RS Lvwg 2021/9/16 VGW-101/070/2963/2021

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 16.09.2021
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Rechtssatznummer

1

Entscheidungsdatum

16.09.2021

Index

20/09 Internationales Privatrecht
41/03 Personenstandsrecht
19/05 Menschenrechte

Norm

IPRG §9 Abs3
PStG 2013 §9
PStG 2013 §10
PStG 2013 §11
PStG 2013 §12
PStG 2013 §13
PStG 2013 §35 Abs1
PStG 2013 §35 Abs2 Z3
PStG 2013 §35 Abs5
PStG 2013 §53 Abs3 Z1
EMRK Art. 8

Rechtssatz

Der Gesetzgeber hat im § 35 Abs. 2 Z 3 PStG nicht bedacht, dass eine Person im Asylverfahren die Änderung ihrer Geschlechtsidentität (aus Angst und Scham) nicht bekanntgibt, jedoch den Status eines subsidiär Schutzberechtigten bekommt, der immer wieder verlängert wird, und dass diese Person aufgrund der Gefahr für Leib und Leben sowie aus rechtlichen Überlegungen keine Möglichkeit hat in ihrem Ursprungsland die Änderung ihrer Geschlechtsidentität bekanntzugeben und eine Ausstellung der Geburtsurkunde zu beantragen. Im Wesentlichen geht es dabei um Personen, wie im § 9 Abs. 3 IPRG angeführt, die aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen wie Flüchtlinge ihre Beziehungen zu ihrem Heimatstaat abbrechen mussten. Daher ist der Umstand, dass subsidiär Schutzberechtigte nicht von § 35 Abs. 2 Z 3 PStG erfasst sind, in diesen Fällen als Regelungslücke zu werten. § 35 Abs. 2 Z 3 PStG will offensichtlich Regelungen für Personen (mit dem Verweis auf die Flüchtlingseigenschaft), die dauerhaft ihre Beziehungen zum Land ihrer Staatsangehörigkeit aus schwerwiegenden Gründen abbrechen mussten, treffen. Unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes und gemessen an den mit der Regelung verfolgten Absichten des Gesetzgebers treffen im gegenständlichen Einzelfall jedenfalls die gleichen Wertungsgesichtspunkte wie auf den im § 35 Abs. 2 Z 3 PStG geregelten Fall. Zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung der Beschwerdeführerin müssen daher für diese dieselben Rechtsfolgen wie im § 35 Abs. 2 Z 3 PStG 2013 geregelt, gelten.

Schlagworte

Intergeschlechtlichkeit; Transgender; Geschlechtsidentität; Eintragung des Personenstandsfalles; Änderungen, Ergänzungen und Berichtigungen des Personenstandes; Ausstellung einer Geburtsurkunde; Eintragung der Geburt; subsidiär Schutzberechtigte; Personalstatut;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.101.070.2963.2021

Zuletzt aktualisiert am

19.10.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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