TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/23 W185 2244350-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.08.2021
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Entscheidungsdatum

23.08.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W185 2244352-1/4E

W185 2244353-1/4E

W185 2244350-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX alias XXXX und 3.) XXXX alias XXXX , geb. XXXX , gesetzlich vertreten durch den Kindesvater XXXX , alle StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2021, Zlen. 1.) 1278476800/210698045, 2.) 1278477002/210698113 und 3.) 1278474109/210698059, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten und die leiblichen Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Der Erstbeschwerdeführer ist gesetzlicher Vertreter der Drittbeschwerdeführerin. Nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet stellten die Beschwerdeführer am 26.05.2021 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin liegt jeweils eine Eurodac-Treffermeldung der Kategorie „1“ zu Rumänien vor (RO1…25.04.2021).

Im Zuge der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 27.05.2021 gab der Erstbeschwerdeführer zusammengefasst an, der Einvernahme ohne gesundheitliche Probleme folgen zu können. In Österreich oder einem anderen Mitgliedstaat der EU habe er neben der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin keine Familienangehörigen. Vor vier Jahren habe der Erstbeschwerdeführer den Entschluss gefasst, den Herkunftsstaat zu verlassen. Er habe nach Österreich gelangen wollen, da sich die Familie der Zweitbeschwerdeführerin hier aufhalte. Der Erstbeschwerdeführer sei vor vier Jahren zunächst mit dem PKW illegal in den Iran gelang, wo er sich etwa 25 Tage lang aufgehalten habe. An der iranisch-türkischen Grenze sei der Sohn des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin krankheitsbedingt verstorben. In der Türkei hätten sich die Beschwerdeführer dann etwa 2,5 Jahre lang aufgehalten, bevor sie über Griechenland, Nordmazedonien und Serbien nach Rumänien gelangt seien, wo sie sich einen Monat lang aufgehalten hätten. Über Ungarn seien die Beschwerdeführer schließlich nach Österreich gelangt. In Griechenland hätten sie sich wie viele andere Flüchtlinge auch, in Wäldern aufgehalten. In Rumänien sei der Erstbeschwerdeführer von Polizisten geschlagen worden und habe in der Folge eine Woche lang nicht gehen können. Die Beschwerdeführer hätten in Rumänien oft auf der Straße nächtigen müssen. In Ungarn hätten die Beschwerdeführer weder Behördenkontakt noch eine ED-Behandlung gehabt. Um Asyl hätten sie in keinem der durchreisten Länder angesucht. Der Erstbeschwerdeführer gab an, in Österreich bleiben zu wollen, da die Familie seiner Frau hier aufhältig sei. Sein Heimatland habe der Erstbeschwerdeführer wegen Grundstücksstreitigkeiten verlassen und weil er (aufgrund der Eheschließung mit der Zweitbeschwerdeführerin) von seiner Familie verstoßen worden wäre. Die schlepperunterstützte Flucht habe insgesamt etwa 12.000,- US Dollar gekostet.

Die Zweitbeschwerdeführerin erstattete im Zuge ihrer Erstbefragung am 27.05.2021 im Wesentlichen dieselben Angaben zum Reiseweg und den Aufenthalten in den durchreisten Ländern wie der Erstbeschwerdeführer. Die Zweitbeschwerdeführerin könne der Einvernahme ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen folgen; sie sei nicht schwanger. In Serbien und in Rumänien wären die Beschwerdeführer in einem Flüchtlingslager untergebracht gewesen. Einen Antrag auf internationalen Schutz hätten die Beschwerdeführer in keinem der durchreisten Länder gestellt. Die Beschwerdeführer würden in Österreich bleiben wollen, da die Familie der Zweitbeschwerdeführerin hier lebe. Es handle sich um ihre (namentlich angeführten) Eltern sowie zwei (volljährige) Brüder und eine 17 Jahre alte Schwester. Als Fluchtgrund führte sie einerseits Angst vor den Taliban, die ihren Bruder getötet hätten, an und anderseits, dass sie von der Familie des Erstbeschwerdeführers nicht akzeptiert worden sei. Die mj Drittbeschwerdeführerin sei seit ihrer Geburt in ihrer Obhut. Für die Genannte würden dieselben Fluchtgründe gelten wie für die Zweitbeschwerdeführerin.

