Entscheidungsdatum
16.09.2021Index
60/04 Arbeitsrecht allgemeinNorm
AZG §17 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch den Richter Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA, über die Beschwerde des Arbeitsinspektorates Tirol, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z (belangte Behörde) vom 30.11.2020, *** (me: *** bis ***) (Beschuldigter AA, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in **** Z), betreffend Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz (AZG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.3.2021,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG erfolgt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
Mit fünf Strafanzeigen vom 31.10.2019 zeigte das Arbeitsinspektorat bei fünf Linienbussen (Kennzeichen ***, ***, ***, *** und ***) konkret aufgeschlüsselte Zeiten an, zu denen die Fahrerkarten im Kontrollgerät nicht benutzt wurden.
Diesen zufolge warf die belangte Behörde mit Strafverfügung vom 7.1.2020, *** (me: *** bis ***) dem Beschuldigten AA vor, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der CC fünf verschiedene jeweils als Faktum bezeichnete Übertretungen vor. So seien die Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen ***, ***, ***, *** und *** zu konkret und minutenscharf angeführten Zeiten gelenkt worden, obwohl im Kontrollgerät der Fahrzeuge keine Fahrerkarten verwendet wurden. Dadurch seien jeweils § 17 Abs 1 AZG, BGBl 1969/461 idF I 2014/94, iVm Art 32 Abs 1 VO 2014/165 übertreten worden, wonach Arbeitgeber (Verkehrsunternehmen) dafür zu sorgen hätten, dass der digitale Fahrtenschreiber sowie die Fahrkarte ordnungsgemäß benutzt werden. Aufgrund der insgesamt fünf Übertretungen jeweils gemäß § 28 Abs 5 Z 8 AZG, BGBl 1969/461 idF I 2018/53, iVm § 17 Abs 1 AZG, BGBl 1969/461 idF I 2014/94, iVm Art 32 Abs 1 VO 2014/165 und Art 10 Abs 2 VO 2006/561 verhängte die belangte Behörde jeweils gemäß § 28 Abs 5 Z 8 iVm Abs 6 Z 3 AZG, BGBl 1969/461 idF I 2018/53, Strafen von jeweils € 495 (Ersatzfreiheitsstrafe 76 Stunden), insgesamt somit € 2.475 (Ersatzfreiheitsstrafe 380 Stunden).
Mit Schriftsatz vom 20.1.2020 beeinspruchte der Beschwerdeführer die gegenständliche Strafverfügung – gemeinsam mit zwei anderen, ähnlichen Übertretungen betreffende Strafverfügungen (*** und ***) – und beantragte die Einleitung des ordentlichen Verfahrens. Zusammengefasst dürfe der in den drei Strafverfügungen jeweils fünfmal erhobene Vorwurf nur einmal erhoben werden. Im Gegensatz zu der im Vorfeld vom Arbeitsinspektorat angemerkten Entscheidung LVwG Steiermark, LVwG-30.13-2584/2017, liege hier ein völlig anderer Sachverhalt vor, da nicht mehrere Taten gesetzt worden seien. Gegenständlich werde dem Geschäftsführer vorgeworfen kein wirksames Regel- und Kontrollsystem eingeführt zu haben, das sicherstellt, dass die Fahrzeuge nur mit gesteckter Fahrerkarte bewegt würden. Diese – als fortgesetztes Unterlassungsdelikt – einzuordnende Tat, sei nur ein Verstoß, nicht aber 15 Verstöße (dazu VwGH 19.12.2018, Ra 2018/02/0107). Tatsächlich habe der Beschuldigte umfangreiche und sehr genaue Schulungen des Fahrpersonals durchführen lassen, detaillierte und genaueste Anweisungen an die Fahrer erteilt. In den einzelnen Bussen seien verschiedene technische Warnsysteme eingerichtet, meistens rote Lampen am Tacho, die aufleuchten und anzeigen, wenn ein Bus ohne Fahrerkarte in Betrieb genommen werde. Genau diese Warneinrichtungen würden sicherstellen, dass ein Fahrer auf das Stecken der Fahrerkarte aufmerksam gemacht werde. Ein trotzdem erfolgter Verstoß sei bewusst vom Fahrer herbeigeführt, nicht