TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/19 W169 2198666-2

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Veröffentlicht am 19.08.2021
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Entscheidungsdatum

19.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68
BFA-VG §17
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch


W169 2198666-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2021, Zl. 1189915002-210672840, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 57, 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und §§ 52, 53, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Erstes Verfahren:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 03.05.2018 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 04.05.2018 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme und die Sprache Punjabi spreche. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Sikhs an. In Indien habe er zehn Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als selbstständiger Unternehmer gearbeitet. Er sei ledig und kinderlos. In Indien würden die Eltern des Beschwerdeführers leben. Zu seinem Ausreisegrund führte der Beschwerdeführer an, dass die heiligen Bücher der Sikhs im Jahr 2016 in mehreren Städten zerrissen und entweiht worden seien. Aus diesem Grund hätten seine Glaubensbrüder und er mehrmals dagegen demonstriert. Die Polizei hätte den Beschwerdeführer zwei Mal festgenommen, und zwar am 05.12.2016 und am 25.12.2016. Er sei ohne Verfahren festgenommen und in der Haft von der Polizei misshandelt worden. Nach seiner zweiten Entlassung sei er gleich im Jänner 2017 in eine andere Stadt gezogen und habe im August 2017 die Flucht nach Europa ergriffen. Der Beschwerdeführer und seine Glaubensbrüder würden ein freies Khalistan anstreben und würde die Regierung dieses Ansinnen mit allen Mitteln unterbinden.

2. Mit Parteiengehör des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, zu den ihm persönlich ausgefolgten Länderberichten zur Lage im Herkunftsstaat Stellung zu nehmen.

3. Am 08.05.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme, wo er gemeinsam mit seinen Eltern gelebt habe. Sein Vater habe eine Steinfliesenfabrik, die auf den Namen des Beschwerdeführers registriert sei, ein Grundstück sowie LKWs. Der Beschwerdeführer habe die Fabrik seines Vaters geleitet und nebenbei in der Landwirtschaft gearbeitet. Der Beschwerdeführer sei gesund.

Zu den Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer insbesondere Folgendes vor (A: nunmehriger Beschwerdeführer; F: Leiter der Amtshandlung):

„(…)

F: Hatten Sie jemals persönlich Probleme in Indien?

A: Ja.

F: Schildern Sie diese bitte.

A: Die Hindus haben das heilige Buch von Guru Grant mehrere Male zerrissen und auf den Straßen verteilt, also diese auf die Straße geworfen. Wir Sikhs haben dagegen demonstriert, wir haben eine Straße gesperrt und sind darauf gesessen, bis die Regierung etwas dagegen unternimmt. Deswegen habe ich auch Probleme bekommen.

F: Wann und wo genau fand diese Demonstration statt?

A: Wir haben an verschiedenen Orten Straßensperren veranlasst und jeweils für sechs bis sieben Tage aufrechterhalten. Ich war in XXXX , XXXX und XXXX . Das sind verschiedene Dörfer im Punjab. Die Demonstrationen fanden Ende Oktober 2015 statt, wir haben das alles an demselben Tag veranlasst und sechs bis sieben Tage jeweils aufrechterhalten.

F: Wie viele Leute haben an diesen Demonstrationen teilgenommen?

A: Es waren sehr viele, ich habe sie nicht gezählt und man könnte sie auch nicht zählen.

F: Sie gaben an, deshalb Probleme bekommen zu haben. Inwiefern?

A: Ich weiß nicht, wie sie mich gefunden haben. Ich habe eine Gruppe geführt und war in der ersten Reihe. Kann sein, dass sie mich auf Überwachungsvideos bemerkt haben. Blasphemie unseres heiligen Buches war nicht das erste und letzte Mal im Jahr 2015. Im Jahr 2016 gab es wieder so einen Vorfall. Da haben wir wieder demonstriert und im Dezember 2016 war ich eines Tages auf dem Weg zum Sportplatz und wurde von der Polizei festgenommen und mitgenommen. Ich war ca. fünf Tage bei der Polizei. Ich fragte den Polizisten, warum sie mich mitgenommen hätten und er sagte darauf, dass sie wüssten, dass ich Khalistan begründen wollte, dies aber nie geschehen würde. Ich wurde von der Polizei geschlagen und brutal behandelt. Ich fragte, ob gegen mich Anzeige erstattet wurde und es ein Verfahren gegen mich geben würde, sie sagten, dass es weder eine Anzeige noch ein Verfahren geben würde und sie den Befehl von oben bekommen hätten. Wenn es gegen mich eine Anzeige gibt, wird es auch eine Gerichtsverhandlung geben. So könnte es dann sein, dass ich über die Medien bekannter und populärer würde. Nach fünf Tagen haben sie mich entlassen, ich durfte wieder nach Hause gehen. Sie haben mich aber stark geschlagen und brutal behandelt. Am 25.12.2016 bin ich wieder aus unserem Haus gegangen, da kamen wieder Personen, die mich mitgenommen haben. Diesmal haben sie mich für drei Tage bei sich behalten und ich wurde wieder geschlagen und brutal behandelt. Ich weiß nicht, wer diese Leute waren. Wenn es die Polizei war, war es eine andere Polizei. Ich kann nicht genau sagen, wer sie waren.

F: Wann und wo genau war im Jahr 2016 eine Demonstration?

A: Es war im Juni 2016 in der Stadt Taran-Taran.

F: Wie viele Leute haben an diesen Demonstrationen teilgenommen?

A: Da waren auch tausende Teilnehmer.

F: Und Sie wurden erst nach dieser zweiten Demonstration festgenommen?

A: Ja.

F: Wurden auch andere Personen festgenommen?

A: Das weiß ich nicht, aber ich weiß, dass sie mich mitgenommen hatten.

F: Warum wurden gerade Sie festgenommen? Können Sie sich das erklären?

A: Weil ich eine Gruppe geführt habe und als Führer haben sie mich identifiziert und deshalb mitgenommen.

F: Welche Gruppe war das? Wie viele Mitglieder und welche Mitglieder hatte diese Gruppe?

A: Da waren viele verschiedene Gruppen aus verschiedenen Dörfern. Ich habe eine Gruppe aus meinem Dorf und aus dem Nachbardorf gesammelt und ging zu dieser Demonstration. Ich meine also eine Gruppe, die mit mir zu dieser Demonstration gegangen ist, ich habe sie geführt.

F: Sind Sie zu beiden Demonstrationen mit einer Gruppe gekommen?

A: Ja.

F: Wie groß waren diese Gruppen jeweils?

A: Ca. 200 Personen habe ich mitgenommen. Nachgefragt gebe ich an, dass sie alle Sikh waren.

F: Handelte es sich um ganz normale Dorfbewohner oder spezielle Personen?

A: Ganz normale Dorfbewohner.

F: Waren Sie als Führer dieser Gruppe speziell gekennzeichnet?

