Entscheidungsdatum
23.09.2021Index
60/02 ArbeitnehmerschutzNorm
AM-VO §17Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Rosenkranz über die Beschwerde des Herrn AA, vertreten durch BB, CC, DD, Rechtsanwälte, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.03.2021, Zl *** wegen einer Übertretung nach der AM-VO, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird dahingehend ergänzt, als es nach „AM-VO“ weiter zu lauten hat „BGBl II Nr 164/2000 idF BGBl II Nr 21/2010“ und im Übrigen die die Strafdrohung enthaltende Norm mit § 130 Abs 1 Z 16 ASchG, BGBl 450/1994 idF BGBl I Nr 100/2018 angegeben wird.
2. Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind Euro 100,00 zu bezahlen.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Sachverhalt:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
„1. Datum/Zeit: 09.01.2020, 16:20 Uhr
Ort: **** X, Adresse 2, Förderband "EE"
Sie haben es als gemäß § 9 VStG verantwortlicher Vertreter des Arbeitgebers (handelsrechtlicher Geschäftsführer der FF, **** W, Adresse 3, welche Komplementär der GG ist) zu verantworten, dass in der Arbeitsstätte der GG; Adresse 2, **** X der Arbeitnehmer Herr JJ (geb. **.**.****) Reinigungsarbeiten beim “EE“-Förderband (TS18-IE Fa. KK) durchgeführt hat, während dieses im Betrieb war, obwohl Einstell-, Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten sowie Arbeiten zur Beseitigung von Störungen nicht an in Betrieb befindlichen Arbeitsmitteln durchgeführt werden dürfen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von
falls diese uneinbringlich ist,
Ersatzfreiheitsstrafe von
Freiheitsstrafe von
Gemäß
1. € 500,00
0 Tage(n) 12 Stunde(n)
0 Minute(n)
Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 50,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 550,00“
Dagegen hat der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass entgegen den Betriebsvorschriften und entgegen aller Schulungsmaßnahmen Herr JJ Wartungsarbeiten durchführte, ohne das Förderband vom Stromkreis zunehmen und ohne es außer Betrieb zu setzen. Herr JJ habe aus eigenem Anlass und unter Missachtung aller innerbetrieblicher Vorschriften gehandelt, sodass ihn das Alleinverschulden am Unfall treffe. Es habe am 13.12.2019 eine spezifische Einschulung für alle Mitarbeiter, die am „EE“ Förderband im Einsatz gewesen waren, durch den Betriebsleiter stattgefunden und habe auch Herr JJ daran teilgenommen und dies mit seiner Unterschrift bestätigt. In dieser spezifischen Schulung habe der zuständige Betriebsleiter, Herr LL, alle Teilnehmer informiert, das Einstell-, Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten, sowie Arbeiten zur Beseitigung von Störungen nicht am in Betrieb befindlichen Förderband (Arbeitsmittel) durchgeführt werden dürfen. Alle in Frage kommenden Mitarbeiter seien vor Inbetriebnahme des angeführten Förderbands nachweislich durch den zuständigen Betriebsleiter eingeschult worden und sei auch in den Schulungsunterlagen klargestellt, dass man sicherstellen müssen, dass die Anlage nicht in Betrieb gesetzt werden könne und die Stromzufuhr zum Stromkreis zu unterbrechen sei. In jedem Schigebiet würden sich an der Talstation ein oder mehrere Mitarbeiter befinden, die ihren Dienst nach Vorschrift zu erfüllen hätten. Diese seien nicht ihrem „Schicksal überlassen“, sondern könnten den Betriebsleiter oder dessen Stellvertreter jederzeit erreichen, wenn es technische Probleme gäbe. Es sei einem Betriebsleiter aber nicht möglich, wenn beispielsweise ein Gast beim Einsteigen in einen Sessellift zu Sturz komme, die verspätete Abschaltung des Lifts durch seinen Mitarbeiter