TE Vwgh Beschluss 2021/9/15 Ra 2021/01/0257

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Veröffentlicht am 15.09.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des K B, vertreten durch die RIHS Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Kramergasse 9/3/13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juni 2021, Zl. I405 2180614-1/17E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) in der Sache den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung nach Guinea zulässig sei, legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest, und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

2        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

4        Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5        Die Revision rügt im Zulässigkeitsvorbringen näher genannte Verfahrensmängel, und zwar die unterlassene Heranziehung aktueller (von nach September 2019 stammender) Länderberichte unter Hinweis auf die zwischenzeitig stattgefundene Präsidentschaftswahl im Oktober 2020 in Guinea sowie auf die dortige aktuelle Covid-19-Situation und die Beiziehung einer zur ausreichenden Verständigung des Verwaltungsgerichts mit dem Revisionswerber ungeeigneten Dolmetscherin.

6        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Verwaltungsgericht seinem Erkenntnis die zum Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichte zugrunde zu legen (für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses vgl. etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2017/18/0005, Rn. 8, mwN). Eine Verletzung dieser Vorgabe stellt einen Verfahrensmangel dar (vgl. etwa zuletzt VwGH 22.3.2021, Ra 2020/01/0100, Rn. 8).

7        Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargelegt werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen darzulegen (vgl. für viele VwGH 27.7.2020, Ra 2020/01/0130, mwN).

8        Diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung mit dem Vorwurf der Nichtberücksichtigung des Sieges von Alpha Condé bei der Präsidentenwahl 2020 in Guinea und der aktuellen Covid-19-Situation nicht gerecht. Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen bedeutete der Ausgang der Präsidentenwahl 2020 in Guinea nicht die Machtergreifung eines neuen Präsidenten, sondern die Wiederwahl des seit 2010 regierenden Amtsinhabers. Inwiefern das Ergebnis der Präsidentenwahl 2020 fallbezogen zu September 2019 eine relevante Lageänderung darstellt, legte die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht dar.

9        Ebenso wenig zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nachvollziehbar auf, dass infolge der Covid-19-Pandemie bezogen auf die konkrete Situation des Revisionswerbers, der nach den unstrittigen Feststellungen des Verwaltungsgerichts keiner Risikogruppe im Zusammenhang mit Covid-19 angehört, im Fall der Rückführung in seinen Herkunftsstaat eine Verletzung seiner nach Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen wäre (zur nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK vorzunehmenden Einzelfallprüfung sowie zur Frage, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr [„real risk“] einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht, vgl. etwa VwGH 3.7.2020, Ra 2020/14/0255; vgl. im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie auch VwGH 7.9.2020, Ra 2020/20/0314; 7.9.2020, Ra 2020/20/0297; 5.10.2020, Ra 2020/19/0330; 7.10.2020, Ra 2020/20/0337; jeweils mwN).

10       Schließlich legt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen die Relevanz behaupteter Verständigungsschwierigkeiten infolge Beiziehung einer ungeeigneten Dolmetscherin nicht hinreichend dar, zumal der Niederschrift seiner Einvernahme vor dem Verwaltungsgericht zu entnehmen ist, dass der Revisionswerber vom Verwaltungsgericht ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurde, sofort zu sagen, wenn er eine Frage nicht richtig verstanden habe oder sonst unsicher sei; der Revisionswerber in Anwesenheit seiner Rechtsvertreterin sowohl zu Beginn als auch am Ende seiner Befragung ausdrücklich erklärt hat, die Dolmetscherin zu verstehen bzw. verstanden zu haben, und er schließlich nach Rückübersetzung gegen die Niederschrift keine Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit erhob.

11       In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 15. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021010257.L00

Im RIS seit

20.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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