A: Jeder Gruppenführer hat einen orangenen Schal um den Hals und einen Turban auf dem Kopf gehabt. Die Mitglieder, die hinter mir waren, hatten nur einen Turban auf.

F: Wurden Sie beide Male einfach so wieder freigelassen?

F: Ja.

F: Sie gaben an, geschlagen und brutal behandelt worden zu sein. Bitte schildern Sie dies näher!

A: Ich meine damit, sie haben mir Ohrfeigen gegeben, mein Turban wurde mir runtergerissen. Sie haben mich mit Holzstöcken geschlagen und ich wurde getreten und mit Schuhen geschlagen.

F: Sie gaben an, bei Ihrer zweiten Verhaftung nicht sicher zu sein, von wem Sie mitgenommen wurden. Es könnten also auch Privatpersonen gewesen sein. Haben Sie versucht, Anzeige bei der Polizei zu erstatten?

A: Die Personen sind in Privatkleidung gewesen, aber sie kamen mit dem Polizeiauto und haben mich auch zum Kommissariat mitgenommen. Ich kann aber nicht sagen, ob sie tatsächlich Polizisten waren.

F: Wo wurden Sie jeweils festgehalten?

A: Das erste Mal war ich auf dem Weg zum Sportplatz und da haben sie mich festgehalten und mitgenommen. Das zweite Mal habe ich noch die alten Verletzungen gehabt und bin ein bisschen vor unserem Haus spaziert, damit ich wieder gesund werde, da haben sie mich dann mitgenommen.

F: Wohin wurden Sie mitgenommen?

A: Beide Male zu einer Polizeidienststelle, doch ich weiß nicht, welche Dienststelle es war.

F: Wurden Sie in ein anderes Dorf gebracht oder wie lange sind Sie gefahren?

A: Ich glaube, das erste Mal dauerte die Fahrt ca. zwei Stunden und das zweite Mal ca. 1,5 Stunden. Es war nicht in unserem Dorf, aber ich weiß nicht, wohin wir gefahren sind.

F: Wie viele Personen haben Sie jeweils festgenommen und hatten diese spezielle Merkmale oder können Sie diese einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zuordnen?

A: Ich wurde beide Male von Hindus mitgenommen, ich bin mir sicher. Ich habe keinen gesehen, der einen Armreifen, den wir Sikhs immer tragen, getragen hätte. Nochmals nachgefragt gebe ich an, dass es beim ersten Mal sieben Personen und beim zweiten Mal neun Personen waren.

F: Haben Ihnen diese Personen jeweils aufgelauert oder sind sie nach Ihnen zu den jeweiligen Orten der Mitnahme gekommen?

A: Das erste Mal war ich im Laufschritt unterwegs zum Sportplatz. Plötzlich kam ein Auto von hinten, das vor mir angehalten hat. Sie haben mich hineingezogen und mitgenommen. Das zweite Mal bin ich in den Feldern spaziert und sie sind auch mit dem Auto gekommen und haben mich mitgenommen.

F: Welches Auto war es jeweils? Können Sie dieses beschreiben?

A: Es waren beide Male schwarze Trucks, die eine offene Ladefläche hatten. Es war beide Male nur ein Truck.

F: Besteht ein Haftbefehl gegen Sie oder werden Sie offiziell gesucht?

A: Nein, offiziell gibt es keinen Haftbefehl gegen mich und ich werde auch in Papieren nicht gesucht. Aber inoffiziell kommen sie zu uns nach Hause und fragen über mich nach.

F: Wann sind Sie aus Ihrem Heimatdorf ausgereist und wann haben Sie dann Indien verlassen?

A: Im Jänner 2017 habe ich mein Heimatdorf verlassen und im August 2017 habe ich das Land Indien verlassen?

F: Wo hielten Sie sich von Jänner bis August 2017 auf?

A: Im Tempel XXXX , welcher sich in der Stadt Nadir im Bundesland Maharastr befindet.

F: Dort kam es zu keinen weiteren Vorfällen?

A: Nein.

F: Können Sie Ihren Fluchtgrund beweisen?

A: XXXX ist eine Person, er ist der Führer von der Gründung Khalistans. Er kann eine Bestätigung ausstellen, dass ich tatsächlich in Indien Probleme habe. Beweise von den Demonstrationen und dass mich die Polizei zwei Mal mitgenommen hat, habe ich keine.

F: Haben Sie nach Ihren Freilassungen einen Arzt oder ein Krankenhaus aufgesucht?

A: Ich war in keinem Krankenhaus, bei uns in der Umgebung gibt es Apotheken. Mein Vater nahm mich mit und wir kauften von dort Medizin und Verbände.

F: Warum sind Sie nicht in Maharastr geblieben?

A: Unser Führer, der Gründer der Khalistan-Bewegung sagte zu mir, ich solle nach Kanada reisen, dort würde mein Leben nicht in Gefahr sein. Andere Brüder der Khalistan-Bewegung wären bereits in Kanada und könnten mir helfen. Im Jahr 2020 kommen Wahlen, dann könne ich wieder zurückkommen mit dem Segen unseres Gurus. Wir würden dann unser eigenes Khalistan bekommen.

F: Wie erklären Sie, dass Ihre Familie noch in Indien leben kann, Sie selbst aber ausreisen mussten?

A: Hindus sagen uns immer wieder, dass sie unseren Eltern nichts tun werden. Wenn sie unsere junge Generation getötet haben, werden die Alten mit der Trauer um die Jungen von selbst sterben.

(…)“

Zu den ihm am 04.05.2018 persönlich ausgefolgten Länderberichten zur Lage im Herkunftsstaat befragt gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass die allgemeine Lage in Indien sehr schlecht sei und es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Sikhs komme, wobei erstere von der Regierung unterstützt werden und das ganze Land dominieren würden.

Im Herkunftsstaat würden auch weiterhin die Eltern des Beschwerdeführers, sowie zwei Onkel mütterlicherseits und Cousins leben. Auch habe er einen Onkel väterlicherseits. Der Beschwerdeführer habe telefonischen Kontakt zu seinem Vater und würde seine Familie auch weiterhin den Lebensunterhalt durch die Fabrik, das Grundstück und die LKWs bestreiten.

4. Am 24.05.2018 wurde der Beschwerdeführer erneut vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, dass er die Sprache Punjabi spreche und im Herkunftsstaat zehn Jahre die Pflichtschule und sodann zwei Jahre lang das College besucht habe. Er habe die familieneigene Fabrik geleitet.

Danach gefragt, ob er mittlerweile Beweismittel zum Fluchtvorbringen habe beschaffen können, gab er an, dass diese unterwegs und noch nicht angekommen seien. Er könne der Behörde auch keine Kopie der Bestätigung des Führers der Organisation, wonach der Beschwerdeführer Mitglied der Organisation zur Gründung von Khalistan sei, vorlegen, da sein Vater im Büro der Organisation gewesen sei und um Ausfertigung einer solchen Bestätigung angesucht habe, diese aber per Fax zugeschickt werde.