aber dem Geschäftsführer vorwerfbar. Die an den Geschäftsführer als Arbeitgeber gemäß § 17a Abs 1 AZG gerichteten Pflichten hätte der Beschwerdeführer genauestens eingehalten. Er habe die Fahrer über die Handhabung des Kontrollgeräts ausreichend und nachweislich unterwiesen, Bedienungsanleitungen überreicht, Warnleuchten in den Bussen eingerichtet, somit dafür gesorgt, dass die Lenker ihren Verpflichtungen nachkommen (können). Für Busse im städtischen Linienverkehr (regionaler Kraftlinienverkehr gemäß § 17 AZG bis zu 50 km) gelte diese Pflicht des digitalen Kontrollgerätes nicht. Darüber hinaus sei dieses digitale Kontrollgerät keineswegs das einzige System, die Arbeitszeiten zu überwachen und Lenkzeichen festzustellen. Zunächst gebe es einen Dienstplan, der auf das Arbeitszeitgesetz abgestimmt sei. In jedem Bus würde ein sogenanntes RBL-System vorhanden sein, welches regelmäßig Signale des Busses an die Zentrale abgebe, sodass die Leitstelle in jeder Sekunde sagen könne, wo sich der Bus befinde. Dies sei notwendig und eingeführt worden, damit die Leitstelle im Falle von Umleitungen, Verkehrsstockungen andere Verkehrsproblemen sinnvoll eingreifen könne. Dieses Leitsystem bildet auch die Grundlage für die Abrechnung, insbesondere für die Berechnung von allfälligen Überstunden. Bei Vorhandensein dieses Leitsystems sei in Wahrheit das digitale Kontrollgerät völlig überflüssig, weil man die Fahrzeiten exakt feststellen könne. Der Geschäftsführer hätte die konkret erhobenen Vorwürfe prüfen lassen und sei zum Ergebnis gekommen, dass in weit mehr als der Hälfte der Vorwürfe die Busse gar nicht im Straßendienst eingesetzt gewesen seien, sondern etwa in der Werkstatt, einer Waschstraße oder in der Garage gefahren wurden, also nicht im öffentlichen Verkehr verwendet wurden. Das Stecken der Fahrkarte sei gar nicht geboten gewesen. Das Arbeitsinspektorat hätte zugesagt, wegen der Terminvereinbarung mit der Rechtsvertretung des Beschuldigten Kontakt aufzunehmen. Diesem Versprechen sei das Arbeitsinspektorat nicht nachgekommen. Gemäß § 9 Abs 4 Arbeitsinspektionsgesetz sei die Verwaltungsbehörde binnen 14 Tagen nach Anzeigenerstattung verpflichtet, das Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten, widrigenfalls Verspätung eintrete. Abschließend beantragte der Beschuldigte, die angebotenen Beweise aufzunehmen und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Mit dem angefochtenen Bescheid *** (me: *** bis ***) stellte die belangte Behörde die fünf verschiedenen, jeweils als Faktum bezeichneten Übertretungen (wonach die Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen ***, ***, ***, *** und *** zu konkret und minutenscharf angeführten Zeiten gelenkt wurden, obwohl im Kontrollgerät der Fahrzeuge keine Fahrerkarten verwendet wurden) gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein. Tatbild des § 28 Abs 5 Z 6 iVm 17 Abs 1 Z 2 AZG sei, ein Unterlassen des Arbeitgebers für die Einhaltung all seiner Verpflichtungen bezüglich des digitalen Kontrollgeräts nach der VO 2014/165 durch den Lenker Sorge zu tragen. Für eine den Anforderungen des § 44a VStG entsprechende Tatanlastung hinsichtlich dieser Übertretungen müsse unverwechselbar feststellen, wann, wo und welchen Arbeitnehmer der Arbeitgeber entgegen dem Arbeitszeitgesetz beschäftigt habe (LVwG NÖ 28.6.2019, LVwG-S-828/001-2018). Der Lenker und somit der Name des konkret betroffenen Arbeitnehmers sei seitens des Arbeitsinspektorats trotz Ersuchens um Anzeigenkonkretisierung nicht dargelegt worden. Darüber hinaus hätte der Beschuldigte glaubhaft machen und nachvollziehbar darlegen können, dass