikatur). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Gefährdung der Sicherheit Konventionsreisepass Reisedokument Schlepperei staatenlos strafrechtliche Verurteilung Versagung Konventionsreisepass Versagungsgrund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W183.1302561.4.00

Im RIS seit

20.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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