zu verhindern, weil es die ureigenste Aufgabe dieses Mitarbeiters sei, bei einem Unfall den Lift sofort zu stoppen. Im gegenständlichen Fall sei der Betriebsleiter nur wenige Minuten entfernt und für den Verunfallten jederzeit erreichbar gewesen. Um der Anordnung zu folgen, Wartungsarbeiten nur dann durchzuführen, wenn sich das Förderband nicht in Betrieb befindet und zusätzlich der Stromkreis ausgeschaltet sei, bedürfe es keiner hochintelektuellen Leistung. Dies sei für jedermann einsichtig und verständlich. Neben der jährlichen Einschulung werde für jeden Lift und auch für das Förderband ein Betriebstageblatt geführt, in dem alle wesentlichen Ereignisse einzutragen seien. Zusätzlich würde der Betriebsleiter und sein Stellvertreter als eine ihrer Aufgaben ständige Kontrollfahrten im Schigebiet durchführen und überwachen, ob ihre Mitarbeiter den Anweisungen Folge leisten. Dies habe in der Vergangenheit auch bestens funktioniert, sei der gegenständliche Vorfall doch der allererste Betriebsunfall bei der Förderbandanlage. Wie könne ein Kontrollsystem noch mehr ausgestaltet sein, als dass jährliche Schulungen mit schriftlichen Unterweisungen erfolgen würden, täglich Betriebstageblätter geführt würden, in denen alle Vorkommnisse einzutragen seien und der Betriebsleiter und sein Stellvertreter ständig Kontrollfahrten unternehmen würden? Die Forderung, ein wirksames Kontrollsystem zu etablieren, um den Unfall zu verhindern, sei zwar theoretisch leicht ausgesprochen, in der Praxis so aber nicht möglich. Nachdem sich alle Mitarbeiter bisher immer an die Anordnungen gehalten hätten, keine Beanstandungen erfolgt seien und nie ein Betriebsunfall passiert sei, wäre die einzige wirksame Kontrolle, dass der Betriebsleiter direkt neben dem Mitarbeiter stehe und ihn kontrolliere. Dem Beschuldigten sei kein Verschulden vorwerfbar. Am 18.02.2020 sei mit Herrn JJ eine neuerliche Unterweisung nach dessen Unfall durchgeführt worden. Dies zeige, wie ernst der Beschuldigte seine Aufgabe als verantwortlicher Geschäftsführer nehme.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt und den Akt des Landesverwaltungsgerichtes sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers und der Zeugen LL und JJ.
Nachfolgender Sachverhalt steht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens fest:
Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der FF, welche Komplementär der GG ist. Er ist damit verantwortlicher Vertreter des Arbeitgebers des Herrn JJ. Der Beschwerdeführer hat es damit zu verantworten, dass in der Arbeitsstätte der GG, Adresse 2, **** X beim Förderband „EE“ am 09.01.2020 um 16:20 Uhr der Arbeitnehmer JJ, geb. am **.**.****, Reinigungsarbeiten beim „EE“ Förderband (TS18-IE Firma KK) durchgeführt hat, während dieses in Betrieb war, obwohl Einstell-, Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten sowie Arbeiten zur Beseitigung von Störungen nicht an in Betrieb befindlichen Arbeitsmitteln durchgeführt werden dürfen.
Herr JJ hat an diesem Tag nach Betriebsschluss bei der „Bergstation“ des Förderbands Reinigungsarbeiten vornehmen wollen.
Beim Hantieren mit seiner Geldtasche sind ihm Wertgegenstände bei dem dort befindlichen Gitterrost hinuntergefallen und hat er mit einem mitgeführten Schlüssel den verschlossenen Gitterrost geöffnet, ist hinuntergestiegen und wollte zunächst seine Wertgegenstände aufnehmen und in weiterer Folge Kontroll- und Reinigungsarbeiten durchführen, wozu es nicht mehr gekommen ist, da er aus ihm nicht nachvollziehbaren Gründen mit der Hand zwischen Förderband und Spannrolle gekommen ist. Herr JJ trug Arbeitshandschuhe.
