Entscheidungsdatum
04.10.2021Index
82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
COVID-19-LockerungsV 2020Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Herrn AA, vertreten durch RA BB, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 09.06.2021, Zl ***, betreffend Übertretungen nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:
„Sie, Herr AA, haben als Inhaber und Betreiber des Lokals „CC“ in **** Z, Adresse 2, nicht dafür Sorge getragen, dass die Betriebsstätte nur im Zeitraum zwischen 05:00 Uhr und 01:00 Uhr des folgenden Tages betreten wird, obwohl das Betreten von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe gemäß COVID-19-Lockerungsverordnung, COVID-19-LV, i.d.F. BGBl. II Nr. 287/2020 nur unter der Voraussetzung zulässig ist, wenn der Betreiber das Betreten der Betriebsstätte für Kunden nur im Zeitraum zwischen 05:00 und 01:00 Uhr des folgenden Tages zulässt. Restriktivere Sperrstunden und Aufsperrstunden aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
Aufgrund der herrschenden COVID-19-Situation und den zahlreichen Regelungen betreffend Bars und Diskotheken (Gastgewerbe/Nachtlokale), wurden seitens der Bezirkspolizeiinspektion Z mehrere Kontrollen - im Zeitraum Juli bis September 2020 - in den Gastlokalen in Z durchgeführt und festgestellt, dass Sie die Ausnahmeregelung gemäß § 11 Abs. 9 COVID-Lockerungsverordnung {Ausnahme der Sperrstundenregelung für geschlossene Gesellschaften) dahingehend umgangen haben, indem Sie unter Angabe falscher Tatsachen Ihren gewöhnlichen Barbetrieb weitergeführt haben.
Bei den Kontrollen des Lokals „CC“ seitens der Bezirkspolizeiinspektion Z konnten somit folgende Übertretungen wahrgenommen werden:
1. Am 18.07.2020, jedenfalls um 01:40 Uhr, haben sich in ebendiesem mindestens 40 bis 50 Gäste aufgehalten. Somit haben Sie entgegen den Bestimmungen des § 6 Abs. 2 COVID-19-Lockerungsverordnung das Betreten der Betriebsstätte für Kunden nach 01:00 Uhr zugelassen sowie es nach Abs. 4 unterlassen, die Verabreichungsplätze so einzurichten, dass zwischen den Besuchergruppen ein Abstand von mindestens einem Meter besteht.
2. Am 02.08.2020, jedenfalls um 01:14 Uhr, haben sich in ebendiesem ca. 24 Gäste aufgehalten. Somit haben Sie entgegen der Bestimmung des § 6 Abs. 2 COVID-19-Lockerungsverordnung das Betreten der Betriebsstätte für Kunden nach 01:00 Uhr zugelassen und gemäß Abs. 3 nicht sichergestellt, dass die Konsumation von Getränken nicht unmittelbar in der Nähe der Ausgabestelle stattfindet. Des Weiteren haben Sie es entgegen Abs. 4 unterlassen die Verabreichungsplätze so einzurichten, dass zwischen den Besuchergruppen ein Abstand von mindestens einem Meter besteht.
3. Am 09.08.2020, jedenfalls um 01:38 Uhr, haben sich in ebendiesem ca. 35 Gäste aufgehalten. Somit haben Sie entgegen der Bestimmung des § 6 Abs. 2 COVID-19-Lockerungsverordnung das Betreten der Betriebsstätte für Kunden nach 01:00 Uhr zugelassen und es nach Abs. 4 unterlassen, die Verabreichungsplätze so einzurichten, dass zwischen den Besuchergruppen ein Abstand von mindestens einem Meter besteht.
4. Am 23.08.2020, jedenfalls um 01:34 Uhr, haben sich in ebendiesem ca. 45 Gäste aufgehalten. Somit haben Sie entgegen der Bestimmung des § 6 Abs. 2 COVID-19-Lockerungsverordnung das Betreten der Betriebsstätte für Kunden nach 01:00 Uhr zugelassen und es nach Abs. 4 unterlassen, die Verabreichungsplätze so einzurichten, dass zwischen den Besuchergruppen ein Abstand von mindestens einem Meter besteht.