Zu den Lebensumständen in Österreich befragt gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er keine Verwandten im Bundesgebiet habe und auch mit niemandem in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft lebe. Er beziehe keine Leistungen aus der Grundversorgung und lebe privat bei einem Freund, der in einem Restaurant arbeite und ihn finanziell unterstütze. Der Beschwerdeführer sei nicht berufstätig und könne kein Deutsch. Er sei nicht Mitglied in Vereinen oder Organisationen und habe keine Kurse oder Ausbildungen absolviert.

5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu den von ihm behaupteten Verfolgungsgründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei. Unabhängig davon würde dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehen. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Fall einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der sehr kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertretung fristgerecht Beschwerde und führte nach Wiederholung der Fluchtgründe aus, dass die Sicherheitslage im Herkunftsstaat miserabel und kritisch sei, was auch in den Länderberichten bestätigt werde. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass er für den Fall einer Rückkehr einer realen Gefahr einer Verletzung seines in Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechts ausgesetzt wäre. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.05.2019, W169 2198666-1/7E, wurde diese Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

2. Gegenständliches Verfahren:

1. Am 20.05.2021 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

Dabei gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, im September 2019 nach Indien ausgereist zu sein und sich bis zum 12.05.2021 dort aufgehalten zu haben. Er sei sodann nach Serbien geflogen und über unbekannte Länder wieder in Österreich eingereist.

Zu den Gründen für seine neuerliche Antragstellung gab der Beschwerdeführer an, dass nach seiner Rückkehr zu seiner Familie nach Indien einige Dorfbewohner, die politischen Einfluss hätten, gegen ihn gewesen seien. Da der Beschwerdeführer sich gedacht habe, dass sein Leben in Gefahr sei, habe er im September 2019 eine Waffenlizenz beantragt und im November 2019 erhalten. Nach vier bis fünf Monaten sei die Polizei gekommen und habe den Beschwerdeführer und seinen Vater mitgenommen. Sein Vater sei stundenlang über den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland befragt worden – warum der Beschwerdeführer im Ausland gewesen sei und was getan worden sei. Man habe seinem Vater gesagt, dass so, wie sie ihm Anzeigen angelastet hätten, sie auch den Beschwerdeführer anzeigen würden, damit seine Zukunft zerstört werde. Einige ältere Herren des Dorfes seien zur Polizeistation gegangen und hätten die Polizei um ihre Entlassung gebeten. Die Polizei habe den älteren Herren gesagt, dass sie einen Auftrag erhalten habe, den Beschwerdeführer und seinen Vater einzusperren, weil sie eine politische Gefahr darstellen würden. Sein Vater habe dem Beschwerdeführer gesagt, dass er das Dorf verlassen solle. Der Beschwerdeführer habe sein Land wieder verlassen, weil sein Vater zweimal bei der Polizei angezeigt worden sei. Weiters sei am 17.10.2020 ein Anschlag auf das Haus seiner Familie verübt worden. Als der Beschwerdeführer von der Arbeit heimgekommen sei, habe er gesehen, wie mehrere Personen mit Pistolen auf das Haus geschossen hätten. Es sei niemand verletzt worden. Die Tür sei zerschossen gewesen und die Pistolen auf dem Boden gelegen. Der Beschwerdeführer habe in der Nacht den Notruf der Polizei angerufen. Diese sei in der Nacht gekommen, habe einen Bericht geschrieben und die Pistolen mitgenommen. Durch die Kamera ihres Nachbarn hätten die Täter identifiziert werden können und die Polizei habe so gegen diese Personen Anzeigen erstatten können. Nachdem die Täter inhaftiert worden seien, seien sie nach einigen Stunden entlassen worden, weil sie einen politischen Hintergrund gehabt hätten. Im Übrigen seien die alten Fluchtgründe noch aufrecht. Im Falle einer Rückkehr habe der Beschwerdeführer Angst vor jenen Tätern, die das Haus beschossen hätten.

2. Am 10.06.2021 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. In dieser gab der Beschwerdeführer zunächst an, an keiner schwerwiegenden Krankheit zu leiden und keine Medikamente zu benötigen. Zu seiner Ausreise aus Österreich befragt, erklärte der Beschwerdeführer, am 02.09.2019 nach Serbien gefahren und von dort nach Indien geflogen zu sein. Die Reise sei von einem Schlepper organisiert worden, der ihn für EUR 4.000,- ein Reisedokument beschafft habe. Die Kosten habe seine wohlhabende Familie bezahlt. Der Beschwerdeführer habe abgesehen von der Kopie eines ihm sodann in Indien ausgestellten Waffenscheins keine Beweise für seine Rückkehr. Der Beschwerdeführer erklärte sich bereit, unverzüglich originale Dokumente wie Reisepass, Identitätskarte, Führerschein oder Geburtsurkunde zu besorgen und dem Bundesamt vorzulegen, kam dem jedoch in weiterer Folge nicht nach.

Auf die Frage, warum er einen Folgeantrag auf internationalen Schutz stelle, führte der Beschwerdeführer Folgendes aus (VP: nunmehriger Beschwerdeführer; LA: Leiter der Amtshandlung):

„(…)

LA: Warum stellen Sie einen neuerlichen Antrag? Gibt es noch weitere oder andere Gründe, welche Sie in diesem Verfahren geltend machen möchten?

VP: Ich habe bereits im ersten Interview bei der Polizei meine Probleme geschildert, diese sind wahr.

LA: Hängt das mit Ihren Gründen aus dem Vorverfahren zusammen?

VP: Nein, das ist nun ein neues Problem.

LA: Halten Sie Ihre Fluchtgründe aus dem Erstverfahren aufrecht?

VP: Ja, diese bestehen auch noch. Die Propaganda über Khalistan gibt es auf YouTube.

LA: Was hat das mit Ihnen zu tun?

VP: Ich bin ein Sikh und Unterstützer von Khalistan. Das war das Problem im Erstverfahren.

LA: Warum sind Sie nach Indien zurückgekehrt und haben nach der ersten negativen Entscheidung keinen neuerlichen Antrag gestellt?

VP: Ich war mental durcheinander, weil die Polizei in Österreich gesagt hatte, ich käme ins Gefängnis.

LA: Es ist der Behörde jedenfalls nicht nachvollziehbar und auch nicht glaubhaft, dass Sie trotz Ihrer Befürchtungen hinsichtlich Ihrer Khalistanbefürwortung nach Indien zurückreisten. Was sagen Sie dazu?

VP: Ich hatte damals einen längeren Bart und einen Turban getragen. Als ich in Indien war habe ich nur meine Eltern getroffen und meine Haare und den Bart abschneiden lassen. Das habe ich gemacht, damit man mich in Indien nicht erkannte. Nachgefragt gebe ich an, dass ich unmittelbar nach meiner Rückkehr 3-4 Monate bei den Eltern gelebt habe, einmal hat mich auch die Polizei mitgenommen.