sämtliche Mitarbeiter in regelmäßigen Abständen geschult worden seien, die Schulungsunterlagen auch im Intranet jederzeit abrufbar gewesen seien. Sämtliche Fahrzeuge seien mit technischen Warnsystemen ausgestattet gewesen, die den Lenker beim Nicht-Stecken der Fahrkarte auf den Mangel hinweisen würden. Die Fahrer seien dadurch praktisch in Echtzeit auf die Notwendigkeit der Verwendung der Fahrerkarte hingewiesen worden. Zusätzlich sei eine weitere Software installiert gewesen, womit nachträglich kontrolliert werden könne, welcher Fahrer mit welchen Fahrzeugen zu welcher Zeit ohne Fahrerkarte gefahren sei, um den gegenständlichen Fahrer zur Verantwortung zu ziehen. Vor Auslaufen der Fahrerkarte seien Mitarbeiter zudem erinnert worden, eine neue Karte zu besorgen. Auch werde bei Verlust kostenlos eine neue Karte zur Verfügung gestellt. Die genannten Maßnahmen würden nicht nur Vorkehrungen betreffen, dass ein Fahrzeug nicht ohne Fahrerkarte im regionalen Kraftlinienverkehr in Betrieb genommen werde, sondern könnten Verstöße durch eine eigens installierte Software erkannt und geahndet werden. Der Beschuldigte trage sohin als Arbeitgeber für die Einhaltung der geltenden Bestimmungen in doppelter Hinsicht Sorge. Abschließend hätte nicht festgestellt werden können, ob und wenn ja, welche Fahrzeuge im regionalen Kraftlinienverkehr eingesetzt worden seien und welcher Lenker diese Fahrzeuge im Falle gelenkt hätte. Das Verfahren sei daher unter Zugrundelegung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ spruchgemäß einzustellen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte das Arbeitsinspektorat wiederum zusammengefasst vor, eine Angabe des Lenkers bzw der Umstand, dass dieser bekannt ist, werde von Art 32 Abs 1 EU-VO 165/2014 nicht verlangt. Es sei zu keinem Zeitpunkt zulässig, ohne Fahrerkarte zu fahren, wenn nicht die Einstellung „out of scope“ betätigt worden sei bzw wenn nicht eine Bestätigung der Werkstätte auf einem Ausdruck ausgehändigt werde. Wenn daher ohne Karte gefahren worden sei und dafür nicht eine Bestätigung für diese Zeit vorliegen würde, habe das Verkehrsunternehmen nicht für die ordnungsgemäße Nutzung gesorgt. Schutzzweck dieser Regelung bestehe unter anderem, einerseits dem Arbeitgeber selbst, andererseits vor allem den zur Kontrolle des AZG berufenen Behörden die Kontrolle der Arbeitszeitvorschriften für Lenker zu ermöglichen. Durch die Nichtbenützung von Fahrkarten können die vom Kontrollgerät aufgezeigten Lenkzeiten und sonstige Arbeitszeiten nicht einem bestimmten Lenker zugeordnet werden. Dies bedeute, die vom Kontrollgerät aufgezeichneten Zeiten könnten nicht unvollständig ausgewertet werden, weil mangels Kenntnis des Lenkers nicht feststellbar sei, ob ein und derselbe Lenker nicht möglicherweise an vorangegangenen oder nachfolgenden Tagen oder andernfalls noch am selben Tag als Lenker im Einsatz gewesen sei und sich daher aus der Zusammenlegung all dieser Zeit vielleicht noch weitere Übertretungen der einschlägigen Arbeitszeitvorschriften ergeben würden. Werde gegen diese Vorschriften verstoßen, werde die Auswertung der Daten und somit die nachprüfende Kontrolle der Arbeitszeiten zumindest erschwert bzw je nach Tatbestand sogar verunmöglicht. Erfolge dies – wie im vorliegenden Fall über den Zeitraum von mehreren Wochen – sei von einem erheblichen Verstoß gegen den Schutzzweck dieser Regelungen auszugehen. Abschließend wurde die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend beantragt, dass gegen den Beschuldigten aufgrund konkreter näher bezeichneter Rechtsgrundlagen eine Strafe von € 495 verhängt werde.