5. Am 30.08.2020, jedenfalls um 01:30 Uhr, haben sich in ebendiesem ca. 50 Gäste aufgehalten. Somit haben Sie entgegen der Bestimmung des § 6 Abs. 2 COVID-19-Lockerungsverordnung das Betreten der Betriebsstätte für Kunden nach 01:00 Uhr zugelassen, es nach Abs. 4 unterlassen, die Verabreichungsplätze so einzurichten, dass zwischen den Besuchergruppen ein Abstand von mindestens einem Meter besteht.
6. Am 20.09.2020, jedenfalls nach 01:00 Uhr, haben sich in ebendiesem ca. 38 Gäste aufgehalten. Somit haben Sie entgegen der Bestimmung des § 6 Abs. 2 COV1D-19-Lockerungsverordnung das Betreten der Betriebsstätte für Kunden nach 01:00 Uhr zugelassen und gemäß Abs. 3 nicht sichergestellt, dass die Konsumation von Getränken nicht unmittelbar in der Nähe der Ausgabestelle stattfindet. Des Weiteren haben Sie es entgegen Abs. 3a unterlassen, die Konsumation von Getränken in geschlossenen Räumen nur im Sitzen an Verabreichungsplätzen auszugeben sowie gemäß Abs. 4 die Verabreichungsplätze so einzurichten, dass zwischen den Besuchergruppen ein Abstand von mindestens einem Meter besteht. Ferner wurde es nach Abs. 5a unterlassen, dass Ihre Mitarbeiterin (DD) eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung trägt.
Sie haben daher folgende Rechtsvorschriften verletzt:
Verwaltungsübertretung(en) nach
Zu 1: § 3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020, i.V.m. §6 Abs. 2 und Abs. 4 COVID-19-Lockerungsverordnung, BGBl. II Nr. 197/2020, i.d.F. BGBl. II Nr. 287/2020;
Zu 2.: § 3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020, i.V.m. § 6 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4 COVID-19-Lockerungsverordnung, BGBl. II Nr. 197/2020, i.d.F. BGBl. II Nr. 287/2020;
zu 3.: § 3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020, i.V.m. § 6 Abs. 2 und Abs. 4 COVID-19-Lockerungsverordnung, BGBl. II Nr. 197/2020, i.d.F. BGBl. II Nr. 287/2020;
zu 4.: § 3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020, i.V.m. § 6 Abs. 2 und Abs. 4 COVID-19-Lockerungsverordnung, BGBl. II Nr. 197/2020, i.d.F. BGBl. II Nr. 287/2020;
Zu 5.: § 3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020, i.V.m. § 6 Abs. 2, Abs. 4 COVID-19-Lockerungsverordnung, BGBl. II Nr. 197/2020, i.d.F. BGBl. II Nr. 287/2020;
Zu 6.: § 3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020, i.V.m. § 6 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 3a, Abs. 4 und Abs. 5a COVID-19-Lockerungsverordnung, BGBl. II Nr. 197/2020, i.d.F. BGBl II Nr 398/2020;
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Euro
Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
Freiheitsstrafe von
gemäß
zu 1: 1.500
zu 2: 1.500
zu 3: 1.500
zu 4: 1.500
zu 5: 1.500
zu 6: 1.500
14 Tage
14 Tage
14 Tage
14 Tage
14 Tage
14 Tage
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§ 3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-
Maßnahmengesetz, BGBl. 1 Nr.
12/2020 i.d.g.F.
§3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-
Maßnahmengesetz, BGBl. 1 Nr.
12/2020 i.d.g.F.
§ 3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-
Maßnahmengesetz, BGBl. 1 Nr.
12/2020 i.d.g.F.
§ 3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-
Maßnahmengesetz, BGBl. 1 Nr.
12/2020 i.d.g.F.
§ 3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-
Maßnahmengesetz, BGBl. 1 Nr.
12/2020 i.d.g.F.
§ 3 Abs. 2 erster Fall COVID-19-
Maßnahmengesetz, BGBl. 1 Nr.
12/2020 i.d.g.F.“
Dagegen richtet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel in welchem nach Wiedergabe des Sachverhaltes zusammenfassend vorgebracht wird, dass die Tatvorwürfe falsch seien, zumal die Gäste das Lokal jeweils vor 01:00 Uhr betreten hätten. Außerdem habe es sich um eine angemeldete geschlossene Gesellschaft gehandelt, weshalb die vorliegende COVID-19-Lockerungsverordnung nicht anzuwenden gewesen sei. Auch wurde die Bemessung der Strafhöhe als überhöht bekämpft.