Am 31.05.2021 richtete das Bundesamt auf Art 18 Abs 1 lit b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: „Dublin III-VO“) gestützte Wiederaufnahmegesuche an Rumänien. Dies jeweils unter Hinweis auf die Eurodac-Treffer der Kategorie „1“ mit Rumänien, den angegebenen Reiseweg und die familiäre Situation der Beschwerdeführer.

Mit Schreiben vom 10.06.2021 stimmte Rumänien der Wiederaufnahme der Beschwerdeführer nach Art 18 Abs 1 lit b Dublin III-VO ausdrücklich zu und teilte mit, dass die Beschwerdeführer am 09.05.2021 in Rumänien um Asyl angesucht hätten; deren Verfahren seien noch nicht abgeschlossen.

Im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt am 24.06.2021 gab der Erstbeschwerdeführer – nach durchgeführter Rechtsberatung – verfahrenswesentlich an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Es gehe ihm gut, er leide an keinen Krankheiten und benötige keine Medikamente. Auch der Drittbeschwerdeführerin, welche er im Verfahren vertrete, gehe es gesundheitlich gut. Der Erstbeschwerdeführer habe bisher im Verfahren die Wahrheit gesagt. Bei der Erstbefragung wären seine Daten, der Name der Drittbeschwerdeführerin und das Alter seines verstorbenen Sohnes nicht richtig protokolliert worden. In Österreich würden sich seine Schwiegereltern, sein Schwager und seine Schwägerin aufhalten. Seine Schwiegermutter und seine Schwägerin habe der Erstbeschwerdeführer einmal in der Türkei vor etwa 1,5 Jahren gesehen. Seinen Schwiegervater habe er in Österreich zum ersten Mal gesehen, die Zweitbeschwerdeführerin habe ihren Vater nach acht Jahre wiedergesehen. Im Camp in Österreich hätten die Beschwerdeführer zweimal Besuch von ihren Angehörigen erhalten; sie hätten Windeln und Nahrungsmittel mitgebracht. Während der Flucht hätten die Beschwerdeführer keine Unterstützung ihrer hier ansässigen Angehörigen erhalten. Die Beschwerdeführer hätten insgesamt zwölfmal versucht, von Serbien nach Rumänien zu gelangen. Die rumänische Polizei habe sie jedoch immer aufgegriffen, ihnen wiederholt Geld, Kleidung und Telefone abgenommen und den Erstbeschwerdeführer geschlagen; anschließend seien sie wieder nach Serbien zurückgebracht worden. Nachdem sie nach Rumänien gelangte seien und eine Nacht im Wald verbracht hätten, wären sie am Weg in eine Stadt von der rumänischen Polizei festgenommen worden. Der Erstbeschwerdeführer sei erneut geschlagen worden und habe dann eine Woche lang „nicht richtig gehen“ können. Nach der Festnahme hätten die Beschwerdeführer zwei Tage nichts zu essen bekommen und in der prallen Sonne sitzen müssen. Die Beschwerdeführer hätten acht bis zehn auf der Straße nächtigen müssen. Anschließend seien sie 15 Tage in Quarantäne gewesen. Ihr Zimmer sei nicht gereinigt worden und es habe dort Läuse und Kakerlaken gegeben. Die Beschwerdeführer seien gezwungen worden, ihre Fingerabdrücke abzugeben, andernfalls sie nach Serbien abgeschoben worden wären. An den folgenden beiden Tagen hätten sie nichts zu essen und zu trinken bekommen. Die Übergriffe durch die Sicherheitsorgane habe der Erstbeschwerdeführer nicht angezeigt und er habe sich auch nicht in einem Krankenhaus behandeln lassen. Flüchtlinge würden in Rumänien schlecht behandelt; es komme auch zu Streitigkeiten unter den Flüchtlingen. Über Vorhalt der Zustimmung Rumäniens zur Übernehme der Beschwerdeführer und der beabsichtigten Zurückweisung der Anträge und der Ausweisung nach Rumänien, erklärte der Erstbeschwerdeführer, er wolle auf keinen Fall nach Rumänien zurückkehren. Die Drittbeschwerdeführerin habe bis heute Angst vor Polizisten. Österreich sei von Anfang an das Zielland der Beschwerdeführer gewesen; hier wären sie in Sicherheit.

Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte in Anwesenheit ihres Bruders als Vertrauensperson im Zuge ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Gesundheitlich gehe es ihr wieder besser; sie wäre wegen der Reise „psychisch angeschlagen“ gewesen, nunmehr sei alles wieder „in Ordnung“. Die Zweitbeschwerdeführerin habe bisher im Verfahren die Wahrheit gesagt. In Österreich würden ihre Eltern, ihr Bruder und ihre Schwester leben. Sie sei seit etwa acht Jahren von ihrer Familie getrennt. Ihre Mutter, ihr Bruder und ihre Schwester hätten die Beschwerdeführer vor etwa zweieinhalb Jahren in der Türkei besucht; im Camp in Österreich habe sie ihre Familienangehörigen zweimal für je fünf Minuten gesehen. Ihre Familie wolle ihr helfen und sie bekomme Kleidung von ihnen. In Rumänien habe sie keinen Asylantrag gestellt, man habe sie aber gezwungen ihre Fingerabdrücke abzugeben. Sie habe sich ca. einen Monat lang in Rumänien aufgehalten. Zwei Tage lang wären die Beschwerdeführer ohne Essen und Trinken „in der prallen Sonne“ bei einer Polizeistation gewesen. Anschließend seien sie (teilweise im Freien) in Quarantäne gewesen. In weiterer Folge seien die Beschwerdeführer in ein Camp gebracht worden; die Zustände dort seien „nicht zumutbar“ gewesen. Bevor die Beschwerdeführer nach Österreich weitergereist seien, hätten sie fünf bis sechs Tage in einem Hostel verbracht. Sie wären in Rumänien schlecht behandelt worden; man könne dort nicht leben. Man habe der Zweitbeschwerdeführerin vor den Augen ihrer Tochter Handschellen angelegt. Die Beschwerdeführer wären in Rumänien jedes Mal geschlagen worden und man habe ihnen Geld, Kleidung und Essen abgenommen. Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte, von Männern durchsucht worden zu sein. Sie selbst sei in Rumänien nicht geschlagen; es sei ihr aber „mit einer Waffe Angst gemacht“ worden. Die Polizei in Rumänien würde alle Männer schlagen. Ihrer Bitte, nach einem Biss bzw einem Stich einen Arzt zu sehen, wurde nicht entsprochen. Erst in Österreich sei die Zweitbeschwerdeführerin ärztlich behandelt worden. Über Vorhalt der Zustimmung Rumäniens zur Übernahme der Beschwerdeführer und der beabsichtigten Zurückweisung der Anträge und der Ausweisung nach Rumänien, erklärte die Zweitbeschwerdeführerin, auf keinen Fall nach Rumänien zurückkehren zu wollen. Sie wolle bei ihrer Familie bleiben, müsse sie dennoch zurückkehren, werde sie darüber „nachdenken“ Selbstmord zu begehen.

Die Zweitbeschwerdeführerin legte ihre Tazkira und die ihres Mannes, die türkischen Unterlagen betreffend die Geburt der Drittbeschwerdeführerin sowie deren Impfpass vor.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO Rumänien für die Prüfung der Anträge zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Rumänien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Rumänien wurden in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):



1.         Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren (USDOS 13.3.2019; vgl. IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d) mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d, für weitere Informationen siehe dieselben Quellen). Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. a): Asylum procedures, http://igi.mai.gov.ro/en/content/asylum-procedures-0, Zugriff 27.5.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. b): Dublin procedure, http://igi.mai.gov.ro/en/content/dublin-procedure, Zugriff 27.5.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. c): General description, http://igi.mai.gov.ro/en/content/general-description, Zugriff 27.5.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. d): The submission of the asylum application, http://igi.mai.gov.ro/en/content/submitting-application-asylum, Zugriff 27.5.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019
2.         Dublin-Rückkehrer

Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Rumänien ab. Sämtliche Rückkehrer werden am Flughafen empfangen und in die regionalen Zentren begleitet, wo sie dann noch am selben Tag einen Asylantrag stellen können.

1.       Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, das noch läuft, wird dieses fortgesetzt. Der Rückkehrer wird am Flughafen über den aktuellen Stand des Verfahrens informiert und darauf hingewiesen, sich im Hinblick auf die Fortsetzung des Verfahrens ins regionale Zentrum zu begeben. Die Unterbringung kann entweder im Zentrum oder privat erfolgen.