Die belangte Behörde stellte die Verwaltungsstrafverfahren bezüglich der – vom Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 20.1.2020 ebenfalls beeinspruchten – Strafverfügungen *** und *** mit Bescheiden jeweils vom 16.6.2021, *** (me: *** bis ***) und *** (me: II-STR-2125/2019 bis ***) ebenfalls – weitgehend gleichlautend mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid *** (me: *** bis ***) – gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein. Dagegen erhob das Arbeitsinspektorat – im Unterschied zum gegenständlichen Verfahren – keine Beschwerde.
In seiner auf die Beschwerde dss Arbeitsinspektorats gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid *** (me: *** bis ***) replizierenden Stellungnahme vom 18.1.2021 führte der Beschuldigte – abermals zusammengefasst – aus, in der Beschwerde werde die Verhängung bloß einer Strafe von € 495 beantragt, obwohl dem Beschuldigten in der Strafverfügung noch fünf verschiedene Verwaltungsübertretungen vorgeworfen seien. Es werde nicht konkretisiert, welche Verwaltungsübertretung konkret bestraft werden solle. Das Arbeitsinspektorat könnte aber auch nunmehr bloß eine Strafe für alle fünf Verwaltungsübertretungen fordern. Dieses übersehe, im regionalen Kraftlinienverkehr eingesetzte Fahrzeuge müssten eben nicht zwingend mit einem Kontrollgerät in Verbindung mit der Fahrerkarten-Regelung ausgestattet sein. Die Feststellung des Einsatzes im regionalen Kraftlinienverkehr sei Voraussetzung, für die Strafbarkeit wegen Nichtanwendung der Fahrkarten. Die Beschwerdeführerin übersehe auch, alle wesentlichen Umstände könnten durch andere Kontrollsysteme sehr leicht erhoben und überprüft werden. So werde die Lohnabrechnung der Fahrer nicht über die Fahrerkarte, sondern anhand der Dienstpläne in Zusammenhang mit dem RBL-System gemacht. Es mag bei LKW-Fahrten insbesondere bei Fernfahrten anders sein, darauf komme es im gegenständlichen Fall jedoch nicht an. Der Kraftlinienverkehr sei eben ein besonderer Verkehr, der von der Verkehrsleitzentrale gesteuert werden müsse, weshalb auch andere Systeme zum Einsatz kommen (müssten). Ein Kontrollsystem für die Fahrzeiten habe nicht primär den Sinn, dem Arbeitsinspektorat das Leben zu erleichtern. Der primäre Sinn liege darin, die vorgeschriebenen Lenkzeiten einzuhalten und dies kontrollierbar zu machen. Diese Kontrollen seien mit dem RBL-System lückenlos möglich. Der Beschuldigte habe ein Kontrollsystem eingeführt, das jeden Fahrer sofort darauf aufmerksam mache, wenn er das Fahrzeug verwende, ohne die Fahrerkarte zu stecken. Sollte ein Fahrer dennoch dagegen handeln, wäre der Fahrer zur Verantwortung zu ziehen, nicht aber der Geschäftsführer. Abschließend beantragte der mitbeteiligte Beschuldigte neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Abweisung der Beschwerde.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol führte am 9.3.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch zu der DD für das beschwerdeführende Arbeitsinspektorat Tirol sowie der Beschuldigte AA, gemeinsam mit seinem Rechtsvertreter RA BB erschienen.
II. Sachverhalt
Der Beschuldigte AA ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der EE. Diese Gesellschaft ist wiederum 100%-Gesellschafterin der CC, für die wiederum der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer fungiert.
Im Zuge einer Kontrolle des Arbeitsinspektorats übermittelte die CC relevante Daten der digitalen Fahrerkarten zahlreicher Fahrzeuge. In den Aufzeichnungen der Fahrerkarten wurden jeweils mehrere auf verschiedene Tage verteilte Zeiten aufgezeichnet, an denen insgesamt fünf Fahrzeuge verwendet wurden, ohne dass die digitale Fahrerkarte gesteckt wurde.
Tatsächliche Überschreitungen der Arbeits- oder Lenkzeiten wurde nicht festgestellt.
