TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/19 W105 2235038-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.07.2021
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Entscheidungsdatum

19.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55

Spruch


W105 2235038-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald BENDA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Guinea, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.07.2020, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.06.2021 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III. und V. des angefochtenen Bescheides wird gemäß den §§ 46, 52 Abs. 1 Z 1 und Abs. 9, 55 Abs. 1-3 FPG i.d.g.F. und § 9 BFA-VG i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird teilweise Folge gegeben und die Dauer des Einreiseverbotes auf zehn Jahre herabgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mittels Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 05.06.2020 wurde der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Guinea, darüber informiert, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot, die Erlassung der Schubhaft über ihn und seine Abschiebung seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) geplant ist. Dem BF wurde Parteiengehör und eine Frist von sieben Tagen für die Einbringung einer Stellungnahme gewährt.

2. Mit eigenhändig verfasstem Schreiben vom 08.06.2020 bezog der BF wie folgt Stellung: Er sei ledig, gesund und habe keine Kinder, seine Familie bestehend aus seinen Eltern und Geschwistern würde in Guinea leben. In Österreich habe er keine Angehörigen. Eine Ausbildung habe er nie absolviert, in Guinea habe er aber als Maler gearbeitet. Er sei nicht im Besitz eines Reisepasses, verfüge jedoch über eine Duldungskarte. Der BF sei 2001 nach Österreich eingereist und habe um Asyl angesucht, da er im Heimatland Probleme mit den Behörden gehabt habe.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 07.07.2020 hat das BFA dem BF einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen den BF gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Guinea zulässig ist (Spruchpunkt III.), gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und die Frist für die freiwillige Auseise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG auf 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt V.).

Die Rückkehrentscheidung wurde damit begründet, dass sich der BF nach mehrfach ab- bzw. zurückgewiesenen Asylanträge unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Er sei nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen, sei mehrere Male wegen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz (SMG) verurteilt worden und habe keine familiären Anknüpfungspunkte. In Gesamtbetrachtung würden folglich die öffentlichen Interessen unzweifelhaft die privaten Interessen des BF überwiegen, weshalb die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu erfolgen habe.

Betreffend das Einreiseverbot wurde erwogen, dass der BF zuletzt wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden sei, weswegen die Z 5 des § 53 Abs. 3 FPG erfüllt sei. Er sei zudem mehrfach wegen solcher Delikte verurteilt worden, wobei erschwerend hinzukomme, dass der Suchtgiftkriminalität eine besonders hohe Wiederholungsgefahr innewohne. Diese Gefahr neuerlicher Tatbegehungen durch den BF werde auch dadurch bestätigt, dass sich der BF weder einsichtig noch reumütig zeige. Der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität komme aufgrund deren Sozialschädlichkeit ein besonders hohes öffentliches Interesse zu, weshalb gegen den BF rigoros vorzugehen sei. Die Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbots sei auch in Anbetracht der bereits zweimal zuvor ausgesprochenen Einreiseverbote jedenfalls notwendig.

4. Am 07.08.2020 wurde der BF aus der Strafhaft in der Justizanstalt Hirtenberg entlassen.

5. Gegen den Bescheid des BFA vom 07.07.2020 richtet sich die von der rechtlichen Vertretung des BF am 06.08.2020 fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wird:

Der BF sei Staatsbürger von Guinea, sei 2001 nach Österreich eingereist und habe einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, welcher abgewiesen worden sei. Gegen ihn seien bereits zwei Mal Einreiseverbote verhängt worden, er sei jedoch wieder nach Österreich eingereist. In Österreich sei er bereits sechs Mal rechtskräftig verurteilt worden, aber noch nie zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren, weswegen die Z 5 des § 53 Abs. 3 FPG nicth erfüllt sei. Folglich hätte ein unbefristetes Einreiseverbot nie erlassen werden dürfen. Betreffend die privaten und familiären Interessen des BF hätte ebenso eine Einvernahme des BF erfolgen müssen. Insbesondere habe der BF die deutsche Sprache erlernt, habe seinen Lebensmittelpunkt seit 20 Jahren in Österreich und habe als Geschirrwäscher gearbeitet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt den Namen XXXX , ist am XXXX geboren und Staatsangehöriger von Guinea. Er ist gesund und arbeitsfähig.

Nach illegaler Einreise ins Bundesgebiet stellte der BF am 02.08.2001 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher rechtskräftig abgewiesen wurde. Die weiteren Asylanträge des BF wurden rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In vorangegangenen Verfahren wurden auch bereits zwei Mal gegen den BF ein Einreiseverbot ausgesprochen. Der BF verfügt über keinen Aufenthaltstitel für Österreich und befindet sich unrechtmäßig im Bundesgebiet.

In Österreich verfügt der BF über keine bestehenden familiären Anknüpfungspunkte, er ist seit 2016 geschieden und hat weder Kinder noch Sorgepflichten. Er ging in Österreich nie einer erlaubten Erwerbstätigkeit nach und bezieht Grundversorgung. Er kann sich auf Deutsch verständigen. Seit seiner Haftentlassung im August 2020 lebt der BF in einem Wohnhaus des Vereins für Integrationshilfe, wo er sich bei der Haushaltsführung mit Tätigkeiten wie Kochen, Putzen und Aufräumen maßgeblich beteiligt und dafür therapeutisches Taschengeld erhält. Sonstige besonders schützenswerte private Anknüpfungspunkte kamen nicht hervor.