2.       Wurde ein Asylverfahren eröffnet und in der Folge beendet, weil sich der AW abgesetzt hat, wird der Rückkehrer als illegaler Fremder für längstens 18 Monate in Gewahrsam genommen. Er kann einen Folgeantrag stellen. Dieser hat aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung, ebenso wie eine Beschwerde gegen Nichtzulassung des Folgeantrags. Für die Zulassung des Folgeantrags müssen aber neue Beweise vorgelegt werden.

3.       Wenn Asylwerber das Land vor dem Asylinterview verlassen haben und binnen neun Monaten zurückkehren, wird ihr Antrag als Erstantrag behandelt (VB 4.6.2019).

Bei Rückkehrern gemäß Art. 18 (1) (a) und (b) der Dublin-III-VO wird das Verfahren von den rumänischen Behörden geführt bzw. abgeschlossen. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (c) haben die Möglichkeit, einen neuen Antrag einzubringen, der nicht als Folgeantrag gilt. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (d) können einen Folgeantrag einbringen (EASO 24.10.2017).

Für vulnerable Fälle gibt es eine limitierte Anzahl separater Hafträume. Einige Vulnerable profitieren von einer Änderung im Fremdengesetz, gemäß derer auf Haft verzichtet wird, sofern sie eine alternative Unterbringung nachweisen können. Hierbei werden sie von NGOs unterstützt. UMA werden bei Rückkehr nicht in Haft genommen, sondern in einem Zentrum der Kinderschutzbehörde untergebracht (VB 4.6.2019).

Es gibt keine wesentlichen Unterschiede beim Zugang zur Unterbringung und medizinischen Versorgung von Dublin-Rückkehrern und regulären Asylwerbern (EASO 24.10.2017).

Quellen:

-        EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query zu Dublin-Rückkehrer, per E-Mail

-        VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail
3.         Non-Refoulement

Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Abschiebungen können nur durchgeführt werden, wenn die Rückkehrentscheidung nicht im Widerspruch zum Non-Refoulement-Prinzip steht. In diesen Fällen wird sobald wie möglich eine Entscheidung gefällt, in der begründet wird, warum der Aufenthalt auf rumänischem Territorium verweigert wird. Die Entscheidung wird dem Asylwerber direkt zugestellt, entweder persönlich bei der IGI-DAI oder per Post. Beschwerde kann binnen zwei Tagen nach Zustellung eingelegt werden (AIDA 27.3.2019).

Vom Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr sind jene Fremden ausgeschlossen, die in Zusammenhang mit Terrorismus stehen. UNHCR berichtete im Jahr 2018 von mehreren Vorfällen von Zugangsverweigerung zum Land, Zurückweisungen und Abweichungen vom Asylverfahren in Grenzregionen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019
4.         Versorgung

Asylwerber, die selbst über keine Mittel verfügen, haben bis zum Ende des Asylverfahrens in Rumänien das Recht auf Unterbringung in einem der sechs Unterbringungszentren des Generalinspektorats für Immigration (IGI o.D.g) in Timi?oara, ?omcuta Mare, R?d?u?i, Gala?i, Bucharest and Giurgiu (AIDA 27.3.2019). Die sechs Aufnahme- und Unterbringungszentren bieten 900 Unterkunftsplätze (JRS 12.3.2018; vgl. AIDA 27.3.2019), wobei die Kapazität auf 1.090 Plätze erhöht werden kann. Per 31.12.2018 waren 350 Plätze belegt (AIDA 27.3.2019).

Die Unterbringungszentren können nur nach Genehmigung durch die IGI-DAI verlassen werden. Sollte die Unterkunft länger als 72 Stunden ohne Genehmigung verlassen werden, so können Unterstützungsleistungen gekürzt oder ausgesetzt werden. Asylwerber können aus Kapazitätsgründen auch aus einem Unterbringungszentrum in ein anderes verlegt werden. Gegen die Verlegung ist keine Beschwerde zulässig. Staatliche Unterstützungsleistungen beinhalten: Unterkunft in einer der Aufnahmezentren; finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld (AIDA 27.3.2019).

