TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/25 W153 2245320-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.08.2021
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Entscheidungsdatum

25.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch


W153 2245320-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2021, Zl. 313299008-210009032, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF), Staatsangehöriger von Georgien, reiste erstmalig am 01.04.2004 illegal in das Bundesgebiet ein und sein Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid vom 28.03.2007 rechtskräftig abgewiesen. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und erst am 05.01.2012 gelang es, den BF auf dem Luftweg in seinen Herkunftsstaat abzuschieben.

Am 27.05.2014 wurde der BF im Bundesgebiet mit einer gefälschten Urkunde (litauischer Führerschein – Totalfälschung) betreten.

Mit Urteil des zuständigen Straflandesgerichts vom 24.06.2016 wurde der BF wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden zu einer Freiheitsstrafe von 1 Monat, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Am 16.06.2014 reisten der BF nachweislich nach Georgien aus. Er suchte dann in mehreren Mitgliedstaaten um internationalen Schutz an und hielt sich auch öfters in Österreich auf. Letztmalig reiste er am 31.12.2019 in das Bundesgebiet ein und stellte am 04.01.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Zuvor hatte der BF am 19.05.2020 erstmals einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „rot-weiß-rot Karte Plus“ angesucht, welcher mit 07.10.2020 rechtskräftig abgewiesen wurde.

In der Ersteinvernahme gab der BF als Fluchtgrund an, dass er in Georgien Probleme mit kriminellen Personen habe. Diese hätten gute Beziehungen mit gewissen Polizisten und darum habe er auch Probleme mit diesen Polizisten. Auf ihm sei schon mindestens fünf Mal ein Mordanschlag verübt worden und er sei dabei schwer verletzt worden. Seine Familie lebe hier und er wolle mit seinen Kindern zusammen sein. Er habe keine weiteren Gründe für eine Asylantragstellung.

Mit Aktenvermerk der EAST-Ost vom 25.01.2021 wurde das Verfahren gem. § 24Abs. 2 AsylG eingestellt. Da der BF ohne Angabe einer weiteren Anschrift die Betreuungseinrichtung verlassen hat und keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet eruiert werden konnte, wurde das Verfahren eingestellt und ein Festnahmeauftrag erlassen.

Am 23.02.2021 wurde der Festnahmeauftrag widerrufen, da der BF seinen Aufenthaltsort bekannt gab.

Am 10.05.2021 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen und wiederholte im Wesentlichen seine Fluchtgründe. Ergänzend führte er aus, er werde auch in Österreich von Georgiern verfolgt und daher habe er auch Probleme mit seiner Frau. Er gab aber auch an, dass er bei der MA 35 vergeblich um ein Visum angesucht habe. Er sei daher gezwungen einen Asylantrag zu stellen. Da er eine Versicherung und medizinische Behandlung benötige. Er wolle irgendeinen Status, um hier bei seiner Familie zu sein.

Aufgrund der Angaben des BF in der Einvernahme wurde am 10.05.2021 auch die Ehefrau einvernommen, die diese Angaben nicht bestätigte.

Mit Bescheid des BFA vom 11.05.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen den BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) und festgestellt, dass der BF gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 28.06.2019 verloren habe (Spruchpunkt VIII.).

Gegen den Bescheid des BFA, der am 22.06.2021 durch Hinterlegung zugestellt wurde, erhob der BF am 20.07.2021 Beschwerde.

Die Beschwerde langte am 12.08.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger von Georgien. Die Identität des BF steht fest, er benutzte jedoch im Bundesgebiet mehrere Aliasnamen.

Der BF ist ein georgischer Staatsangehöriger, der Volksgruppe der Georgier und der Religionsgemeinschaft der Christen zugehörig. Er spricht Georgisch, Russisch und ein wenig Deutsch.

Der BF ist in Georgien, in XXXX geboren, ist dort aufgewachsen und hat vor der letzten Einreise nach Österreich auch dort gelebt.

Der BF hat neun Jahre die Grundschule besucht, hat keine spezifische berufliche Ausbildung und von Gelegenheitsarbeiten (Fußballer, Renovierungsarbeiten, Inhaber einer Bäckerei; vgl. AS 212) gelebt.

In Georgien leben seine Mutter, ein Bruder und eine Schwester. Es ist davon auszugehen, dass der BF in seinem Heimatstaat über ausreichende familiäre Anknüpfungspunkte verfügt und zu Familienmitgliedern leicht Kontakt aufnehmen kann.

Der BF leidet an keiner schwerwiegenden oder in Georgien nicht behandelbaren Krankheit. Was die pandemiebedingte Situation betreffend das Virus Sars-CoV-2 bzw. die Krankheit COVID-19 anbelangt, wird festgestellt, dass der BF keiner Risikogruppe angehört, bei der im Falle einer Ansteckung ein schwererer Krankheitsverlauf zu befürchten ist.

Der BF war in Georgien nicht wegen seiner von ihm behaupteten Verfolgung oder Bedrohung von asylrelevantem Ausmaß durch kriminelle Privatpersonen und Polizisten ausgesetzt. Es droht ihm in Georgien, einem sicheren Herkunftsstaat, keine Gefahr aus Konventionsgründen. Der georgische Staat ist schutzfähig und schutzwillig.

Dem BF ist die Rückkehr nach Georgien zumutbar. Im Falle einer Rückkehr würde er in keine existenzgefährdende Notlage geraten bzw. es würde ihm nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen werden. Er läuft nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten.

Im Falle einer Abschiebung in den Herkunftsstaat ist der BF nicht in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht.

Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr ausschließen, konnten nicht festgestellt werden.

Der BF reiste erstmalig 2004 illegal in das Bundesgebiet ein und sein Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid vom 28.03.2007 rechtskräftig abgewiesen. Er kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und erst am 05.01.2012 gelang es, den BF auf dem Luftweg in seinen Herkunftsstaat abzuschieben. Später hielt sich der BF immer wieder zeitweise im Bundesgebiet auf (vgl. Kopien des Reisepasses im Akt).