Der Beschuldigte sorgte als Geschäftsführer sowohl der EE als auch der CC für eine eingehende Instruktion der Lenker über die Verwendung der Fahrerkarten und für die Aushändigung dahingehender Unterlagen. Diese waren den Fahrern auch im Nachhinein im Intranet elektronisch zugänglich. Darüber hinaus verfügt jeder verwendete Linienbus über ein Warnsignal, welches leuchtet, wenn die Fahrerkarte nicht gesteckt ist.
In sämtlichen Fahrzeugen befinden sich ein rechnergesteuertes Betriebsleitsystem (RBL), welches mit einem weiteren System namens FF verknüpft ist. Dadurch wird der gesamte Fahrbetrieb in Echtzeit zweifach aufgezeichnet. Erstens werden die Daten in Abständen von maximal einer Minute an die Leitstelle übermittelt. Zweitens werden die vergleichbaren Daten im Fahrzeug lokal gespeichert. Zusammen mit den ohnehin vorliegenden Dienstplänen ist somit minutengenau feststellbar, welcher Lenker mit welchem Fahrzeug auf welcher Route zu welcher Uhrzeit unterwegs war.
III. Beweiswürdigung
Dieser festgestellte – grundsätzlich unstrittige – Sachverhalt ergibt sich zum einen aus den von der belangten Behörde gemeinsam mit dem angefochtenen Bescheid und vom Beschuldigten vorgelegten Unterlagen, zum anderen aus dem Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 9.3.2021.
Die unternehmensrechtlichen Eigenschaften ergeben sich aus dem Firmenbuch. Die konkreten Aufzeichnungen der Fahrerkarten gehen auf die Strafanzeigen des Arbeitsinspektorates zurück. Die Instruktion an die Lenker zur Verwendung der Fahrkarten sowie die Funktionsweise der RBL und FF erläuterte der Beschuldigte in der mündlichen Verhandlung vom 9.3.2021 und belegte dies durch vorgelegte Unterlagen.
IV. Erwägungen
A. Erfordernis der Anführung des Lenkers im Spruch
Das beschwerdeführende Arbeitsinspektorat rügte die im angefochtenen Bescheid ausgeführte Rechtsansicht, wonach die Anführung des Lenkers gemäß § 44a Z 1 VStG als Tatbestandsmerkmal der gegenständlichen Verwaltungsübertretung im Spruch angeführt werden muss.
Ist ein Fahrzeug, das im regionalen Kraftlinienverkehr eingesetzt wird, mit einem analogen oder digitalen Kontrollgerät ausgestattet, kommen gemäß § 17 Abs 1 AZG die für VO-Fahrzeuge geltenden Vorschriften für die Verwendung des Kontrollgeräts, der Schaublätter, der Ausdrucke oder der Fahrerkarte nach Maßgabe des Art 6 Abs 5 VO 2006/561, der Art 26-29 sowie 32-37 VO 2014/165 sowie des § 17a zur Anwendung.
Gemäß § 17a Abs 1 Satz 2 Z 2 AZG hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass der Lenker all seinen Verpflichtungen bezüglich des digitalen Kontrollgeräts nach der VO 2014/165, insbesondere hinsichtlich der Verpflichtungen gemäß Art 36, nachkommt.
Gemäß Art 3 Abs 1 VO 2014/165 ist der Fahrtenschreiber in Fahrzeugen einzubauen und zu benutzen, die in einem Mitgliedstaat zu gelassen sind, der Personen- oder Güterbeförderung im Straßenverkehr dienen und für die VO 2006/561 gilt. Ein Fahrtenschreiber ist gemäß der Begriffsbestimmung nach Art 2 Abs 2 lit a VO 165/2014 das für den Einbau in Kraftfahrzeuge bestimmte Gerät zum vollautomatischen oder halbautomatischen Anzeigen, Aufzeichnen, Ausdrucken, Speichern und Ausgeben von Angaben über die Fahrten des Fahrzeugs, einschließlich seiner Fahrgeschwindigkeit, gemäß Artikel 4 Absatz 3 sowie von Angaben über bestimmte Tätigkeitszeiten der Fahrer.