LA: Wo haben Sie während er anderen Zeit, ca. 1 ½ Jahre in Indien gelebt?

VP: Nach ca. 3-4 Monaten zuhause bin ich mit meinem Vater zusammen nach XXXX gegangen, das liegt ca. 300 km von zuhause entfernt. Man fliegt von Amritsar nach XXXX ca. 1 1/2 Stunden. Wir haben eine Fabrik übernommen, wo aus großen Steinen kleinere für das Bauwesen gemacht wurden.

LA: Gab es in XXXX irgendwelche Probleme?

VP: Die Personen, unsere Nachbarn, mit welchen wir bereits zuvor schon lange persönliche Probleme wegen Grundstücksstreitigkeiten hatten, haben 2 Anzeigen gegen uns erstattet, welche ich bereits vorgelegt habe.

LA: Worum geht es bei den Anzeigen?

VP: Um Grundstücksstreitigkeiten. Ich habe im Erstverfahren meine persönlichen Probleme nicht mitgeteilt, ich habe einfach das Land verlassen. Ich habe dazu bereits 2 FIR (First Information Reports) aus den Jahren 2013 und 2017 vorgelegt. Im Jahr 2017 wurde mein Onkel von der Polizei mitgenommen, er wurde beschuldigt, mit Drogen zu handeln. Das war natürlich falsch. Mein Vater und mein Onkel sind richtige Sikhs, sie haben lange Bärte und einen Turban.

LA: Was ist mit dem Onkel geschehen?

VP: Mein Onkel kam gegen Kaution und einer Bürgschaft der Familie wieder frei. Nachgefragt gebe ich an, dass er bisher nicht verurteilt wurde. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

LA: Sie haben vorhin gesagt, dass Sie Ihre persönlichen Fluchtgründe im Erstverfahren verschwiegen haben. Warum haben Sie diese verschwiegen, Sie wurden mehrfach auf Ihre Mitwirkungspflicht hingewiesen, alle Ihre Flucht- und Ausreisegründe anzugeben?

VP: Ich hatte damals nur die Probleme mit Khalistan. Ansonsten hatte nur mein Vater Probleme mit den Nachbarn.

LA: Was sind denn nun Ihre Probleme?

VP: Es geht um Grundstücksstreitigkeiten.

LA: Haben Sie oder ihre Familie die andere Partei angezeigt?

VP: Nein. Die andere Familie ist viel einflussreicher.

LA: Habe ich Sie nun richtig verstanden, Ihr neuer Asylantragsgrund ist wegen der bereits viele Jahre andauernden Grundstücksstreitigkeiten mit den Nachbarn, welchen Sie im Erstverfahren wissentlich und vorsätzlich nicht vortrugen?

VP: Ja, das stimmt so.

LA: Haben Sie seit der Rechtskraft des letzten Verfahrens Österreich verlassen?

VP: Ja. Ich war von 3. September 2019 bis 07.09.2019 in Serbien und danach bin ich am 09.09.2019 in Indien angekommen und mich zum 12.05.2021 in Indien aufgehalten. Nachgefragt gebe ich an, dass ich dann bis 22.12.2019 zuhause bei den Eltern war. Danach kam die Polizei und hat mich und meinen Vater mitgenommen. Am 25.12.2019 sind wir dann nach XXXX gegangen, haben dort ein berufliches Standbein aufgebaut. Während unserer Zeit in XXXX haben wir meine Mutter ca. jeden Monat oder jeden 2. Monat für eine Nacht zuhause besucht. Meine Mutter war im Oktober 2020 krank und hat uns gebeten, länger zuhause zu bleiben. Meine Mutter hatte bereits 1 Woche beim Onkel gewohnt, als mein Vater und ich zuhause ankamen. Wir drei (Vater, Mutter und ich) haben bei meinem Onkel gewohnt, die Nachbarn haben davon erfahren und dann haben unsere Gegner auf das Haus des Onkels geschossen.

LA: Was ist dabei geschehen?

VP: Mein Vater und ich sind gleich von dort zurück nach XXXX gegangen, mein Onkel hat die Polizei verständigt. Die Polizei hat Erhebungen durchgeführt und auf den Kameras eines Nachbarn wurden unsere Gegner identifiziert. Die Polizei hat die Täter festgenommen, jedoch am gleichen Tag wieder freigelassen. Die Polizei hat eine handschriftliche Anzeige geschrieben, diese habe ich heute vorgelegt.

LA: Hat Ihr Rechtsanwalt in Indien diesbezüglich etwas unternommen?

VP: Unser Anwalt hat zwar etwas unternommen, die anderen sind jedoch so mächtig, dass das Verfahren eingestellt worden ist.

LA: Hatten Sie danach in XXXX irgendwelche Probleme?

VP: Am 23.10.2019 wurde in XXXX eine Anzeige gegen meinen Vater erstattet.

LA: Hatten Sie danach in XXXX irgendwelche konkret Sie betreffenden Vorfälle?

VP: Nein, ich bin nicht festgenommen worden, weil ich nicht zuhause war.

LA: Wie lange waren Sie in XXXX aufhältig und gab in XXXX irgendwelche konkret Sie betreffenden Vorfälle?

VP: Ich habe mich nach der Festnahme meines Vaters 10 Tage in XXXX versteckt. Ca. nach einem Monat ist mein Vater gegen Kaution freigekommen. Wir haben dann in einer anderen Wohnung gelebt und am 06.01.2021 kam die Polizei und hat mich und meinen Vater festgenommen. Weil ich so jung war, konnte ich mich der Festnahme entziehen, ich bin einfach weggelaufen.

LA: Wo haben Sie sich danach aufgehalten?

VP: Ich war dann bis zum 22.02.2021 in Chandigarh bei einem Freund, wo ich niemals aus dem Haus ging. Mein Vater hatte auch nach seiner Freilassung am 22.02.2021 vier Tage bei diesem Freund gewohnt. Am 26.02.2021 sind die Nachbarn zu meiner Mutter, welche sich aus gesundheitlichen Gründen beim Onkel befand und ihr gedroht, dass sie mich beim nächsten Mal umbringen würden. Die Nachbarn haben sich mit der Shiv Shena zusammengetan.

LA: Wo haben Sie sich nach dem 26.02.2021 aufgehalten?

VP: Mein Vater und ich waren danach vom 26.02.2021 bis zum 30.04.2021 in Maharashtra in einem Sikh Tempel namens XXXX .

LA: Gab es dort in dem Bundesstaat Maharashtra irgendwelche konkret Sie betreffenden Vorfälle?

VP: Nein, es gab keine Vorfälle.

LA: Wo haben Sie sich bis zu Ihrer Ausreise aus Indien am 12.05.2021 aufgehalten?