2014 wurde der BF im Bundesgebiet mit einer gefälschten Urkunde (litauischer Führerschein – Totalfälschung) betreten und dafür am 24.06.2016 vom zuständigen Landesgericht wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden zu einer Freiheitsstrafe von 1 Monat, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Letztmalig reiste er am 31.12.2019 in das Bundesgebiet ein und stellte am 04.01.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

In Österreich heiratete er am 26.04.2017 eine georgische Staatsangehörige, die über ein Aufenthaltsrecht (Rot-Weiß-Rot – Karte) in Österreich verfügt. Das Ehepaar hat gemeinsam drei minderjährige Kinder, wobei zwei Kinder aus der Beziehung vor der Eheschließung entstammen. Die Kinder sind 16 und 12 Jahre alt, das jüngste Kind ist 1 Jahr und 9 Monate alt, welche über einen Daueraufenthalt EU verfügen.

Die Gattin lebt mit den Kindern in einem gemeinsamen Haushalt und durchgehend in Österreich. Beide Elternteile haben zwar die Obsorge für die Kinder, es besteht jedoch kein gemeinsamer Haushalt und die Ehepartner leben in Trennung. Die Ehegattin wünscht die Scheidung. Der BF nimmt nur unregelmäßig Kontakt zu seinen Kindern auf. Die Gattin gab bei der Befragung an, dass der BF in einer anderen Wohnung lebe, die ihr nicht bekannt sei. Es gäbe kein schützenswertes Familienverhältnis. Manchmal tauche der BF auf und wolle sich mit den Kindern treffen. Die Treffen würden nicht in der Wohnung stattfinden. Die älteren Kinder würden eigentlich gar nicht mehr den Kontakt mit dem BF wollen.

Es wird festgestellt, dass im konkreten Fall das Kindeswohl durch eine Rückkehrentscheidung nicht wesentlich beeinträchtigt ist. Der BF lebt mit den Kindern nicht in einem gemeinsamen Haushalt. Ein Kontakt zu den Kindern besteht nur sehr unregelmäßig. Eine besondere Abhängigkeit der Kinder vom BF, die einen dauerhaften Aufenthalt in Österreich notwendig machen würde, wurden nicht substantiell behauptet. Da die Kinder ebenfalls georgische Staatsangehörige sind, ist ein gegenseitiger Besuch und ein temporärer Aufenthalt des BF in Österreich jederzeit möglich und aufgrund der festgestellten losen Bindung der Kinder zum BF zumutbar.

Der BF lebt von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und geht keinem Erwerb nach. Er hat keine weiteren sozialen Bindungen zu Österreich.

Es wird somit festgestellt, dass kein schützenswertes Privat- und Familienleben vorliegt.

Hinsichtlich der Situation in Georgien hat sich seit den Länderfeststellungen im Bescheid (Mai 2021) nichts Wesentliches geändert.

Zur Lage im Herkunftsstaat

COVID-19

Letzte Änderung: 29.03.2021

COVID-19-Infektionen kommen in allen Regionen des Landes vor; und es kommt landesweit zu unkontrollierter Übertragung von COVID-19 (USEMB 25.2.2021). Georgien hat die Verbreitung von COVID-19 im Frühling 2020 durch strenge Maßnahmen weitgehend eingedämmt. Nachdem im Sommer 2020 die strengen Regeln aufgehoben, die Einreisebestimmungen an den Grenzen gelockert und Inlandstourismus beworben wurde, kam es ab Ende August 2020 zu einem exponentiellen Anstieg bei positiven Tests. Bis Mitte September 2020 stieg die Zahl der täglichen positiven Testergebnisse von niedrigen zweistelligen Zahlen auf etwa 150 (Eurasianet 18.9.2020) und um Mitte Oktober auf ungefähr 1.000 (Jam 16.10.2020). Gegen Ende November 2020 lag die tägliche Zahl positiver Tests um die 4.000 und die der Verstorbenen an oder mit SARS-CoV-2 bei 35-50 Personen (Agenda 26.11.2020). Im Dezember stieg die tägliche Zahl der Infektionen auf ca. 5.000. Mit strengen Maßnahmen konnte die zweite Welle bis Mitte Jänner 2021 weitgehend unter Kontrolle gebracht werden (civil 18.1.2021).

Der öffentliche Überlandverkehr wurde landesweit mit 25.2.2021 wieder aufgenommen (USEMB 25.2.2021). Mit Wirkung von 1.2.2021 durften Schulen, Hochschulen und Kindergärten wieder öffnen (Jam 23.1.2021). Weitere Lockerungen des wirtschaftlichen Lebens wurden im Zeitraum Februar-März 2021 ermöglicht (Gov.ge 24.2.2021). Stand Mitte März 2021 bestehen weiterhin nächtliche Ausgangssperren (USEMB 25.2.2021; vgl. Gov.ge 24.2.2021).

Mitte Jänner 2021 wurde der nationale Impfplan vorgestellt. Die Risikogruppen sollen bisJahresmitte 2021 geimpft sein. Es ist nicht zu erwarten, dass Personen, die nicht denRisikogruppen angehören, vor dem Spätsommer/Frühherbst 2021 geimpft werden (civil18.1.2021). Am 13.3.2021 erhielt Georgien, mit Unterstützung der Vereinten Nationen,erstmals 43.200 Impfdosen von Astra Zeneca (UNICEF 12.3.2021).

Mit 1.2.2021 wurden alle Einschränkungen für Linienflüge aufgehoben (1TV 1.2.2021; vgl. Jam 23.1.2021). Alle Personen, die einen vollständigen Impfschutz nachweisen können, müssen bei Einreise nicht in Quarantäne. Personen, die keinen Impfschutz und keinen negativen PCR-Test (nicht älter als 72 Stunden), nachweisen können, werden bei Einreise für unbestimmte Zeit und auf eigene Kosten in Quarantäne verbracht (USDOS 25.2.2021;

vgl. MoF o.D.), falls eine Selbstisolierung nicht möglich ist. Bei Vorlage eines negativen PCR-Tests (nicht älter als 72 Stunden) muss eine achttägige Selbstisolation samt einer weiteren PCR-Testung fünf Tage nach Einreise auf eigene Kosten durchgeführt werden (MoF o.D.).

Wehrdienst und Rekrutierungen

Letzte Änderung: 29.03.2021

Die 2017 wieder eingeführte Wehrpflicht von zwölf Monaten (CIA 24.2.2021; vgl. AA 17.11.2020, EBCO 14.2.2020, EE 24.2.2021) betrifft Männer im Alter zwischen 18 und 27 Jahren (CIA 24.2.2021).