Am 13.12.2019 wurde eine Schulung für die Anlage Förderband „EE“ durchgeführt, an der auch Herr JJ teilnahm. Diese Schulung wurde vom Betriebsleiter LL durchgeführt.
An eine Schulung am 18.02.2020, die speziell für Herrn JJ veranstaltet wurde, und die Herr LL vorgenommen hat, konnte sich der Zeuge JJ anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht nicht mehr erinnern. Er konnte sich auch nicht erinnern Unterlagen zu den in der Schulungs- und Prüfungsbestätigung genannten Themen erhalten zu haben.
LL kommt nur dann zum Förderband, wenn Herr JJ ihm technische Problem mit dem Förderband mitteilt.
Ca einmal die Woche kontrolliert Herr JJ selbständig beim Tatort, ob das Band korrekt läuft und ob Schnee wegzuschütten ist. Der Beschwerdeführer kommt gelegentlich beim Förderband vorbei und sieht nach, ob beim Ablauf alles funktioniert.
Ansonsten kontrolliert niemand die Tätigkeiten von Herrn JJ.
Herrn LLs Büro befindet sich von der gegenständlichen Förderbandanlage ca 10 Minuten bzw ca 700 m entfernt und hat er keinen direkten Blick auf das Förderband.
Der Beschwerdeführer ist regelmäßig in seinem Büro in W und nicht bei der gegenständlichen Unfallstelle.
Beim gegenständlichen Förderband handelt sich um eines, das vor allem von Kindern und Anfängern benützt wird. Der gegenständliche Unfall ist beim Bergausstieg des Förderbands passiert. Das Band geht von unten nach oben 100 m hinauf.
Der Betriebsleiter ist für einen sicheren Betrieb im Schigebiet zuständig und für die Revision und die Personaleinteilung sowie den operativen Schibetrieb und kümmert sich auch um die Schulungen.
Der Beschwerdeführer ist fünfmal in der Woche im gesamten Schigebiet, wobei er nicht bei der Anlage ist, dann vorbeikommt, wenn er hört, dass etwas vorgefallen ist um sich dies dann anzusehen.
Kontrollfahrten der Betriebsleitung werden nicht dokumentiert, nur für den Fall, dass etwas passiert ist, wird dies im Betriebstagebuch vermerkt.
Dass der Betriebsleiter Kontrollen vornimmt, weiß der Beschwerdeführer deshalb, da dies in der Schulung der Betriebsleiter ein wesentlicher Aspekt ist und auch von seiner Seite gefordert wird.
Auch nach den Angaben des Beschwerdeführers und des Zeugen LL wollte Herr JJ Reinigungsarbeiten (Schneereinigungsarbeiten) vornehmen.
Der Zeuge LL ist Betriebsleiter und war zum Unfallzeitpunkt in seinem Büro.
Bei der Schulung wird zunächst anhand der Unterlagen erklärt und dann direkt am Förderband. Dabei wird bei der Schulung auch darauf hingewiesen, dass Wartungsarbeiten und Reinigungsarbeiten nur Herr LL und sein Stellvertreter, Herr MM, machen, obwohl in den Schulungsunterlagen ein Punkt betreffend Reinigungs- und Wartungsarbeiten ausgewiesen ist.
Herr LL hängt dann, wenn er selber Arbeiten vornimmt, das Schild „nicht einschalten! Wartung!“ nicht hin, da er ja dann selbst alles ein- und ausschaltet.
In der Gebrauchs- und Wartungsanweisung für das gegenständliche Transportband ist auf Seite 6 jedoch festgehalten, dass vor Reinigungs- und Wartungsarbeiten mit einem Schild „nicht einschalten! Wartung!“ zu signalisieren ist, dass die Anlage nicht in Betrieb ist.