Mittellose Asylwerber können einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für Lebensmittel, Kleidung und sonstige Ausgaben stellen (IGI o.D.g). Asylwerbern, die außerhalb eines Zentrums wohnen, steht eine Unterstützung für die Unterkunft zu (VB 4.6.2019). Ein Asylwerber, der im Zentrum untergebracht ist, erhält einen Betrag von 16,- Lei/Tag (ca. 110,- EUR im Monat). Die Unterbringungszentren erfüllen generell die Standards von EU und UNHCR. Sie sind für die Nahrungszubereitung entsprechend ausgestattet. Es gibt Beihilfen (Tagsätze) für Neugeborene, Wöchnerinnen, usw. Es gibt außerdem Beihilfen (saisonbedingt: 67,- Lei im Sommer und 100,- Lei im Winter) für Bekleidung (VB 4.6.2019; vgl. AIDA 27.3.2019, IGI o.D.g).

Asylwerber dürfen arbeiten, wenn ihr Erstantrag länger als drei Monate anhängig ist (IGI o.D.g; vgl. USDOS 13.3.2019). Trotzdem haben viele arbeitsberechtigte Asylwerber Probleme, legale Arbeit zu finden (USDOS 13.3.2019).

Die Regierung gewährt Asylwerbern eine finanzielle Zuwendung von 16 Lei/Tag; für Vulnerable ist dieser Satz etwas erhöht. Im Hinblick auf die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten ist dieser Betrag eher gering angesetzt und trifft insbesondere Personen mit besonderen Bedürfnissen oder Vulnerable (USDOS 13.3.2019).

Laut der NGO Civic Resource Centre ist der Staat alleine nicht in der Lage, die Versorgung der Asylwerber zu garantieren. Er ist auf die Unterstützung von NGOs angewiesen, die Nahrung, Unterkunft und sonstige Notfalldienste für Schutzsuchende zur Verfügung stellen. Weiters berichten Asylwerber über schlechte Unterbringungsbedingungen, wie Überbelegung oder hygienische Mängel in den staatlichen Unterbringungszentren (IRIN News 16.10.2017, vgl. AIDA 27.3.2019).

Im Jahr 2018 gab es 2.118 Asylanträge. In rumänischen Unterbringungseinrichtungen stehen 900 Plätze zur Verfügung, von diesen sind aktuell 294 belegt. Für den Fall, dass die Zentren irgendwann einmal überfüllt wären und Personen daher Privatunterkünfte nehmen müssten, würden diese mit 450,- Lei (ca. 95,- € ) für die Miete sowie mit 120,- Lei (ca. 25,- €) im Sommer bzw. 155,- Lei (ca. 33,- €) im Winter für Betriebskosten unterstützt werden. Das Relocation-Programm wurde mit Ende 2017/Anfang 2018 eingestellt (VB 4.6.2019).

Die Insassen der Schubhaftzentren haben das Recht auf rechtliche, medizinische und soziale Hilfe, sowie auf Information über Haftgründe, Rechte und Pflichten (VB 4.6.2019).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.g): Assistance to asylum seekers, http://igi.mai.gov.ro/en/content/assistance-asylum-seekers, Zugriff 13.6.2019

-        IRIN News (16.10.2017): Old route, new dangers: Migrant smugglers revive Black Sea route to Europe, http://www.irinnews.org/feature/2017/10/16/old-route-new-dangers-migrant-smugglers-revive-black-sea-route-europe, Zugriff 19.12.2017
- JRS - Jesuit Refugee Service (12.3.2018): Policy Blog: quantifying the Romanian asylum system, https://jrseurope.org/news_detail?TN=NEWS-20180312050052&L=EN, Zugriff 5.6.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

-        VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail

4.1.    Medizinische Versorgung

Asylwerber haben das Recht auf kostenlose medizinische Erstversorgung und Behandlung, klinische Behandlung bei lebensbedrohlichen akuten oder chronischen Krankheiten. Im Falle besonderer Bedürfnisse haben Asylwerber Zugang zu sonstiger adäquater medizinischer Behandlung. Asylwerber unterliegen der Verpflichtung, sich medizinischen Untersuchungen zu unterziehen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen (IGI o.D.f). Die Gesundheitsversorgung von Asylwerbern wird durch medizinisches Personal in den Aufnahmezentren sichergestellt, das im Krankheitsfall primäre Gesundheitsversorgung leistet und kostenfreie Behandlungen durchführt (IGI o.D.h).