VP: Mein Vater und ich waren die letzten Tage vor meiner Ausreise in Mumbai. Nachgefragt gebe ich an, dass es dort keine Probleme gab. Ich bin dann mit der Airline Astana nach Serbien gereist.

LA: Gabe es bei der Ausreise irgendwelche Probleme?

VP: Nein. Ich hatte einen Schlepper, welcher mich bis zum Flugzeug brachte.

(…)

LA: Haben Sie somit sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, gegenständlichen Antrag zu stellen, vollständig geschildert?

VP: Ja.

(…)

LA: Sie werden nochmals auf das Neuerungsverbot aufmerksam gemacht. Ich frage Sie daher jetzt nochmals ob Sie noch etwas Asylrelevantes angeben möchten oder etwas angeben möchten, was Ihnen wichtig erscheint, ich jedoch nicht gefragt habe. Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben Ihren Herkunftsstaat zu verlassen, vollständig geschildert?

VP: Ich habe alles vollständig geschildert.

LA: Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat?

VP: Ich bin davon überzeugt, dass ich getötet werde.

LA: Können Sie sich vorstellen, bei einer Rückkehr in einer anderen Gegend oder größeren Stadt weit weg von Ihrem Heimatort zu leben?

VP: Nein.

LA: Warum nicht?

VP: Die Shiv Shena ist überall in Indien.

LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt Ihre Probleme vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu schildern?

VP: Ja.

(…)

LA: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag gem. § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und ein mehrjähriges Einreiseverbot zu erlassen.

Anmerkung: Dem ASt. wird die Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 und die Verfahrensanordnung gem. § 52a BFA-VG übersetzt und nachweislich ausgefolgt.

LA: Sie können nunmehr dazu Stellung nehmen.

VP: Ich bin sehr jung, ich bin 25 Jahre alt, bin nun zum zweiten Mal hier. Ich möchte ein normales Leben haben und ersuche nochmals um Asyl.

(…)“

Zu seinen Lebensumständen in Österreich führte der Beschwerdeführer aus, dass er hier keine Verwandtschaft habe, zu der ein Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestehe. Er habe hier nur einen Freund, der für seinen Lebensunterhalt aufkomme, indem er unentgeltlich bei ihm wohnen dürfe und von ihm mit dem Nötigsten versorgt werde. Seit Abschluss des Vorverfahrens habe sich sonst keine Änderung im Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ergeben.

Dem Beschwerdeführer wurden am Ende der Einvernahme die aktuellen Länderberichte zur Situation in Indien ausgefolgt und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme in der nächsten Einvernahme gegeben.

Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer ein Konvolut an Kopien indischer Unterlagen vor.

3. Am selben Tag folgte das Bundesamt dem Beschwerdefüher eine Verfahrensanordung gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG aus, mit welcher ihm mitgeteilt wurde, dass die Behörde beabsichtige, den Folgeantrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

4. Am 24.06.2021 wurde der Beschwerdeführer neuerlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, keine Korrekturen oder Ergänzungen zu seinem bisherigen Vorbringen erstatten zu wollen. Zur Lage in Indien erklärte er, dass diese sehr schlecht sei. Er habe einen Freund gehabt, der ihn zur Khalistanbewegung gebracht habe. Dieser sei abgeholt und nach Kalkutta gebracht worden, wo ihm die Arme gebrochen worden seien und er bei einem Fluchtversuch erschossen worden sei. Dies hänge mit seinem Vorbringen im Erstverfahren zusammen. Der Beschwerdeführer könne nicht nach Indien zurück.

5. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Schließlich wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keinen glaubhaften, entscheidungsrelevanten Sachverhalt vorgebracht habe, der nach rechtskräftigem Abschluss des Erstverfahrens entstanden sei. Da weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar weder im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen sei, noch in jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen sei – noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließen, sei der neuerliche Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen. Hinsichtlich des Spruchpunktes III. wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht vorliegen würden. Weiters wurde festgehalten, dass eine der Rückkehr entgegenstehende Integration des Beschwerdeführers ebenso wenig erkannt werden könne, wie eine der Rückkehr entgegenstehende Situation in Indien, wobei auch die aktuelle Situation in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie berücksichtigt wurde. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe aufgrund der zurückweisenden Entscheidung nicht. Die Erlassung eines Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG sei notwendig, da der Beschwerdeführer seine Ausreiseverpflichtung missachtet habe und die Mittel zum Unterhalt nicht nachweisen könne.

Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen Folgendes fest:

„ 1.COVID-19

Letzte Änderung: 22.10.2020

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie verhängte die indische Regierung am 25. März 2020 eine Ausgangssperre über das gesamte Land, die nur in Einzelfällen (Herstellung lebensnotwendiger Produkte und Dienstleistungen, Einkaufen für den persönlichen Bedarf, Arztbesuche, usw.) durchbrochen werden durfte. Trotz der Ausgangssperre sanken die Infektionszahlen nicht. Seit der ersten Aufsperrphase, die am 8. Juni 2020 begann, schießt die Zahl der Infektionen noch steiler als bisher nach oben. Größte Herausforderung während der Krise waren die Millionen von Wanderarbeitern, die praktisch über Nacht arbeitslos wurden, jedoch auf Grund der Ausgangssperre nicht in ihre Dörfer zurückkehren konnten. Viele von ihnen wurden mehrere Wochen in Lagern unter Quarantäne gestellt (also de facto eingesperrt), teilweise mit nur schlechter Versorgung (ÖB 9.2020). Nach Angaben des indischen Gesundheitsministeriums vom 11. Oktober 2020 wurden seit Beginn der Pandemie mehr als sieben Millionen Infektionen mit SARS-CoV-2 registriert. Die täglichen offiziellen Fallzahlen stiegen zwar zuletzt weniger schnell als noch im September, die Neuinfektionen nehmen in absoluten Zahlen jedoch schneller zu als in jedem anderen Land der Welt. Medien berichten in einigen Teilen des Landes von einem Mangel an medizinischem Sauerstoff in Krankenhäusern (BAMF 12.10.2020).

Sorge bereitet die zunehmende Ausbreitung von COVID-19-Infektionen in Kleinstädten und ländlichen Gebieten, wo der Zugang zur medizinischen Versorgung teilweise nur rudimentär oder gar nicht vorhanden ist (WKO 10.2020). Durch die COVID-Krise können Schätzungen zu Folge bis zu 200 Mio. in die absolute Armut gedrängt werden. Ein Programm, demzufolge 800 Mio. Menschen gratis Lebensmittelrationen erhalten, wurde bis November 2020 verlängert. Die Ausmaße dieses Programms verdeutlichen, wie hart Indien von der COVID-Pandemie und dem damit verbundenen Einbruch der Wirtschaft betroffen ist (ÖB 9.2020).