II. Beweiswürdigung:
Die vorerwähnten Feststellungen ergeben sich aus dem behördlichen Akteninhalt sowie den Angaben der Zeugen LL und JJ sowie des Beschwerdeführers.
Der Zeuge JJ hat angegeben, dass er Wertgegenstände in den Schacht hinunter verloren gehabt habe, weshalb er hinuntergestiegen sei, um diese zu holen. Er hat aber auch ausgeführt, dass er Reinigungsarbeiten durchführen wollte, dazu wegen des Unfalls dann aber nicht mehr gekommen ist. Auch der Beschwerdeführer und der Zeuge LL haben angegeben, dass ihnen gegenüber Herr JJ geäußert hat, dass er Reinigungsarbeiten hatte vornehmen wollen.
Der Zeuge JJ hat auch angegeben, sich an eine zweite Schulung nach dem Unfall nicht erinnern zu können und sich auch nicht daran erinnern zu können, dass er Unterlagen erhalten habe. Da der Zeuge JJ angegeben hat, dass er sich nicht mehr an den Vorgang erinnern kann, wie es dazu kam, dass seine Hand eingeklemmt wurde, konnten dazu keine Feststellungen getroffen werden. Er hat aber auch angegeben, dass er den Strom für den Betrieb des Transportbandes nicht abgestellt hatte.
Weiters ergibt sich aus den Angaben des Zeuge JJ, dass Herr LL von seinem Büro aus nicht zum Transportband blicken kann. Hinsichtlich der Kontrollen hat der Zeuge JJ angegeben, dass Herr LL nur dann kommt, wenn es ein Problem gibt und er ihn verständigt. Demgegenüber hat zwar Herr LL angegeben, dass er einmal am Tag vorbeikommt, da das Band an der Talstation ist und man dann schaut, wie der Ablauf dort ist und man sowieso gerufen wird, wenn es ein technisches Problem gibt.
Die Feststellung, dass Herr LL kein entsprechendes Schild anbringt, wenn er Wartungsarbeiten vornimmt, ergibt sich aus seiner Aussage.
III. Rechtslage:
Die wesentlichen Bestimmungen der AM-VO (Arbeitsmittelverordnung), BGBl II Nr 164/2000 idF BGBl II Nr 21/2010, lauten:
„§ 17.
AM-VO- Arbeitsmittelverordnung
Besondere Arbeiten
(1) Einstell-, Wartungs-, Instandhaltungs- und Reinigungsarbeiten sowie Arbeiten zur Beseitigung von Störungen dürfen nicht an in Betrieb befindlichen Arbeitsmitteln durchgeführt werden. Durch geeignete Maßnahmen ist ein unbeabsichtigtes, unbefugtes oder irrtümliches Einschalten der Arbeitsmittel zu verhindern.
[…]“
Die wesentlichen Bestimmungen des ASchG (ArbeiternehmerInnenschutzgesetz), BGBl Nr 450/1994 idF BGBl I Nr 100/2018, lauten:
„§ 130.