1.2. Der BF wurde in Österreich bereits sechs Mal strafgerichtlich verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 02.12.2002 zu Zahl XXXX wurde der BF wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften als junger Erwachsener gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 und 2, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, wobei ihm sechs Monate davon unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 04.03.2005 zu Zahl XXXX wurde der BF wegen der versuchten Begehung des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 und 2, Z 2 1.Fall SMG iVm § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, wobei ihm sechs Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Schon am 22.09.2005 wurde der BF mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien zu Zahl XXXX ein weiteres Mal verurteilt, wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 und 2 Z 2 1.Fall, 27 Abs. 1 1. und 2.Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 03.07.2008 zu Zahl XXXX wurde der BF ein weiteres Mal wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften - diesmal gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 8.Fall, 27 Abs. 3 SMG - zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17.02.2012 zu Zahl XXXX wurde der BF wegen der Begehung der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 8.Fall, Abs. 3 SMG und der Vorbereitung des Suchtgifthandels gemäß § 28 Abs. 1. und 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Der BF hat in Wien und anderen Orten 90,4 Gramm Heroin (zumindest 0,02 Gramm Reinsubstanz Morphin, 0,1 Gramm Reinsubstanz Monoacetylmorphin und 0,2 Gramm Reinsubstanz Heroin), 120,4 Gramm Kokain (zumindest 19,29 Gramm Reinsubstanz Cocain HCl) und 26,4 Gramm Marihuana (zumindest 0,76 Gramm Reinstubstanz Delta 9 THC) mit dem Vorsatz erworben, diese Suchtgifte in Verkehr zu setzen. Er verwahrte sie bei sich zu Hause in einem Tischbein. Von September bis November 2011 hat der BF insgesamt ungefähr 95 Gramm Suchtgift an verschiedene, teils bekannte und teils unbekannte Abnehmer zu einem Grammpreis von 20 Euro gewerbsmäßig verkauft, wobei es zu mehreren Übergaben (im Strafurteil: „Angriffe“) kam. Als strafmildernd wurden das Geständnis des BF sowie die Sicherstellung des Suchtgifts und als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen gewertet.

Mit weiterem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 16.04.2018 zu Zahl XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 4.Fall SMG, des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs. 1 1. und 2. Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Nach seiner Entlassung aus der Strafhaft fasste er mit einem Staatsangehörigen von Guinea-Bissau den Entschluss, den Lebensunterhalt erneut durch den Verkauf von Suchtgift zu bestreiten. Er verkaufte in der Zeit Juni bis August 2017 ungefähr 550 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgrad von 30 Prozent zu einem Grammpreis von 60 Euro. Zudem erwarb von Sommer 2015 bis August 2017 mehrmals Kokain zum Eigengebrauch. Strafmildernd wurde beim BF das teilweise Geständnis, straferschwerend wurden die einschlägigen und rückfallsbegründenden Vorstrafen sowie das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen gewertet.

1.3. Der BF hat nicht vorgebracht, dass ihm in Guinea eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Der BF leidet an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Erkrankungen, er ist erwerbsfähig bzw. zu einer eigenständigen Bestreitung seines Lebensunterhalts im Zielstaat in der Lage.

Er hat zudem familiäre Anknüpfungspunkte in Guinea, die Geschwister des BF leben im Herkunftsstaat. Der BF selbst wuchs in Guinea auf und lebte dort, bis er 18 Jahre alt war. Er arbeitete in Guinea als Maler.

1.4. Zum Herkunftsstaat Guinea wird festgestellt:

Politische Lage

Die Republik Guinea ist geprägt von einem demokratischen Aufbruch nach dem kurzzeitigen Militärregime unter Moussa Dadis Camara (2008-2010). Zuvor war Guinea trotz politischer Öffnung unter dem autoritären Regime von Präsident Lansana Conté bestimmt (AA 28.6.2019a). Die ersten freien Präsidentschaftswahlen 2010 endeten in der Stichwahl mit einem sehr knappen Ergebnis zwischen Regierungs- und Oppositionspartei. Der teilweise erbittert geführte Wahlkampf von 2010 war Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition"), die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis heute die innenpolitische Situation beeinflusst. Staatspräsident Condé setzte sich bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 erneut durch. Aktuell wird in Guinea von Seiten der Regierung eine Verfassungsänderung zugunsten einer bisher verfassungsrechtlich ausgeschlossenen 3. Amtszeit des Präsidenten erwogen (AA 28.6.2019a; vgl. USDOS 13.3.2019).

Die ersten freien Parlamentswahlen fanden nach Verzögerungen am 28.9.2013 statt. Die Nationalversammlung tagt in mindestens zwei Sitzungsperioden im Jahr. Die nächsten Parlamentswahlen hätten schon Anfang 2019 stattfinden sollen, wurden aber aufgeschoben: das Parlament ist per präsidentiellem Dekret in Amtsverlängerung getreten (AA 28.6.2019a). Die ersten demokratischen Kommunalwahlen fanden am 4.2.2018 statt (AA 28.6.2019a; vgl. USDOS 13.3.2019), deren Ergebnis jedoch noch nicht vollständig umgesetzt ist. Im Rahmen von Dezentralisierungsbemühungen soll die Autonomie der Gebietskörperschaften längerfristig gestärkt werden (AA 28.6.2019a).

Das Parteiensystem war zwischen den beiden Präsidentschaftswahlen 2010 und 2015 weitgehend von einer Orientierung in zwei Lagern bestimmt: Die Regierungsmehrheit unter Führung der dominierenden RPG (Rassemblement du Peuple de Guinée), zusammen mit mehreren Kleinstparteien in einem Bündnis RPG-Arc-en-Ciel; und die Opposition, innerhalb derer die UFDG (Union des Forces Démocratiques de Guinée) die mit Abstand stärkste Partei stellt, sowie einer Reihe von kleineren und kleinsten Parteien. Beide Gruppen bilden in der Nationalversammlung jeweils einen Fraktionsverbund. Zur Opposition gehört auch die kleinere UFR (Union des Forces Républicaines), die zwischenzeitlich (Jänner 2016 bis Mai 2018) an der Regierung beteiligt war und in der Nationalversammlung eine eigene Fraktion bildet. Das bisher bestimmende Lagergefüge der Parteipolitik ist seitdem in Bewegung gekommen (AA 5.7.2019).