Fahnenflüchtige werden gemäß den gesetzlichen Vorgaben strafrechtlich verfolgt. Ihnen drohen Gefängnisstrafen von drei bis zehn Jahren (AA 17.11.2020). Die Stellung erfolgt zweimal im Jahr - im Frühjahr und im Herbst. Drei Regierungsbehörden rekrutieren Wehrpflichtige für ihre Bedürfnisse: das Verteidigungsministerium, das Innenministerium und das Ministerium für Justizvollzug. Nur 25% der Wehrpflichtigen kommen in die Armee. Der Rest dient als Hilfskraft bei der Polizei oder in der Bewachung von Gefängnissen. Die Betroffenen erhalten fast keine militärische Ausbildung und dienen, einschließlich der Bewachung von privaten Einrichtungen, entweder unbezahlt oder für ein symbolisches Gehalt von GEL 75 (ca. EUR 23) (JAM 4.9.2018; vgl. EE 24.2.2021).

Grundversorgung

Letzte Änderung: 29.03.2021

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet (AA 17.11.2020). Die staatliche Sozialhilfe liegt bei GEL 220 [ca. EUR 55] im Monat. Die Rentensätze für Personen unter 70 Jahre liegen bei 220 Georgischen Lari [GEL; ca. 55 Euro] im Monat. Rentner über 70 Jahre erhalten aktuell zwischen 250 und 300 GEL [ca. 62 bis 75 Euro]. Zum Erhalt müssen die Personen seitens der Behörden als bedürftig eingestuft werden. Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband. Eine große Rolle spielen die Geldtransfers der georgischen Diaspora im Ausland (AA 17.11.2020).

Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung seit 2003 sind große Teile der georgischen Bevölkerung unterbeschäftigt oder arbeitslos. Etwa 20 % der Georgier leben in Armut. Vor allem die Bewohner der ländlichen Bergregionen sind betroffen, aber auch städtische Arbeitslose sowie zumeist in Isolation lebende Binnenvertriebene und Alleinerzieherinnen. Ländliche Armut führt meist zu Landflucht oder Emigration. Die Rücküberweisungen von saisonalen und permanenten Auslandsmigranten machen einen nennenswerten Anteil des Bruttoinlandsprodukts aus (ADA 8.2020).

Die meisten Arbeitsplätze gibt es im Groß- und Einzelhandel sowie in Autowerkstätten, im Kleinwarengeschäft, in der Industrie und im Bauwesen (IOM 2019). Viele Pensionisten sind noch erwerbstätig, da die Pension alleine zum Überleben nicht ausreicht. Dagegen ist die Arbeitslosigkeit unter den 15-25-Jährigen recht hoch. Die meisten Erwerbstätigen befinden sich im Alter von 40 bis 60 Jahren (IOM 2019). Das Durchschnittseinkommen (nominal) der unselbstständig Beschäftigten lag im dritten Quartal 2020 bei den Männern bei GEL 1.472,5 [rund EUR 370] und bei den Frauen bei GEL 978,1 [rund EUR 245] (GeoStat 2021b).

Die COVID-19-Pandemie hatte verheerende Auswirkungen auf die Wirtschaft (HRW 13.1.2021; vgl. KP 11.2.2021, ADA 8.2020) Statt der ursprünglich prognostizierten Steigerung des Brutto-Inlands-Produktes (BIP) um 4,3 % wurde am Jahresende schließlich ein Rückgang um 5,1 % des BIP vermeldet (KP 11.2.2021). Allein im zweiten Quartal 2020 schrumpfte das BIP um über 16 % (HRW 13.1.2021) Der Tourismus, der in den letzten Jahren stark gewachsen war und für rund 20 % des georgischen BIP verantwortlich ist, kam völlig zum Erliegen (KfW 3.6.1010). Die Zahl der internationalen Besucher Georgiens sank im Jahr 2020 um 80 % im Vergleich zum Vorjahr (KP 11.2.2021).

Es kam 2020, im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, zu einem Anstieg von Arbeitslosigkeit und Armut (HRW 13.1.2021; vgl. ADA 8.2020, GeoStat 2021a). Die Arbeitslosigkeit lag im 4. Quartal 2020 im urbanen Raum bei 22,2 % (verglichen mit 16,6 % im 4. Quartal 2019). Im ländlichen Raum lag die Arbeitslosigkeit im 4. Quartal 2020 bei 17,7 % (verglichen mit 16,7 % im 4. Quartal 2019) (GeoStat 2021a). Die hohe Zahl Erwerbstätiger in ländlichen Gegenden ist mit den gering vergüteten Jobs im Agrarsektor zu erklären (IOM 2019). Um die Folgen der COVID-19-Pandemie abzumildern, verabschiedete die Regierung im April 2020 einen Anti-Krisen-Plan in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar, der ein Sozialhilfepaket für Einzelpersonen sowie Steuererleichterungen und -befreiungen für Unternehmen für mindestens sechs Monate beinhaltete. Drei Monate vor den Wahlen im Oktober 2020 kündigte die Regierung zusätzliche Anti-Krisen-Maßnahmen in Höhe von 132 Millionen US-Dollar an, darunter ein weiteres Sozialhilfepaket. Die Opposition und einige zivilgesellschaftliche Gruppen sahen die Schritte als "Manipulation, um Wähler anzulocken" (HRW 13.1.2021).

Negativ hat sich auch der Außenhandel Georgiens entwickelt, die Exporte sanken um 12 %, die Importe um knapp 16 %, allerdings von einem weitaus höheren Realniveau. Das Außenhandelsdefizit hat sich daher nur geringfügig verbessert. Die Entwicklung des Wechselkurses zum Euro ist weitaus dramatischer: Seit Jahresanfang 2021 hat sich der Lari auf einem Wert von etwa 4:1 zum Euro eingependelt, am Jahresanfang 2020 lag er noch bei 3,2:1. Überraschenderweise sind die Rücküberweisungen der Auslandsgeorgier im vergangenen Jahr um 8,8 % gestiegen, was sich durchaus mäßigend auf die Abwertung des Lari ausgewirkt hat (KP 11.2.2021).