Quellen:

-        BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.10.2020): https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2020/briefingnotes-kw42-2020.pdf;jsessionid=91E533F0FC7A0F35C0751A9F00F3D711.internet572?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 12.10.2020

-        ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (9.2020): Asylländerbericht Indien

-        WKO - Aussenwirtschaft Austria (10.2020): Aussen Wirtschaft Wirtschaftsbereich Indien, WIRTSCHAFTSBERICHT Indien (Q1Q22020),

-        https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/indien-wirtschaftsbericht.pdfhttps://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/indien-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 21.10.2020

1.       Sicherheitslage

Letzte Änderung: 06.11.2020

Es gibt in Indien eine Vielzahl von Spannungen und Konflikten, Gewalt ist an der Tagesordnung (GIZ 8.2020a). Aufstände gibt es auch in den nordöstlichen Bundesstaaten Assam, Manipur, Nagaland sowie in Teilen Tripuras. In der Vergangenheit konnte eine Zunahme von Terroranschlägen in Indien, besonders in den großen Stadtzentren, verzeichnet werden. Mit Ausnahme der verheerenden Anschläge auf ein Hotel in Mumbai im November 2008, wird Indien bis heute zwar von vermehrten, jedoch kleineren Anschlägen heimgesucht (BICC 7.2020). Aber auch in den restlichen Landesteilen gab es in den letzten Jahren Terroranschläge mit islamistischem Hintergrund. Im März 2017 platzierte eine Zelle des „Islamischen Staates“ (IS) in der Hauptstadt des Bundesstaates Madhya Pradesh eine Bombe in einem Passagierzug. Die Terrorzelle soll laut Polizeiangaben auch einen Anschlag auf eine Kundgebung von Premierminister Modi geplant haben (BPB 12.12.2017). Das Land unterstützt die US-amerikanischen Maßnahmen gegen den internationalen Terrorismus. Intern wurde eine drakonische neue Anti-Terror-Gesetzgebung verabschiedet, die Prevention of Terrorism Ordinance (POTO), von der Menschenrechtsgruppen fürchten, dass sie auch gegen legitime politische Gegner missbraucht werden könnte (BICC 7.2020).

Konfliktregionen sind Jammu und Kashmir (ÖB 9.2020; vgl. BICC 7.2020) und der und im von separatistischen Gruppen bedrohten Nordosten Indiens (ÖB 9.2020; vgl. BICC 7.2020, AA 23.9.2020). Der Punjab blieb im vergangenen Jahren von Terroranschlägen und Unruhen verschont (SATP 8.10.2020). Neben den islamistischen Terroristen tragen die Naxaliten zur Destabilisierung des Landes bei. Von Chattisgarh aus kämpfen sie in vielen Unionsstaaten (von Bihar im Norden bis Andrah Pradesh im Süden) mit Waffengewalt gegen staatliche Einrichtungen. Im Nordosten des Landes führen zahlreiche Separatistengruppen (United Liberation Front Assom, National Liberation Front Tripura, National Socialist Council Nagaland, Manipur People’s Liberation Front etc.) einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.9.2020). Der gegen Minderheiten wie Moslems und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird selten von offizieller Seite in die Kategorie Terror eingestuft, sondern vielmehr als „communal violence“ bezeichnet (ÖB 9.2020).

Gewalttätige Operationen maoistischer Gruppierungen in den ostzentralen Bergregionen Indiens dauern an (ÖB 9.2020; vgl. AA 23.7.2020, FH 4.3.2020). Rebellen heben illegale Steuern ein, beschlagnahmen Lebensmittel und Unterkünfte und beteiligen sich an Entführungen und Zwangsrekrutierungen von Kindern und Erwachsenen. Zehntausende Zivilisten wurden durch die Gewalt vertrieben und leben in von der Regierung geführten Lagern. Unabhängig davon greifen in den sieben nordöstlichen Bundesstaaten Indiens mehr als 40 aufständische Gruppierungen, welche entweder eine größere Autonomie oder die vollständige Unabhängigkeit ihrer ethnischen oder Stammesgruppen anstreben, weiterhin Sicherheitskräfte an. Auch kommt es weiterhin zu Gewalttaten unter den Gruppierungen, welche sich in Bombenanschlägen, Morden, Entführungen, Vergewaltigungen von Zivilisten und in der Bildung von umfangreichen Erpressungsnetzwerken ausdrücken (FH 4.3.2020).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 907 Todesopfer durch terroristische Gewalt. Im Jahr 2017 wurden 812 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2018 kamen 940 Menschen durch Terrorakte. 2019 belief sich die Opferzahl terroristischer Gewalt landesweit auf insgesamt 621 Tote. 2020 wurden bis zum 1.11. insgesamt 511 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 1.11.2020).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen (z. B. Maoistisch-umstürzlerische) Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 23.9.2020).

Indien und Pakistan

Pakistan erkennt weder den Beitritt Jammu und Kaschmirs zur indischen Union im Jahre 1947 noch die seit dem ersten Krieg im gleichen Jahr bestehende de-facto-Aufteilung der Region auf beide Staaten an. Indien hingegen vertritt den Standpunkt, dass die Zugehörigkeit Jammu und Kaschmirs in seiner Gesamtheit zu Indien nicht zur Disposition steht (Piazolo 2008). Die äußerst angespannte Lage zwischen Indien und Pakistan hat sich in der Vergangenheit immer wieder in Grenzgefechten entladen, welche oft zu einem größeren Krieg zu eskalieren drohten. Seit 1947 gab es bereits drei Kriege aufgrund des umstrittenen Kaschmir-Gebiets (BICC 12.2019; vgl. BBC 23.1.2018). Bewaffnete Zusammenstöße zwischen indischen und pakistanischen Streitkräften entlang der sogenannten „Line of Control (LoC)“ haben sich in letzter Zeit verschärft und Opfer auf militärischer wie auch auf ziviler Seite gefordert. Seit Anfang 2020 wurden im von Indien verwalteten Kaschmir 14 Personen durch Artilleriebeschuss durch pakistanische Streitkräfte über die Grenz- und Kontrolllinie hinweg getötet und fünf Personen verletzt (FIDH 23.6.2020; vgl. KO 25.6.2020).

Indien wirft Pakistan dabei unter anderem vor, in Indien aktive terroristische Organisationen zu unterstützen. Pakistan hingegen fordert eine Volksabstimmung über die Zukunft der Region, da der Verlust des größtenteils muslimisch geprägten Gebiets als Bedrohung der islamischen Identität Pakistans wahrgenommen wird (BICC 12.2019). Es kommt immer wieder zu Schusswechseln zwischen Truppenteilen Indiens und Pakistans an der Waffenstillstandslinie in Kaschmir (BICC 12.2019). So drang die indische Luftwaffe am 26.2.2019 als Vergeltung für einen am 14.2.2019 verübten Selbstmordanschlag erstmals seit dem Krieg im Jahr 1971 in den pakistanischen Luftraum ein, um ein Trainingslager der islamistischen Gruppierung Jaish-e-Mohammad in der Region Balakot, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, zu bombardieren (SZ 26.2.2019; vgl. FAZ 26.2.2019, WP 26.2.2019).