Laut Verfassung müssen die Parteien national aufgestellt sein; dies trifft auf jeden Fall auf die großen Parteien zu. Trotzdem haben auch diese ethnisch-regionale Hochburgen (AA 5.7.2019). In Guinea wurden bei der Umsetzung der politischen Vereinbarung vom 12.10.2016 schrittweise Fortschritte erzielt. Das politische Umfeld polarisierte sich jedoch zunehmend nach der Verschiebung der anstehenden Parlamentswahlen, die für Jänner auf November 2019 verschoben wurden. Es wird befürchtet, dass das Präsidentenlager auf eine Erneuerung der Verfassung von 2010 drängt, um Präsidenten Alpha Condé den Weg für eine mögliche dritte Amtszeit zu ebnen (UNSC 5.7.2019).

Sicherheitslage

In Guinea bestehen soziale und politische Spannungen, die sich auch zu Sicherheitsrisiken ausweiten können. In Conakry sowie im Inneren des Landes kommt es regelmäßig zu Demonstrationen, die zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen und den Sicherheitskräften führen. Immer wieder werden zahlreiche Menschen verletzt oder getötet (EDA 14.8.2019; vgl. BMEIA 14.8.2019). So haben die Proteste im Zusammenhang mit den Lokalwahlen im Februar 2018 mehrere Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 14.8.2019). Die Kriminalitätsrate hat sowohl in Conakry, als auch im Landesinneren stark zugenommen. Bewaffnete Raubüberfälle und Diebstähle sind häufig (BMEIA 14.8.2019; vgl. EDA 14.8.2019; FD 14.8.2019). Aufgrund der für den Großteil der Bevölkerung sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage gibt es in Conakry, aber auch im Landesinneren, immer wieder Akte des Vandalismus und Straßenblockaden. Vor allem im städtischen Milieu sind nächtliche Überfälle auf Passanten, Wohnhäuser und Geschäfte verbreitet. Bewaffnete nächtliche Überfälle auf Fahrzeuge werden von Zeit zu Zeit auf einzelnen Überlandstraßen gemeldet. Auch aus diesem Grund wird von nächtlichen Überlandfahrten abgeraten. Besonders zu beachten ist, dass die Täter teilweise uniformiert sind (AA 14.8.2019). Die südlichen Grenzgebiete zu Liberia, Sierra Leone und Côte d'Ivoire sind aufgrund ethnischer Spannungen gefährlich (BMEIA 14.8.2019).

Rechtschutz / Justizwesen

Obwohl die Verfassung und die Gesetze die Unabhängigkeit der Justiz vorsehen, fehlt es dem Justizsystem an Unabhängigkeit. Es ist unterfinanziert, ineffizient und offen korrupt. Das Justizsystem ist gekennzeichnet von zahlreichen Problemen (USDOS 13.3.2019; vgl. HRW 17.1.2019) wie z.B. geringes Budget, das Fehlen von qualifizierten Anwälten und Untersuchungsrichtern sowie einem veralteten und restriktiven Strafgesetzbuch (USDOS 13.3.2019). Die Justiz ist nicht vollständig unabhängig, aber es gibt Anzeichen dafür, dass die Autonomie der Justiz leicht zugenommen hat. Die Bürgerrechte sind gesetzlich garantiert, werden aber in der Praxis nur teilweise respektiert (BS 2018). Vetternwirtschaft und ethnische Voreingenommenheit schränkten die Wirksamkeit der Justiz ein (USDOS 13.3.2019). Aufgrund des korruptionsanfälligen formalen Justizsystems vertrauen viele Bürger auf das traditionelle Rechtssystem (USDOS 13.3.2019; vgl. BS 2018). Fälle, die dort nicht zur Zufriedenheit der Beteiligten gelöst werden können, werden an das formale Justizsystem übergeben. Die Stimme der Frau hat im traditionellen Rechtssystem weniger Gewicht als jene des Mannes (USDOS 13.3.2019). Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung, die Unabhängigkeit der Richter, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, das Recht auf einen Verteidiger und das Recht der Berufung vor; jedoch werden diese Rechte in der Praxis nicht konsistent geachtet (USDOS 13.3.2019).

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechte sind zwar gesetzlich garantiert, werden aber von einer noch schwachen Justiz bisher nicht ausreichend geschützt. Besondere Sorgen macht die Einschränkung von Menschenrechten durch die konservativ-traditionelle gesellschaftliche Praxis. Dies betrifft insbesondere die Rechte von Frauen und von Kindern. Kritisch sind dabei vor allem die Praxis der Zwangsverheiratung von Minderjährigen, erzwungene Kinderarbeit und die verbreitete Genitalverstümmelung (AA 28.6.2019a).

Seit Amtsantritt der Regierung Condé Ende 2010 kommt dem institutionalisierten Menschenrechtsschutz verstärkte Bedeutung zu. Die Bemühungen der Regierung werden insbesondere in der Schaffung eines eigenen Ministeriums für Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten (seit 2016) deutlich, stoßen in der Praxis jedoch immer wieder an Grenzen (AA 5.7.2019). Obwohl sich das Verhalten der Sicherheitskräfte in den letzten Jahren verbessert hat, sind Polizei und Gendarmerie an übermäßiger Gewalt, Korruption und Kriminalität beteiligt (HRW 17.1.2019). Bei Übergriffen herrscht Straflosigkeit, es ist allenfalls mit internen Disziplinarmaßnahmen zu rechnen. Diese Straflosigkeit ist ein zentrales Manko in der Menschenrechtsbilanz Guineas (AA 5.7.2019; vgl. HRW 17.1.2019).

Nationale und internationale Menschenrechtsgruppen berichten zudem von Folter, mit der Gefangene eingeschüchtert oder Geständnisse erzwungen werden (HRW 17.1.2019).

Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme im Land sind u.a. die übermäßige Anwendung von Gewalt und Folter gegen Zivilisten durch die Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftungen, endemische Korruption auf allen Ebenen der Regierung, Vergewaltigungen und Gewalt gegen Frauen und Mädchen und Zwangs- und Frühehen (USDOS 13.3.2019).