Sozialbeihilfen

Letzte Änderung: 29.03.2021

Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen Zuschüsse:

Existenzhilfe, Re-Integrationshilfe, Pflegehilfe, Familienhilfe, Soziale Sachleistungen, Sozialpakete (IOM 2019)

Menschen unterhalb der Armutsgrenze können zum Beispiel mit einer Unterstützung von GEL 10-60 [Georgische Lari; entspricht ca. 2,50 bis 15 Euro] pro Familienmitglied rechnen.

Der Sozialdienst ist für Personen unterhalb der Armutsgrenze verantwortlich. Der staatliche Fond zum Shutz und Unterstützung für Opfer von Menschenhandel hilft schutzbedürftigen Personen, wie z.B. Opfern häuslicher Gewalt, Personen mit Einschränkungen, Alten und Waisen. Dabei bietet er: Kinderheime, Pflegeheime für Personen mit Einschränkungen, Unterkünfte für Opfer von Menschenhandel, Krisenzentren und Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt. Eine Arbeitslosenunterstützung gibt es nicht (IOM 2019).

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie vor Ort, wobei in der „Familiendeklaration“ der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: GEL 60 [ca. 15 Euro] für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied GEL 60 [ca. 15 Euro] und alle anderen GEL 48 [ca. 12 Euro] pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen „Haushaltsunterstützung“ oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).

Es gibt ein staatliches Pensionssystem. Bezugsberechtigt sind Männer über 65 und Frauen über 60 Jahre. Für die Registrierung der Pension ist ein Antrag beim zuständigen Sozialamt (Social Service Centre) nötig. Die Entscheidung fällt innerhalb von zehn Tagen. Personen, die bereits aus dem Ausland eine Pension beziehen, sind vom georgischen Pensionssystem ausgeschlossen (IOM 2019). Die Höhe der Pension wird jährlich gemäß Inflationsrate und Wirtschaftswachstumsdaten angeglichen. Mit 1.1.2021 stieg die Alterspension auf 240 GEL[ca. 60 Euro] für Personen unter 70 Jahre und auf 275 GEL[ca. 69 Euro] für Personen über 70 Jahre. Es gibt Zuschläge für Pensionisten, die in Hochgebirgssiedlungen leben (Agenda 5.1.2021).

Seit dem 1.1.2019 ist das kumulierte Pensionssystem für Beschäftigte unter 40 Jahren verpflichtend, d.h., sie werden automatisch registriert. Für Selbständige und Personen über 40 Jahren ist die Aufnahme in das Programm freiwillig. Dieses System gilt sowohl für Mitarbeiter des öffentlichen als auch des privaten Sektors. Das System wird nach einem 2+2+2-Schema arbeiten. Jeder Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der Staat leisten einen Beitrag von je 2% des Bruttoeinkommens des Arbeitnehmers auf ein individuelles Pensionskonto. Selbstständige müssen eine Einlage von 4% ihres Einkommens leisten und der Staat schießt weitere 2% zu. Das neue Pensionsgesetz sieht keine Aufhebung des bestehenden Pensionssystems vor (Agenda.ge 3.1.2019). Angesichts der Tatsache, dass Georgien bislang nur eine Pensionsersatzrate von 18% aufweist und über 44% der

Erwerbstätigen Selbstständige sind, insbesondere in der einkommensschwachen Landwirtschaft, bestehen Zweifel am Funktionieren des neuen Systems (OCM 14.12.2018). Das Recht auf Mutterschaftskarenz- und Pflegeurlaub gewährleistet 730 Tage Freistellung, von denen 183 Tage bezahlt sind. Bei Geburtskomplikationen oder der Geburt von Zwillingen werden 200 Tage bezahlt. Das Mutterschaftsgeld, auch im Falle einer Adoption, beträgt maximal GEL 1.000 [ca. 250 Euro] (SSA o.D.b, vgl. USSSA 3.2019).

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 29.03.2021

Medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care, UHC) sowie zusätzlich bestehende staatliche Gesundheitsprogramme für bestimmte Krankheitsbilder (z. B. Diabetes, Hepatitis C, Tuberkulose) je nach sozialer Lage kostenlos oder mit Zuzahlungen gewährleistet. Mit privater Krankenversicherung kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden (AA 17.11.2020; vgl. SEM 21.3.2018, BDA 2019). Da Versicherte bei bestimmten Leistungen einen Teil der Kosten selbst bezahlen müssen, spricht man von einem co-payment System. Eingeschlossen ins UHC sind alle Bewohner der de facto unabhängigen Republiken Abchasien und Südossetien, denen der georgische Staat neutrale Identitäts- und Reisepapiere ausstellt.

Offiziell anerkannte Staatenlose haben ebenfalls Anrecht auf UHC. Nur einen Teil der Leistungen erhält, wer vor dem 1.1.2017 eine private Krankenversicherung besaß oder über den Arbeitgeber krankenversichert war. Seit 1.5.2017 wird bei der Kostenübernahme zudem nach Einkommen differenziert. Personen mit hohem Einkommen sind von der UHC ausgeschlossen. Personen mit mittlerem Einkommen erhalten nur einen Teil der Leistungen. Für sozial schwache Gruppen, Kinder und Rentner bleiben die Leistungen wie gehabt bestehen (SEM 21.3.2018; vgl. BDA 2019).

Im Notfall wendet sich ein georgischer Bürger an eine beliebige medizinische Einrichtung. Alle medizinischen Einrichtungen sind an der UHC beteiligt. Für geplante stationäre Behandlungen wendet man sich mit einem gültigen Ausweis und einer Überweisung eines Allgemeinmediziners an die Abteilung Social Service Agency. Die Social Service Agency betreibt eine Hotline unter der Nummer 1505. Die Social Service Agency stellt einen Gutschein (Voucher) oder einen „Letter of Guarantee“ (dt. Garantiebrief) über die von ihr berechneten Kosten für die beantragte medizinische Dienstleistung aus (SEM 21.3.2018; vgl. BDA 2019). Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung.

Für manche lebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus EU-Ländern (AA 17.11.2020).

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurde der laufende Ausbau elektronischer medizinischer Dienstleistungen weiter forciert. Ab Frühling 2021 soll die Möglichkeit für elektronische Arztgespräche flächendeckend verfügbar sein. Dies soll insbesondere die Primärversorgung in peripheren Gebieten verbessern (EU4Digital 7.12.2020).

Das staatliche Gesundheitssystem (UHC) umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen, wie folgt:

Offen für alle Staatsbürger sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus.

Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt.

Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie Insulin für Diabetespatienten. Dialyse ist ebenfalls gewährleistet.

Für Drogenabhängige ist ein staatlich gefördertes Methadon-Ersatzprogramm kostenfrei verfügbar. Lediglich eine einmalige Registrierungsgebühr von GEL 70 [ca. 17 Euro] muss entrichtet werden.

Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren ist teilweise gedeckt, abhängig von der Krankheit.

Kontaktinformationen erhält man beim Ministerium für Gesundheit (Ministry of Health) (IOM 2019)

Hat man Anrecht auf die gesamten Leistungen der UHC, werden Kosten in den drei Bereichen Notfallbehandlung, stationäre Behandlung und ambulante Behandlungen ganz oder zum Teil übernommen. Eine Kostenübernahme von 100% bedeutet in den meisten Fällen, dass der Staat der medizinischen Institution einen fixen Betrag zurückerstattet. Für die Berechnung dieses Betrags analysiert der Staat, wie viel die Dienstleistung in der

Vergangenheit kostete und nimmt davon einen tiefen Durchschnittswert. Kommt die Behandlung teurer, muss der Patient die Differenz selber bezahlen (SEM 21.3.2018; vgl. BDA 2019, IOM 2019). Ambulante und einige stationäre Notfallbehandlungen werden zu 100% übernommen (SEM 21.3.2018; vgl. IOM 2019). Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt werden zu 70-100% übernommen, einige Notfallbehandlungen zu 100% (IOM 2019). Von den stationären Behandlungen werden spezifische Operationen und die stationäre Nachbetreuung zu 100% übernommen. Andere Leistungen werden zu 70% übernommen (SEM 21.3.2018). Notwendige Operationen werden zu 70% übernommen (IOM 2019).

Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert. Allerdings ist eine Registrierung notwendig, um alle Leistungen des Programms beanspruchen zu können. In diesem Zusammenhang sollten Rückkehrer die 1505 Hotline des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales anrufen oder sich direkt an die nächstgelegene Poliklinik oder Krankenhaus wenden (IOM 2019).

Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die allgemeine Krankenversicherung nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen, jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Wartezeiten möglich. Patienten können einen Termin vereinbaren, für die staatliche Versicherung muss der Hausarzt kontaktiert werden, welcher eine Überweisung zu spezialisierten Ärzten verfassen kann. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten (IOM 2019). Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden: Medical Information Service http://www.mis.ge/; TEL: +995 032 2 252233 (MIS o.D.). Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine ärztliche Verschreibung nötig (IOM 2019).

Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für Pensionisten zahlt der Staat zusätzlich monatlich GEL 100 [ca. 25 Euro] für drei Monate, erstattet bei den Bürgerämtern (IOM 2019). Für Behandlungskosten, die von Patienten selber getragen werden müssen, kann bei der zuständigen Kommission des Ministeriums um Kostenersatz angesucht werden. Die Unterstützungsleistungen hängen sowohl von der Art der Erkrankung bzw. Therapie als auch von der Bedürftigkeit der Person selbst ab. Bei

manchen Therapien gibt es z.B. für "Veteranen" 100% Vergütung, bei anderen Erkrankungen nur 50% oder gar keine Unterstützung. Manches Mal sind die Unterstützungsleistungen auch zeitlich begrenzt. Aus diesem Grund muss betreffend Unterstützung bei Behandlungskosten jede Erkrankung/Medikament/Therapie separat

betrachtet werden (VB 13.1.2021).

Eine Konsultation in einer Privatklinik kostet umgerechnet ca. 30-40 Euro (MSZ o.D.).

Behandlungsmöglichkeiten: psychische Krankheiten

Letzte Änderung: 29.03.2021

Das staatliche Programm 'Psychische Gesundheit' bezieht sich auf die Erhöhung der geografischen und finanziellen Verfügbarkeit psychiatrischer Dienste für die georgische Bevölkerung. Das Programm umfasst u. a. folgende ambulante Dienste:

Versorgung der Patienten, die an den Hausarzt/Distriktarzt weitergeleitet werden, primärer Besuch in der psychiatrischen Apotheke, und wenn der Patient nicht in die psychiatrische Einrichtung kommen kann, Hausbesuch eines Psychiaters oder eines anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie beim Patienten, Erfüllung der ambulanten Überwachung des Patienten.

Versorgung der registrierten Patienten, die an die psychiatrische stationäre Einrichtung weitergeleitet werden, unter Berücksichtigung der vom Programm vorgesehenen Krankheitsbilder, Besuche bei einem Psychiater oder bei Bedarf bei anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie; nach Überweisung die Versorgung mit Medikamenten; bei Bedarf Besuche der Fachärzte für Psychiatrie zu Hause und Konsultationen mit anderen

Fachärzten (Therapeuten und Neurologen).

Psychosoziale Rehabilitation

Die Versorgung minderjähriger Patienten (unter 18 Jahren), welche unter Veränderungen des psychischen Zustandes und Verhaltens, Verschlechterung der sozialen Funktionsfähigkeit und Disadaptation leiden.

Kurzfristiger stationärer Dienst, insbesondere für Patienten ab 15 Jahren zur Eindämmung akuter psychotischer Symptome.

Langfristiger stationärer Dienst, falls erforderlich, oder Behandlung derjenigen Patienten,

denen bei schwerwiegenden Störungen des psychosozialen Verhaltens keine Hilfe aus der

stationären Abteilung zur Verfügung steht.

stationäre Behandlung per Gerichtsbeschluss eingewiesener Patienten.

Versorgung der Patienten mit Lebensmitteln und persönlichen Hygieneartikeln, die den stationären Dienst in Anspruch nehmen.

Rehabilitationsdienst während der stationären Langzeitbehandlung nach den Standards der psychosozialen Rehabilitation.

Psychiatrischer stationärer Dienst für Kinder, einschließlich jener unter 15 Jahren mit psychotischen Registerstörungen.

Dringende medizinische Versorgung für Patienten, einschließlich Notarztdienst für jene, die sich in der psychiatrischen stationären Abteilung befinden.

Stationäre Behandlung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden.

Die psychiatrische Krisenintervention bei Erwachsenen (ab 18 Jahren) berücksichtigt den Dienst für Menschen mit psychischen Störungen und Verhaltensstörungen im administrativ-territorialen Bereich von Tiflis.