Indien und China

Der chinesisch-indische Grenzverlauf im Himalaya ist weiterhin umstritten (FAZ 27.2.2020). Zusammenstöße entlang der „Line of Actual Control (LAC)“, der De-facto-Grenze zwischen der von Indien verwalteten Region des Ladakh Union Territory und der von China verwalteten Region Aksai Chin forderten am 15.6.2020 in den ersten Vorfällen seit 45 Jahren mindestens 20 Tote auf indischer Seite und eine unbekannte Anzahl von Opfern auf chinesischer Seite (FIDH 23.6.2020; vgl. BBC 3.7.2020, BAMF 8.6.2020). Viele indische Experten sehen in der Entscheidung der Modi-Regierung vom August 2019, den Bundesstaat Jammu und Kaschmir aufzulösen, einen Auslöser für die gegenwärtige Krise (SWP 7.2020; vgl. Wagner C. 2020). Die chinesischen Gebietsübertretungen können somit als Reaktion auf die indische Politik in Kaschmir in den letzten Monaten gesehen werden (SWP 7.2020). Weitere Eskalationen drohen auch durch Gebietsverletzungen an anderen Stellen der mehr als 3.400 Kilometer langen Grenze (FAZ 27.2.2020; vgl. SWP 7.2020). Sowohl Indien als auch China haben Ambitionen, ihren Einflussbereich in Asien auszuweiten (BICC 7.2020).

Zwar hat der amerikanisch-chinesische Handelskrieg die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Indien und China gestärkt und neue Möglichkeiten für indische Unternehmen auf dem chinesischen Markt geschaffen, dennoch fühlt sich Indien von Peking geopolitisch herausgefordert, da China innerhalb seiner „Neuen Seidenstraße“ Allianzen mit Indiens Nachbarländern Pakistan, Bangladesch, Nepal und Sri Lanka geschmiedet hat. Besonders der Wirtschaftskorridor mit dem Erzfeind Pakistan ist den Indern ein Dorn im Auge (FAZ 27.2.2020). Bestimmender Faktor des indischen Verhältnisses zu China ist das immer wieder auch in Rivalität mündende Neben- und Miteinander zweier alter Kulturen, die heute die beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Welt sind. Das bilaterale Verhältnis ist von einem signifikanten Ungleichgewicht zu Gunsten Chinas gekennzeichnet (BICC 7.2020).

Indien und Bangladesch

Die Beziehungen zu Bangladesch sind von besonderer Natur, teilen die beiden Staaten doch eine über 4.000 km lange Grenze. Indien kontrolliert die Oberläufe der wichtigsten Flüsse Bangladeschs und war historisch maßgeblich an der Entstehung Bangladeschs während seines Unabhängigkeitskrieges beteiligt. Schwierige Fragen wie Transit, Grenzverlauf, ungeregelter Grenzübertritt und Migration, Wasserverteilung und Schmuggel werden in regelmäßigen Regierungsgesprächen erörtert (GIZ 8.2020a). Darüber hinaus bestehen kleinere Konflikte zwischen den beiden Ländern (BICC 7.2020).

Indien und Sri Lanka

Die beiden Staaten pflegen ein eher ambivalentes Verhältnis, das durch den mittlerweile beendeten Bürgerkrieg auf Sri Lanka zwischen der tamilischen Minderheit und singhalesischen Mehrheit stark beeinflusst wurde. Die tamilische Bevölkerungsgruppe in Indien umfasst ca. 65 Millionen Menschen, woraus sich ein gewisser Einfluss auf die indische Außenpolitik ergibt (GIZ 8.2020a).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (23.9.2020): Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien (Stand: Juni 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2038579/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_zur_asyl-_und_abschiebungsrelevanten_Lage_in_der_Republik_Indien_%28Stand_Juni_2020%29%2C_23.09.2020.pdf, Zugriff 15.10.2020

-        BBC - British Broadcasting Corporation (3.7.2020): Locals remain anxious amid India-China border stand-off, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-53020382, Zugriff 22.7.2020

-        BBC - British Broadcasting Corporation (23.1.2018): India country profile – Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 29.1.2019

-        BICC - Bonn International Centre for Conversion (7.2020): Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/indien/2020_Indien.pdf, Zugriff 20.10.2020

-        BPB - Bundeszentrale für politische Bildung (Deutschland) (12.12.2017): Konfliktporträt: Indien, http://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/215390/indien, Zugriff 18.3.2020

-        FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (26.2.2019): Pakistan: Wir behalten uns vor, auf Indiens Angriffe zu reagieren, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/indische-luftwaffe-verletzt-den-pakistanischen-luftraum-16061769.html, Zugriff 6.8.2019

-        FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025925.html, Zugriff 10.3.2020

-        FIDH – International Federation for Human Rights (23.6.2020): China/India/Pakistan: De-escalate tensions along border lines and seek peaceful resolution of disputes, 23.6.2020
https://www.fidh.org/en/region/asia/india/china-india-pakistan-de-escalate-tensions-along-border-lines-and-seek, Zugriff 22.7.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2020a): Indien, https://www.liportal.de/indien/geschichte-staat/, Zugriff 15.10.2020

-        KO – Kaschmir Observer (25.6.2020): Indian, Pakistani Troops Trade Fire In North Kashmir, https://kashmirobserver.net/2020/06/25/indian-pakistani-troops-trade-fire-in-north-kashmir/, Zugriff 22.7.2020

-        ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (9.2020): Asylländerbericht Indien

-        Piazolo, Michael (2008): Macht und Mächte in einer multipolaren Welt. Springer Verlag. Seite 201

-        SATP - South Asia Terrorism Portal (8.10.2020): Data Sheet -. Punjab, Yearly Fatalities, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/fatalities/india-punjab, Zugriff 12.10.2020

-        SATP - South Asia Terrorism Portal (1.11.2020): Data Sheet - India Yearly Fatalities: 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/fatalities/india, Zugriff 3.11.2020

-        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (7.2020): Indisch-chinesische Konfrontation im Himalaya. Eine Belastungsprobe für Indiens strategische Autonomie, Juli 2020
https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2020A63_IndienChina.pdf, Zugriff 22.7.2020

-        SZ- Süddeutsche Zeitung (26.2.2019): Indien bombardiert pakistanischen Teil Kaschmirs, https://www.sueddeutsche.de/politik/indien-pakistan-luftangriff-1.4345509, Zugriff 6.8.2019

-        Wagner, C. (2020). The Indian-Chinese confrontation in the Himalayas: a stress test for India's strategic autonomy.
(SWP Comment, 39/2020). Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches Institut für Internationale Politik
und Sicherheit. https://doi.org/10.18449/2020C39, Zugriff 22.10.2020

-        WP – The Washington Post (26.2.2019): India strikes Pakistan in severe escalation of tensions between nuclear rivals, https://www.washingtonpost.com/world/pakistan-says-indian-fighter-jets-crossed-into-its-territory-and-carried-out-limited-airstrike/2019/02/25/901f3000-3979-11e9-a06c-3ec8ed509d15_story.html?utm_term=.ee5f4df72709, Zugriff 6.8.2019

2.       Punjab

Letzte Änderung: 23.10.2020

Der Terrorismus im Punjab ist Ende der 1990er Jahre nahezu zum Erliegen gekommen. Die meisten hochkarätigen Mitglieder der verschiedenen militanten Gruppen haben den Punjab verlassen und operieren von anderen Unionsstaaten oder Pakistan aus. Finanzielle Unterstützung erhalten sie auch von Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland (ÖB 9.2020).