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Meinungs- und Pressfreiheit gewährleisten (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 5.7.2019), schränkt die Regierung diese Freiheiten ein. Staatliche Fernseh- und Rundfunkmedien berichten überwiegend aus Regierungssicht (AA 5.7.2019). Unabhängige und oppositionseigene Medien sind aktiv und drücken ein weites Spektrum von Ansichten aus. Wichtigstes Medium bleibt aber noch – auch angesichts der hohen Analphabetenrate (41%) – das Radio (AA 28.6.2019b; vgl. USDOS 13.3.2019). Neben dem öffentlichen, regierungsgelenkten Rundfunk der RTG (Radio Television Guinéenne) gibt es seit 2006 zahlreiche private Radiosender im ganzen Land (ROG 2019; USDOS 13.3.2019). FM-Radio-Call-in-Shows bleiben beliebt und erlaubten den Bürgern, ihre Unzufriedenheit mit der Regierung auszudrücken. Die Zunahme der Online-Nachrichten-Websites spiegelt die wachsende Nachfrage nach unterschiedlichen Ansichten wider (USDOS 13.3.2019).

Allerdings können Verleumdungen und Anschuldigungen zu Vergeltungsmaßnahmen durch die Regierung führen (USDOS 13.3.2019). Die Bedrohung der Medienfreiheit hat in den letzten Jahren zugenommen. 2018 wurden mehrere Journalisten wegen regierungskritischer Berichterstattung verhaftet und dann wieder freigelassen. Außerdem kam es zu Übergriffen auf Medieninstitutionen oder Journalisten (HRW 17.1.2019). Es gibt Berichte über physische Angriffe, Belästigung und Einschüchterung (USDOS 13.3.2019) Nach anderen Angaben hat sich das Klima für Journalisten in den letzten Jahren etwas verbessert (FH 4.2.2019).

Es kam auch zur willkürlichen Schließung von Radio- und Fernsehsendern und Journalisten arbeiten weiterhin in einem Klima von Unsicherheit und Gewalt (ROG 2019). Das Strafgesetzbuch, das 2016 verabschiedet wurde, sieht Strafen von bis zu fünf Jahren Gefängnis wegen Diffamierung oder Beleidigung von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vor (FH 4.2.2019). Im World Press Freedom Index 2019 belegt Guinea Platz 107 von 180 (ROG 2019). Die Pressefreiheit ist grundsätzlich gewahrt, Eingriffe durch staatliche Zensur finden im Ausnahmefall statt, wurden bisher aber nach scharfer Kritik der Zivilgesellschaft wieder zurückgenommen (AA 28.6.2019b).

Die Verfassung sieht Versammlungsfreiheit vor, die Regierung schränkt dieses Recht jedoch ein (USDOS 13.3.2019). 2017/2018 kam es zu einer Zunahme von Demonstrationen, die teilweise in gewaltsamen Konfrontationen mit Sicherheitskräften mündeten. Seit Ende 2018 werden Straßendemonstrationen aus Sicherheitsgründen regelmäßig untersagt (AA 5.7.2019). Das Gesetz verbietet jedes Treffen, das ethnischen Charakter hat, sowie jede Versammlung, die die nationale Einheit bedrohen könnte. Für öffentliche Versammlungen ist eine Anmeldung einzuholen. Lokale Behörden können Demonstrationen verbieten, wenn sie der Ansicht sind, dass die öffentliche Ordnung bedroht ist (USDOS 13.3.2019). In der Praxis werden Versammlungen, die ohne Ankündigung abgehalten werden, oft gewaltsam aufgelöst (FH 4.2.2019). Die Regierung untersagt häufig Demonstrationen der Opposition (HRW 17.1.2019; vgl. BS 2018) und es kommt zum Einsatz von Tränengas und Wasserwerfer durch die Sicherheitskräfte (HRW 17.1.2019).

Die Verfassung und Gesetze gewährleisten Vereinigungsfreiheit, und die Regierung respektiert dieses Recht in der Praxis (USDOS 13.3.2019). Es sind über 150 politische Parteien zugelassen, von denen aber nur 6 über eine nennenswerte Mitgliederzahl und über mehr als einen Abgeordneten in der Nationalversammlung verfügen. Staatliche Einschränkungen von oppositionellen Aktivitäten haben in den vergangenen Jahren abgenommen. Guineas Oppositionsparteien sind im Parlament stark vertreten. Bei den Kommunalwahlen am 4.2.2018 konnten Oppositionsparteien erstmals die Mehrheit in zahlreichen Städten und Gemeinden gewinnen und politische Verantwortung übernehmen (AA 5.7.2019).

Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Hilfsorganisationen um Flüchtlingen, Staatenlosen und Asylwerbern Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 13.3.2019).

Religionsfreiheit

Ca. 89,1% der Bevölkerung sind Muslime, 6,8% Christen, und ca. 4% gehören anderen bzw. keinen Religionen an (CIA 10.7.2019).

Die Verfassung sieht einen säkularen Staat vor, verbietet religiöse Diskriminierung und gewährt Glaubens- und Religionsfreiheit (USDOS 21.6.2019). In der Regel werden die religiösen Rechte respektiert (FH 4.2.2019). Die aktive Ausübung des muslimischen Glaubens hat zugenommen. Es gibt eine gewisse Dominanz des Islam im öffentlichen und im Alltagsleben. Angehörige nichtmuslimischer Gruppen (christlichen und/oder animistischen Glaubens) können dadurch latent benachteiligt werden (AA 5.7.2019). Einige nicht-muslimische Regierungsangestellte haben von gelegentlicher Diskriminierung berichtet (FH 4.2.2019). So erfahren Nicht-Muslime, insbesondere im Staatsdienst, eine soziale Benachteiligung (AA 5.7.2019; vgl. FH 4.2.2019), die sich unter anderem durch deren Unterrepräsentation in Schlüsselpositionen und geringeren Zugriffsmöglichkeiten auf staatliche Finanzressourcen manifestiert (AA 5.7.2019). Menschen, die vom Islam zum Christentum konvertieren, stehen manchmal unter Druck ihrer Gemeinschaft (FH 4.2.2019).