II. Sachverhalt:
Dem Beschwerdeführer werden im vorliegenden Fall unterschiedliche Verstöße gegen die COVID-19-Lockerungsverordnung in der Fassung BGBl II Nr 287/2020 sowie betreffend Spruchpunkt 6. in der Fassung BGBl II Nr 398/2020 zur Last gelegt. Die Tatvorwürfe richten sich dabei einerseits auf das Offenhalten der Betriebsstätte nach 01:00 Uhr, andererseits auf das Konsumieren von Getränken unmittelbar an der Ausgabestelle, auf die Einrichtung der Verabreichungsplätze, sowie auf die Konsumation von Getränken unmittelbar an der Ausgabestelle. Außerdem wird dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, dass eine Mitarbeiterin keine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung getragen habe.
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde. Auf das Vorbringen in der Beschwerde, dass es sich um eine geschlossene Gesellschaft gehandelt habe, war fallbezogen nicht näher einzugehen, zumal die vorliegende Rechtsfrage ohne Klärung dieser Frage beantwortet werden konnte.
IV. Rechtslage:
COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl I Nr. 12/2020
„Betreten von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen sowie Arbeitsorte
§ 1.
Beim Auftreten von COVID-19 kann der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung das Betreten von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen oder Arbeitsorte im Sinne des § 2 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. In der Verordnung kann geregelt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit jene Betriebsstätten betreten werden dürfen, die vom Betretungsverbot ausgenommen sind. Darüber hinaus kann geregelt werden, unter welchen bestimmten Voraussetzungen oder Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten werden dürfen.
Strafbestimmungen
§ 3.
(1) Wer eine Betriebsstätte betritt, deren Betreten gemäß § 1 untersagt ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 3 600 Euro zu bestrafen.
(2) Wer als Inhaber einer Betriebsstätte nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, deren Betreten gemäß § 1 untersagt ist, nicht betreten wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 30 000 Euro zu bestrafen. Wer als Inhaber einer Betriebsstätte nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte höchstens von der in der Verordnung genannten Zahl an Personen betreten wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 3 600 Euro zu bestrafen.
(3) Wer einen Ort betritt, dessen Betreten gemäß § 2 untersagt ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 3 600 Euro zu bestrafen.“
Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen wurden (COVID-19-Lockerungsverordnung – COVID-19-LV) BGBl II Nr. 197/2020 idF BGBl II Nr. 287/2020
„Gastgewerbe
§ 6.
(1) Das Betreten von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe ist unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen zulässig.
(2) Der Betreiber darf das Betreten der Betriebsstätte für Kunden nur im Zeitraum zwischen 05.00 und 01.00 des folgenden Tages Uhr zulassen. Restriktivere Sperrstunden und Aufsperrstunden aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(3) Der Betreiber hat sicherzustellen, dass die Konsumation von Speisen und Getränken nicht in unmittelbarer Nähe der Ausgabestelle erfolgt.
(4) Der Betreiber hat die Verabreichungsplätze so einzurichten, dass zwischen den Besuchergruppen ein Abstand von mindestens einem Meter besteht. Dies gilt nicht, wenn durch geeignete Schutzmaßnahmen zur räumlichen Trennung das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
(5) Vom erstmaligen Betreten der Betriebsstätte bis zum Einfinden am Verabreichungsplatz hat der Kunde gegenüber anderen Personen, die nicht zu seiner Besuchergruppe gehören, einen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Beim Verlassen des Verabreichungsplatzes hat der Kunde gegenüber anderen Personen, die nicht zu seiner Besuchergruppe gehören, einen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.
(6) Selbstbedienung ist zulässig, sofern durch besondere hygienische Vorkehrungen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
(7) Die Abs. 1 bis 10 gelten nicht für Betriebsarten der Gastgewerbe, die innerhalb folgender Einrichtungen betrieben werden:
1. Krankenanstalten und Kureinrichtungen;
2. Pflegeanstalten und Seniorenheime;
3. Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen einschließlich Schulen und Kindergärten;
4. Betrieben, wenn diese ausschließlich durch Betriebsangehörige genützt werden dürfen;
5. Massenbeförderungsmittel.“
Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der die COVID-19-Lockerungsverordnung geändert wird (10. COVID-19-LV-Novelle), BGBl II Nr. 398/2020
…
„4. Nach § 6 Abs. 3 wird folgender Abs. 3a eingefügt:
(3a) In geschlossenen Räumen ist die Konsumation von Speisen und Getränken nur im Sitzen an Verabreichungsplätzen zulässig.