Mit Stand 2018 haben Asylbewerber in allen Regionalzentren Zugang zu einem Allgemeinmediziner. In Giurgiu ist der Arzt jedoch seit November 2018 krank. Nach Angaben des Rechtsberaters in Giurgiu hat diesen der Arzt der ICAR-Stiftung ersetzt, zumal es auch keine Krankenschwester gab. Dennoch ist Giurgiu das einzige Zentrum, in dem seit August 2018 ein Psychologe im Auftrag von IGI-DAI arbeitet. In R?d?u?i wurde im Sommer 2018 ein Arzt eingestellt. In Timi?oara wurden ab Frühjahr 2018 ein Arzt und zwei Krankenschwestern von IGI-DAI eingestellt. In Bukarest wird die ärztliche Untersuchung von einem Arzt und der Krankenschwester durchgeführt. Die Asylbewerber werden auf Anzeichen von Ekzemen, Tollwut, Läusen überprüft und eine Krankenakte erstellt. Bei medizinischen Problemen werden die Asylwerber an das Krankenhaus des Innenministeriums verwiesen (AIDA 27.3.2019).

Laut USDOS bleibt die staatliche soziale, psychologische und medizinische Unterstützung ungenügend, speziell für Traumatisierte und Folteropfer. Viele Asylwerber sind auf die Unterstützung von durch NGOs durchgeführte Projekte angewiesen (USDOS 13.6.2019).

Quellen:

-        AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.f): Rights and obligations, http://igi.mai.gov.ro/en/content/rights-and-obligations, Zugriff 4.6.2019

-        IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.h): Access to health care, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-health-care, Zugriff 13.6.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

Die Identität der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger aus Afghanistan) stehe nicht fest. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin seien Ehegatten und die leiblichen Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführer würden an keinen schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten leiden und seien nicht immungeschwächt. Derzeit herrsche weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 werde durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Rumänien seien bisher 1.077.737 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen worden, wobei bisher 30.312 diesbezügliche Todesfälle bestätigt worden seien (http://coronavisrus.jhu.edu/map.htlm, abgerufen am 31.05.2021). Die Feststellungen zur Pandemie würden sich aus dem Amtswissen sowie den Angaben der Johns Hopkins University in Baltimore ergeben. Die Covid-19-Pandemie erfordere es nicht, dass Österreich vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch mache. Die Beschwerdeführer hätten in Rumänien am 09.05.2021 Anträge auf internationalen Schutz gestellt; Rumänien habe der Wiederaufnahme der Beschwerdeführer nach Art 18 Abs 1 lit b Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt. Eine Schutzverweigerung Rumäniens sei daher nicht zu erwarten. In Österreich würden die Eltern, der Bruder und die Schwester der Zweitbeschwerdeführerin leben; ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung der Beschwerdeführer zu den Genannten könne nicht festgestellt werden. Hinsichtlich sämtlicher Beschwerdeführer würden gleichlautende Entscheidungen ergehen, sodass ein Eingriff in das Recht auf Familienleben nicht vorliege. Es sei nicht feststellbar, dass die Beschwerdeführer über familiäre oder verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte iSd Art 8 EMRK verfügen würden. Eine besondere Integrationsverfestigung der Beschwerdeführer in Österreich bestehe nicht. Die Beschwerdeführer seien einmal in der Türkei von der Mutter, dem Bruder und der Schwester der Zweitbeschwerdeführerin und in Österreich im Lager zweimal von diesen Angehörigen besucht worden. Der Erstbeschwerdeführer habe seinen Schwiegervater in Österreich zum ersten Mal getroffen und die Zweitbeschwerdeführerin sei etwa acht Jahre lang von ihrer Familie getrennt gewesen. In ihr Recht auf Achtung des Familienlebens werde nicht unzulässig eingegriffen. Aus den im Verfahren geschilderten Übergriffen (Anm: seitens der rumänischen Grenzpolizei) könne nicht generell geschlossen werden, dass in Rumänien systematische Übergriffe gegen Asylwerber durchgeführt würden, die den Schutzbereich des Art 3 EMRK berühren würden. Die Behörde verkenne nicht, dass entsprechende Fälle von Fehlverhalten – von der Polizei oder auch dem Personal in den Aufnahmezentren – gegen Asylwerber vorkommen könnten. Es sei aber festzuhalten, dass es sich bei Rumänien um einen Rechtsstaat mit ausreichenden Rechtschutzeinrichtungen handle, um sich gegen behördliches Fehlverhalten oder das Fehlverhalten privater Personen zur Wehr setzen zu können, was der Erstbeschwerdeführer jedoch unterlassen habe. Dem Vorbringen, keine medizinische Behandlung und im Camp kein Essen und Trinken erhalten zu haben, seien die Länderinformationen entgegenzuhalten. Aus diesen ergebe sich auch zweifelsfrei, dass Asylwerbern in den Unterbringungszentren Unterkunft, finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld zustünden. Im Übrigen sei festzuhalten, dass sich Asylwerber nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen könnten, in dem sie die bestmögliche Unterbringung und Versorgung erwarten könnten. Es sei festzustellen, dass in Rumänien, einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union als einer Rechts- und Wertegemeinschaft und des Europarates, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Auch aus der Rechtsprechung des EGMR oder aus sonstigem Amtswissen ließe sich eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Rumänien keinesfalls erkennen. Ein von den Beschwerdeführern im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen besonderer, bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. Art.3 EMRK, im Falle einer Überstellung ernstlich für möglich erscheinen lassen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe nicht erschüttert werden können; ein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 der Dublin III-VO habe sich nicht ergeben. Auch die aktuelle Covid-19-Pandemie erfordere keinen Selbsteintritt Österreichs. Die Beschwerdeführer würden keiner besonderen Risikogruppe angehören, sodass diesen ein real risk einer Art 3 EMRK Verletzung in Rumänien nicht drohe.