Andererseits übt der Staat eine viel stärkere Kontrolle über die muslimischen Gemeinden als über die christlichen Kirchen aus, um vorhandene islamistische Strömungen im Keim zu ersticken. Aus Angst vor radikal-wahabistischen Bewegungen wurden in den letzten Jahren präventiv mehrere Moscheen geschlossen. Maßnahmen gegen Gläubige waren damit nicht verbunden (AA 5.7.2019).

Ethnische Minderheiten

Guinea ist ein multiethnisches Land mit drei großen und mehreren kleineren Sprachgruppen, die sich mit bestimmten Regionen identifizierten (USDOS 13.3.2019). Die drei zahlenmäßig größten Ethnien sind die Peulh (Fulani) (32%-40%), die Malinké (ca. 30%) und die Sussu (ca. 20%) (AA 5.7.2019; vgl. CIA 10.7.2019).

Die Verfassung Guineas führt den Grundsatz der Gleichbehandlung auch hinsichtlich der ethnischen Zugehörigkeit mehrfach auf (Gleichstellungs- bzw. Gleichbehandlungsgebot in Art. 8); eine ethnisch diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis besteht nicht. Eine das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Leben beherrschende Ethnie gibt es nicht. Alle drei großen Ethnien sind in Parlament, Kabinett und in hohen Verwaltungsämtern (wenn auch nicht immer proportional zu ihrer Bevölkerungsstärke) vertreten. Eine systematische Diskriminierung der über 20 kleineren Ethnien, insbesondere der zahlreichen, meist animistisch-christlichen Glaubens geprägten Ethnien Waldguineas (Guerzé, Toma, Kissi) ist nicht erkennbar (AA 5.7.2019). Während das Gesetz rassistische oder ethnische Diskriminierung verbietet, kommt es durch Angehörige aller großen Ethnien zu Diskriminierung, z.B. bei der Einstellung von Mitarbeitern im privaten Sektor; es kann auch die ethnische Trennung von Stadtvierteln attestiert werden (USDOS 13.3.2019; vgl. BS 2018). Die ethnische Diskriminierung erstreckt sich beispielsweise auch auf Gerichte. Obwohl Bürger über ethnische oder regionale Vetternwirtschaft klagen, die sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor praktiziert wird, gibt es insgesamt keine ausgeprägten ethnisch oder religiös konstituierten Hindernisse hinsichtlich der Chancengleichheit (BS 2018).

Im Laufe des Jahres 2018 kam es zu ethnisch motivierter Gewalt (USDOS 13.3.2019; vgl. BS 2018). In den letzten Jahren traten immer wieder inter-ethnische Spannungen auf, und die wichtigste politische Spaltung bleibt die ethnische. Trennungen sind v.a. zwischen ethnischen Maninka (Malinke, Mandingo) und Peulh/Fulani zu beobachten (BS 2018; vgl. AA 5.7.2019). Die politischen Eliten Guineas neigen nach wie vor dazu, ethnische Identität zu instrumentalisieren. Politische Loyalitäten und Parteien werden noch immer auch ethnisch konstituiert wahrgenommen (AA 5.7.2019). Die ethnische Spaltung ist auch mit der politischen Spaltung zwischen Regierung und Oppositionskräften verflochten; Konfrontationen zwischen Regierung und Opposition werden manchmal gewalttätig (BS 2018). So sehen sich Angehörige der Ethnie der Peulh, die mehrheitlich die Oppositionspartei UFDG wählen, politisch benachteiligt gegenüber den Malinké, die mehrheitlich für die Regierungspartei RPG stimmen. Eine systematische Diskriminierung der Peulh auf Basis ihrer ethnischen Zugehörigkeit ist damit jedoch nicht verbunden (AA 5.7.2019).

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz garantiert uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr, und die Regierung respektiert diese Rechte auch üblicherweise in der Praxis. Die Regierung fordert von allen Bürgern, die älter als 18 Jahre sind, einen Ausweis mitzuführen, welchen sie auf Verlangen an den Checkpoints vorzuweisen haben. Polizei und Sicherheitskräfte halten weiterhin Personen an Straßensperren an, um Bestechungsgeld zu verlangen und schränken dadurch die Reisefreiheit und die Sicherheit der Reisenden ein (USDOS 13.3.2019). In Conakry und auch im Landesinneren gibt es Straßensperren; Schikanen durch Zoll, Militär und Polizei sind häufig (BMEIA 8.8.2019).

Grundversorgung

Guinea rangiert laut einem Bericht der Vereinten Nationen über die menschliche Entwicklung, derzeit auf Platz 182 von 188 Ländern (BS 2018). Trotz großer wirtschaftlicher Ressourcen (größte Bauxitvorkommen der Welt, reiche Vorkommen an Eisenerz, Nickel, Gold, Diamanten, Wasserkraft, großes landwirtschaftliches Anbaupotenzial), gehört Guinea zu den ärmsten Ländern der Welt (AA 25.6.2019c; vgl. BS 2018). Die schnell wachsende Bauxit-Minenindustrie Guineas bedroht jedoch die Lebensgrundlage von Tausenden von Guineern. Der Bergbau hat z.B. alte Ackerflächen zerstört und Wasserquellen beschädigt. Das Versäumnis der Regierung, die Landrechte zu schützen, nutzen Bergbauunternehmen, um alte Ackerflächen ohne Entschädigung zu nutzen. Damit werden dortige Bewohner ihrer Ernährungsgrundlage beraubt (HRW 2.10.2018).

Seit 2010 geht die Politik unter der Regierung von Präsident Alpha Condé den Weg einer verstärkten Investition in die Infrastruktur und der Suche nach internationalen Partnern. Defizite des Rechtsstaates, schwache staatliche Strukturen und unzureichende Ausbildungssysteme verschlechtern die Investitionsbedingungen neben mangelhafter Regierungsführung, Vetternwirtschaft und der nach wie vor weit verbreiteten Korruption. Umfangreiche Wirtschaftsreformmaßnahmen der Regierung trugen aber zu einer verbesserten Wahrnehmung Guineas in internationalen Rankings bei. Im Doing-Business-Index 2018 der Weltbank rangiert Guinea auf Platz 152 von 190 (AA 25.6.2019c).