ASchG-ArbeitnehmerInnenschutzgesetz
(1) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 bis 8 324 €, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 bis 16 659 € zu bestrafen ist, begeht, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen
1. nicht dafür sorgt, daß die Arbeitnehmer bei ernster und unmittelbarer Gefahr gemäß § 3 Abs. 3 und 4 vorgehen können,
2. die Verpflichtungen nach § 3 Abs. 5 verletzt,
3. die Verpflichtung zur Bestellung einer geeigneten Person gemäß § 3 Abs. 6 verletzt,
4. die Verpflichtungen betreffend Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung verletzt,
5. die Verpflichtung zur Ermittlung und Beurteilung der Gefahren verletzt,
6. die durchzuführenden Schutzmaßnahmen nicht festlegt oder nicht für deren Einhaltung sorgt,
7. die Verpflichtungen betreffend die Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente verletzt,
8. Arbeitnehmer entgegen § 6 Abs. 1 bis 3 zu Tätigkeiten heranzieht, zu deren Durchführung sie nicht geeignet sind,
9. die Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Arbeitnehmerinnen oder für behinderte Arbeitnehmer verletzt,
10. die Koordinationspflichten verletzt,
11. die Informations-, Beteiligungs- oder Anhörungspflichten gegenüber den Arbeitnehmern oder die Unterweisungspflicht verletzt,
12. die Verpflichtung zur Bestellung von Sicherheitsvertrauenspersonen in Betrieben gemäß § 10 Abs. 2 und 3, in denen regelmäßig mehr als 50 Arbeitnehmer beschäftigt werden, oder in Arbeitsstätten gemäß § 10 Abs. 4, in denen regelmäßig mehr als 50 Arbeitnehmer beschäftigt werden, oder die Pflichten gegenüber den Sicherheitsvertrauenspersonen verletzt,
13. die Verpflichtung zur Erstellung, Aufbewahrung und Übermittlung von Aufzeichnungen und Berichten über Arbeitsunfälle verletzt,
14. die Instandhaltungs-, Reinigungs- oder Prüfpflichten verletzt,
15.die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt,
16. die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt,
17. die Verpflichtungen betreffend Arbeitsstoffe verletzt,
18. die Verpflichtungen betreffend Eignungs- und Folgeuntersuchungen, wiederkehrende Untersuchungen der Hörfähigkeit sowie sonstige besondere Untersuchungen verletzt,
19. die Verpflichtungen betreffend die Vorbereitung, Gestaltung und Durchführung von Arbeitsvorgängen oder die Einrichtung, Beschaffenheit und Erhaltung von Arbeitsplätzen verletzt,
20. Arbeitnehmer mit Arbeiten gemäß § 62 Abs. 1 bis 3 beschäftigt, obwohl sie die zu deren Durchführung erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllen, oder selbst entgegen § 62 Abs. 6 solche Arbeiten durchführt,
21. nicht dafür sorgt, daß die Organisation und Vorbereitung von Arbeiten gemäß § 62 Abs. 4 durch Personen erfolgt, die hiefür geeignet sind und die erforderlichen Fachkenntnisse nachweisen, oder selbst die Organisation und Vorbereitung entgegen § 62 Abs. 6 durchführt,
22. Arbeitnehmer beschäftigt, ohne daß die gemäß § 62 Abs. 5 erforderliche Aufsicht gewährleistet ist,
23. die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Handhabung von Lasten verletzt,
24. die Verpflichtungen betreffend Lärm oder sonstigen Einwirkungen und Belastungen verletzt,
25. die Verpflichtungen betreffend Bildschirmarbeit verletzt,
26. die Verpflichtungen betreffend persönliche Schutzausrüstungen oder Arbeitskleidung verletzt,
27. die Verpflichtung zur Bestellung oder zur Beiziehung von Sicherheitsfachkräften oder von Arbeitsmedizinern verletzt, ihnen die erforderlichen Informationen und Unterlagen nicht zur Verfügung stellt, oder nicht dafür sorgt, daß sie ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen, sofern kein Präventionszentrum gemäß § 78 Abs. 1 Z 2 in Anspruch genommen wurde,
27a. die Verpflichtung zur Anforderung oder zur Beiziehung des von ihm in Anspruch genommenen Präventionszentrums des zuständigen Unfallversicherungsträgers verletzt,
27b. die Aufgaben nach § 84 Abs. 1 und 3 sowie § 85 Abs. 2 nicht ordnungsgemäß wahrnimmt, sofern er als Form der sicherheitstechnischen Betreuung das Unternehmermodell gewählt hat,
27c. die Verpflichtungen betreffend Präventionszeit gemäß § 82a verletzt,
27d. die Verpflichtungen betreffend die sonstigen Fachleute gemäß § 82b verletzt oder nicht dafür sorgt, dass sie in der Präventionszeit ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen,
28. die Verpflichtung zur Beschäftigung von Fach- und Hilfspersonal für die sicherheitstechnische oder arbeitsmedizinische Betreuung oder die Verpflichtung zur Beistellung der notwendigen Räume, Ausstattung oder Mittel verletzt,
29. die Verpflichtungen betreffend den Arbeitsschutzausschuß oder den zentralen Arbeitsschutzausschuß verletzt,
30. eine Arbeitsstätte errichtet, betreibt oder ändert, ohne daß die erforderliche Arbeitsstättenbewilligung vorliegt,
