TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/27 W261 2245061-1

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Veröffentlicht am 27.09.2021
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Entscheidungsdatum

27.09.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch


W261 2245061-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Maga Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen die Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert vom 01.07.2021 durch das Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich zu Recht erkannt:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid in Form eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer gehört seit 30.12.2016 mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) dem Kreis der begünstigten Behinderten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz an.

2. Der Beschwerdeführer stellte am 13.01.2021 beim Sozialministeriumservice (in der Folge „belangte Behörde“ genannt) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung in einem Verfahren zur Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten nach §§ 2 und 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes idgF.

3. Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 17.05.2021 erstatteten Gutachten vom 10.06.2021 stellte der medizinische Sachverständige beim Beschwerdeführer die Funktionseinschränkungen degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, degenerative Kniegelenksveränderungen beidseits, Diabetes mellitus, Engstelle Carotis rechts, posttraumatische Funktionsstörung der linken Schulter, Hauterkrankung, chronisches Hautekzem, Einschränkungen des Hörvermögens und chronische Magenschleimhautentzündung und einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 v.H. fest.

4. Die belangte Behörde informierte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 14.06.2021 darüber, dass für die Ausstellung des Behindertenpasses ein Lichtbild benötigt werde, welches der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 25.06.2021 vorlegte.

5. Die belangte Behörde stellte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 01.07.2021 einen Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H., welchem Bescheidqualität zukommt, aus.

6. Gegen diesen als Bescheid zu qualifizierenden Behindertenpass erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass er sich wegen der Einstufung seines Grades der Behinderung beschwert erachte. Bei der Bemessung seines Grades der Behinderung seien ein Bandscheibenvorfall und eine Erkrankung des Verdauungstraktes nicht zur Beurteilung herangezogen worden. Es liege auch eine Nierenschwäche vor, er leide auch an Bluthochdruck, Beschwerden an der Halswirbelsäule und sei auch seine Hörbehinderung nicht entsprechend eingestuft worden. Er ersuche, seinen Grad der Behinderung auf den richtigen Grad der Behinderung zu erhöhen.

7. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 05.08.2021 vor, wo dieser am selben Tag einlangte.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 05.08.2021 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer österreichische Staatsbürger ist, und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der Beschwerdeführer gehört seit 30.12.2016 mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) dem Kreis der begünstigten Behinderten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz an.

Der Beschwerdeführer stellte am13.01.2021 einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz.

Der Beschwerdeführer stellte keinen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsaktes.

Im Akt liegt der Bescheid der belangten Behörde vom 04.05.2021 auf, wonach nach §§ 2 und 14 Abs. 1 Behinderteneinstellungsgesetz festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer seit 30.12.2016 zum Kreis der begünstigten Behinderten zählt.

Der Beschwerdeführer stellte am 13.01.2021 einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung und legte eine Reihe von Unterlagen vor. Darunter findet sich unter anderem ein ausgefülltes Antragsformular, woraus eindeutig hervorgeht, dass der Beschwerdeführer die Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz begehrt.

Im Akt findet sich kein Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses, noch finden sich Unterlagen, welche belegen würden, dass der Beschwerdeführer bereits Inhaber eines Behindertenpasses ist, weswegen die entsprechende Feststellung getroffen wird.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1.       Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

„§ 40 (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

5.       sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.“

Gegenständlich beantragte der Beschwerdeführer die Neufestsetzung des Grades der Behinderung in einem Verfahren nach dem Behinderteneinstellungsgesetz, zumal er seit dem 30.12.2016 zum Kreis der begünstigten Behinderten gehört und nicht in einem Verfahren nach dem Bundesbehindertengesetz.

Die Ausstellung eines Behindertenpasses erfordert - wie oben zitiert - nach § 40 Abs. 1 BBG einen entsprechenden Antrag durch den Beschwerdeführer. Nachdem ein derartiger Antrag nicht vorliegt, bzw. im vorgelegten Verwaltungsakt nicht aufliegt, hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Behindertenpass ausgestellt, obwohl dieser die Neufestsetzung des Grades der Behinderung in einem Feststellungsverfahren nach dem Behinderteneinstellungsgesetz beantragt hatte. Die Ausstellung eines Behindertenpasses ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, welcher ohne entsprechenden Antrag nicht ausgestellt werden darf.

Hätte der Beschwerdeführer tatsächlich einen Behindertenpass ausgestellt erhalten wollen, so wäre es die Aufgabe der belangten Behörde gewesen, den Beschwerdeführer entsprechend anzuleiten, seinen Antrag zu präzisieren. Eine derartige Anleitung ist dem vorgelegten Verwaltungsakt nicht zu entnehmen, so dass für den erkennenden Senat von den im Akt aufliegenden Unterlagen und Schriftstücke auszugehen ist, aus welchen der Wille des Beschwerdeführers abgeleitet werden kann. Daraus folgt unmissverständlich, dass der Beschwerdeführer die Neufestsetzung seines Grades der Behinderung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz begehrte, wie dies aus dem im Akt aufliegenden und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Formular zu entnehmen ist.

Nachdem Behindertenpässe nur auf Antrag ausgestellt werden dürfen, und ein derartiger Antrag vom Beschwerdeführer nicht gestellt wurde, war spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid in Form des ausgestellten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ersatzlos zu beheben.

2.       Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Verhandlung kann gemäß § 24 Abs. VwGVG entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Im vorliegenden Fall stand bereits aufgrund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 zweiter Fall VwGVG unterbleibt.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

antragsbedürftiger Verwaltungsakt Behindertenpass ersatzlose Behebung Grad der Behinderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W261.2245061.1.00

Im RIS seit

20.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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