Das BIP-Wachstum Guineas wurde durch die jüngste Ebola-Epidemie gebremst. Diese hat dazu geführt, dass die zahlreiche Bergbau- und andere Auslandsgeschäfte dauerhaft eingestellt wurden. Während die ausländischen Direktinvestitionen 2011 19% des BIP und 2012 11% des BIP ausmachten, sanken sie 2014 und 2015 auf nur 1%. Nach mehreren Jahren des Wachstums zwischen 2,3% und 3,9% brach dieses 2014 auf 0,4% und 2015 auf 0,1% ein. Dies ist zum Teil auf die Ebola-Krise, aber auch auf den Einbruch der Rohstoffpreise zurückzuführen. Das BIP pro Kopf, bereinigt um die Kaufkraft, ist in den letzten zehn Jahren stagniert und liegt zwischen 1.100 und 1.200 US-Dollar. Die Inflation ist von über 30% im Jahr 2005 auf etwa 8% im Jahr 2016 stetig zurückgegangen. Die Arbeitslosigkeit wird von der Weltbank auf etwa 2% geschätzt, aber die Unterbeschäftigung ist sicherlich viel höher (BS 2018).

Soziale Sicherheitsnetze sind unzureichend bzw. kaum vorhanden und decken nur eine begrenzte Anzahl von Risiken für relativ wenige Begünstigte ab. Die Caisse Nationale de Sécurité Sociale (CNSS; Nationaler Fonds für soziale Sicherheit) ist die staatliche Einrichtung, die für die Bereitstellung von Sozialhilfe zuständig ist, aber nicht ausreichend finanziert wird (BS 2018).

Rückkehr

Gesetze und Verfassung sehen Grundlagen für Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes sowie Reisefreiheit, Auswanderung und Wiedereinbürgerung vor. Diese Rechte werden im Allgemeinen respektiert. Das Strafgesetzbuch von 2016 enthält keine Bestimmungen, die einen Staatsbürger kriminalisieren, der illegal das Land verlassen, internationalen Schutz beantragt und/oder sich im Ausland aufgehalten hat (CEDOCA 2.7.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).

Rückgeführte guineische Staatsangehörige haben bei ihrer Rückkehr keine aus dem Auslandsaufenthalt resultierenden Nachteile zu befürchten (AA 5.7.2019). Bisher hatten Rückkehrer keine Probleme mit den nationalen Behörden (CEDOCA 2.7.2019). Es sind keine Fälle bekannt, in denen Personen festgenommen oder misshandelt wurden. Staatliche Einrichtungen zur Aufnahme von Minderjährigen sind nicht vorhanden (AA 5.7.2019). IOM Guinea arbeitet weiterhin an Rückkehr- und Reintegrationsprojekten, um eine große Zahl an Rückkehrern aus Guinea zu unterstützen. Seit April 2017 hat IOM mit Unterstützung der EU die Rückkehr von mehr als 11.000 Guineern unterstützt, von denen 7.000 Unterstützung erhalten haben, darunter 2.500 begünstigt durch sozioökonomische Wiedereingliederungsprojekte und 500 psychosoziale Folgemaßnahmen (CEDOCA 2.7.2019).

Am 18.4.2019 wurde in Conakry von IOM und ihren Partnern das erste Aufnahme-, Transit- und Orientierungszentrum eingeweiht. Es wird von Guinea verwaltet, von IOM technisch und finanziell unterstützt. Dieses Zentrum mit einer Kapazität von 300 Plätzen bietet Migranten, die freiwillig nach Guinea zurückgekehrt sind, freiwillige Rückkehrunterstützung und grundlegende Hilfe zur Deckung ihres unmittelbaren Bedarfs. Es gibt auch vorgesehene Plätze für Frauen und Kinder. Die Reintegrationshilfe beinhaltet ein Willkommenspaket mit Hygieneartikeln, eine Mahlzeit und den Anspruch auf psychosoziale und/oder medizinische Versorgung. Weiters werden Rückkehrer über die verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Wiedereingliederungsmöglichkeiten informiert und Informationsveranstaltungen zum Unternehmertum angeboten. Für die am stärksten gefährdeten Menschen (Kinder, Opfer von Menschenhandel, kranke Migranten, Mütter mit Kindern, schwangere Frauen, ältere Menschen) wird ein geeigneter Wiedereinbürgerungssplan entwickelt (CEDOCA 2.7.2019).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zum Namen des BF, zu seinem Geburtsdatum, zu seiner Staatsangehörigkeit und zu seinem Gesundheitszustand beruhen auf den im jetzigen und den vorangegangen Verfahren getätigten Angaben des BF.

Die erstmalige Einreise des BF ins Bundesgebiet, die Ab- bzw. Zurückweisung seiner Anträge auf internationalen Schutz und die frühere Erlassung von zwei Einreiseverboten konnten aufgrund des Inhalts der Verwaltungsakte, denen insbesondere ein Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister einliegt, und den Angaben des BF im Beschwerdeschriftsatz bzw. in der Beschwerdeverhandlung festgestellt werden.

Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass der BF über einen österreichischen Aufenthaltstitel oder ein sonstiges Recht zum Aufenthalt in Österreich verfügt. Dies wurde vom BF auch nie behauptet. Daraus und aufgrund der rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren ergibt sich der unrechtmäßige Aufenthalt des BF.

Die Feststellungen zu den (fehlenden) familiären Anknüpfungspunkten und zum Privatleben des BF in Österreich beruhen im Wesentlichen auf den Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem sonstigen Inhalt der Verwaltungsakte.

2.2. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF beruhen auf einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich und den im Verwaltungsakt einliegenden Strafurteilsausfertigungen zu Zahl XXXX und XXXX .