Der illegale Waffen- und Drogenhandel von Pakistan in den indischen Punjab hat sich in letzter Zeit verdreifacht. Es gibt Anzeichen von konzertierten Versuchen militanter Sikh-Gruppierungen im Ausland gemeinsam mit dem pakistanischen Geheimdienst ISI, die aufständische Bewegung in Punjab wiederzubeleben. Indischen Geheimdienstinformationen zufolge werden Kämpfer der Babbar Khalsa International (BKI), einer militanten Sikh-Organisation in Pakistan von islamischen Terrorgruppen wie Lashkar-e-Toiba (LeT) trainiert, BKI hat angeblich ein gemeinsames Büro mit der LeT im pakistanischen West-Punjab errichtet. Die Sicherheitsbehörden im Punjab konnten bislang die aufkeimende Wiederbelebung der aufständischen Sikh-Bewegung erfolgreich neutralisieren (ÖB 9.2020). Im Punjab haben die Behörden besondere Befugnisse, ohne Haftbefehl Personen zu suchen und zu inhaftieren (USDOS 11.3.2020; vgl. BBC 20.10.2015).

Die Menschenrechtslage im Punjab stellt sich nicht anders als im übrigen Indien dar. Jüngste Berichte internationaler Menschenrechts-NGOs (Amnesty International, Human Rights Watch), aber auch jene des US State Department enthalten keine gesonderten Informationen zum Punjab (ÖB 9.2020).

Neben den angeführten Formen der Gewalt, stellen Ehrenmorde vor allem in Punjab, Uttar Pradesh und Haryana weiterhin ein Problem dar (USDOS 11.3.2020).

Laut Angaben des indischen Innenministeriums zu den Zahlen der Volkszählung im Jahr 2011 leben von den 21 Mio. Sikhs 16 Mio. im Punjab (MoHA o.D.). Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass Sikhs alleine auf Grund ihrer Religionszugehörigkeit von der Polizei willkürlich verhaftet oder misshandelt würden. Auch stellen die Sikhs 60 Prozent der Bevölkerung des Punjabs, einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen offen (ÖB 9.2020).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 25 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt in Punjab. Im Jahr 2017 wurden 8 Personen durch Terrorakte getötet, 2018 waren es 3 Todesopfer und im Jahr 2019 wurden durch terroristische Gewalt 2 Todesopfer registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen]. Per 13.10.2020 wurden für Beobachtungszeitraum 2020 keine Opfer von verübten Terrorakten aufgezeichnet (SATP 13.10.2020).

In Indien ist die Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit rechtlich garantiert und praktisch von den Behörden auch respektiert; in manchen Grenzgebieten sind allerdings Sonderaufenthaltsgenehmigungen notwendig. Sikhs aus dem Punjab haben die Möglichkeit sich in anderen Landesteilen niederzulassen, Sikh-Gemeinden gibt es im ganzen Land verstreut. Sikhs können ihre Religion in allen Landesteilen ohne Einschränkung ausüben. Aktive Mitglieder von verbotenen militanten Sikh-Gruppierungen, wie Babbar Khalsa International, müssen mit polizeilicher Verfolgung rechnen (ÖB 9.2020).

Quellen:

-        BBC - British Broadcasting Corporation (20.10.2015): Why are Indian Sikhs angry?, http://www.bbc.com/news/world-asia-india-34578463, Zugriff 18.10.2018

-        MoHA - Government of India, Ministry of Home Affairs, Office of the Registrar General & Census Commissioner, India (o.D.): C-1 Population By Religious Community, http://www.censusindia.gov.in/2011census/C-01.html, Zugriff 18.10.2018

-        ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (9.2020): Asylländerbericht Indien

-        SATP - South Asia Terrorism Portal (13.10.2020): Datasheet – Punjab, Data View, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/fatalities/india-punjab, Zugriff 15.10.2020

-        USDOS – US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026357.html, Zugriff 13.3.2020

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – India, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004219.html, Zugriff 13.8.2019

3.       Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 05.11.2020

In Indien sind viele Grundrechte und -freiheiten verfassungsmäßig verbrieft und die verfassungsmäßig garantierte unabhängige indische Justiz bleibt vielmals wichtiger Rechtegarant. Die häufig überlange Verfahrensdauer aufgrund überlasteter und unterbesetzter Gerichte sowie verbreitete Korruption, vor allem im Strafverfahren, schränken die Rechtssicherheit aber deutlich ein (AA 23.9.2020). Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen, allerdings sind vor allem die unteren Instanzen nicht frei von Korruption. Vorurteile z.B. gegenüber Angehörigen niederer Kasten oder Indigenen dürften zudem eine nicht unerhebliche Rolle spielen (AA 23.9.2020).

Das Gerichtswesen ist von der Exekutive getrennt (FH 4.3.2020). Das Justizsystem gliedert sich in den Supreme Court, das Oberste Gericht mit Sitz in Delhi; das als Verfassungsgericht die Streitigkeiten zwischen Zentralstaat und Unionsstaaten regelt. Es ist auch Appellationsinstanz für bestimmte Kategorien von Urteilen wie etwa bei Todesurteilen. Der High Court bzw. das Obergericht besteht in jedem Unionsstaat. Es ist Kollegialgericht als Appellationsinstanz sowohl in Zivil- wie auch in Strafsachen und führt auch die Dienst- und Personalaufsicht über die Untergerichte des Staates aus, um so die Justiz von den Einflüssen der Exekutive abzuschirmen. Subordinate Civil and Criminal Courts sind untergeordnete Gerichtsinstanzen in den Distrikten der jeweiligen Unionsstaaten und nach Zivil- und Strafrecht aufgeteilt. Fälle werden durch Einzelrichter entschieden. Richter am District und Sessions Court entscheiden in Personalunion sowohl über zivilrechtliche als auch strafrechtliche Fälle (als District Judge über Zivilrechtsfälle, als Sessions Judge über Straffälle). Unterhalb des District Judge gibt es no

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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