Gemäß Art 32 Abs 1 VO 2014/165 sorgen das Verkehrsunternehmen und die Fahrer für das einwandfreie Funktionieren und die ordnungsgemäße Benutzung des digitalen Fahrtenschreibers sowie der Fahrerkarte. Eine Fahrkarte ist wiederum nach den bestehenden Begriffsbestimmungen des Art 2 Abs 2 lit f VO 2014/165 eine Fahrtenschreibkarte, die einem bestimmten Fahrer von der Behörde eines Mitgliedstaats ausgestellt wird, den Fahrer ausweist und die Speicherung von Tätigkeitsdaten des Fahrers ermöglicht.
Gemäß § 28 Abs 5 Z 8 AZG sind Arbeitgeber, die Pflichten betreffend das Kontrollgerät, das Schaublatt, den Ausdruck oder die Fahrerkarte gemäß Art 3 Abs 1, Art 26 ausgenommen Abs 4 und 9, Art 27, Art 28, Art 29 Abs 2 bis 5, Art 32 Abs 1 bis 4 sowie Art 33 bis 37 VO 2014/165 verletzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe gemäß Abs 6 zu bestrafen.
In Zusammenschau dieser Rechtsgrundlagen stellt der von der belangten Behörde in der Strafverfügung vorgeworfenen Tatvorwurf, dass zu konkret bestimmten Zeiten in konkret benannten Fahrzeugen keine Fahrerkarte verwendet wurden, eine Verwaltungsübertretung dar.
Gemäß § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat enthalten und dadurch die Identität der Tat unverwechselbar bezeichnen (VwGH 18.10.2018, Ra 2018/15/0065; 26.9.2018, Ra 2017/17/0316; 3.6.2015, 2013/02/0101). Dies erfordert den wesentlichen Inhalt des Tatgeschehens (VwGH 29.10.2015, Ra 2015/07/0097; 25.3.2014, 2013/04/0057; 24.5.2013, 2012/02/0103), nicht bloß eine Wiederholung der rechtlichen Grundlagen (VwGH 12.6.2019, Ra 2019/17/0034; 26.9.2018, Ra 2017/17/0316; 26.5.1992, 88/05/0263). Die konkreten Anforderungen an den Spruch unterscheiden sich von Delikt zu Delikt und hängen von den jeweils gegebenen besonderen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ab (VwGH 20.3.2019, Ra 2018/09/0163 mwN; 16.3.2016, Ra 2016/04/0034; 6.6.2012, 2011/08/0368; 20.5.2003, 2002/02/0236).
Aus den oben näher bezeichneten Rechtsgrundlagen ist nicht ersichtlich, dass der Fahrer gemäß § 44a Z 1 VStG als Tatbestandsmerkmal anzuführen ist. Durch die – in der Strafverfügung näher angeführten – Fahrzeuge und Zeiten ist der Tatvorwurf ausreichend konkretisiert. So wird daraus ausreichend klar, dass der Arbeitgeber durch den nicht bloß einmaligen Übertretungszeitraum offenkundig auf ein systemisches Versagen hindeutende Verwaltungsübertretungen setzte. Gerade die Nicht-Verwendung einer Fahrerkarte stellt die Verwaltungsübertretung dar. So würde es die Kontrollbefugnis des Arbeitsinspektorates ins Leere laufen lassen, wenn man die Anfügung des Fahrers als Voraussetzung für die spätere Verwaltungsübertretung ansehen würde, wenn durch das Unterlassen der Fahrerkarte der Fahrer gerade nicht herauszufinden ist.
Somit ist dem beschwerdeführenden Arbeitsinspektorat beizupflichten, die Anfügung des Lenkers ist gemäß § 44a Z 1 VStG nicht Tatbestandsmerkmal der gegenständlichen Verwaltungsübertretung.
B. Vorliegen der Verwaltungsübertretung
Nach den vom Landesverwaltungsgericht Tirol festgestellten und auch vom Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung eingestandenen Sachverhalt wurden jeweils mehrere auf verschiedene Tage verteilte Zeiten aufgezeichnet, an denen insgesamt fünf Fahrzeuge verwendet wurden, ohne dass die digitale Fahrerkarte gesteckt wurde.
Die von der belangten Behörde in der Strafverfügung vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen (Verwendung mehrerer konkret bezeichneter Fahrzeuge zu konkret bestimmten Zeiten in konkret benannten Fahrzeugen ohne Fahrerkarte) liegen somit vor.