2.3. Der BF hat im Verfahren keine konkreten Rückkehrbefürchtungen bezogen auf seinen Herkunftsstaat Guinea geäußert. Da es sich beim BF um einen volljährigen Mann handelt, welcher aus Guinea stammt, die Landessprachen spricht, die ersten 18 Jahre seines Lebens im Heimatland verbrachte und gesund sowie arbeitsfähig ist, können auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Lebensmittelpunkt des BF langjährig außerhalb Guineas gelegen ist, keine exzeptionellen Umstände erkannt werden, vor deren Hintergrund anzunehmen wäre, dass er zur eigenständigsten Erwirtschaftung seines Lebensunterhaltes in Guinea nicht in der Lage sein oder konkret gefährdet sein würde, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.

Besonders zu berücksichtigen ist, dass der BF in Guinea Zeit bereits als Maler gearbeitet hat und über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat verfügt. Nach seinen Angaben leben zumindest seine Geschwister noch in Guinea, weshalb von einer familiären Unterstützung im Herkunftsstaat ausgegangen werden kann. Den Länderberichten ist zudem zu entnehmen, dass eine grundsätzlich stabile Sicherheitslage in Guinea herrscht. Zwischenfälle gibt es zwar im Zusammenhang mit Demonstrationen, der BF brachte jedoch nicht vor, politisch aktiv zu sein oder sich an Demonstrationen zu beteiligen. Auch ist IOM in Guinea aktiv bei der Rückkehrhilfe für Flüchtlinge und Rückkehrer, weshalb der BF besonders am Anfang versorgt und bei der Neuansiedelung bzw. Reise zu seinen Familienangehörigen unterstützt werden kann.

Die Feststellungen zu seinem früheren Aufenthalt in Guinea, seiner Arbeit als Maler und seinen familiären Anknüpfungspunkten beruhen auf den Angaben des BF in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

2.4. Die Feststellungen zur Lage in Guinea ergeben sich aus dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zu Guinea vom 08.09.2019, auf dessen Informationen sich schon das BFA im angefochtenen Bescheid stützte und dem seitens des BF nicht entgegengetreten wurde. Zudem handelt es sich bei den Länderinformationen der Staatendokumentation um einen Bericht, der eine Vielzahl von verschiedenen Quellen zusammenfasst und daher ein ausgewogenes Bild betreffend die allgemeine Situation in Guinea zeigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 50/2016, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt in der vorliegenden Rechtssache Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 82/2015 (in der Folge: VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, des AgrVG und des DVG und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - Nicht-Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“:

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird (Z1), der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z2), einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt (Z3), einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird (Z4) oder ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z5).

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der BF ist Staatsangehöriger von Guinea und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Wie unter Punkt II.3.2. dargelegt wird, befindet sich der BF unrechtmäßig im Bundesgebiet. Da auf den BF auch das 6. Hauptstück des FPG nicht anzuwenden ist, hat das BFA zutreffender Weise im Sinne des § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG geprüft.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen jedoch - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid korrekt ausführte - gegenständlich nicht vor. Gegenteiliges wurde seitens des BF auch nie behauptet.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. abzuweisen.

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides - Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 FPG idgF hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z2).

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1); wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2); wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen (Z 3); solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt (Z 4); bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet (Z 5); wenn sie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer gemäß ICT-Richtlinie eines anderen Mitgliedstaates sind, der das SDÜ nicht vollständig anwendet, und § 18 Abs. 13 AuslBG erfüllen, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 180 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 90 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind (Z 6); wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Forscher“ eines anderen Mitgliedstaates sind und eine Tätigkeit für eine Forschungseinrichtung ausüben, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. h AuslBG vom sachlichen Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, oder als deren Familienangehörige Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates sind, solange jeweils ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 360 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 180 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind (Z 7); wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels „Student“ eines anderen Mitgliedstaates sind und an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen oder für sie eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen besteht, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht insgesamt die Dauer von 360 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind (Z 8), oder soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt (Z 9).

Gemäß 31 Abs. 1a FPG hält sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn kein Fall des Abs. 1 vorliegt.

Der BF ist Staatsangehöriger von Guinea und somit Drittstaatsangehöriger. Wie bereits festgestellt wurde, verfügt der BF über keinen österreichischen Aufenthaltstitel und auch nach dem AsylG kommt ihm aufgrund seiner gänzlich negativ abgeschlossenen Verfahren kein Aufenthaltsrecht zu. Sonstige Anhaltspunkte, die die Erfüllung eines Tatbestands des § 31 Abs. 1 FPG nahelegen, sind nicht im Verfahren nicht hervorgekommen.

Folglich liegt ein unrechtmäßiger Aufenthalt des BF im Bundesgebiet im Sinne des § 31 Abs. 1a FPG vor, weshalb die belangte Behörde die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zurecht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt hat.

3.2.2. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

Der BF hält sich seit 2001 - mit Unterbrechungen - im Bundesgebiet auf, er verfügte lediglich für die Dauer seiner Asylverfahren über ein Recht zum Aufenthalt in Österreich. All seine Anträge auf internationalen Schutz stellten sich als unbegründet heraus und wurden rechtskräftig ab- oder zurückgewiesen. Wie bereits festgestellt wurde, können auch kein besonders schützenswertes Privatleben des BF in Österreich erkannt werden. So kann der BF zwar passable Deutschkenntnisse vorweisen, eine soziale oder berufliche Integration kann gegenständlich jedoch nicht erkannt werden. Der BF ging nie einer erlaubten Erwerbstätigkeit nach und hat im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht keine spezifischen Kontakte zu Personen im Bundesgebiet dargelegt. Es wird zwar seitens des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund des langjährigen Aufenthalts des BF durchaus angenommen, dass er über diese Zeit Bekanntschaften und freundschaftliche Kontakte im Bundesgebiet geschlossen hat, solch lose Kontakte allein sind jedoch in Anbetracht der massiven Straffälligkeit des BF im Bereich der Suchtgiftkriminalität nicht als besonders schützenswert zu erachten. Durch ein Bestätigungsschreiben seines Unterkunftsgebers wurde glaubhaft gemacht, dass der BF sich seit dem vergangenen Jahr in seinem Wohnhaus bei der Haushaltsführung und Ähnlichem maßgeblich beteiligt, dies kann allerdings nicht zu einem Überwiegen der privaten Interessen des BF führen, da dies in Anbetracht des zwanzigjährigen Aufenthalts des BF lediglich einen kurzen Zeitraum darstellt und keine besonderen integrationsbegründenden Schritte darstellt.