Gegen die angeführten Bescheide richten sich die am 12.07.2021 fristgerecht eingebrachten gleichlautenden Beschwerden. Es wurde zusammengefasst ausgeführt, dass sich die belangte Behörde zu Unrecht nicht näher mit den Erlebnissen der Beschwerdeführer und den Versorgungszuständen in Rumänien auseinandergesetzt habe. Überdies habe die Behörde völlig veraltetet Länderfeststellungen herangezogen, die die aktuelle Situation in Rumänien nur oberflächlich abdecken würden. Die Beschwerdeführer seien als Familie mit einem Kleinkind als besonders vulnerabel anzusehen. Der Erstbeschwerdeführer sei vor den Augen seiner Familie von rumänischen Polizisten so schwer misshandelt worden, sodass er eine Woche nicht habe gehen können. An der Grenze sei es zu illegalen Push-backs gekommen. Der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin wäre Trinkwasser vorenthalten worden und die Beschwerdeführer hätten tagelang auf der Straße leben müssen. Die Familie der Zweitbeschwerdeführerin sei in Österreich aufhältig und unterstütze die Beschwerdeführer hier auch. Es sei offensichtlich, dass es in Rumänien systematisches Fehlverhalten der Organe gebe und dass die Versorgung für die vulnerablen Beschwerdeführer in Rumänien nicht gesichert sei. Die Anwendung des Selbsteintrittsrechts wäre erforderlich gewesen. Es fehle im Bescheid auch eine Auseinandersetzung mit dem Kindeswohl. Die Drittbeschwerdeführerin sei von den Vorkommnissen in Rumänien traumatisiert und die Außerlandesbringung nach Rumänien und generell die Unterbringung in desolaten und unhygienischen Flüchtlingslagern in Verbindung mit der mangelhaften Versorgung der Drittbeschwerdeführerin stelle eine Kindeswohlgefährdung dar. Den Beschwerdeführern sei von Polizisten Geld, Kleidung und Mobiltelefone gestohlen worden. Die belangte Behörde hätte zu dem Schluss kommen müssen, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer durch Art. 3 EMKR gewährleisteten Rechte darstellen würde und vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen. Es liege keine individuelle Zusicherung Rumäniens einer adäquaten Unterbringung der besonders vulnerablen Beschwerdeführer vor. Es sei gegenständlich von einem humanitären Sonderfall auszugehen und folglich von der humanitären Klausel Gebrauch zu machen gewesen. Die Beziehung der Beschwerdeführer zur Familie der Zweitbeschwerdeführerin sei, entgegen den Bescheidausführungen, sehr wohl eng. Die Trennung habe nicht freiwillig stattgefunden; die Beschwerdeführer würden von ihren Angehörigen in Österreich versorgt. Auch der Besuch in der Türkei spreche für eine enge Bindung. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurden beantragt.

1.       Feststellungen:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten und die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Es liegt ein Familienverfahren vor.

Die Beschwerdeführer gelangten letztlich aus Serbien nach Rumänien, wo sie am 25.04.2021 erkennungsdienstlich behandelt wurden und am 09.05.2021 um Asyl ansuchten.