5. Nach § 6 Abs. 5 wird folgender § 6 Abs. 5a eingefügt:
(5a) Die Betreiber sowie deren Mitarbeiter haben bei Kundenkontakt in geschlossenen Räumen eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.“
…
V. Erwägungen:
Dem Beschwerdeführer werden im vorliegenden Fall unterschiedliche Übertretungen nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz zur Last gelegt. Die belangte Behörde hat dabei die jeweils an bestimmten Tagen wahrgenommenen Sachverhalte jeweils einer Übertretung zugeordnet.
Zu berücksichtigen wäre dabei allerdings im Hinblick auf § 22 Abs 2 VStG, dass wenn mehrere selbstständige Taten durch mehrere Verwaltungsübertretungen begangen wurden oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen zu subsumieren wäre, die Strafen nebeneinander zu verhängen gewesen wären. Wenn somit dem Beschwerdeführer zu einem Tattag unterschiedliche Übertretungen nach einer Verordnung zur Last gelegt werden, so wären diese unterschiedlichen Übertretungen jeweils gesondert zu ahnden gewesen. Wenn allerdings, wie im vorliegenden Fall, mehrere gleichartige Übertretungen, welche offensichtlich unter einem Gesamtvorsatz in einem engen zeitlichen Zusammenhang gesetzt wurden, vorliegen, so wäre zu prüfen gewesen, in wie fern im vorliegenden Fall nicht von einem fortgesetzten Delikt auszugehen wäre, nach welchem die Übertretungen nur einmal zu bestrafen wären. Eine nähere Auseinandersetzung damit erübrigt sich allerdings fallbezogen:
1. Offenhalten der Betriebsstätte für Kunden nach 01.00 Uhr:
Festgehalten wird, dass der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 08.06.2021, V21/2021-7, festgehalten hat, dass § 6 Abs 2 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen wurden (in Folge kurz: COVID-19-LockerungsV), BGBl II Nr 197/2020 in der Fassung BGBl II Nr 287/2020 gesetzwidrig war. Weiters hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die als gesetzwidrig festgestellte Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.
Dies bedeutet, dass die in § 6 Abs 2 der COVID-19-LockerungsV normierte Sperrstundenregelung gesetzwidrig war. Soweit dem Beschwerdeführer weiters ein Verstoß gegen die Sperrstundenregelung auf Grundlage der COVID-19-LockerungsV in der Fassung BGBl II Nr 398/2020 zur Last gelegt wird, so wird festgehalten, dass die Sperrstundenregelung nach der Novelle der COVID-19-LockerungsV BGBl II Nr 287/2020 bis zur Novelle BGBl II Nr 398/2020 nicht mehr geändert wurde. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass der Vorhalt des Verstoßes gegen die Sperrstundenregelung durch das Landesverwaltungsgericht Tirol zu beheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen war.
2. Einrichtung der Verabreichungsplätze
Zum Tatvorwurf der Einrichtung der Verabreichungsplätze derart, dass zwischen den Besuchergruppen kein Abstand von mindestens einem Meter besteht, wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 01.10.2020, G272/2020, verwiesen. Dieser hat festgestellt, dass § 6 Abs 1 und 4 der COVID-19-LockerungsV, BGBl II Nr 197/2020 in der Fassung BGBl II Nr 207/2020 gesetzwidrig war. Festgehalten wird, dass § 6 Abs 4 der COVID-19-LockerungsV bis zur Novelle BGBl II Nr 398/2020 nicht geändert wurde, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes daher auch für alle vorliegenden Vorhalte anzuwenden ist. Außerdem wird festgehalten, dass der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis zwar ausgesprochen hat, dass die Aufhebung erst mit dem 31.12.2020 in Kraft getreten ist. Dies ist allerdings für den vorliegenden Fall im Hinblick auf das im § 1 Abs 2 VStG normierte Günstigkeitsprinzip irrelevant. Auch diese Tatvorwürfe waren daher vom Landesverwaltungsgericht Tirol zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick auf § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.