Mit seinen Ausführungen, Fahrzeuge im regionalen Kraftlinienverkehr müssten nicht zwingend mit einem Kontrollgerät in Verbindung mit einer Fahrerkarten-Regelung ausgestattet sein, kann der Beschuldigte nichts gewinnen. So regelt § 17 Abs 1 AZG zwar nicht, ob ein im regionalen Linienverkehr eingesetztes Fahrzeug ein analoges oder digitales Kontrollgerät haben muss. Wenn aber ein Fahrzeug mit einem solchen Gerät ausgestattet ist, sind die entsprechenden Regelungen – insbesondere § 17a AZG – anwendbar (Schrank, Arbeitszeit Kommentar6 [2021], § 17 AZG Rz 1). Da solche Geräte installiert waren, bestand auch eine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verwendung.
C. Fehlen eines wirksamen Kontrollsystems
Der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher nach § 9 Abs 1 VStG ist hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften verpflichtet (dazu Schrank, Arbeitszeit Kommentar6 [2021], § 28 AZG Rz 53), ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen, wozu es etwa gehört, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, dass sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen. Nur wenn der Verantwortliche nach § 9 Abs 1 VStG glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgt ist, kann ihm sein Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (24.8.2020, Ra 2020/11/0135, unter Hinweis auf 4.7.2002, 2000/11/0123; 29.1.2004, 2003/11/0289; 21.3.2006, 2003/11/0231; 29.3.2011, 2007/11/0256).
Ein geeignetes Kontrollsystem (hinsichtlich der Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten) hat nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht nur Vorkehrungen für die Kontrolle durch den Verkehrsunternehmer, sondern auch ein geeignetes Sanktionssystem bei Zuwiderhandeln des Lenkers zu enthalten (VwGH 19.9.2016, Ra 2016/11/0112 unter Hinweis auf 23.10.2008, 2005/03/0175; 29.3.2011, 2007/11/0256; 20.10.2011, 2010/11/0188; 17.6.2013, 2010/11/0079; 31.8.2014, 2010/11/0193).
Zusammengefasst ist für ein wirksames Kontrollsystem erforderlich, dass erstens diesbezügliche Instruktionen, zweitens wirksame Kontrollen sowie drittens – für den Fall von Verstößen – der Einsatz von Sanktionierungsinstrumenten zur Sicherstellung regelkonformen Verhaltens vorgenommen werden (dazu Lewisch, § 9, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 [2017] Rz 43 mwN).
Die vom Beschuldigten vorgebrachten Maßnahmen der Schulungen, Aushändigung von Unterlagen beweisen zwar die erforderlichen Instruktionen der Lenker. Auch wurden durch die Warnleuchte in den Bussen Kontrollmechanismen eingerichtet. Deren Wirksamkeit erweist sich jedoch als unzureichend. Die im angefochtenen Bescheid eingestellten Verwaltungsübertretungen betreffen insgesamt fünf verschiedene Linienbusse und mehrere Zeiträume an den bezeichneten Tagen. So verteilen sich jene beim Bus mit dem Kennzeichen *** über elf verschiedene Tage in drei Monaten. Der Bus *** kommt auf acht Tage in drei Monate, der Bus *** auf neun Tage in vier Monaten. Beim Bus *** sind zwölf Tage und beim Bus *** elf Tage, jeweils in drei Monaten.
Zusammengefasst betreffen die im angefochtenen Bescheid eingestellten Vorwürfe fünf verschiedene Busse bei denen über einen Zeitraum von drei bis vier Monaten verteilt an 51 Tagen jeweils mehrere Zeiträume der nicht-ordnungsgemäßen Verwendung der Fahrerkarten vorgeworfen werden. Dies alleine deutet auf ein über Einzelfälle hinausgehendes systemisches Versagen hin, was die Wirksamkeit der Kontrollmechanismen ausschließt.
Entgegen der Verantwortung des Beschuldigten liegt es nicht im Verantwortungsbereich der einzelnen Fahrer, die – wie vom Beschuldigten durchaus nachvollziehbar in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol geschildert – offenbar schon wenige Sekunden vor der Übergabe die Fahrerkarte entfernen und erst nach Inbetriebnahme des Fahrzeugs einstecken. In dem oben dargestellten Ausmaß auftretende Verletzungen schließen die Wirksamkeit des Kontrollsystems aus. Dafür ist der Arbeitgeber sehr wohl verantwortlich.