Auch ein Familienleben des BF in Österreich besteht nicht. So war der BF verheiratet, die Ehe ist aber schon seit dem Jahr 2016 geschieden und es besteht keine Lebensgemeinschaft zu seiner Ex-Frau. Aus den Angaben des BF vor dem Bundesverwaltungsgericht lässt sich kein schützenswertes Familienleben des BF in Österreich ableiten.

Allein aus der langen Aufenthaltsdauer des BF kann entgegen der Ausführungen in der Stellungnahme vom 15.06.2021 nicht auf ein Überwiegen der persönlichen Interessen des BF über die öffentlichen Interessen an seiner Ausweisung geschlossen werden. So ergibt sich zwar aus der vom BF zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe etwa VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0299), dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist und grundsätzlich nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden kann. Diese Rechtsprechungslinie betraf allerdings nur Konstellationen, in denen der Inlandsaufenthalt bereits über zehn Jahre dauerte und sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (VwGH 25.4.2014, Ro 2014/21/0054; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001). In Fällen gravierender Kriminalität und daraus ableitbarer hoher Gefährdung der öffentlichen Sicherheit steht die Zulässigkeit der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auch gegen langjährig in Österreich befindliche Fremde, selbst wenn sie - anders als im vorliegenden Fall - Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, nicht in Frage (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0249 mwN).

Eine solche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit stellt ein weiterer Aufenthalt des BF dar. Der BF wurde insgesamt sechs Mal wegen Delikten nach dem SMG - unter anderem wegen Suchtgifthandels - strafgerichtlich verurteilt und in genauer Betrachtung seines persönlichen Fehlverhaltens kann ihm keine positive Zukunftsprognose ausgestellt werden. Insbesondere ist auch der Hintanhaltung der steigenden Suchtgiftkriminalität ein besonders hohes öffentliches Interesse beizumessen (vgl. VwGH 26.05.2021, Ra 2021/01/0159; 8.7.2020, Ra 2019/14/0272, mwN). Insgesamt würde ein weiterer bzw. neuerlicher Aufenthalt des BF im Bundesgebiet eine maßgeblich schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen, weshalb die privaten Interessen des BF, die aufgrund seines langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet entstanden sind, maßgeblich relativiert werden. Betreffend die genaue Gefährdungsprognose wird auf die Ausführungen unter Punkt II.3.4.2. verwiesen.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des BF sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und die angeordnete Rückkehrentscheidung jedenfalls im Sinne des Art. 8 Abs.2 EMRK gerechtfertigt ist.

Der BF befand sich unrechtmäßig im Bundesgebiet und wurde im Bereich der Suchtgiftkriminalität massiv straffällig. Vor allem der Verhinderung von Suchtgifthandel kommt ein hohes öffentliches Interesse zu. Trotz des langjährigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet, der zudem fast durchgehend nicht rechtmäßig war, konnte kein schützenswertes Privat- und Familienleben des BF in Österreich erkannt werden, sodass die Interessen des BF die öffentlichen Interessen an seiner Ausweisung überwiegen. Er zeigte ein massives Fehlverhalten und seinen Unwillen, sich nicht an die österreichischen Gesetze halten zu wollen, weshalb ihm auch eine negative Zukunftsprognose auszustellen ist.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung war im gegenständlichen Fall dringend geboten.

3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides - Zulässigkeit der Abschiebung nach Guinea:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.9.2016, Ra 2016/21/0234).

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Der BF hat im gegenständlichen Verfahren keine konkreten Rückkehrbefürchtungen hinsichtlich einer im Herkunftsstaat befürchteten Verletzung relevanter Grundrechte (insb. Art. 3 EMRK) erstattet. Da es sich beim BF um einen volljährigen Mann handelt, welcher aus Guinea stammt, die Landessprachen spricht, die ersten 18 Jahre seines Lebens im Heimatland verbrachte und gesund sowie arbeitsfähig ist, können auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Lebensmittelpunkt des BF langjährig außerhalb Guineas gelegen ist, keine exzeptionellen Umstände erkannt werden, vor deren Hintergrund anzunehmen wäre, dass er zur eigenständigsten Erwirtschaftung seines Lebensunterhaltes in Guinea nicht in der Lage sein und konkret gefährdet sein würde, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.

Besonders zu berücksichtigen ist, dass der BF in Guinea einige Zeit bereits als Maler gearbeitet hat und über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat verfügt. Nach seinen Angaben leben zumindest seine Geschwister noch in Guinea, weshalb von einer familiären Unterstützung im Herkunftsstaat ausgegangen werden kann. Den Länderberichten ist zudem zu entnehmen, dass eine grundsätzlich stabile Sicherheitslage in Guinea herrscht. Zwischenfälle gibt es zwar im Zusammenhang mit Demonstrationen, der BF brachte jedoch nicht vor, politisch aktiv zu sein oder sich an Demonstrationen zu beteiligen. Auch ist IOM in Guinea aktiv bei der Rückkehrhilfe für Flüchtlinge und Rückkehrer, weshalb der BF besonders am Anfang versorgt und bei der Neuansiedelung bzw. Reise zu seinen Familienangehörigen unterstützt werden kann.

Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID 19-Erregers besteht keine derartige Situation, die eine Gefährdung im Sinne des Art. 3 EMRK erkennen lässt. Hinweise, wonach der junge und gesunde BF in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in relevanter Weise gefährdet wäre, haben sich nicht ergeben.

In Gesamtbetrachtung der Länderberichte zum Herkunftsstaat Guinea und den persönlichen Verhältnissen des BF ist keine Art. 3 EMRK widersprechende Rüc

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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