Psychiatrische Krisenintervention in Form von Krisentagesbetten als ambulante Betreuung.

Erfüllung der Krisenintervention durch die mobile Gruppe für häusliche Pflege am Wohnort des Patienten und, falls erforderlich, dessen Überweisung ins Krisenzentrum oder eine andere psychosoziale/psychiatrische Einrichtung (SSA o.D.e, vgl. BDA 2019, SEM 21.3.2018).

Begünstigte des staatlichen Programms "Psychische Gesundheit" sind: Bürger Georgiens, die den ambulanten und stationären Teil des Programms nutzen; sowohl Bürger Georgiens als auch andere Personen, bei denen es zu einem Zwangsaufenthalt kommt, sowie Häftlinge in den Strafvollzugsanstalten ungeachtet des Besitzes eines amtlichen Identitätsdokumentes. Die Leistungen des Programms werden vollständig vom Staat finanziert, mit Ausnahme der stationären Betreuung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden. Die Leistungen im letzteren Fall werden vom Staat zu 70 % der tatsächlichen Kosten im Rahmen der im Programm genannten Fälle erstattet (SSA o.D.e, vgl. BDA 2019, SEM

21.3.2018).

Kostenfreie Hausbesuche im Zusammenhang mit der staatlichen Krankenversicherung sind auf vier pro zwei Monaten beschränkt. So mehr Hausbesuche notwendig sein sollten, wird dem Patienten die Aufnahme in ein Krankenhaus angeboten, wo die Kosten der stationären Langzeitbehandlung staatlicherseits vollständig gedeckt werden (EASO MedCOI 24.7.2020). Während sich die psychiatrische Behandlung in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hat, gibt es weiterhin einen Mangel an qualifiziertem Personal sowie Behandlungsplätzen und -einrichtungen, was zu mangelhafter Behandlung für viele Menschen führt (EASO MedCOI 16.5.2019).

Behandlungsmöglichkeiten: Drogensucht

Letzte Änderung: 29.03.2021

Das staatliche Programm betreffend Drogensucht enthält den stationären begleiteten Entzug mit einer Rehabilitationsphase, den ambulanten Entzug mittels Methadonabgabe und deren Reduktion über zwei bis vier Wochen sowie zeitlich nicht befristete Drogenersatzprogramme. Neben Methadon ist Drogenersatztherapie mittels Suboxone möglich. Dabei handelt es sich um eine Kombination von Buprenorphin (Opioid) und Naloxon (Opioid-Antagonist). Gewisse Co-payments für die Methadonabgabe sind seit 2017 weggefallen (SEM 21.3.2018; vgl. BDA 2019). Es gibt häufigen Methadonmangel, was zu schwerwiegenden Folgen für jene Personen führen kann, die auf diesen Wirkstoff angewiesen sind. Es gibt mangelnde Erfahrung bei der Dosierung von Methadon (EASO MedCOI 16.5.2019).

Das staatliche Programm – Drogensucht – beinhaltet im Detail:

Stationären Entgiftung und Primärrehabilitation

Verabreichung von Substitutionsmedikamenten und die medizinische Überwachung (die Beschaffung von Substitutionsmedikamenten für die Programmempfänger erfolgt im Rahmen des Programms - "Versorgung der Bevölkerung mit spezifischen Medikamenten") in Tiflis und den Regionen (Kakheti, Imereti, Guria, Samegrelo-Zemo Svaneti)

Das Programm ist für die Bürger Georgiens mit Drogenabhängigkeit bestimmt (SSA o.D.g)

Der für stationäre Entgiftung und primäre Rehabilitation angegebene Leistungserbringer sorgt für die Festlegung der Leistungsempfänger, wobei jenen, die die folgenden Kriterien erfüllen, Vorrang einzuräumen ist:

Patienten, die die Komponente 'stationäre Entgiftung und primäre Rehabilitation' des 'staatlichen Programms - Drogenabhängigkeit' noch nicht genutzt haben.

Die mit HIV-Infektion/AIDS infizierten Patienten, um die Übertragung von HIVInfektion/AIDS zu reduzieren.

Mitglieder der Familien, die in der 'Einheitlichen Datenbank der sozial schwachen Familien' registriert sind, deren Bewertung 70.000 Einheiten nicht überschreitet.

Patienten zwischen 18-25 Jahren

Veteranen der militärischen Aktivitäten für die territoriale Integrität, Freiheit und Unabhängigkeit Georgiens und die mit ihnen gleichgestellten Personen (SSA o.D.g)

Die Zuzahlung erfolgt durch den Patienten bei Durchführung der Substitutionsbehandlung, die sich auf 150 GEL [ca. 37,50 Euro] pro Patient während eines Monats beläuft. Die Zuzahlung gilt nicht für Patienten mit HIV-Infektion (SSA o.D.g). Die stationäre Entgiftung der Drogenabhängigen und die primäre Rehabilitation werden vollständig vom Staat finanziert (SSA 28.2.2020; vgl. SSA o.D.g).

Laut IOM Tbilisi dauert es für prioritär zugelassene Personen etwa zwei Wochen, bis mit dem Entzug begonnen werden kann. Wer keines der Kriterien erfüllt, muss mit einer Wartezeit von ungefähr drei Monaten rechnen. Außerhalb des staatlichen Programms gibt es keine Wartezeiten. Die Kosten dafür betragen etwa GEL 3.000 [ca. 750 Euro] (SEM 21.3.2019).

Rückkehr

Letzte Änderung: 29.03.2021

Georgische Rückkehrer/Rückgeführte können die allgemeinen, wenn auch in der Regel insgesamt unzureichenden Sozialleistungen in Anspruch nehmen, darunter eine kostenlose medizinische Grundversorgung. Rückkehrer und Rückkehrerinnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen bieten ebenfalls Unterstützung an. Das Ministerium für Binnenvertriebene, Arbeit, Gesundheit und Soziales koordiniert das staatliche Reintegrationsprogramm (State Reintegration Programme). Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbstständigkeit) und bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft zur Verfügung gestellt. Staatliche Repressalien gegen Rückkehrer sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist für die Behandlung durch staatliche Stellen ohne Bedeutung. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern geschlossen. Die georgische Regierung stellt sich zunehmend den Problemen von Rückkehrern (AA 17.11.2020; vgl. IOM/EU 2017).

Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden GEL 500.000 [Georgische Lari; ca. EUR 125.000] aus dem Staatshaushalt 2020 bereitgestellt. Das Programm sieht die Gewährung von Zuschüssen für Einkommens- und Beschäftigungszwecke, die Unterstützung der beruflichen Bildung, die Bereitstellung von Gesundheitsdiensten und die Bereitstellung von vorübergehenden Unterkünften vor.

Insgesamt werden rund 150 zurückgekehrte Migranten finanziert, um die Schaffung von Einkommensquelle, Beschäftigung und Selbstständigkeit zu unterstützen. Es werden maximale Zuschüsse von 4.000 GEL [ca. 1.000 Euro] gewährt. Teilnahmeberechtigt sind Bürger Georgiens (oder Personen mit staatenlosem Status, die dauerhaft in Georgien leben), die sich seit mehr als 12 Monaten unrechtmäßig im Ausland aufhalten oder im Ausland Asyl beantragt oder erhalten haben und innerhalb des letzten Jahres nach Georgien zurückgekehrt sind (MoH 16.7.2020; vgl. MRA o.D.).

Auch IOM bietet Unterstützung von Rückkehrern im Rahmen der AVRR-Programme (Assisted Voluntary Return and Reintegration) (IOM 2019).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen bezüglich der Identität sowie der Staatsangehörigkeit des BF ergeben sich insbesondere aus den vorliegenden georgischen Dokumenten. Der BF besitzt einen bis 28.03.2020 gültigen georgischen Reisepass. Dass der BF im Bundesgebiet mehrere Aliasnamen benutzte, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt (vgl. AS 47ff).

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF sowie der Mitteilung des Verlustes seines Aufenthaltsrechts ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und einem aktuellen Strafregisterauszug.

Die Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Eine oberflächliche Auseinandersetzung mit dem gegenständlichen Sachverhalt konnte nicht festgestellt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der wiedergegebenen Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides vollinhaltlich an. So hat das BFA zu Recht Folgendes festgestellt:

„…Ihre persönliche Unglaubwürdigkeit ergibt sich aus Ihren Aussagen, welche Sie im Zuge Ihrer Einvernahmen und Befragungen machten. So sind bei der ho. Behörde mehrere Aliasnamen evident.

Ein weiteres Indiz Ihrer Unglaubwürdigkeit sind die Angaben, welche Sie im Zuge der Einvernahme vom 19.04.2021 machten:

LA: Wer hat Sie hier gefunden, wurden Sie hier bedroht, wenn ja, wie?

VP: Hier habe ich mit Georgiern nichts zu tun. Es kamen die Kriminellen und hatten sogar meine Frau

kontaktiert. Sie kamen persönlich zu ihr.

LA: Was wollten die Kriminellen von Ihrer Frau?

VP: Die Kriminellen wollten mich ärgern. Meine Frau weiß sehr viel von mir. Sie wollte keine Probleme bekommen und hatte Angst. Deshalb hat Sie sich von mir getrennt.

Am 10.05.2021 wurde Ihre Ehefrau niederschriftlich einvernommen und konnte Ihre Aussage von der Ehefrau glaubhaft nicht bestätigt werden.

Zusammengefasst kommt das Bundesamt aufgrund Ihrer widersprüchlichen Angaben bezüglich Ihrer Generalien (mehrere Aliasnamen), Ihrer Angaben hinsichtlich der Bedrohung Ihrer Ehefrau durch kriminelle Personen zu dem Schluss, dass Sie persönlich unglaubwürdig sind.

Die Feststellung, dass Sie nicht von staatlichen Behörden im Herkunftsstaat verfolgt werden, wurde aufgrund Ihrer persönlichen Unglaubwürdigkeit in Verbindung mit Ihrem vollkommen inhaltsleeren, vagen, detailarmen Fluchtvorbringen festgestellt.

Zusammengefasst gaben Sie vollkommen rudimentär und ohne jedwedes Detail an, dass Sie von Kriminellen im Herkunftsstaat Georgien bedroht wurden.

Festgestellt wird, dass Ihr erster Antrag auf intern. Schutz abgewiesen wurde. Sie stellten bereits in vier Mitgliedsstaaten (BE, FI, LV und SE) einen Antrag auf intern. Schutz. Sie wurden eingangs der Einvernahme zu Ihren Fluchtgründen aufgefordert, alle Gründe anzuführen, weshalb Sie das Heimatland verlassen und weshalb Sie in Österreich einen Asylantrag gestellt haben.

Allein diese Aufforderung an Sie erfordert wohl ein wie bereits oben angeführtes erwartetes Verhalten und Vorbringen. Auszug aus der EV vom 19.04.2021:

LA: Wann ist Ihnen der Gedanke gekommen Ihren Herkunftsstaat Georgien zu verlassen?

VP: Alle letzten Jahre kam ich immer nur für drei Monate zu meiner Familie. Zuletzt bin ich am 31.12.2019 hierhergekommen und wegen COVID bin ich hier „stecken geblieben“. Ich habe bei der MA 35 um ein Visum angesucht, da war ich gezwungen einen Asylantrag zu stellen. Ich benötige eine Versicherung und Behandlung wegen meiner Gesundheit.

LA: Sie geben nun an, dass Sie eigentlich wegen Ihrer gesundheitlichen Beschwerden einen Antrag auf intern. Schutz stellen. Ist das tatsächlich Ihr einziger Grund der Asylantragstellung?

VP: Ich will bei meinen Kindern sein. Ich möchte irgendeinen Status um hier bei meiner Familie zu sein.“

Im gegenständlichen Verfahren wurde seitens des BFA zu Recht ausgeführt, dass der BF keine asylrelevanten Gründe vorgebracht habe, sondern nur ein vollkommen inhaltsleeres, vages und detailarmes Fluchtvorbringen. Er gab lediglich pauschal an, dass er von Kriminellen im Herkunftsstaat Georgien bedroht werde. Er sei seit 1994 auf der Flucht in Georgien und habe sich ein ganzes Leben lang verstecken müssen. Sein Nachbar und Freund sei kriminell gewesen. Die örtliche Polizei habe daher von ihm Informationen über diesen haben wollen. Er sei mehrmals verhaftet und geschlagen worden. Seit dieser Zeit habe er Probleme mit der örtlichen Polizei, aber auch mit den Kriminellen, da diese vermuten, dass er ein Polizeispitzel sei. Seitdem sei er auf der Flucht, zuerst in Russland, dann in Europa. Es sei von ihm immer wieder Geld erpresst bzw. es seien Anschläge auf ihn gemacht worden. Diese vagen Angaben über seine Flucht sind richtiger Weise als nicht glaubwürdig zu werten, zumal der BF erkennen ließ, dass er eigentlich nur in Österreich bleiben wolle, egal mit welchem Aufenthaltstitel. Daher kann von einer mutwilligen Antragstellung auf internationalen Schutz ohne jede Substanz und Glaubwürdigkeit ausgegangen werden.