Darüber hinaus wurden Sanktionierungsinstrumente weder behauptet noch bewiesen.
Aus diesem Grund liegt – entgegen der Ansicht der belangten Behörde – kein wirksames Kontrollsystem vor.
Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang bemerkt, ein entschuldigendes Kontrollsystem gemäß § 5 VStG muss bei der gegenständlich vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht darauf gerichtet sein, die Arbeitszeit durch andere – möglicherweise durchaus geeignete – Maßnahmen festzustellen. Vielmehr ist erforderlich, die konkret vorgeworfene Verwaltungsübertretung – nämlich die ordnungsgemäße Verwendung der Fahrerkarten – sicherzustellen. Somit kann der Beschwerdeführer – zumindest im Zusammenhang mit dem wirksamen Kontrollsystem – durch seine Hinweise auf das RBL-System bzw das FF-System nichts gewinnen.
D. Ermahnung
Gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG kann die Einstellung verfügt werden, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.
Auch wenn grundsätzlich die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts (Einhaltung der vorgeschriebenen Arbeits- und Lenkzeiten) nicht als gering einzuschätzen sind, liegen trotzdem – aufgrund der besonderen Umständen des gegenständlichen Einzelfalles – die Voraussetzung für eine Ermahnung nach § 45 Abs 1 Z 4 VStG vor.
Die Intensität der Rechtsgutbeeinträchtigung ist gering. So beschränken sich erstens die vorgeworfenen und festgestellten Übertretungen auf wenige Sekunden, niemals mehr als eine Minute. Zweitens betrieb der Beschwerdeführer ein eigenes – von (digitalen) Fahrerkarten unabhängiges – Fahrtzeiten, Arbeitszeiten und Lenkzeiten aufzeichnendes System, das durchaus geeignet ist, Überschreitung der Arbeitszeit zu verhindern. Damit verbunden gesteht drittens sogar der Vertreter des Arbeitsinspektorates in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol ein, dass es tatsächlich zu keinen Überschreitungen der Arbeitszeit bzw Lenkzeiten gekommen ist.
Wiederum damit verbunden ist das Verschulden des Beschuldigten gering. Allein durch die Installation eines – von den digitalen Fahrerkarten unabhängigen – Arbeitszeit- und Fahrtkontrollsystem, stellte er seine Motivation der Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen eindringlich unter Beweis.
Somit liegen – zusammengefasst und aufgrund der Besonderheiten des gegenständlichen Einzelfalles – die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG vor.
E. Ergebnis
Dem beschwerdeführenden Arbeitsinspektorat ist zuzustimmen, die Anführung des konkreten Lenkers ist für die gegenständliche Übertretung nicht erforderlich. Auch kann das vom Beschuldigten präsentierte und vom Arbeitsinspektorat in Zweifel gezogene Kontrollsystem nicht als Entschuldigungsgrund im Sinne des § 5 VStG herangezogen werden.
Allerdings führte dieses verbunden mit den geringfügigen, in aller Regel auf wenige Sekunden reduzierten Verwaltungsübertretungen zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG.
Die Beschwerde ist somit mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass der angefochtene Bescheid dahingehend geändert wird, dass die Einstellung gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG erfolgt.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Revision – so VwGH 7.4.2021, Ra 2021/09/0051 – zum einen etwa, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (dazu VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0040; 20.12.2017, Ra 2017/12/0124).
Fragen der Beweiswürdigung kommt regelmäßig als nicht über den Einzelfall hinausreichend keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu (VwGH 21.4.2017, Ro 2016/11/0004; 18.8.2017, Ra 2017/11/0218; 13.11.2017, Ra 2017/02/0217). Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsschutzinstanz grundsätzlich nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung berufen. Diese ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofs unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vor dem Verwaltungsgerichtshof daher nicht zu überprüfen (VwGH 24.9.2014, Ra 2014/03/0012 mwN; 25.9.2017, Ra 2017/20/0282).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von € 240 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA
(Richter)
Schlagworte
digitale FahrerkarteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.14.0015.15Zuletzt aktualisiert am
18.10.2021