31. Meldepflichten verletzt.
[…]“
Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand der ihm zu Last gelegten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.
Im gegenständlichen Fall kann nicht davon gesprochen werden, dass ein funktionierendes Kontrollsystem, welches nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einzurichten ist, vorgelegen wäre. Dass ein funktionierendes Kontrollsystem nicht vorliegt, ergibt sich schon aus der Tatsache, dass der Betriebsleiter selbst die Vorgaben nach der Gebrauchs- und Wartungsanweisung für das Transportband nicht einhält, da er nach eigenen Angaben nicht mit einem Schild auf die Wartungsarbeiten hinweist, sowie es in dieser Vorgabe gefordert ist. Die von ihm geschilderten Kontrolltätigkeiten bestehen darin, dass er dann, wenn er am Transportband vorbekommt, das sich an der Talstation befindet sich den Ablauf anschaut, wobei der Zeuge JJ angegeben hat, dass der Zeuge LL tatsächlich nur dann zum Transportband kommt, wenn er wegen eines Problems gerufen wird. Der Beschwerdeführer selbst weiß von Kontrolltätigkeiten nur deshalb, da er dies in der Schulung als wesentlichen Aspekt hervorhebt und auch einfordert. Der Beschwerdeführer hat aber keine Angaben dahingehend gemacht, wie er selbst den Betriebsleiter kontrolliert, sodass gesichert ist, dass sämtliche relevanten Vorgaben eingehalten werden.
Hinsichtlich der Schulungen ist auszuführen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Schulung nicht mit einem funktionierenden Kontrollsystem gleichzusetzen ist. Dies ist im gegenständlichen Fall vor allem deshalb beachtlich, da nur eine einzige Schulung stattgefunden hat und sich der Zeuge JJ an eine weitere Schulung seiner Person nach dem Unfall gar nicht erinnern konnte. Damit zeigt sich aber, dass die Schulungen nicht mit einer derartigen Intensität vorgenommen werden, dass sie bei den Bediensteten nachdrücklich im Gedächtnis bleiben würden.
Der Zeuge JJ hat zwar in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er Wertgegenstände verloren hätte, weshalb er den Schacht geöffnet und hinuntergestiegen wäre, jedoch hat er auch angegeben, dass er in weiterer Folge Reinigungsarbeiten hätte vornehmen wollen, wozu es nicht mehr gekommen sei, da der Unfall passiert war. Auch gegenüber Herrn LL hat Herr JJ angegeben, dass er Schneereinigungsarbeiten hatte vornehmen wollen und hat derartiges auch der Beschwerdeführer ausgesagt, sodass insgesamt nicht zu bezweifeln ist, dass der Beschwerdeführer nicht nur wegen der verlorenen Wertgegenstände in den Schacht gestiegen ist, sondern vielmehr auch deshalb, weil er dort Reinigungsarbeiten vornehmen wollte.