3. Konsumation an der Ausgabestelle:
Zum Tatvorwurf, dass der Betreiber nicht sichergestellt habe, dass die Konsumation von Speisen und Getränken nicht unmittelbar in der Nähe der Ausgabestelle erfolgt, wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 08.06.2021, V615/2020-7 verwiesen. Der Verfassungsgerichtshof hat in dieser Entscheidung festgehalten, dass § 6 Abs 3 der COVID-19-LockerungsV BGBl II Nr 197/2020 in der Fassung BGBl II Nr 207/2020 gesetzwidrig war. Zumal § 6 Abs 3 der COVID-19-LockerungsV bis zur Novelle BGBl II Nr 398/2020 nicht geändert wurde, war auch dieser Tatvorwurf vom Landesverwaltungsgericht Tirol zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einzustellen.
4. Konsumation nur an Verabreichungsplätzen:
Zum Tatvorwurf, dass es der Beschwerdeführer entgegen § 6 Abs 3a COVID-19-LockerungsV in der Fassung BGBl II Nr 398/2020 unterlassen habe, „die Konsumation von Getränken in geschlossenen Räumen nur im Sitzen an Verabreichungsplätzen auszugeben“ wird festgehalten, dass § 6 Abs 3a der COVID-19-LockerungsV in der Fassung BGBl II Nr 398/2020 vorgesehen hat, dass in geschlossenen Räumen die Konsumation von Speisen und Getränken nur im Sitzen an Verabreichungsplätzen zulässig ist. In dieser Bestimmung wurde allerdings nicht angeordnet, dass eine Abgabe von Speisen und Getränken nur im Sitzen an Verabreichungsplatz zulässig sei, wie dies in Spruchpunkt 6. des angefochtenen Straferkenntnisses vorgehalten wird. Zumal der Vorhalt im Straferkenntnis daher nicht der Verwaltungsvorschrift, deren Übertretung dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wird, zuordenbar ist, wird auch dieser Tatvorwurf behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt, wozu ergänzend auf die unten wiedergegebenen Ausführungen zu § 3 Abs 2 Covid-19-Maßnahmengesetz hingewiesen wird
5. Tragen eines MNS durch eine Mitarbeiterin
Zum Tatvorwurf, dass die Mitarbeiterin DD es unterlassen habe, eine den Mund- und Nasebereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen, wird einerseits festgehalten, § 6 Abs 5a der genannten Verordnung vorgesehen hat, dass die Verpflichtung zum Tragen einer mechanischen Schutzvorrichtung dann nicht besteht, wenn zwischen den Personen keine sonstigen geeigneten Schutzvorrichtungen zur räumlichen Trennung vorhanden sind, die das gleiche Schutzniveau gewährleisten. Im angefochtenen Straferkenntnis finden sich allerdings dazu keinerlei Feststellungen. Andererseits richtet sich diese Verwaltungsvorschrift direkt an die Mitarbeiterin und nicht gegen den Betreiber.
Überdies wird dazu auf den von der belangten Behörde zitierten § 3 Abs 2 COVID-19-Maßnahmengesetz verwiesen, der eine Strafbarkeit des Inhabers einer Betriebsstätte dann vorgesehen hat, wenn nicht dafür Sorge getragen wurde, dass die Betriebsstätte, deren Betreten untersagt war, nicht betreten wird. Weiters wurde der Inhaber einer Betriebsstätte mit Verwaltungsstrafe bedroht, wenn er nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Betriebsstätte höchstens von der in der Verordnung genannten Zahl an Personen betreten wird. Andere Sachverhalte wurden von § 3 Abs 2 COVID-19-Maßnahmengesetz in der anzuwendenden Fassung betreffend die Strafbarkeit des Inhabers einer Betriebsstätte nicht erfasst. Auch aus diesem Grund erweisen sich die Bestrafungen zu den Punkten 2 bis 5 als rechtswidrig.
Insgesamt war daher das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das wider den Beschwerdeführer geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG abgesehen werden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Dünser
(Richter)
Schlagworte
Verletzung SperrstundeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.15.1891.2Zuletzt aktualisiert am
18.10.2021