In Rumänien hielten sich die Beschwerdeführer etwa 25 Tage lang auf, bevor sie über Ungarn irregulär in das Bundesgebiet einreisten und am 26.05.2021 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz stellten.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 31.05.2021 Wiederaufnahmegesuche nach Art 18 Abs 1 lit b Dublin III-VO an Rumänien. Mit Schreiben vom 10.06.2021 stimmte Rumänien der Übernahme der Beschwerdeführer nach der genannten Bestimmung ausdrücklich zu. Die Verfahren der Beschwerdeführer in Rumänien sind noch anhängig.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Rumänien an.

Konkrete, in der Person der Beschwerdeführer gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Rumänien Gefahr liefen, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Die Beschwerdeführer leiden an keinen lebensbedrohenden Krankheiten. Sie sind nach eigenen Angaben gesund und benötigt keine Medikamente. Die Beschwerdeführer sind nicht immungeschwächt und gehören keiner besonderen COVID-19-Risikogruppe an. In Rumänien sind (bei Bedarf) alle Krankheiten behandelbar und alle gängigen Medikamente erhältlich. Es besteht ausreichende medizinische Versorgung für Asylwerber in Rumänien, welche auch in der Praxis zugänglich ist.

Die aktuelle Situation hinsichtlich der Covid-19-Pandemie begründet keine Unmöglichkeit einer Rückkehr der Beschwerdeführer nach Rumänien. Die sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Mit Stichtag 23.08.2021 hat es in Rumänien insgesamt 1.091.340 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen, 4.860 aktive Fälle und 34.425 Todesfälle gegeben (www.bing.com/covid/romania).

Im Bundesgebiet befinden sich die Eltern, ein volljähriger Bruder und eine volljährige Schwester der Zweitbeschwerdeführerin. Ein gemeinsamer Haushalt bestand zumindest seit acht Jahren nicht mehr und besteht ein solcher auch seit der Einreise in Österreich nicht. Die Beschwerdeführer sind in einer Unterkunft der BBU-GmbH untergebracht und beziehen Leistungen aus der Grundversorgung. Eine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit von den Angehörigen der Zweitbeschwerdeführerin konnte nicht festgestellt werden. Ein Pflegebedarf bzw eine besondere Beziehungsintensität konnte nicht festgestellt werden. Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich somit nicht über ein iSd Art 8 EMRK schützenswertes Familienleben.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich des Reiseweges der Beschwerdeführer und der Asylantragstellung in Rumänien am 09.05.2021 beruhen auf deren eigenen Angaben in Zusammenschau mit den vorliegenden Eurodac-Treffermeldungen der Kategorie „1“ zu Rumänien vom 25.04.2021 und findet auch in den Ausführungen der rumänischen Behörden vom 10.06.2021 Deckung.

Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und den rumänischen Dublin-Behörde und der Zustimmung zur Übernahme der Beschwerdeführer nach Art 18 Abs 1 lit b Dublin III-VO ergeben sich aus den Akten, wo das Verfahren dokumentiert ist. Aus dem Antwortschreiben Rumäniens ergibt sich auch, dass die dortigen Verfahren der Beschwerdeführer noch anhängig sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Rumänien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den in den angefochtenen Bescheiden dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das rumänische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Rumänien den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, haben die Beschwerdeführer nicht dargetan. Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Rumänien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (siehe auch unten).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ergeben sich aus deren eigenen Angaben. Befunde oder Arztschreiben wurden nicht in Vorlage gebracht. Es wurde diesbezüglich kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Die getroffenen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen (www.bing.com/covid/rumänien). Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von Covid-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung – seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde – möglichst sicherstellen sollen. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen erst dann (wieder) durchgeführt werden, wenn sich die Lage entspannt hat, sich die einzelnen Mitgliedstaaten wieder dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen und insofern insgesamt eine Situation eintritt, die mit jener vor Ausbruch der Pandemie vergleichbar ist.

Die festgestellten familiären und persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführer ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere aus den eigenen plausiblen Angaben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3.       …

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1.         einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2.         einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3.         einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1.         dieser nicht straffällig geworden ist;
2.         die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3.         gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1.         dieser nicht straffällig geworden ist;
2.         die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;
3.         gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4.         dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1.         auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2.         auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind“.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2.       …

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) lauten:

"Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller — der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können — sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 16 Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vo

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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