Der Zeuge JJ hatte auch angegeben, dass er derartige Kontrollen und Reinigungsarbeiten wohl einmal in der Woche vornimmt. Da der Zeuge LL angegeben hat, dass er bei der Einschulung darauf hingewiesen hat, dass nur er selbst oder sein Stellvertreter Reinigungs- oder Wartungsarbeiten vornehmen würden, ergibt sich auch daraus, dass einerseits die Schulung insofern nicht bewirkt hat, dass Herr JJ nicht dennoch selbständig Reinigungsarbeiten vorgenommen hat bzw vornehmen hatte wollen und andererseits zeigt sich, dass dieses Verhalten von Herrn JJ bis zum Unfall nicht aufgefallen war, obwohl Herr JJ angegeben hat, derartiges einmal in der Woche vorzunehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, dass er in Fällen (behaupteter) eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern wiederholt ausgesprochen habe, dass die Erteilung von Weisungen, die Rechtsvorschriften einzuhalten, den Arbeitgeber nur dann entschuldigt, wenn er darlegt und glaubhaft macht, dass er Maßnahmen ergriffen hat um die Einhaltung der erteilten Anordnungen betreffend die Beachtung der Rechtsvorschriften zu gewährleisten, insbesondere welche Kontrollen er eingerichtet hat und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat. Das Kontrollsystem hat gerade für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern Platz zugreifen (vgl VwGH 17.11.2004, 2003/09/0109 mit weiteren Nachweisen).
Auch im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer ein eigenmächtiges Handeln des Zeugen JJ angegeben und hat er kein Kontrollsystem darlegen können, dass derartige Eigenmächtigkeiten zu verhindern im Stande gewesen wäre.
Da es in diesem Fall sogar zu einer Verletzung des Zeugen JJ gekommen war zeigt sich, dass ein geeignetes Kontrollsystem notwendig wäre, um die gesundheitliche Unversehrtheit von Arbeitnehmern zu gewährleisten.
Was die innere Tatseite anlangt ist festzuhalten, dass es sich bei der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Übertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt, da zum Tatbestand der betreffenden Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehören. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass dann ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. Eine derartige Glaubhaftmachung ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Er hat insbesondere kein geeignetes Kontrollsystem darlegen können, das die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften absichern würde.
Der Täter hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung entspricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (vgl VwGH 06.09.2005, 2001/03/0249 ua).
Aufgrund der gesetzlichen Vermutung in § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG ist daher jedenfalls von Fahrlässigkeit auszugehen.
Der Beschwerdeführer hat die Tat sohin in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist insofern nicht unerheblich, da durch die Übertretung der gegenständlichen Norm die zu schützende körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt wurde.
Mildernd war nichts zu berücksichtigen, erschwerend ebenso nichts.
Die verhängte Geldstrafe kann nicht als überhöht angesehen werden, zumal sie sich im unteren Bereich des Strafrahmens befindet. Eine Bestrafung in der gegenständlichen Höhe war jedenfalls geboten, um dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung hinreichend Rechnung zu tragen und den Beschwerdeführer künftighin zu einer sorgfältigen Beachtung der Bestimmungen der AM-VO sowie des ASchG zu veranlassen. Auch aus generalpräventiven Gründen war eine Bestrafung in der gegenständlichen Höhe jedenfalls geboten.
Die Voraussetzungen nach §§ 20 und 45 Abs 1 VStG lagen nicht vor. Die Anwendung des § 20 VStG ist bereits deshalb ausgeschieden, da ein beträchtliches Überwiegen von Milderungsgründen nicht festgestellt werden konnte. Hinsichtlich des § 45 Abs 1 Z 4 VStG fehlt es an dem hier geforderten geringfügigen Verschulden. Der Beschwerdeführer hat vielmehr den typischen Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung verwirklicht, in dem er kein geeignetes Kontrollsystem eingerichtet hat.
Da im angefochtenen Bescheid die die Strafdrohung enthaltene Norm nicht angeführt wurde, war diese durch das Landesverwaltungsgericht zu ergänzen (vgl VwGH 03.09.2001, 2000/10/0109).
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen wird auf die zitierte Rechtsprechung verwiesen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Hinweis:
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Rosenkranz
(Richter)
Schlagworte
Reinigungsarbeiten bei laufendem BetriebEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.27.1134.6Zuletzt aktualisiert am
18.10.2021