Die Behörde hat auch eine ausreichende Prüfung und Bewertung der Frage eines tatsächlichen und effizienten Schutzes im Heimatstaat vorgenommen. Den aktuellen Länderberichten ist eben zu entnehmen, dass Georgien über einen hinreichend funktionsfähigen Polizei- und Justizapparat verfügt, der schutzfähig und schutzwillig ist. Georgien ist als sicherer Herkunftsstaat klassifiziert.

Da dem BF im Herkunftsstaat keine Verfolgung droht, und der BF Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat hat, ist davon auszugehen, dass ihm im Herkunftsstaat auch keine Gefahren drohen, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Er hat den Großteil seines Lebens im Heimatland verbracht und ist mit den Sitten und Gebräuchen seiner Heimat vertraut. Es ist dem BF deshalb zumutbar sich mit Hilfe seiner Familie und der eigenen Arbeitsleistung den Lebensunterhalt in Georgien zu sichern.

Sonstige außergewöhnliche Gründe, die einer Rückkehr entgegenstehen, hat der BF nicht angegeben und sind auch vor dem Hintergrund der zitierten Länderberichte nicht hervorgekommen.

Dass der BF in Österreich keiner angemeldeten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, ergibt sich aus einem im Akt enthaltenen Speicherauszug aus dem Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger.

Die Feststellungen wonach der BF grundsätzlich gesund und arbeitsfähig ist, ergeben sich aus dem Akt, insbesondere dem ambulanten Patientenbrief vom 25.12.2020 und dem Privatrezept vom 25.12.2020. Es liegen keine Belege vor, dass der BF schwerwiegend gesundheitlich beeinträchtigt wäre. Er gab lediglich an, einen vorgegebenen Behandlungstermin nicht eingehalten zu haben. Verordnete Medikamente habe er nicht konsumiert, bzw. habe er nicht benötigt. Daher ist davon auszugehen, dass allfällige gesundheitliche Beschwerden nicht lebensbedrohend sind. Sollte eine Behandlung des BF aufgrund einer Erkrankung notwendig sein, ist dem BF eine entsprechende medizinische Betreuung in Georgien grundsätzlich zugänglich. Auch der Umstand, dass die medizinische Versorgung mitteleuropäischen/österreichischen Standards eventuell vielfach nicht entsprechen mag, ändert daran nichts.

Die Feststellungen über die privaten und familiären Verhältnisse des BF in Österreich beruhen auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid und den Ausführungen des BF in der Beschwerde. Dabei konnte ein intensiver und nachhaltiger Kontakt zu seinen Kindern und seiner Ehegattin in Österreich nicht festgestellt werden. Zudem gab der BF selbst an, in Österreich keine sozialen Kontakte zu pflegen und weder Mitglied in einem Verein noch in einer sonstigen Organisation zu sein. Somit kann nicht von besonders schützenswerten privaten und familiären Bindungen in Österreich ausgegangen werden.

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid enthaltenen, im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Georgien vom 29.03.2021 wiedergegebenen und zitierten Länderberichten. Diese gründen sich auf den jeweils angeführten Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal ihnen nicht substantiiert entgegengetreten wurde.

Die unstrittigen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum Coronavirus.html;

https://covid19.who.int/; Zugriff jeweils am 19.08.2021).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Heimatstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

Flüchtling iSd. Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist demnach, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.“

Der zentrale Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK somit die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

Das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ist ganzheitlich unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens zu würdigen (vgl. VwGH 26.11.2003, Ra 2003/20/0389).

Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. jüngst etwa VwGH 30.09.2015, Ra 2015/19/0066). Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass der BF bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn daher der BF im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, dass sie im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. des VwG) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 13.12.2016, Ro 2016/20/0005); die entfernte Gefahr einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr iSd Genfer Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

Im gegenständlichen Fall wurde - wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt – festgestellt, dass der BF bezüglich der vorgebrachten Fluchtgründe unglaubwürdig war.

Da die Glaubhaftmachung ein wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Gewährung von Asyl ist, ist es dem BF nicht gelungen, einen aus dem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Grund einer aktuell drohenden Verfolgung maßgeblicher Intensität schlüssig darzulegen. Die Angaben im Zuge des gesamten Verfahrens sind nicht hinreichend konsistent, sondern vielmehr überwiegend vage und widersprüchlich. Es ist nicht nachvollziehbar, warum er einer ernstlichen Bedrohung ausgesetzt sei bzw. Gefahr liefe, Übergriffe zu erleiden. Georgien ist aufgrund der Länderfeststellungen, die vom BF nicht entkräftet werden konnten, schutzfähig und schutzwillig. Es sind auch keine Hinweise vor dem Hintergrund der Länderberichte hervorgekommen, dass der BF in Georgien nach objektiver Wahrscheinlichkeit sonstigen ernstlichen Bedrohungen ausgesetzt wäre, die als asylrelevant zu qualifizieren sind.

Die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten durch das BFA ist somit zu Recht erfolgt.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend echte, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr („a sufficiently real risk“) möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre. Weiters müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016).

Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 - mit Verweis auf EGMR vom 05.09.2013, I. vs. Schweden, Nr. 61204/09).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (vgl. EGMR vom 06.02.2001, Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH vom 21.08.2001, 2000/01/0443). Außergewöhnlicher Umstände liegen vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Sie liegen aber auch dann vor, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes ausgesetzt zu sein, die zu intensiven Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat aber kein Fremder das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich. Allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. (VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038- mit Verweis auf EGMR vom 13.12.2016, Paposhvili gg Belgien, Nr. Nr. 41738/10).

Konkret si

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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